20

Für B - 13 Jahre mit Dir

V
Liebe B,
ich sehe Dich überall, in den Ästen von Bäumen, die wir zusammen uns still angeschaut haben, in der Bahn, neben Dir sitzend, schweigend bei Deinen Gedanken. Was ich esse möchte ich mit Dir teilen. Tausend Mal habe ich mir nun in den letzten Wochen aufgeschrieben: lösen. Und jedes Mal sitze ich vor diesem Wort, martere es mir in den Kopf, es bleibt aber nur ein hohles Nichts. Ich will mich nicht von Dir lösen. Ich will den Ablauf nicht glauben. All das typische: Einsicht immer wenn es zu spät ist. Es gibt nicht diese eine Liebe, die alles hält. Oder doch: was schlummert vielleicht noch in Dir? Darf ich mir anmaßen zu hoffen? Darf ich bei Deinen Gedanken mit wohnen und Du mir Teile noch von Deiner Welt offen lassen? Ich kann und will Dich zur Zeit nicht sehen und hören. Ich will es unbedingt. Ich will die ganze Welt mit F+B tapezieren, will warten können auf Dich, will das Du jetzt mit dem Anderen es gut hast. Nein, dann will ich wieder, dass Du an mich denkst, merkst: wir waren nie so weit voneinander, wir haben nur nicht geredet. Ich will, dass Du all das liest, was ich schreibe, aber Liebe, dass lerne ich jetzt, Liebe kann nicht konstruiert werden. Sie passiert, sie ist verschüttet manchmal, sie verändert sich, aber Liebe ist da. Tausende Meinungen lese ich, schreibe in Foren über uns, will Dich beim Namen nennen und wieder durch Europa mit Dir ziehen, auf die ganzen Musik-Festivals, die wir immer besucht haben. Uns ganz frei gemacht. Gelebt. Unseren Blödsinn gemacht. Ich halte Deine Hände, ich will Deine Augen küssen, ich will Dir nur nahe sein.

13.11.2016 02:16 • x 13 #1


V
Jeder Tag wirkt wie vorwärts- und gleichzeitig rückwärts gespult. Ich tänzel mich durch die Zeit mit dem unbedingten Willen darum, dass wir eine Krise nun haben oder eine Pause, wie auch immer, die aber alles wieder aufweckt, was verloren gegangen ist und zugleich: das geht ja gar nicht, Es muss etwas Neues passieren. Und, meine B., damit einhergeht, dass ich Dich für das in meinem Kopf verurteile, was jetzt passiert ist. Nie war ich je auf Dich wirklich wütend, wir haben uns natürlich gestritten und wir haben auch Vieles aneinander gesehen, was nicht so läuft, wie man es sich wünscht, aber: das warst Du für mich. Und ich habe recht früh bei Gesprächen mit anderen Menschen gemerkt, dass es mich ankotzt, wie häufig etwas weggeworfen wird, weil etwas nicht stimmt. Einfach machen, lieben und so als Devise - ich respektiere jeden der das denkt und kann - bin ich einfach nicht. Ich kann mich einer Krise stellen, ich würde das auf jeder Ebene tun, wenn Du nur greifbar wärest. Aber das warst Du nicht und es wird mir immer mehr bewusst. Im Hintergrund wird nun schon gewerkelt wegen der gemeinsamen Wohnung, das Du letzte Woche schön 2 Gläser neben Alk, den Du nie trinkst, hast stehen lassen - was soll ich eigentlich dazu fühlen außer Hass für Dich und Dein scheinbares Desinteresse an allen Gefühlen. Manchmal komme ich an den Punkt mir zu sagen: wie glücklich ich sein darf, so eine Form von Liebe gespürt zu haben. Eine Sekunde später dreht sich das Damoklesschwert: wer am Thron saß fällt tief. Auch wenn dieser Thron nur ein Konstrukt ist. Und bin ich vielleicht sogar auch für andere liebenswert? Siehst Du überhaupt, dass dadurch das Du nichts gesagt hast Du mich mit 1000 Fragen zurücklässt während Du nun den Dir auferlegten Selbstfindungsweg gehst?

14.11.2016 23:38 • x 1 #2


A


Für B - 13 Jahre mit Dir

x 3


V
Munin Tagebuch 16.11.
Tja, Munin, heute hat es mich überrollt. Ich habe 13 Stunden gesclafen, bestimmt 7 mal aufgewacht und habe unterschiedlichste Träume mit Dir und Deinem Neuen gehabt. Er ist also Sänger einer Gothic-Band mit unfassbar peinlichen Schriftzug. Oder Künstler. Auf jeden Fall aus Hannover. Im wahren Leben angekommen ploppte jemand bei Facebook auf, bei dem ich dachte: der wird es sein. Dann fing es an mit dem Kopfkino. Ich sehe Dich strahlen und vieles tun. Wie Du zum Beispiel den Bauchtrainer letzte Woche als ich da war draußen hattest. Wofür? Weil Du in dir diese Energie spürst. Irgendwann wurde es fast egal mit den Träumen, nach dem ersten fasste ich an mein schnelles Herz. Ich liebe Dich und löse alle Zeit aus meinem egoistischen Körper, versuche meine Blicke nur auf das zu richten, was ich leisten kann: Arbeit, tätige, die an mir, die die gefehlt hat. Kann man Uhren verbiegen, könnte ich die Zeit zurückdrehen - will ich das? NEIN. Alles hat sich so gefügt, wie es sich gehört hat. Und das wirft alles in ein dunkles aber eben reales Licht. Auf meinem rechten Lautsprecher ein Bild von uns beiden, Dein Blick richtet sich auf mich.
Manchmal komme ich mir wie verrückt vor - werde ich nun zum fanatischen Monster? Andererseits - Nein, ich mache ja gerade alles, was dagegen spricht. Gleich werde ich zum Sport gehen, konnte heute nicht zum Tischtennis und war auch nicht beim Beak Konzert, zur Hälfte auch weil ich es nicht ertragen hätte, wenn auch Du da gewesen wärst. Marte hat mich vermisst, dass war ein löbliches Gefühl und Bommel hat auch geschrieben. Eigentlich darf ich mich sehr glücklich schätzen ein paar Menschen um mich zu haben, die auch in mich hineinschauen. Was ist das nochmal Erfüllung. Und überhaupt: warum habe ich Dich eigentlich mit soviel überladen in der letzten Zeit? Kann ich das zurückdrehen? Nein, auch das will ich nicht.
Die Momente des Verstehens werden häufiger. Nichtsdestotrotz will und sehe ich gerade nicht, was Du in einer Mischung aus nett sein (wohl gedacht) und feige sein(weil nur du wusstest, dass ich nun jemanden kennenlernen darf, weil Du eben jemanden kennengelernt hast) mir geschrieben hast: ich will niemand Anderen kennenlernen,
a) mein Vertrauen ist gänzlich dahin.
b) ich bin das, was Du immer über Dich gesagt und geschrieben hast: ich halte meine Liebe.
Vielleicht ist das so eine Losung, vielleicht auch millionenfache Wiederholung, dass man etwas, dass an Sich in Sich schön ist nicht halten kann. Das hat nix mit rocken zu tun sondern mit Pflege. Und wenn ich uns ansehe, die Aggressionen, die Sätze, dann war es keine Pflege sondern innere Selbstzerstörung.
Kann man darauf aufbauen? Da zuckte es eben vor eigener Verantworung in meinem Körper.
5 Tage sind seit dem letzten Kontakt vergangen. Weißt Du wie lang es sonst immer gedauert hat maximal? Seit 13 Jahren nie mehr als 3,4 Tage. Das haben wir nun überschritten, es werden bald 10, bald 20, bald 100 Tage sein. Und in diesen werde ich versuchen aufrichtig mein Leben zu bestreiten. Und ich will eben nicht das werden, was man so einem rät
wenn du erst einmal auch mit einer Frau unterwegs bist, dann wirst du wieder interesant
Denk nur an Dich, lerne Frauen kennen, mach Dich frei
Nichts tun, alles tun, still sein, laut sein,....
Wie bei Dir ist natürlich nichts gewiss. Kann sein, dass mir wieder ein schönes Wesen begegnet, jemand Natürliches, jemand bei dem ich halt etwas empfinde, etwas das vordringt. Aber letztlich ist doch das klarste, dass wir alle tun können uns zu entscheiden mit allen Konsequenzen, und so wie ich es Dir geschrieben habe, so ist es: Zuallererst wünsche ich mir, dass Du es gut hast. Und blicke drauf, schreibe, denke an die ganzen Konstruktionen, die uns ausgemacht haben und lerne einfach dazu. Wofür? Für alles und nichts, die Frage kann sich eh nicht stellen, weil es ja passiert.
Ich gehe jetzt zum Sport und denke an Dich. In Liebe.

16.11.2016 03:17 • x 2 #3


V
Liebe B.,

was lehrt mich dieser Riss -

a) ich wollte ihn immer, ich wollte ihn vor allem für Dich, weil ich gesehen habe, wie gehemmt Du in Deinen Gefühlen warst

b) er bringt alles nun in die richtige Lage: ich hatte mich immer schon für Dich entschieden, auch wenn ich Dir fern schien, aber ich war es nie. Du fühlst anders, ich weiß, aber ich werde da nun bleiben.

Je mehr ich mich damit befasse, desto klarer wird mir, dass ich dankbar und wütend über die Vergangenheit bin, aber sie mit aller Verantwortung so gelebt habe und darum weiß, dass ich sie versucht habe für uns zu leben und davon mich nicht entfernen werde. Auch hier: ich übernehme die Verantwortung auch alleine zu sein. Nein: es ist nicht Selbstgeißelung, es ist nur die Entschiedenheit zu einer Person. Ich liebe Dich. Du schläfst, ich höre Dir aus der Ferne zu. Lako noc.

30.11.2016 00:58 • #4


V
Liebe B,
Ich sitze gerade in Bristol und schaue von dem Berg herunter, den wir hochgekraxelt sind, in dem Plattenladen bei dem wir waren, wo wir ein wenig herumgestöbert haben. Heute mal ohne Studenten, die gefeiert werden wollen.
Es sind nun 4 Wochen schon vergangen seit unserem letzten Kontakt und ich frage mich eigentlich zuallererst immer nur: wie geht es Dir? 4 Wochen, die ich nun arbeite und Geld verdiene für die Reise und mehr, das tut gerade gut. 4 Wochen voller Gedanken und das nun mit ein wenig Abstand.
Ich bin extrem schlecht darin einfach was Kurzes zu schreiben, aber ich versuche das Heute mal. B, es liegt sehr viel hinter uns und es sind Dinge passiert, die Du nun in der Therapie anschauen kannst, die ich schon immer versucht habe selbst mit Dir zu bereden - und das ist gut, deshalb wollte ich die Therapie für Dich und ich wusste immer darum, dass dieser Riss, dieses Vakuum irgendwann aufbrechen würde. Und ich wollte es immer. Mein Therapeut hat gesagt: Sie haben sich lieber Schuld aufladen und kreieren wollen, als zu sagen Ich liebe Dich, weil sie Angst hatten. Und ja, so war es immer. B, ich habe mich immer für Dich entschieden gehabt und auch wenn es für Dich wahrscheinlich wie Quatsch klingt: ich habe mich noch immer entschieden und werde das behalten. Das heisst aber auch: ich will auch das Du glücklich bist mit Deinem neuen Menschen an Deiner Seite, und wenn Du heiratest oder was auch immer: es ist das, was ich mir für Dich wünsche. Aber ich weiß, dass ich nach diesen intensiven Jahren eigentlich nichts anderes mehr will für mich. Mit allem Schönen und auch den unseren Graustufen des Alltags. Jeder Gedanke an Andere ist schal, und jeder Versuch auch meinerseits für jemanden Anderen Gefühle zu entdecken war immer schnell verebbt, ich habe es Dir ja immer gesteckt, weil ich letztlich immer mich Dir verbunden gefühlt habe bis zum Kern. Sacramentum. Meines. Ich weiß, dass alles sehr stark über Dich gekommen ist die letzten Monate, ich kann nur erahnen was in dir vorgeht, ich kenne dieses Gefühl und das Du lebst, liegt und lag mir immer am Herzen. Alle Einschränkungen meinerseits waren letztlich nur die Angst davor, Du würdest mich nicht wirklich lieben, eben nur in dem Konstrukt das wir waren. Aber ich schaue da mit Ruhe drauf, ich verstehe uns Beide, das gute wie auch das schlechte daran. Die Therapie ist sehr hart, ich finde es gerade verdammt gut, weil der Therapeut nur auf mich und mein Verhalten achtet und nicht das von anderen, das hilft gerade, auch wenn es zeitweise an die Grenzen geht. Vieles was passiert wird Dich wohl eher noch mehr von mir wegziehen und auch das verstehe ich. Was ich immer nur wollte war Wahrhaftigkeit, jene Wahrhaftigkeit die wir auch lange in uns getragen haben. Und jene Wahrhaftigkeit, die mit dem Riss aufgekommen ist. Ich finde sie auf eine Art beruhigend und deswegen konnte ich Dich in den Arm nehmen und Dich küssen, als Du mir gesagt hast was Du fühlst in unseren Abschieden, es war etwas da. Ich hatte immer einfach nur Angst, das nichts da ist. Es war halt immer so.
Liebe B, ich bleibe. Mein Herz ist besetzt. Das heißt für Dich jetzt nichts, außer das es Dir derjenige schreibt, der jede Faser an uns kennt, jede schöne, traurige und auch verletzte. Mir geht es nicht mehr um Antworten oder Eifersucht oder so etwas. Meine Antwort liegt nur in mir, wie Deine bei Dir. Und beide sind ganz wertfrei schön und richtig so. Meine Eifersucht kennt keinen Raum mehr, weil ich Liebe nicht mehr als Besitz verstehe oder als etwas, dass jemanden begrenzt.
Ich wünsche Dir, an wessen Seite auch immer, ein gutes Weihnachten und einen guten Weg in ein aufregendes und gefülltes Jahr 2017. Ich werde Dich sehr vermissen in diesen Tagen und deshalb viel arbeiten. Wir sollten uns im Januar vielleicht einmal in einem Cafe treffen um die Wertgegenstände der Wohnung zu besprechen, solche Dinge sind ja leider nötig jetzt.
Du weisst, was ich fühle, deshalb schreibe ich es Dir jetzt nicht nochmal. Ich weiss, was Du fühlst und bin bei Dir.
Dein F

01.12.2016 08:04 • #5


V
Was ist das? Was ist Liebe, und was sind diese 16 Jahre? Strafe mich keine Lügen: wir sind doch dafür geschaffen uns wieder zu finden? Wir haben unter allem, was wir an und in uns trugen, doch immer den Zugang dazu gehabt uns für ein Leben zu entscheiden, gegen alle Beliebigkeit, gegen alles austauschen, gegen alle Oberflächlichkeit. Munin, was haben wir lange ohne Luftblasen uns im Teich bewegt, du immer müder als ich, Deine Haare seit 10 Jahren von mir geschnitten. Zu eng aneinander, zu ängstlich füreinander. 3 Jahre haben wir gewartet auf unser erstes Treffen. Warten war immer bei uns. Ich gehe nun in die Zukunft wie Dein Mond, Kreise ziehe ich still. Siehst Du mich bald wieder? Kein Schweif. Kein Geräusch und in Dir nur Zweifel. Wenn die Welt sprachlos ist, ist sie am einsamsten, aber keine Zeichensprache fasst Dich und mich zum Wir. Der Nebel liegt über derselben Stadt, Du drehst Dich gleich zur Seite. Du atmest auf und ich kreise.

04.12.2016 06:05 • #6


V
Munin Tagebuch 08.12.16

Wow, mittlerweile blicke ich nicht mehr durch, wann ich Dir geschrieben habe, wo und sowieso. Die Tage vergehen so schnell, eigentlich auch immer am tun, immer mit 4 Augen und dem Gedanken, wie Du gerade etwas finden würdest unterwegs. Welchen Tee Du trinkst. Welche Gedanken Du in Dir hast, die Du wieder nicht äußerst. Gestern im Plattenladen lagen der Mr Robot Soundtrack aus, Bela Lugosi, an allen Ecken und Enden bist Du, im Himmel verlorenes Blau, im Sonnenuntergang die Farben von der Fragile. Love is not a symptom of time, time is a symptom of love. Gestern den dritten tag hintereinander mit Kaz im Snooker-Pub gewesen. Sogar ein wenig Zugang zueinander gehabt. Überhaupt: jeder ist recht distanziert miteinander und ich versuche uns darin zu sehen, kleine mikro Annäherungen von uns, Zwischentöne wie auch verständlicher Abstand.
Der Tag gestern war geprägt von Bildern, was ich Dir angetan, wie ich mich verhalten habe. Manchmal verschluckte ich mich an Gedanken, dann stieß ich sie einfach wieder auf. Es lähmt mich. Noch viel mehr als die Trennung. Noch viel mehr als alles in meinem Leben zuvor. Es war so Vieles nicht gut, es ist unfassbar. Ich lerne und lerne. Das ist letztlich alles, was mir zusteht. Keine Entschuldigung, kein verzeihen. Es ist natürlich alles komplex, zwischen Schuld der eigenen Taten und zu spüren: Dein vater, Dein Vater das Schwein, der Mensch, der uns alles verbieten wollte, was wir hatten: unsere Liebe. Und dann fing ich an besitzergreifend selbst zu werden, wahrscheinlich weil ich Angst hatte, Du würdest Dich nicht bekennen, Du würdest genauso verschwinden wie alle zuvor, die mir nahe waren - Jetzt wo ich Dir das schreibe passiert etwas heftiges, ich errinnere mich an alles aus dem Keller des Hauses als ich ein Kind war wieder. Das ist heftig. Die Wege, Ecken, das Licht. Alles kommt zurück.

Ich war nun spazieren, und im Arnolfini Museum mir eine ziemlich tolle Ausstellung anschauen, Daphne Wright. Wahnsinnige Skulpturen aus Lehm, Ton, Erde, sehr zart, sehr groß, sehr natürlich, sehr abstrakt in seiner Natürlichkeit. Du hast gefehlt, unsere Spielchen, unser Dummsein. In diesen Stunden wurde mir noch mehr klar: Du wirst nicht zu mir zurückfinden. Ich sehe Deinen Geist entschieden, Dein Herz. Du wirst manchmal denken: wie wäre es wohl mit F, aber dann ist es überlagert von Deiner Entscheidung, und wir wissen: wenn Du Dich entschieden hast, wird daran nichts geändert. Ich bleibe, so steht es in der Weihnachtskarte, und ich habe Angst, Du antwortest darauf mit „F, du musst Dich lösen, ich habe einen neuen Freund“. Darauf würde ich antworten: ich bleibe. Wie wenig verschieden wir uns dann doch sind. Du und Deine Liebe, und ich und meine. In der Stadt war ich so kaputt, allgemein merke ich, dass alles sehr behäbig nur zu Stande kommt. Gedanken werden fester, schwerer, auch zum Teil so, dass ich sie nicht anfassen mag. Auf einem Datingportal eine Frau angeschrieben. Es ist mir eigentlich egal, es ist wohl Trotz, schauen, orientieren, was auch immer. Taten, Taten, Taten. Wie einfach es jetzt ein neuer Mensch in Deinem Leben hat, und das meine ich nicht böse, aber wahrscheinlich wirst Du überhäuft mit Schönem von ihm und bist glücklich. Ja. So will ich das ja auch. Das Du glücklich bist. Ich bleibe. Mit meinen Augen, meinem Mund. Für Dein lebenlang. Und wenn ich Dich am Ende des Weges pflege, dann werde und will ich das tun. Dieser Riss hat alles aufgelöst, alles aufgezeigt. Und darüber bin ich dankbar. Du kreist 1000 Km entfernt. Ich bleibe, B, x., Munin. Ich sage jede Nacht gute Nacht. Ich sage jeden Tag 3 Worte an Dich. Auf bald.

08.12.2016 15:17 • #7


V
Munin Tagebuch Heiligabend 24.12.
Der Kuchen ist zu wässrig. Alles mir herunter gelaufen durch die nicht dichte Backform. Mit Unruhe durch die Küche gestolpert. Chaos, leicht zu behandeln. Er sitzt nun für eine Stunde im Ofen. Irgendwann im November, als ich anfing Dir zu schreiben, war einmal ein Tag wie der gestrige, ein tag an dem ich nicht das Haus verlassen konnte, ein Tag der aber anders war, es war nicht Heiligabend, es war ein kalter Tag mit Schnee an den Landungsbrücken, ich hatte gerade angefangen alles umzustellen. Jobs. Kunst. Es ist viel passiert seitdem. Es ist nichts passiert.
Ich habe den ganzen Tag im Bett gelegen und mich durch Träume gehangelt. Sie sind erkenntnisreich, ich kann vieles sehen. Unser System: Du machst alles, selbst wenn ich frage, dass ich mitkochen will, sagst Du nein, selbst wenn ich koche, sagst Du irgendwas passt Dir nicht. Du machst Dinge für mich, ich spreche Dinge an. Aber mir scheint: sprechen ist keine Tat, mitfühlen ist keine Tat. Ich male mir aus, wie Dein neuer Freund Dir Geschenke macht - wann habe ich das? Ich war so gefangen in diesem System - aber das bin ich. Ich konnte weder gegen mich an, noch es verstehen, so lange es von Bestand war. Ich will küssen, ich will Lawinen auslösen, ich will ein Iglu dagegen bauen. Die Polarsonne wärmt nicht. Wir sind Polarsonnen, und Du wandelst Dich in Magma, du gehst tausend Schritte weiter über Los, gehst bis in den Libanon, wo jemand mit Küssen an der Pforte wartet und die Katzen zu sich nimmt. Sie heißen Polly und Gingin, unsere Namen sind ihr Blut, so viele Nächte in der Kuhle zwischen unseren Körpern. Ich schreibe gerade ein Essay. Es ist mein nächstes Projekt: die entpopularisierung. Eine Abhandlung über entfremdung, neufindung, neues verlieben. Was treibt Menschen dazu, dass sie nicht mit dem alten leben wollen, sich abstreiten, sich auf einmal im Neuen umflammt fühlen. Ich denke, dass es an mir ist nun in die Tat überzugehen. Das ist mein Antrieb, Du bist eine Flamme, die an den Hölzern kitzelt ohne sie zu verbrennen, aber so bin ich auf der Flucht in mich, in das Iglu in dem es leer und kalt ist, steinig wirken die Eisklötze, kein Spiegel, nur ein Lammfell liegt da.
Low - Blue Christmas
Wer bist Du? Was warst Du? Du bist feige. Du warst es. Du warst liebend. In Deiner Sprache. Ich lese sie nun: da sein für den anderen. Nicht leiden. Nicht zweifeln. Nicht sprechen. Wenn Du Deinen Weg machst, wirst Du lernen für den Anderen zu sprechen, zu schweigen, zu schreien. Es wird alles kitzeln in Deinen Mundwinkeln, in Deinen Haaren wirst Du Deine Hände vergraben, in Deinem Körper Leere, Schmerzen, Völle und Leichtigkeit spüren. Ein Teil des Essays ist das: Und wir sprechen uns zu: ich bin etwas, dass ohne andere funktiniert. Und das System der therapeutischen Aufarbeitung löst dadurch, dass es den Prozess zum Selbst darüber mit definiert, dass das selbst sich lösen muss von Anderen und sein Zielkreuz darauf richtet, was die eigene Lebenserkenntnis und Erfüllung ausmacht. Ist aber nicht das Andere auch das Ich? Ein Spiegel, der so wertvoll sein kann, ebenso betrachtet und in den Prozess der Lebenserkenntnis einbezogen zu werden, da es nichts Näheres gibt als jemanden, der sich selbst dafür entscheidet, mit einem Menschen einen großen Teil des Weges zu teilen. Gesellschaftlich akzeptiert zu sein bedeutet eine dem Entfaltungsprinzip getreue Lebensweise zu leben, die sich medial, in Kommunikation und Angebot der vielfältigen Entwicklung zuordnet - was in sich geschloßen ein wichtiger und unabdinglicher Prozess ist. Der Mensch ist in seinem limitierten Maße angeregt seine Grenzen zu erfahren, er findet im Falschen immer das Richtige und wenn es dann mit Abgrenzung über das ehedem geliebte sich hinwegsetzt als befreiendes Element eigener Ängste. Das Wort und die Sprache als Waffen liegen zur Hand. Sie richten über das Ende einer Verbindung von einem zu einem anderen in einem Anderen. ...blablabla
Naja. Es geht wohl alles noch besser. Du sagst Nichts, Deine SMS von vor 2 Tagen war leer. Sie hätte auch aus Kommas bestehen können, sie wäre nicht mehr von Aussage gewesen - oh, dass trifft Dich und trifft Dich nicht, da es schon obsolet ist? Willkommen dort, wo Du die Menschen gehasst hast. Ich zähle auf:
Wenn Du eine andere Freundin hast, halte ich es nicht aus und verlasse die Stadt
(Ach ja übrigens Flo, das habe ich bisher ja nicht gesagt, aber ist kein problem für mich, wenn Du eine andere Freundin hast)
Die Menschen sind böse und lügen immer
(Achja B, zu dem Zeitpunkt hattest Du ja auch schon was im Köcher und ich wüsste es bis heute nicht, wäre ich nicht in Duhlsberg gewesen)
Dein Umgang ist befremdlich. Du bist weit fort, da wo Du Deine Veränderung siehst. Du bist da, wo man aktiv lebt und Verantwortung übernimmt.
Du übernimmst keine Verantwortung. Du schreibst weiter meinem Vater Texte, du hälst es für anscheinend interessant, dass Du einen neuen Job hast, und wie das Wetter ist. Du verletzt mit Deinen Halbwahrheiten Menschen. Du erniedrigst das Verhältnis. Du bist das Gegenteil von Verantwortung. Du gehst einfach weiter, Du blickst nicht zur Seite, Du schreibst fahle Texte, die Dich nicht mehr in der unschuldigen Position stehen lassen, die Du auch ganz eigen Dir 13 Jahre angeeignet hast. Bestärkt es Dich? Ich nehme Dich in den Arm, weil ich nie mehr sehen wollte, als das Du Fehler machst. Ich schreie Dich an, weil Du mehrere Menschen verletzt. Weil Du niemanden, nicht uns, eine Chance lässt. Weil Du nicht zu reflektieren scheinst, was es heisst, wenn man 13 Jahren Brot und Bett teilt, bei allen Widrigkeiten, bei aller Leere, bei alledem, was wir beide verbrochen haben.
Ich werde nicht hassen lernen hierdurch. Wie Du aussiehst weiß ich in meinem Blut. Wer Du bist an jedem Zentimeter. Das sind die Dinge, die Dich abgrenzen. Dort willst Du lieber nicht sein, denke ich. Das schwere Geschütz der Vergangenheit an der Gurgel drückt und fasst um den Hals ohne auch das es nur in der Nähe ist. Ich bin nicht perfekt und werde es nicht werden. Mein beruflicher Weg ist nicht perfekt und wird es nicht werden. Aber meine Qualifikation ist jene: ich werde immer schlafen mit dem Gewissen, dass ich mich dafür eingesetzt habe, dass es uns und Dir besser geht. Und in dem Moment, als das geschah, bist Du gegangen. Meine Lehre ist dadurch eher noch bestätigt. Und meine Liebe versiegt nicht daran, dass Du woanders bist. Der Wind heute in dieser Stadt geht auch durch Dein Haar. Der Wind bleibt an Dir wie an mir. Irgendwas wird passieren mit Dir, auch Deine Lügen, wie jene die ich lange in mir gelebt habe, das unausgesprochene, werden auftreten vor einem Spiegel, in der U-Bahn, in einem Kuss. Du wirst lesen. Filme sehen. Dein Gehirn wird Dinge verbinden. Du wirst damit alleine sein wie ich. Da werden wir uns sehen, in einer Blase aus vergangenem. Du wirst das Gewicht auf den Schultern spüren, unsere Tänze und unser blödsein. Es war nie Bruder und Schwester, wie Dein Therapeut gesagt hat. Es war eine schmerzende Symbiose, die wir beide nicht (er)tragen konnten. Bald, in Monaten, Jahren, werden wir ein Gewicht haben. 4 Augen begleiten mich durch den Alltag und ich füttere die Raben mit zweifacher Ration.

Habe ein gutes Fest. Du wirst über meinen Kopf heute hinweg fliegen, es wird ein Sandwich geben, es wird dunkel sein und die Landstriche sich von oben mit gelb-grellen Lichtkegeln der Städte abwechseln. Du bist bei mir.

24.12.2016 04:38 • x 1 #8


V
Munin Tagebuch 31.12. - Ende einen Jahres
Das Jahr fing an auf dem Balkon von Freunden. Wir beide desinteressiert an dem Geläute, den Farben, den Tönen. Alles war Lärm, wir kamen von einem koreanischen Restaurant, wir sahen schick nebeneinander aus, sahen das streitende Paar am Nachbarstisch und ich dachte an uns. Die 5 Stockwerke hoch fielen mir damals schwer, wir gingen langsam, wir gingen zusammen, ich nahm das nicht für selbstverständlich, wir gingen in die Küche, wir sprachen jeder mit Menschen. Der Frühling kam kalt, wir sprachen in unserer Sprache, wie wir unsere Sprache halt sprechen konnten, wir lagen, wie wir liegen konnten nicht neben- nicht bei- nicht füreinander aber zusammen, ohne diesen Begriff als Gleichung sondern eher als Frage zu sehen, und es war warm, wenn ich bei Dir war und es war leer wenn ich bei Dir war, weil ich immer einen Schimmer spürte um uns, der sich nicht ehrlich anfühlte.
Sommer, Herbst, Winter, alles Zeit, Tage, Wochen, Regen, Nächte sind so versteinert im Gedächtnis. Nirgendwo steht Klatschmohn in diesen Errinnerungen, nirgendwo wächst sich Efeu hoch in andere Höhen, auf die wir klettern, mit der Räuberleiter, die wir uns gegenseitig leisten. Da unten sind wir, sagen wir aus wenigen Metern Höhe und meinen die anderen, blicken darauf, was wir uns gedacht haben zu sein.
Der Sommer kam so spät. Und der Sommer kam mit bleichen Beinen und der Sommer hat Dir Dinge verraten, und Du Dich daran, was Du immer gehasst hast: Die Menschen, die komischen, die lügenden, die untreuen. Und nun: was heisst das Kleid Unschuld uns zu schützen? Vor nichts, liebe B, die Welt trägt Dich wenn Du die Anker löst schneller, als Du Deinen Namen buchstabierst. Die Loyalität, die Verbindung dessen, was Du gedenkst zu sein: Das Beispiel ist dahin.
Wir gehen an der Limmat entlang. Es strömt der Regen im Garten und die Nachbarskatze schleicht herum, wir blicken auf den Üetli, wir wandern seinen Planetenweg lang, wir sitzen beieinander und ich lege meine Hände auf Deine Knie. Wie oft tat ich das. 8932 Mal? Du hast gezählt? Wir mein Gedächtnis immer korrigiert, weil ich mich verschleudere an allen Eindrücken, weil ich aufsauge, was Du eher observierst, wo ich im Pogo-Kreis stehe und mich in alles werfen will, während Deine Augen alles fotografieren. Aus der Distanz zu uns und man sagte uns nach: ihr ward so anders, ich war neidisch.
Waren wir das? Sind wir das?
Der Winter ist ohne Uhr dieses Jahr, ich blicke von Arbeit zu Kunst zu schreiben zu den Raben, den Eichhörnchen in meiner Straße, in meiner Wohnung ist es warm und ich höre nun Bach und ich denke: ich liebe Dich, ich verliere Dich, Du verlierst mich, ich liebe Dich. Und ich bleibe an all den Orten zwischen violetten Blütenstaub der sich über einen Garten in Malaga legt, wo die Papageien lauter schreien, als die Fischverkäufer am Fischmarkt, und dort, wo wir in den Beton unsere Seele herausschreien, und Du so defensiv klein bist, und ich nichts mehr will, als dass Du keine Angst hast.
Etwas will der Winter an meinen Füßen, kalt ist jeder Schritt. Ich blicke nach London, und sehe unsere Stunden, ich schaue auf die Häuser, die wir ansehen wollten, ich lese Hegel und Kant und verstehe den Drang der Veränderung, alle Konstrukte Wiederholungen und dadurch sanfter und sanfter in meinem Verstand und ich verstehe die Grossstadt, und den Wunsch nach Liebe. 365 Tage sind es nun: kein neues Alphabet gelernt, schwarz blickt der Himmel wieder und wieder und wir gingen in so viel Abendrot. Viele Deiner Worte darf ich nicht glauben, viele glaube ich mehr, als Du wohl denkst, sie hätten keinen Schaden angerichtet.

Ich umarme Dich diesen ganzen Tag, nachher auf dem Weg zu Freunden, dann zur Arbeit, ich höre die aufgeschreckten Menschen und sehe wie wir ruhen: so ruhe ich für uns weiter. Deine Hand liegt in meiner, Dein Haar, welches mittlerweile wohl ganz anders ist schaue ich von der Seite verstohlen an, Deine Wangen sind trotzig und Du denkst, was Du denkst und was Du nicht denkst. Wir stehen auf.

31.12.2016 03:10 • #9


V
Munin,
die Asche fällt aus meiner Pfeife auf meine Hose. Nichts entflammt. Im Hintergrund läuft Joanna Newsom. An Silvester hast Du Dich auf einmal sichtbar machen wollen. Wo bist Du, was machst Du - waren die Fragen bis vor ein paar Tagen. Nun drängst Du so auf, Du willst auflegen, dort wo ich auflege, Du nimmst Räume, sprichst Halbwahrheiten. Nein, was mache ich? Ich male, habe gerade einen Schwung dafür gekauft, ist es die Venus, der Nordstern heute so nah und hell bei der Mondsichel? Meine Kraft wächst aus dem Gedanken eines Wirs in die Kraft meines Ichs - nein, mein Bewusstsein dafür. Noch mehr Gedanken an die Veränderung in Menschen, wie auf einmal aus einem Schatten Licht sichtbar wird, ein Kuss später nur eine flüchtige Umarmung wird. Ich werde nicht mehr warten auf den Menschen, der mit mir spricht. Er wird erscheinen oder nicht. Ich sehe Felder vor mir, ich will reisen. Ich will wachsen über mich, und darin bist Du der größte Teil, aber die Adern werden irgendwann schmaler werden. Ich habe auf Deine letzte Nachricht nicht mehr geantwortet. Fällt es Dir auf? Ich war immer der, der als Letztes schrieb. Ich sah keinen Sinn mehr darin. Ich schwanke so durch die Zeit, mein Körper ist angegriffen, nicht Rost, nicht Säure, er frisst sich selber auf, an alle den 100000en Fasern die er gebildet hat um mich zu bilden, meine Augen sind träge. Mein Herz flammt und stolpert und schweigt. Müde sind die Augen von der Müdigkeit, vielk wacher für alles Andere als noch zuvor. Der Lack an meinen Ringfingern, der für erheiternde Verwirrung gesorgt hat, ist in Schlieren schon abgesplittert. Es ist nicht mehr Weihnachten. Es gibt ein langes Jahr mit schwarzen Tagen vor mir, in deren Leinwand ich versuche mit Firniss das wichtige zu konservieren, mit Terpentin lichte Stellen schaffe. Wo wirst Du darin sein? Diese Fragen beschäftigen Dich nicht, du trinkst ein getränk, du hörst Deine Musik, irgendwann kommt alles in Wellen auf und nieder in Deine Augen - wie bei mir. Sage dann nichts zu Dir, sage Dir nicht Gute Nacht. Bald fahre ich nach Oslo. Die einzige Stadt, die ich mit Dir verbinde, die ich noch nicht selber betreten habe. So kann es meine Stadt werden. Halb Europa ist besetzt. Diese Stadt. Es geht in den Norden. Ade.

02.01.2017 18:09 • #10


V
B, Munin, Mensch mit Blut, den ich nicht mehr kenne,

ich habe Dir ein paar Zeilen zukommen lassen, Du wirst auch darauf nicht antworten. Du wirst sie lesen, es wird Dir vielleicht eine Regung entspringen. Vielleicht auch erst in Monaten. Jahren. Vielleicht wirst Du plötzlich den Wandel spüren, ein Kind bekommen, ein Haus, ein wenig mehr Einfachheit. Ich denke so könntest Du denken, ich denke, dass ich denke, dass Du so denkst. Ich denke bei den Texten, die ich an Dich schrieb, es waren ja eigentlich seit November nur 2, immer, sie seien falsch. Aber es gibt kein richtiges im Falschen und auch kein falsches im Richtigen und so bleibt es zurück, was ich bin: ich.

Ich höre Ligeti. Sonatina, II. Andante. Vieles führt nun zurück, ich kann meinen Geist weiter dehnen und ich wandere durch die Zeit leichter, als noch vor Monaten. Am Anfang der Trennung zeigte mir mein Gehirn folgendes: wie Du mich streichelst, wie wir lachen, wie Du auf so vielen Bildern neben mir lachst, Küsse, Momente der Unbeschwertheit, Schwüre, Sicherheit. Die Bilder mit Dir waren erfüllt, nicht alle gewiss, aber die meisten, ich sah mich im Maelstrom des Liebens, ich sah unsere Katzen, unsere Liebe für sie, bunt alles.
Nun fängt es weit früher an: meine Kindheit, meine (Un-)Möglichkeit zu lieben, meine Ängste kommen aus den hinteren Ecken hervor, ich steige Leitern hinab, an denen Du nie eine Hand hattest, ich steige Leitern wieder hinauf, ich sitze vor dem alten Haus, ich bin wieder alleine und ich versuche es nach 13 Jahren zum ersten Mal losgekoppelt zu verstehen. Meine Fehlerhaftigkeiten, meine Methoden des Umgangs. Meine Schuld und meine Unschuld. Alles ist Schmerz, alles ist klar, der Himmel zieht kühl auf, es gibt auf dieser Fläche keine Mulde, keine Häuserecke zum wegducken, Ein Glück, empfinde ich. Eine Aufgabe, die ich erfüllen will und durchleben, aber auch eine, deren Kraft gerade extrem gewachsen ist.

Ich gehe durch die Stadt, ich sehe und höre Raben, ich denke an Dich. Ich werde umarmt und ahne die Nähe, sie dringt partiell durch, ich spüre Küsse von Freunden und bin dankbar, erst einmal nur in der ersten Ebene, der, dass ich darum weiß. Ich spüre kaum etwas mehr. Und ich spüre alles zugleich, ich versuche die Defragmentierung langsam laufen zu lassen, ich sitze bei mir und trinke einen Tee, und ich steuere meinen Geist über alles und bewerte die Felder neu, auf die ich getreten bin - nicht aus dem Sinn heraus, einen Fehler wett zu machen, sondern den Fehler mit mir zu verbinden, meine Schritte zu verstehen.

Penderecki, jetzt. Agnus Dei. Lamm Gottes, ich sprach letzte Nacht fast eine halbe Stunde mit einem Taxifahrer, nachdem wir am Ziel waren. (Weisst Du noch die unzähligen Fahrten, die wir so zusammen erlebt haben, wo wir solche Gespräche zusammen auf der Rückbank mit Fremden geführt haben? Wir immer für andere so greifbar als Paar, wie die Frau in England, die sich bedankte dafür, dass sie uns eigentlich 5 Meilen begleitete, weil wir nicht wussten, wo wir sind) . Koran, das heilige Buch der Christen, Kaaba, Humanismus, Werteverfall. Keine Missionierung, kein Gespräch über sondern mit Wissen. Wie sich in der Erkenntnis die Dinge gleichen: sie streben in Aufrichtigkeit immer dem guten, dem Licht entgegen. Es klingt esoterisch, ich nutze mal den Begriff Licht synonym, und inwieweit Aufrichtigkeit belohnt wird, liegt auch daran, in wie weit frei wir diese betreiben können. Wir sprachen über die Gesellschaft, die Überforderung der Menschen, den Sinn von Glauben (nicht für mich). Wir kommen mit einem Schrei und wir gehen mit einem Schrei in das Nichts zurück. Liest Du mich? Mein Geist spannt sich um Dich als unsichtbares Netz, dass Du durchdringen kannst, mein Geist will bei Dir sein und Dich behüten, aber so etwas gibt es nicht. Es passiert doch so unfassbar viel, ich werde aufgesaugt, ich werde belohnt. Es gibt keine Klage, keine Anklage. Die Lieder gehen alle weiter, und die Veränderung trägt viele Gesichter, aber das Gesicht der Veränderung ist noch immer das klarste, dass es gibt. Es trennt alles auf und macht es unmöglich einfach zu verharren, starr zu werden. So vereinigt sich so Vieles: im Einklang ist nur die Unrast, die uns voran treibt. Klarer werden wir nur, dadurch, dass wir die Welt mit unserer abgleichen. Ich wünsche es Dir, dass Du auch an diesen Ort kommst, vielleicht warte ich dort dann. Vielleicht nur als Abbild von Dir, wenn Du mich besser verstanden hast an den Umständen der Welt, wie ich es nun für mich und wie ich auch lerne Dich besser zu verstehen. Vielleicht bin ich dann noch immer da. Ich will mich dem nicht verschließen, aber ich lerne: es ist kein Ziel mehr.

Penderecki, Stabat Mater. Düster ist es noch draußen, bald wachst Du auf, bald fütterst Du die Katzen, bald schließt Du die Tür.
Ein Buch will ich heute fertig lesen, ich will müde werden an Worten und ich will den Traum von vorgestern reanimieren, Deine Art, zum ersten Mal nach 3 Monaten habe ich Dich wieder darin gesehen, wie Du schriebst, wie Du ausschautest.
Zurück beim Taxi Fahrer erfanden wir einen Schlüssel für Frieden: Liebend ist der, der hinter den starken auch den schwachen erkennt und dann findet sich Frieden, weil man die Welt als Ganzes sieht. Die Teile fügen sich immer mehr zusammen, sie brechen auch mal auseinander, aber ich merke: ich lerne bald meinen Frieden mit Dir. Ich lerne unser, dein, mein Schwaches zu erkennen. Zu verstehen. Und damit das Wir, und was es belegt hat. Ich gebe dem Wir langsam die Hand, es wird kein Freund, aber es wird auch weniger das befremdliche.

Und finally, f. it: ich liebe Dich. Gehe in den Tag und möge es ein guter für Dich sein.

09.01.2017 07:01 • #11


V
Auf in die Box. Und Ade. Neue Zeilen, für neue Schmerzen, für neue Augen. Gehabe Dich wohl, auf allen Schritten.



FIN.

18.01.2017 11:41 • #12


fitheach
wer tief fühlt muss sich auf den schmerz einlassen
aber nur wer tief fühlt
kann wahre schönheit fühlen
so bewahre dir die tiefe
denn sie bewahrt dir die schönheit

22.01.2017 00:28 • x 3 #13


V
Das ist sehr schön und ich sehe es genauso, danke. Nur aus Wunden kann Blut austreten, nur an Wunden lässt sich aber auch die kalte, klare Luft spüren. Ich glaube die Erkenntnis ist auch gewachsen: im besten Falle ist man dazu im Stande selber zu lieben und dankbar dafür, wenn es ein Gegenüber gibt, dass dasselbe mit einem teilt. Ich bin daher dankbar für +10 Jahre, erschrocken darüber, dass einem ein paar genommen worden sind und allmählich wieder ruhiger und mittiger. Aber auch vor allem dank dem Abstand, der jetzt SEHR groß geworden ist. Kein Bedürfnis mehr ihr zu schreiben. Dafür für einige andere umso mehr!

24.01.2017 00:13 • #14


fitheach
ja und das ist auch gut so die zeit heilt nicht alle wunden aber die zeit zeigt neue wege

19.03.2017 00:41 • #15


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag