Emotionale Wanderwellen

Hallo,

nun sind jetzt mehr als 70 Tage vergangen als ich verlassen wurde. Die Zeit verging sehr schnell. Es ist wirklich kaum zu glauben wie schnell… Für mich ist es aber weiterhin so als es erst Vorgestern geschehen wäre…

Der erste Schock ist aber definitiv hinter mir. Ich habe mich inzwischen, mehr oder weniger, wieder zusammen gefangen. Ich hatte ein paar gute Tage und ich dachte ich habe mich wieder einigermaßen im Griff. Ich wiederhole täglich mein Mantra: „was geschehen ist, ist halt geschehen. Es war nicht meine Entscheidung. Diese wurde hinter meinen Rücken getroffen und ich konnte/kann diese nicht ändern.“ Es hilft ein bisschen.

Soweit so gut. Ich dachte bisher, dass ich eine starke Persönlichkeit bin und mir kann nichts auf dieser Welt so komplett umhauen. Aufgrund meiner Arbeit trage ich täglich eine Maske eines gnadenlosen Verhandlungspartners und ich denke ich habe inzwischen tatsächlich daran geglaubt, dass ich auch so eine Person geworden bin… Ich war wirklich davon überzeugt, dass ich durch die von mir selbst entwickelte emotionale „Rüstung“ nicht verletzbar bin. Ich war mir sicher, dass alles, und darunter auch Lebenssituationen, sich in einer oder anderen Weise erklären lassen. Erklärungen wirken beruhigend. In meinem Fall konnte ich aber bis zum heutigen Tag keine plausible Erklärung finden… Ich habe so gar keine gefunden…

Meine Trennung hat mich aber auf eine Entdeckungstour geschickt. Ich finde mich erneut auf und bin jetzt komplett überrascht wie empfindlich und emotionell ich eigentlich (geworden?) bin.

Heute habe ich von meiner Familie geträumt. Dieser Traum hat mir neuen Schmerz zugefügt. Ich war deswegen irgendwie für den ganzen Tag neben mir – ich konnte mich kaum zusammen reisen. Die Fundamente eines, einigermaßen, „normalen“ Lebens, welche ich so mühsam aufgebaut habe sind mit einer von dem Traum verursachten, neuen Trauerwelle komplett zerstört worden. Ich fange erneut an mich aus dieser miesen Lage wieder rauszuholen… Ich weiß, ich darf nicht aufgeben. Hier gibt es nur eine Richtung – Vorwärts.

Es ist mir heute klar geworden, dass ich SEHR tief verletzt wurde. Viel tiefer als ich am Anfang angenommen habe. Ich weiß es nicht wie lange es noch mit diesem sinnlosen, emotionalen Hin und Her dauern wird. Es ist aber sehr erschöpfend – körperlich und geistig. Ich fühle mich nicht nur verlassen sondern von meiner Frau betrogen und verraten. Ich hätte nie gedacht, dass für mich so ein Szenario vorgesehen ist. Ich habe es nicht verdient.

Ich hoffe nur, dass solche emotionalen Wanderwellen irgendwann (und hoffentlich bald) ihre Stärke endgültig verlieren und ich mit dem Neuaufbau meines Lebens sinnvolle Fortschritte endlich machen kann.

Vielen Dank fürs Lesen.

Lieber Turgan,
das hört sich sehr traurig an. Welche Trennung ist einfach? Diese emotionalen Wanderwellen sind mir nur zu gut bekannt. Ich hab da meine eigenen Techniken entwickelt, um besser damit umzugehen und um alles besser zu verstehen bzw. zu verarbeiten.

Jeder hat oder entwickelt da seine eigene Methode, um es gefühlsmäßig besser in den Griff zu bekommen. Der eine tauscht sich mit anderen aus oder schreibt sich alles von der Seele.
Andere wiederum versuchen sich in Entspannungsmethoden zu versuchen wid zb. Yoga, autogenes Training oder Meditation. Oder sie suchen in schlimmeren Zuständen eine Therapie auf...
Es ist nicht immer einfach dieses Gefühlskarrusell in den Griff zu bekommen. Der eine verarbeitet sowas schneller, während andere ewig der oder dem Ex hinterher trauern...Ich hoffe, dass du da für dich die passende Methode und den richtigen Weg findest. Alles braucht seine Zeit.

Danke für nette Worte. Und für die Tipps.

Hallo Turgan,

Ich war gestern bei einer Psychologin, das erste mal in meinem Leben.
Sie hat mir das mit dem Trennungsschmerz so erklärt:

Trennungsschmerz ist wie wenn eine Frau in den Wehen liegt. Nur dass die Wehen zum Ende hin nicht stärker sondern schwächer werden und nicht mehr so oft kommen.
Zu Anfang ist der Schmerz sehr heftig und überfällt uns praktisch dauernd.
Je mehr Zeit vergeht desto weniger oft suchen uns diese Wellen heim und der Schmerz ist auch nicht mehr so schlimm und irgendwann wird aus dem richtigen Schmerz Wehmut.

Wenn diese Wehmut nach gewisser Zeit ganz vorbei ist, dann halten wir kein Baby im Arm sondern unser eigenes Ich. Wir haben uns selbst unser eigenes Leben wiedergeschenkt.

Und ganz wichtig, wir sollen Schmerz zulassen, wenn uns zum Weinen ist dann nicht unterbinden. Das ist angestaute Energie und Energie muss fließen.

@Isadora

Vielen Dank. Ich werde diese Erklärung mir merken.

Nach eine lange Zeit habe ich mich auch zum allen ersten Mal in meinem Leben auf die Warteliste zu einem Psychologen eintragen lassen. War nicht einfache Entscheidung. Bisher habe ich nicht besonders viel von solchen Ärzten gehalten... Aber das Leben verifiziert alles relativ schnell.

Es dauert aber EWIG bis man eine Rückmeldung bzw. Terminvereinbarung bekommt.

Bis dahin werde ich aber vermutlich schon soweit sein, dass ich keine Hilfe mehr brauchen werde...

Ich weiß, ich hab auch 2 Monate auf diesen Termin gewartet.
Und es war wie Du gesagt hast, so richtig helfen konnte sie mir nicht mehr weil ich mich schon aus eigener Kraft hochgerappelt habe.
Aber sie hat mir einige Dinge mit auf den Weg gegeben, die ich so nicht gesehen habe und die sehr hilfreich waren.

Und keine Bange Psychologen beißen nicht und eine Schande oder was auch immer ist es auch nicht.

Zitat von Isadora:

(..) und eine Schande oder was auch immer ist es auch nicht.

Ich habe fast zwei Monate gebraucht bis ich dies endlich mal kappiert habe...

Ein persönlicher Fortschritt...

Hast Du fein gemacht *Keks geb*

Das haben Trennungen so an sich, alles wird anders und verändert sich, man muss alles neu überdenken und auch mal über den eigenen Schatten springen.