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Herz und Verstand

Staubfingerin
Hallo Ihr Lieben!

Jetzt will ich auch mal ganz kurz meine Geschichte anreißen. Ich hatte nun seit rund 2 Jahren eine Beziehung zu einem Mann, den ich sehr, sehr schätze und liebe. Es war von Anfang an eine emotional sehr tiefe, großartige, aber auch schwierige Verbindung. Ich will hier jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen. Letztlich hatten wir beide unsere Ängste, Verletzlichkeiten und Baustellen. Wie es ja meiner Erfahrung nach immer so ist, dass in Beziehungen die Themen hochkommen, die uns oft schon von Kindheit an begleiten.

Bei uns führten vor allem ein recht unterschiedliches Nähe-Distanz-Bedürfnis ich wollte mehr, er weniger Nähe und in der Folge ein gewisses Vertrauensproblem von mir eine große Rolle. Leider hat sich das immer wieder hochgeschaukelt; nach einigen nervenzerfetzenden Hin und Her hat er sich nun vor einigen Wochen zur Trennung entschlossen. Sein Herz sagt zwar was anderes, aber er ist unheimlich verstandesorientiert und zu der klaren Überzeugung gelangt, dass unsere Bedürfnisse zu unterschiedlich sind. Er ist sich für sich klar geworden, er will keine Beziehung, mit niemandem.

Ich habe unter diesem Entschluss wahnsinnig gelitten und leider in der ersten Zeit danach ziemlich meinen Stolz vergessen, hab mich gemeldet, gebettelt usw. Ich war und bin der Meinung -dass es für unsere Themen Lösungen gegeben hätte, die wären allerdings sicher mit einer gewissen Arbeit und dem genauer Anschauen von eigenen Herzensbaustellen verbunden gewesen. Und das will, kann er nicht, whatever.

Vor Kurzem haben wir uns nochmal getroffen. Ich habe ihm das alles noch mal kommuniziert, auch seine Meinung stehen lassen können und war ganz stolz, dass ich ihn nicht bedrängt habe. Seither versuche ich mit dem Schmerz irgendwie klar zu kommen, keinen Kontakt aufzunehmen und mich innerlich mit der Entscheidung abzufinden.
Das Problem: Ich habe bei dem Treffen gemerkt, wie unglaublich viel Gefühl von seiner Seite da ist. Es geht hier definitiv nicht um jemand neuen. Ich bin froh darüber, weil ich viele Eurer Geschichten gelesen habe und mir vorstellen kann, dass das dem ganzen schlimmen Schmerz noch die Austauschbarkeits-Krone aufsetzt.
Ich spüre nun aber bei mir, dass da gerade deshalb ein feiner Hoffnungsfunken, der mal mehr mal weniger groß ist, stetig weiterglimmt und ich habe ein bissel Angst, dass ich so verpasse, loszulassen.
Wahrscheinlich funktioniert das mit dem Loslassen nur, wenn man wirklich ganz die Hoffnung aufgibt. Oder was meint Ihr?

08.05.2019 14:47 • #1


Kummerkasten007
Wie willst Du loslassen, wenn Du Dir immer noch Hoffnung machst?


Zitat von Staubfingerin:
Ich habe bei dem Treffen gemerkt, wie unglaublich viel Gefühl von seiner Seite da ist.


Mitleid, Scham, Trauer, vielleicht auch Zuneigung - das kann viele Gründe haben. Oder einfach auch nur eine Interpretation deinerseits.

08.05.2019 15:09 • x 2 #2


A


Herz und Verstand

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Staubfingerin
Danke für Deine Antwort. Da er einige Tage vorher gemeint hatte, dass es für sein Herz gar keine Frage wäre, meine ich da schon Liebe gespürt zu haben. Aber ja, Du hast wohl vollkommen recht, dass ich so weder loslassen kann, noch es wirklich will. Meinem Verstand ist das auch durchaus klar, meinem Herz allerdings nicht. Und worauf ich raus wollte: Eine Trennung, die im Kopf entschieden wurde, aber nicht im Herzen fühlt sich für mich so wahnsinnig falsch an. Aber dennoch ist es seine Entscheidung, ich weiß!

08.05.2019 15:43 • #3


Kummerkasten007
Er sagt, er meint....aber....die Tat ist, dass er sich getrennt hat.

Erkennst Du den Unterschied zwischen sprechen und handeln?

08.05.2019 15:46 • x 2 #4


Staubfingerin
ja, ich erkenne ihn und spüre ihn . und ich bilde mir ein, dass es mir leichter fallen würde, die trennung zu verarbeiten, wenn diese herz-verstand-diskrepanz nicht wäre, sprich er nicht gesagt hätte, dass es nix mit dem gefühl zu tun hat. aber du hast recht, genau dann, wenn ich darüber nachgrüble, sollte ich wohl einfach sehen, dass er sich trotzdem getrennt hat.

08.05.2019 15:58 • x 1 #5


W
Zitat von Staubfingerin:
Eine Trennung, die im Kopf entschieden wurde, aber nicht im Herzen fühlt sich für mich so wahnsinnig falsch an. Aber dennoch ist es seine Entscheidung, ich weiß!

Letztenendes ist es völlig egal, aus welchen Beweggründen heraus er sich getrennt hat. Fakt ist: er hat sich getrennt. Und er scheint auch nichts daran ändern zu wollen. Ich fürchte, mit Deiner Grübelei, ob denn bei ihm Herz und Kopf im Einklang sind, rückst Du weiter ihn in Deinen Fokus, anstatt seiner Entscheidung (Trennung) Rechnung zu tragen und den Fokus auf Dich zu richten. Das ist sehr schwer, ich weiß.

Eine bittere Wahrheit: manchmal ist Liebe allein nicht genug, wenn Muster, Erfahrungen, Bedürfnisse kollidieren. Liebe löst keine Probleme.

08.05.2019 16:10 • x 2 #6


Staubfingerin
Danke, liebes Wölkchen für Deine Antwort!

Eine bittere Wahrheit: manchmal ist Liebe allein nicht genug, wenn Muster, Erfahrungen, Bedürfnisse kollidieren. Liebe löst keine Probleme.[/quote]

Ja, so ist es wohl. Die Liebe ist ein großes Geschenk. Man oder zumindest ich treffe nicht so viele Menschen im Leben, mit denen tiefes Verständnis und Verbundenheit möglich sind. Wie eingangs bereits geschrieben glaube ich, dass wir alle unsere Päckchen mit uns tragen, der eine mehr, der andere weniger, die vor allem in Liebesbeziehungen problematisch werden können. Die Liebe an sich löst zwar dann nicht diese Probleme, aber sie kann einen dazu bringen, bestimmte Muster, Themen bei sich anzuschauen, zu hinterfragen. Aber natürlich müssen das dann auch beide wollen und können. Trotzdem: Ich glaube an die Liebe!

Und überhaupt. Danke für Euren Input, tut gut, sich auszutauschen!

08.05.2019 16:29 • x 1 #7


W

Gib Dir ruhig Zeit, zu trauern, versuch nach und nach, Deinen Fokus auf Dich zu lenken.


Zitat von Staubfingerin:
Trotzdem: Ich glaube an die Liebe!

08.05.2019 16:33 • x 1 #8


K
Klug wird eine Entscheidung erst durch das Zusammenspiel unserer rationalen UND emotionalen Kompetenzen.

Richtige Entscheidungen lassen sich nicht wirklich treffen, sondern sie sollten klug getroffen werden. Dabei greifen wir nicht nur auf unseren Verstand (langsam und gründlich) zurück, sondern auch auf unser emotionales Erfahrungsgedächtnis wie z. B. das Bauchgefühl, das seine Bewertung in Millisekunden abgibt, sozusagen als innere Stimme. So findet ein konstruktives Zusammenwirken statt, das aber auch Zeit braucht.

Es ist mein Eindruck, dass Du die Trennung nicht akzeptieren willst, vieles in sein Verhalten hinein interpretierst, was von ihm weder gewollt noch beabsichtigt ist. Du meinst, er geht anders mit der Trennung um als Du? Du bist der Ansicht, er geht mit der Entscheidung der Trennung anders um als Du? Du glaubst, er empfindet noch starke Gefühle für Dich, immer noch Bereitschaft zu einer möglichen Fortführung der Freundschaft?

Wie es auch tatsächlich sein sollte, er hat für sich ganz offensichtlich die verschiedenen Aspekte Emotionalität und Rationalität durchdacht und mit seiner Entscheidung die Trennung als gute Balance innerhalt dieses Spannungsfeldes Emotionalität und Rationalität für klug erachtet.
Zitat von Staubfingerin:
Bei uns führten vor allem ein recht unterschiedliches Nähe-Distanz-Bedürfnis ich wollte mehr, er weniger Nähe und in der Folge ein gewisses Vertrauensproblem von mir eine große Rolle. Leider hat sich das immer wieder hochgeschaukelt; nach einigen nervenzerfetzenden Hin und Her hat er sich nun vor einigen Wochen zur Trennung entschlossen.

Diese Aussage lässt darauf schließen, dass eure Beziehung sich nicht ganz einfach gestaltete. Daher kann es klug sein, solches immer wiederkehrendes nervenzerfetzendes Hin und Her zu vermeiden.

Lass los - das ist sicherlich die bessere Entscheidung.

08.05.2019 17:07 • x 1 #9


Staubfingerin
Danke Dir, Konstantin, für Deine Antwort!

Zitat:
Es ist mein Eindruck, dass Du die Trennung nicht akzeptieren willst, vieles in sein Verhalten hinein interpretierst, was von ihm weder gewollt noch beabsichtigt ist. Du meinst, er geht anders mit der Trennung um als Du? Du bist der Ansicht, er geht mit der Entscheidung der Trennung anders um als Du? Du glaubst, er empfindet noch starke Gefühle für Dich, immer noch Bereitschaft zu einer möglichen Fortführung der Freundschaft?


ja, die starken gefühle meinte ich zu spüren. hier vertraue ich meinem bauchgefühl. er würde sich auch gerne weiter mit mir treffen, will mich nicht verlieren, aber eben keine beziehung mehr, mit niemand. das mit der herz-verstand-diskrepanz ist nicht meine interpretation, sondern das, was er gesagt hat.

das freundschaftsding kann ich jetzt nicht. dann kann ich das mit dem loslassen wirklich vergessen und wo soll ich dann hin mit der körperlichen Anziehung, die von beiden seiten stets sehr groß war und immer noch ist. für mich, wie auch für ihn (wie er beim treffen auch nochmal gesagt hat) war es noch sie so schön. und wir sind nicht mehr jung (er mitte 50, ich 10 jahre jünger)

und ja, es war vieles wunderschön, aber auch vieles schwierig zwischen uns, wir haben beide schon viel mist erlebt, ängste, vertrauensprobleme, angst sich überhaupt einzulassen waren die folge. meines erachtens aber nichts, was nicht lösbar gewesen wäre.

Zitat:
Wie es auch tatsächlich sein sollte, er hat für sich ganz offensichtlich die verschiedenen Aspekte Emotionalität und Rationalität durchdacht und mit seiner Entscheidung die Trennung als gute Balance innerhalt dieses Spannungsfeldes Emotionalität und Rationalität für klug erachtet.


ja, die emotionalität scheint mir da (s.o.) zwar etwas zu kurz gekommen sein, aber es steht mir nicht zu, das zu werten und ich werde es akzeptieren lernen müssen - und loslassen.

08.05.2019 17:35 • x 1 #10


N
Zitat:
dass es nix mit dem gefühl zu tun hat

Zitat:
er will keine Beziehung, mit niemandem.


Genau die selben Worte einer Ex von mir. Meinte auch sie hat gar keinen Kopf für was anderes und ist froh mal nur für sich zu sein. So in etwa. 1 Monat nach der Trennung hatten wir nochmal ein Telefonat wo sie auch noch was von Liebe und Gefühlen faselte und das es auch für sie nicht leicht ist.

Paar Monate später stellte sich raus das sie gleich nach der Trennung einen neuen hatte, den sie ziemlich sicher sogar schon vor der Trennung kennengelernt hatte.

Muss jetzt nicht genau der selbe Ablauf bei dir sein aber ich hab generell von Trennungen gelernt, das was aus den Mündern von Verlassern kommt, hat oft genau so viel Gehalt wie der Pups einer Baumschnecke.

09.05.2019 18:41 • #11


Staubfingerin
Pups einer Baumschnecke.[/quote]
da musste ich ja doch, trotz des Themas, schmunzeln

tut mir leid, dass es bei dir so gelaufen ist. wie lange ist das her? bist du einigermaßen drüber weg?

also, ich habe schon mal verlassen und wurde nun auch verlassen. für mich kann ich sagen, dass ich in beiden positionen versucht habe, ehrlich zu sein, wie in der beziehung eben auch. also würde ich das nicht verallgemeinern...

für meinen ex-partner (auweia, fällt mir immer noch schwer, das so zu schreiben) schließe ich das ebenfalls aus. das war bei uns einfach ein keinster weise der punkt. er hat eine ziemliche angst vor verbindlichkeit und nähe aus seiner ehe vor unserer beziehung und vielleicht auch schon immer. das zwischen uns ging sehr tief, was er ziemlich lange auch einzigartig und wunderschön fand, aber irgendwann kamen halt doch die blöden erwartungen und mit ihnen die ängste und dann wurde es kompliziert. und irgendwann hat er es nicht mehr ausgehalten, das gefühl, dass die nähe, die zeit, die er mit gibt, mir oft nicht genügt und er andererseits auch nicht mehr auf mich zu gehen kann, weil er so hat er es mal gesagt, schon mal - in seiner ehe - ein leben geführt hat, dass er eigentlich nicht will. und gleichzeitig ich eigentlich genau die frau war, die er wollte.


aber eben: wollte. wie gesagt, jetzt hat die angst gesiegt und das muss ich akzeptieren. aber ich glaube doch, dass wir auch in der trennung jetzt sehr ehrlich zu uns waren. also, nicht alles baumschneckenpups

09.05.2019 19:12 • #12


A


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