"Fehlende" Gemeinsamkeiten echter Grund für Trennung?

Hallo!

Wenn sich 2 Menschen trennen, erörtert die verlassene Person immer die Ursache.

Mein Ex sagte mir damals, dass er im Grunde ja auch ein anderes Leben geführt hat: Er hatte in manchen Bereichen andere moralische Vorstellungen, eine andere politische Weltsicht oder generell auch ganz andere Wünsche für das Leben.
Nun, aber sind das wirklich die Gründe für eine Trennung?

Als ich meinen Ex-Freund kennen gelernt habe, da war mir klar, dass er in vielen Dingen anders tickt. Aber ich war der Meinung, wenn man sich doch liebt, ist das doch EGAL.

Denn ich verliebe mich doch nicht in einen Menschen, weil er diese und jene Ansicht vom Leben hat.
Nach unserer Trennung (die war letztes Jahr im April 2014) sagte er mir, er hätte festgestellt, dass viele Dinge doch nicht passen.

Aber dann denke ich mir: Das weiß ein Mensch doch vorher?

Wieso fällt es einem Menschen erst nach 1 Jahr auf, dass jemand so und so tickt, obwohl es doch von Anfang an offenkundig war.

Ich kann das nicht verstehen. Eine Freundin von mir wurde gerade vor 2 Wochen verlassen und sie leidet im Moment extrem. Ihr Ex sagte ihr überraschenderweise genau in etwa das, was auch mein Ex mir bei der Trennung sagte.

Das ist der Grund warum ich hier schreibe. Ich bin aktuell nicht akut betroffen, aber durch meine Freund wirbelt mich das wieder auf und macht mich so wütend, weil ich sehe, dass sie so fertig ist, u.a. wegen genau dem fast gleichen Wortlaut wie bei mir!

Ich kann so etwas nicht verstehen. Was soll das?!?

Hi Reisende,

erstmal ärgerlich, dass durch die Trennung bei dir wieder alles aufgewühlt wurde, das ist nicht schön.
Zum Thema: Liebe kann enorm blind machen. Das hab ich selbst erlebt. Man verschließt gerne die Augen vor Dingen, die einem vielleicht sogar vorher schon auffallen. Wenn einem die Art des anderen gefällt kann das ja meist schon ausreichen sich drauf einzulassen. Wenn es dann ein Jahr dauert, bis einem auffällt, dass es doch nicht passt, dann braucht man warscheinlich länger bis man die Augen wieder auf bekommt. Mir persönlich fällt sowas früher auf. Gerade wenn mich Ansichten/Einstellungen bzw moralische Vorstellungen stören.

Hallo Reisende,

es heißt ja, dass Gegensätze sich anziehen. Da kann man sich durchaus heftig verknallen, obwohl oder gerade weil der potentielle Partner völlig anders tickt als man selbst. Das Andersein wird als süß, spannend und interessant empfunden.

Verliebtsein und Liebe ist aber nunmal nicht das Gleiche.

Wenn die Schmetterlinge verflogen, der Himmel nicht mehr voller Geigen hängt und der Blick ohne rosarote Brille wieder klarer wird, dann wird halt erkannt, dass es nicht reicht für ein weiteres gemeinsames Leben. Liebe und erst recht nicht Verliebtsein reicht nämlich nicht immer. Gemeinsame Interessen (nein, ich meine jetzt nicht Stricken oder Fußball), gemeinsame Wert- und Ethikvorstellungen sind mindestens genauso wichtig, um glücklich miteinander leben zu können. Es sei denn, man ist Weltmeister in Toleranz.

Hallo Reisende87,

sehr ärgerlich wenn alte Gefühle der Trennung wieder aufgewirbelt werden. Tut mir auch leid für Dich und Deine Freundin in dieser Situation.

Die Grundfrage, die Du ja stellst: was ist Liebe überhaupt und kann sie vergehen.

Es gibt in der Psychologie eine Theorie, die sich Dreieckstheorie nennt. Demnach besteht Liebe aus den Komponenten Leidenschaft (zu Beginn einer Beziehung sehr ausgeprägt), Intimität (entsteht nach der Leidenschaft) und Bindung (kommt im Verlauf als letzte Komponente hinzu). Eben Intimität und Bindung entstehen besonders leicht durch Gemeinsamkeiten, möchte ich jetzt partout behaupten. Es ist ein recht simples Modell, aber somit hat wohl nach der Verliebtheitsphase allein nur die Leidenschaft nicht ausgereicht um diese Beziehung fortzuführen.