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Er will trotz Neuer weiter Kontakt, wie damit umgehen?

C
Liebe Forumsgemeinde,

ich lese, seit mein Mann mich im Herbst 2015 verlassen hat, hier öfter mal mit, ich konnte in meinem Kummer nicht selber mitschreiben, aber ich habe mich durch das Mitlesen oft getröstet gefühlt.
Vielen Dank an alle, die ihr Leid hier so offen schildern, und an alle, die mit Trost und Rat zu helfen versuchen.

Heute möchte ich selbst mal um eure Meinung bitten, denn ich bin in einer sehr schwierigen Situation.
Meine Trennungsgeschichte ähnelt zahllosen anderen, trotzdem kann ich sie nicht kurz erzählen. Nur so kurz wie möglich .

Mein Mann (49) und ich(47) waren 27 Jahre lang ein Paar, seit 2008 sind wir auch verheiratet. Keiner von uns beiden hatte vorher eine echte Beziehung.
Wir kannten fast unser ganzes Erwachsenenleben also praktisch nur uns und haben uns gegenseitig natürlich sehr geprägt.

Er ist durch Immobilienbesitz und einen guten Job abgesichert, ich bin freiberuflich in einem kreativen Bereich tätig, ein Zubrot, das zum alleine leben aber nicht ansatzweise reicht.
Kinder haben wir nie bekommen.

Im September 2015 erklärte er mir eines Morgens unvermittelt , es mit mir nicht mehr auszuhalten und mich verlassen zu wollen.
Ich bin aus allen Wolken gefallen, schockiert, entsetzt, verzweifelt, ihr kennt das.
Damals warf er mir allerhand vor, was ich falsch gemacht hatte und was ihm das Leben mit mir so unerträglich machen würde, daß er mich verlassen müsse. Er vermittelte mir, daß er sich zurückziehen müsse, um herauszufinden, ob und was ich ihm noch bedeute. Sehr vieles davon konnte ich einsehen und verstehen.

Ich fragte ihn damals, ob er eine andere habe, er sagte, nein, da sei niemand.
Fünf Wochen später zog er aus und mit Niemand - einer jungen Frau, halb so alt wie er- zusammen. Angeblich gerade erst kennengelernt. Ich habe von dritten anderes gehört.
Er sagte mir, ich könne in der gemeinsamen Wohnung bleiben, er werde mich auch finanziell nicht hängenlassen und mich auch in Zukunft unterstützen, bis ich auf eigenen Beinen stehen kann, da er ja wisse, daß ich allein nicht leben könne.
Dann ließ er alles stehen und liegen, nahm nur sehr wenig mit, nannte mir nie seine neue Adresse. Hier sieht es immer noch aus, als sei er eben noch da gewesen. Und ich sitze seitdem allein in einer viel zu großen Wohnung, die, wie das ganze Haus, seiner Mutter gehört, die ein Stockwerk über uns wohnt, nehme seine Post aus dem Kasten, die immer noch hier eintrifft, und lebe vom Trennungsunterhalt und meinen bescheidenen Einkünften..

Ich habe nach seinem Weggang erstmal jeglichen Kontakt abgebrochen. Er hat das auch respektiert.

Im Februar diesen Jahres kam dann aber ein erster handgeschriebener Brief von ihm, in dem er mir erklärte, daß er unter dem Kontaktabbruch leidet, daß er oft an mich denkt, mich nicht aus meinem Leben verlieren wolle, und daß er sich freuen würde, von mir zu hören.
Ich meldete mich darauf bei ihm, es kam zu weiteren Briefen ähnlichen Inhaltes, schließlich zu einem ersten Treffen, inzwischen sind es mehrere geworden, teils aus organisatorischen Gründen (Steuern etc.).
Gestern haben wir einen Segeltag auf unserem gemeinsamen Boot verbracht, was auch sehr schön war.
Wie schon beim ersten Wiedersehen, weinte er danach, wollte seine Gefühle ansprechen, wirkte tief verzweifelt, sagte, es fällt ihm alles so schwer, er legt solchen Wert darauf, mit mir Kontakt zu halten, er wolle mich nicht ganz verlieren, will Freundschaft usw.
Gleichzeitig läßt er keinen Zweifel daran, daß die Trennung irreversibel ist, daß er jetzt mit ihr in eine eigene Wohnung zieht, dann auch mal die und die Möbel braucht, und von finanzieller Unterstützung über das Trennungsjahr hinaus ist auch nicht mehr die Rede, schließlich sei ja alles so teuer. Und nach wie vor ist alles meine Schuld. Ich habe mich verändert, mich gebessert, an all seinen Kritikpunkten gearbeitet, das nimmt er positiv zur Kenntnis, es ändert -nichts.
Und ich? Bin gerührt, voller Mitleid, möchte trösten, mache Zusagen, möchte auch den Kontakt halten und vergehe gleichzeitig vor Traurigkeit, Schmerz, Eifersucht, Angst.

Aber dann bin ich, wieder daheim, auch verdammt sauer geworden.

Vielleicht könnt ihr es mir sagen, ich verstehe es nicht:
Was will er von mir? Nicht zu mir zurück, das ist klar. Mich allein lassen mit meinen existentiellen Sorgen, zu nichts verpflichtet sein, eine andere lieben, aber meine Anteilnahme, Zuneigung, Loyalität, mein Verständnis, behalten und sich das, was er gern noch von mir hätte, bewahren, offensichtlich. Und nichts dafür geben außer rührenden Worten und ab und zu mal ein Treffen?

Ist das so anständig, fair, nett, wie er meint? Oder wird da mit meinen Emotionen Schindluder getrieben?

Konsequent wäre wohl, das abzustellen und mich zurückzuziehen. Nur dazu bin ich nicht fähig. Nicht nur bin ich völlig abhängig, emotional, ökonomisch, kann nicht wegziehen, habe keinen richtigen Job -ich bin auch unfähig, meine Loyalität und Sorge für ihn aufzugeben. Ich bin in einer Position der Schwäche.

Wie komme ich da raus? Wie komme ich von ihm los, wenn er bei mir immer wieder das Hoffnungsflämmchen schürt? Wie hört man auf, einen Menschen zu lieben und sich nach ihm zu sehnen, der einen durch Nettigkeit quält?
Ich will euch gar nicht um Rat bitten - was soll man da auch raten - aber ich wäre dankbar, wenn ihr einfach eine Einschätzung abgebt. Ich selbst bin zu hilflos und vewirrt, ich kann nicht mehr urteilen.

Ich freue mich über eure Antwort.

25.05.2016 20:29 • #1


C
Hi,
vielleicht hat er schuldgefühle, vielleicht ist es Mitleid- vielleicht ( und das wäre jetzt böse unterstellt) will er dich warmhalten!
Warum spielst du nicht mit ihm?
Neue Aktivitäten, Bekannte ( es muss ja keine Beziehung sein) Unternehmungen.
Wenn er öfter Kontakt sucht- mach wenig daraus( auch wenn es dir schwer fällt!)
Schau, wie er dann reagiert- evtl Eifersucht? ))

25.05.2016 20:37 • x 1 #2


A


Er will trotz Neuer weiter Kontakt, wie damit umgehen?

x 3


Vegetari
vielleicht nutzt Du die Chance in der Krise, vielleicht musste erst so was her , um wach zu werden ? Mach dein eigenes Ding, kümmere Dich um Dich selbst, dass du selbst glücklich wirst und nicht von jemand anders , wie er abhängig bist! Werde unabhängig und versuche beruflich voran zukommen, um Geld zu verdienen, verabrede dich mit Frenden !

25.05.2016 20:46 • x 1 #3


SilentOne78
Zitat von Cattleya:
Was will er von mir? Nicht zu mir zurück, das ist klar. Mich allein lassen mit meinen existentiellen Sorgen, zu nichts verpflichtet sein, eine andere lieben, aber meine Anteilnahme, Zuneigung, Loyalität, mein Verständnis, behalten und sich das, was er gern noch von mir hätte, bewahren, offensichtlich. Und nichts dafür geben außer rührenden Worten und ab und zu mal ein Treffen?


Liebe Cattleya,

meine Einschätzung: Du kannst sehr wohl urteilen. Du bist Dir durchaus bewusst, was er da mit Dir treibt - siehe Zitat oben. Du willst oder kannst Dir nur noch nicht eingestehen, dass dieser Mann, mit dem Du so lange Dein Leben geteilt hast, den Du zu kennen geglaubt hast und den Du immer noch liebst, zu so etwas in der Lage ist. Das kann nicht sein, das darf nicht sein...

25.05.2016 20:48 • x 1 #4


L
Liebe Cattleya,

Du hast es doch schon richtig erkannt! SO kann es definitiv nicht weitergehen. .
Einsicht ist der erste Weg zur Besserung!

Das Dilemma ist, dass Du sowohl emotional als auch finanziell abhängig von ihm bist..
Das gilt es zu ändern..
Wäre jetzt meine Einschätzung!

Inwieweit ist es Dir möglich, einen weiteren Job anzunehmen, soziale Kontakte zu knüpfen, Hilfe von außen zu erhalten?

25.05.2016 20:49 • x 1 #5


M
Liebe Cattleya, ich fühle mit dir. Bin auch so ein Opfer meiner Gefühle. Ich glaube bei dir ist es ähnlich wie bei mir. Dein Ex möchte vlt seine Schuldgefühle zum einen loswerden um in der neuen Beziehung ankommen zu können, sowas wie absolution, oder/und er hat wirklich noch Gefühle und sich so krank verrannt, dass er nicht weiß wie er zukünftig leben soll, will probieren und testen.
denn warum soll er sondt nach der zeit sonst so viel mit dir unternehmen wollen?
Schwer das alles, warum kann nicht jeder seine Gefühle frei heraus sagen? Wahrheit tut weh aber hilft das Grübeln einzustellen. LG

25.05.2016 21:23 • x 2 #6


G
Guten Morgen,

ich glaube Du hältst an einem Traum fest, den Traum dass alles gar nicht passiert ist und sich irgendwie wieder auflösen wird und alles ist gut. Aber so ist es nicht und Du weißt es sogar. Du kannst es als Chance nehmen selbständiger zu werden, Dich auf Neues einzulassen, Dich selbst neu kennen zu lernen und emotional und finanziell endlich auf eigene Beine zu kommen. Du musst Dein Leben vollkommen neu organisieren und ja das ist gemein und ungerecht, weil Du nicht mit entscheiden konntest, es wurde entschieden. Aber jetzt ist es wie es ist.

Dieses Wiederankommen nach vielen Lügen, Freundschaft wollen etc. habe ich auch erlebt. Ich glaube es geht darum sich zu entschulden. Er möchte nicht der Fiese sein, er will der Gute sein und freundschaftlicher Kontakt mit Dir kann dieses Gebäude stützen und es sieht auch anderen gegenüber gut aus. Aber Du wirst es nicht aushalten. Möchtest Du hautnah mitbekommen wie glücklich er ist, wie sie zusammen leben, in den Urlaub fahren, möchtest Du ihm zuhören wenn er seine Sorgen schildert und damit etwas über deren Beziehung mittragen? Ich konnte und wollte es nicht. Und ich habe mir irgendwann erlaubt den Schlussstrich zu ziehen, für mich....

Aufhören zu lieben, ich konnte und kann es nicht. Aber ich akzeptiere mittlerweile dass sie nicht erwidert wird und ich einen Platz in meinem Herzen dafür behalten darf und sie nach hinten schieben muss. Es hilft andere Menschen ins Leben zu lassen und damit meine ich keine neue Beziehung, Interessen zu pflegen, zu atmen, wieder Alltagsrituale anzufangen, was zu essen, rauszugehen, zu reden, auch wenn das Alles erst mal kaum in der Seele ankam. Nach und nach ist es besser gewordein, Schrittchen für Schrittchen, auch Du wirst es schaffen. Lass Dir Zeit ist ja alles noch gar nicht so lange her.

26.05.2016 06:51 • x 4 #7


S
Liebe Cattleya,

Zur Freundschaft mit dem EX - ich habe damit 15!Jahre meines Lebens verschleudert, weil ich durch die Freundschaft mit dem EX nie wirklich losgelassen habe! Er hat auch wieder was mit mir angefangen - ich war aber wieder nur der Notnagel bis er wieder zu der Frau zurückgegangen ist, wegen der er mich verlassen hat.
Du bist nur seine emotionale Krücke, die er sich warmhalten will.
Bitte lerne aus meinen Fehlern, auch wenn es noch so schwer ist! Willst Du wirklich auch so viel Zeit vergeuden wie ich?
Du denkst vielleicht, bei Dir ist es etwas anderes. Sorry, ist es nicht!
Du wirst Dir ein neues Leben aufbauen müsse, und je schneller Du dies einsiehst, desto schneller wirst Du wieder glücklich - und das wirst Du!
Ich z.B. bin jetzt echt froh, dass er weg ist. Soll er doch eine andere glücklich machen!
Das Leben ist schön, glaub es mir!
(Oder wird es zumindest auch für Dich wieder.) Du bist eine starke Frau, sonst hättest Du nicht so tüchtig bis jetzt durchgehalten. Nutze diese Stärke für Dich und für Dein neues Leben.

Ich wünsche Dir alles Gute, und nimm mich bitte als warnendes Beispiel!

26.05.2016 07:39 • x 1 #8


S
Liebe Cattleya.....

Mir geht es wie dir. Genau das Selbe.
Er möchte auf Biegen Brechen diese Freundschaft mit mir.....

Wir schreiben telef. täglich.
Wenn es Probleme mit seinen Kindern gibt, ruft er mich an.
Er begrüßt mich am Telef.mit meine Gute .......

Über seine Neue reden wir auch.
Sie weiß auch von diesem Kontakt nichts.
Weiß seine Neue von dem Kontakt zu dir ?

Ich habe es in der letzten Zeit , oft beendet un habe ihm gesagt, dass es mir dabei sehr schlecht geht.
Ist auch wirklich soo....
Aber er redet alles schön.....
Un geht gar nicht darauf ein, das i keinen Kontakt mehr möchte....

Ich komm nicht los. Aber ich weiß, sie spielen nur mit uns, um uns 1. Warm zu halten 2. Das schlechte Gewissen zu bereinigen.....
Bei uns wissen sie, was sie an uns haben.
Bei der Neun wissen sie das Noch nicht......
Deshalb das ganze Theater.....

Die Ratschläge die hier gegeben werden , sind ja alle gut gemeint un auch richtig. Aber leider sieht die Realität anders aus.
Un der Kopf hat da oben keinen Hebel dafür.....
Haben sie leider noch nicht erfunden....

Un was machst du da jetzt ?
Doofe Frage ich weiß.....
Aber mit zuschaun, wie sie glücklich sind, ist doch ein Unding für uns....

Ach ich weiß auch keinen Rat.
Leider......
Bleib bitte stark...
VlG

26.05.2016 08:37 • x 1 #9


L
Die Realität ist wohl auch, dass jeder Mensch eine andere Schmerzgrenze hat, die es zu erreichen gilt, um den Ausweg aus dieser (Abhängigkeits) - Spirale zu finden.

26.05.2016 08:51 • x 1 #10


Luto
Auch wenn ich da recht allein bin mit meiner Meinung, aber ich mag es, nach einer Trennung Kontakt zu halten, und ich fand es immer leichter loszulassen, wenn man es noch sieht, und ich fand es immer traumatischer, brutaler, liebloser und auch länger dauernd, wenn ich einen Menschen von 100 auf Null verlor, wie bei einem Autounfall.

26.05.2016 10:21 • x 1 #11


L
Nö, liebe/r Luto,

auch ich finde es schön, wenn man trotz einer Trennung noch Kontakt hält oder sich zumindest in die Augen schauen kann, ohne böse Gedanken dabei zu verspüren!
Aber meinem Empfinden nach leidet Cattleya unter dieser Situation, und hätte wahrscheinlich auch nicht den Weg ins Forum gesucht, wenn alles toll wäre..

Liebe Grüße!

26.05.2016 10:27 • x 1 #12


C
Hallo ihr Lieben,

ich danke euch allen für eure wunderbaren Antworten.
In jeder steckt Wahres, und am liebsten würde ich auf jede einzeln eingehen, aber das wäre ein bißchen ausschweifend .
Es zunächst mal so, daß ich mir völlig darüber im klaren bin, daß ich mir mein eigenes Leben erarbeiten muß, um die finanzielle, und erst recht die emotionale Abhängigkeit zu ihm zu überwinden. Ich versuche das auch seit längerem, habe sehr an mir gearbeitet. Die Partnerschaft hat auch mich ziemlich unglücklich gemacht, und ich habe dringenden Reformbedarf gesehen - ganz so überraschend, wie zunächst empfunden, kam das Ende aus heutiger Sicht denn nun doch nicht, ich glaube, auch das werden einige von euch kennen.
Ich hatte mich äußerlich und innerlich, meine Freunde und Familie, meine Karriere, meine Hobbies und Interessen komplett vernachlässigt und versuche nun das alles aufzuholen. Ich habe 20k abgenommen, alte Freundschaften wiederbelebt, neue Kontakte geknüpft, und auch beruflich habe ich viele Ideen und Anregungen bekommen, die mittelfristig sicher zu was führen werden. So weit, so gut.

Nur, und das ist das Problem, ich bin trotzdem emotional noch so gefangen - ich habe viele tolle Leute kennengelernt, aber mit meinem Ex verbinden mich dennoch Dinge, die ich mit niemandem sonst teilen kann.

Ich stürze mich daher immer noch auf jeden Brocken, den er mir hinwirft. Ich werde sofort weich, wenn er mich ansieht wie er es immer getan hat, und gehe meterweit auf ihn zu, obwohl ich im Innersten weiß, daß ich da mißbraucht werde.
Und, ja, ich hoffe auch auf ein irgendwie gutes Verhältnis zu ihm. Er ist mir eben noch wertvoll, und auch ich möchte mir ja was von ihm erhalten. Es kostet mich nur soviel Kraft.
Und, ganz oft fehlt mir einfach die Kraft, auch für alles andere. Ich weiß, was zu tun ist, aber ich bringe es an vielen Tagen nicht fertig.
Man braucht soviel Mut für all dieses Neue, und oft habe ich eben einfach nur Angst.
( @ Susanne-Babs: Du hälst mich für eine starke Frau - ich danke dir - aber warum fühle ich mich dann so schwach?)

Allerdings werde ich eben auch zunehmend wütend. Wie kann er mir im selben Atemzug sagen, wie wichtig ich noch für ihn bin, und mir ankündigen, mir die Möbel unter dem Hintern wegzuholen, um sich sein neues Nest mit der Freundin hübsch einzurichten ? Wie kann man jemandes Kraft und Empathie schamlos absaugen, und sich zugleich komplett von allen eigenen Versprechungen distanzieren ?

Eure Antworten helfen mir auf jeden Fall, das deutlicher zu sehen, und bestärken mich darin, Distanz zu ihm herzustellen, und wenn es noch so schwer fällt.
@susanne-babs: Denn genau das, was du erzählst, befürchte ich - ich kenne einen anderen Fall wie deinen, du hast mein Mitleid - und ich hoffe, ich kann das vermeiden.

@silentone 78: Noch ein Wort zum Urteilsvermögen - es ist tatsächlich schwer, jemandes Absichten in dem Moment zu beurteilen, wenn man ihm gegenübersteht. Ich stelle mir halt genau die Frage, die mareru da aufwirft. Nur Schuldgefühle/Absolution, oder noch Gefühle und verrannt?
Aber eigentlich meine ich auch meine eigenen Empfindungen. Das geht so von einem Extrem ins nächste, daß ich nicht mehr durchblicke. Nur noch Flummis im Kopf ...

26.05.2016 10:52 • #13


Joker
Meine liebe Cattleya,

deine Geschichte ist mir sehr nahe gegangen. Ich kann gut nachempfinden wie es dir in der momentanen Situation geht. Das habe ich auch durchmachen müssen. Fühl dich einmal fest gedrückt.
Lass mich den Versuch starten deine Gedanken zu ordnen:

Ihr wart 27 Jahre zusammen, es herrscht eine große Geborgenheit und Vertrautheit zwischen euch. Dein Ex hat einen Fehler begangen, er hat dich nicht einfach verlassen: Er hat dich wegen einer anderen Frau verlassen. Das ist ein wichtiges Detail. Wir Verlassenen empfinden es nicht umsonst als Verrat an der Liebe. Es zerstört etwas tief in uns. Etwas was nie wieder vollständig verheilen wird. Und die Rede ist nicht von Vertrauen, das ist ein anderes Thema.

Lass mich dir aus Erfahrung sagen, dass es nie wieder so sein wird wie es einmal war.

Was mir auffällt ist, das dein Ex dir die Schuld gibt. Er hat dich so gut davon überzeugt dass du an dir gearbeitet hast, es zur Sprache bringst, er es positiv auffasst. Und es trotzdem nichts verändert. Warum ist das so? Dein Ex verlässt dich wegen einer anderen, angeblich weil du deine Macken hast. Tatsächlich hat er eine emotionale Bindung zu ihr aufgebaut, dies dir monatelang verschwiegen und dich vor vollendete Tatsachen gestellt und schließlich verlassen.
Das ist nicht eine, sondern zwei Baustellen.

Was auch immer sein Problem mit dir gewesen ist, es ist ein Nebenschauplatz. Man hätte anders handeln können. In dem Augenblick wo er das erste Mal Gefühle für seine Neuen entwickelt hat sah er nur noch das Schlechte in eure Beziehung, als Rechtfertigung für sich selbst. Du hast keine Chance erhalten etwas für eure Beziehung zu machen. Es geschah hinter deinem Rücken, seine Probleme wurden dir verschwiegen.

Er alleine trägt die volle Verantwortung für das was geschehen ist. Er wälzt sie auf dich ab, ansonsten müsste er sich mit sich selbst beschäftigen. Das er einen schrecklichen Fehler begangen hat, das die Trennung seine Schuld ist. Das ist Typisch für diese Situation - ein Selbstschutzmechanismus.

Jetzt, nach einem Jahr kommt er zu dir zurück und sucht etwas was er in der neuen Beziehung nicht finden konnte: Geborgenheit und Vertrautheit die in 27 Jahren entstanden ist. Seine kleine neue Flamme kann ihm das nicht geben, denn dazu müssten annährend so viele Jahre vergehen.

Warum taucht er ausgerechnet jetzt wieder in deinem Leben auf, möchte eine Freundschaft mit dir? Dazu musst du wissen warum er dich tatsächlich verlassen hat. Es waren nicht deine Fehler, sondern sein Fehler eine Fremde in euer Leben zu lassen und eine emotionale Bindung zu ihr aufzubauen. In dieser fand er den Nervenkitzel nach dem Verlangen einer jüngeren Frau, die Anziehung, das ero., die Schmetterlinge im Bauch. Also etwas anderes als die Liebe, Vertrautheit und Geborgenheit euerer Beziehung.

Doch es gibt den Faktor Zeit, und es passiert was passieren musste. Nach einem Jahr ist das Neue nicht mehr neu, die Anziehung schwindet, die Schmetterlinge sterben. Eine ganz neue Erfahrung für ihn, dass die Verliebtheit nicht Liebe ist, und dass sie irgendwann vergeht. Seine Motive weswegen er dich verlassen werden obsolet, und er seht sich nach der alten Liebe, Vertrautheit und Geborgenheit.

Im Grunde genommen macht er nichts anderes als sich die Rosinen aus der Situation herauszupicken.

Eure Rollen sind klar verteilt. Die Jüngere ist für Liebe und die Bettgeschichten da, während du den emotionalen Part der schönen Geborgenheit übernimmst. Das richtig gemeine an der Sache ist, dass er dir nach wie vor die Schuld für seine Fehler gibt.

Dreiecksbeziehung nennt man dieses Konstrukt. Und es geht auf die Dauer nicht gut.

Du kommst aus der Situation heraus indem du dir folgende Frage beantwortest:

Möchtest ich einen halben Mann haben, sich bei ich mich geborgen und wohl fühle, der jedoch abends zu seiner jüngeren Freundin verschwindet um sie im Bett ordentlich ... Die Frau wegen der er mich verlassen hat und mir nach wie vor die Schuld an allem gibt?

Oder möchte ich einen ganzen Mann haben, eine Beziehung in der es ein Wir gibt, wo es keine alten Wunden gibt, wo ich mich fallen lassen und geborgen fühlen kann. Abstand oder Kontaktabbruch und etwas Neues aufbauen, statt etwas reparieren und immer Angst haben das es wieder auseinanderbricht.

Kleiner Tipp zum Schluss: Der erste Fall ist eine temporäre Lösung. In dieser Zeit wird es dir nicht besser, sondern immer schlechter gehen. Vergleiche einfach deine Gefühlswelt zum Zeitpunkt des ersten Wiedersehens und dem jetzigen Zeitpunkt.

Und es wird nur noch schlimmer werden. Der zweite Weg ist schwerer, aber langfristig die bessere Lösung.

26.05.2016 11:00 • x 6 #14


G
Hallo,

Joker, das hast Du gut beschrieben, mir fehlen dazu leider oft die richtigen Worte.

Was ich denke, was auch eine Rolle spielt ist, ist sich zu erlauben den Kontakt nach den vielen Jahren (bei mir waren es 20) zu beenden. Für mich war das unglaublich schwer, es fühlte sich an als verrate jetzt sogar ich unser gemeinsames Leben. Ich müsste es doch hinkriegen, wir waren doch mal beste Freunde, Partner, die wichtigsten Menschen füreinander und uns so wichtig, ich kann doch eigentlich auch verzeihen usw usw. Ich konnte es nicht und muss es nicht können, nicht jetzt! Letztlich hilft nur anzuerkennen, dass die Beziehung vorbei ist und es nichts mehr fest zu halten gibt, man loslassen darf. Jeden einzelnen Kontakt miteinander den wir bis dahin hatten, habe ich herbeiphantasiert, mich danach gesehnt, mir tausend Dinge überlegt, ja auch genossen, aber ehrlich gesagt danach ging es mir nach einer kurzen Anfangseuphorie immer schlecht und das verdammt lange.

Ich habe anderthalb Jahre gebraucht, um die Konsequenz und die Kraft zu finden den Kontakt zu beenden. Es hat mich noch einmal sehr traurig gemacht, aber auch erleichtert. Ich war mir wieder wichtig geworden. Irgendetwas ist tatsächlich in mir tief drinnen kaputt gegangen. Mein Bild vom Leben hat andere Farben bekommen. Trotzdem sind Türen aufgegangen für mich, für andere, von anderen, ich kann wieder positive Dinge erkennen und habe mein Lachen wiedergefunden.

Cattleya lass Dir Zeit, Du wirst spüren welcher Weg der richtige für Dich ist - und wenn Du das spürst, dann wirst Du auch die Kraft dafür haben.

26.05.2016 12:10 • #15


A


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