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Ich bin gegangen und es tut so weh

S
Hallo, ich habe viel gelesen hier in den letzten 48 Stunden und hoffe Ihr könnt mir helfen, dieses Chaos ein bisschen zu ordnen.

Ich, 32, alleinerziehend mit zwei Kindern hatte zum ersten mal in meinem Leben eine schöne Beziehung - auf fast 600km Distanz, mit einem 26jährigen Studenten. Davor war ich acht Jahre lang allein. Ich bin auch oft gern allein - eher ein Einsiedlermensch. Wobei ich auch oft darunter leide. Aber es fällt mir schwer tiefe beziehungen einzugehen - oberflächlich geht jederzeit. Deswegen waren diese letzten 6 Monate so etwas Besonderes für mich.

Es hat auch nicht ideal angefangen.. ich komme aus einer ziemlich dysfunktionalen Familie und auch wenn ich das gut aufgearbeitet habe - das wird man wohl irgendwie nie ganz hinter sich lassen können. Wir haben uns online kennen gelernt und kannten uns auch schon ca. 1 1/2 Jahre freundschaftlich über World of Warcraft. Ich bin damals in seine Gilde gekommen und habe mich dort wohlgefühlt.

Dann wurde im Dezember 2014 bei meinem damals 10jährigen Sohn eine Krebserkrankung festgestellt - somit habe ich mich komplett von allem zurückgezogen, auch vom Spielen, was ich sowieso nur abends tat, wenn meine kinder im bett waren. Onlinespiele und die menschen, mit denen ich dort zu tun habe sind halt quazi mein Sozialleben abends .- wir reden, wir unternehmen online Dinge.. das ist schon lange so und hat mir immer gereicht.

Der junge Mann, nennen wir ihn D., hat auch in der zeit per whatsapp mit mir Kontakt gehalten, was mich immer gefreut hat. Im Sommer dann kamen wir darauf, dass er auch schon lange allein ist, sein Geburtstag stand bevor und es wären dann für ihn 6 jahre ohne *** - woraufhin ich scherzhaft meinte, dass er ja an meine über 7 Jahre nicht rankäme und er mich ja besuchen könnte damit wir Spaß zusammen haben könnten. Ich meinte das auch ernst, war nun mal auch sehr einsam und ich mochte ihn da auch schon sehr gern.

So ist es dann auch gekommen.. und er wollte von Anfang an mehr. Ich dann auch, weil ich noch nie jemanden erlebt habe, der so liebevoll mit mir umgegangen ist. Es hat sich sehr bemüht um mich, mir geholfen mein Selbstwertgefühl (ich bin ordentlich übergewichtig) aufzubauen, mich so gewollt wie ich bin. Wir hatten sehr ähnlichen humor und auch alles andere hat gut gepasst - sogar mit den Kindern lief es gut wenn er bei uns zu Besuch war.

Im Juli waren wir dann nach abgeschlossener Chemo meines Sohnes auf Reha in seiner Nähe - dazu muss ich schreiben, dass er dort wohnt, wo ich aufgewachsen bin. Meine Familie lebt dort auch noch - ich bin mit 19 die 600 km weg gezogen.

Wir waren fünf Wochen hier und und nun konnten wir uns auch regelmäßig sehen. Das war am Anfang einfach wunderschön. Und dann geschah etwas und ich weiß immer noch nicht, was es war.

Am Anfang der Beziehung hat er viel geschrieben, Bilder geschickt, Komplimente gemacht.. und das ließ im Laufe der Zeit immer mehr nach. Mich, einen Menschen den eh Selbstzweifel plagen, hat das schwer runtergezogen. Aber zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mit ihm darüber gesprochen. Und solche Gespräche fühlen sich für mich an als müsste ich Glas kauen und schlucken. Er meinte dazu, dass er viel am PC ist und das Handy dann oft nicht im Blick hat und die zeit total vergisst, aber er wollte sich bemühen mehr zu machen.

Dazu muss man wissen, dass er momentan nur zuhause sitzt, da sein Studiengang erst im April anfängt - er sucht Arbeit aber in seinem Feld (Bachelor-Abschluss hat er schon) gibt es da nichts in seiner Gegend. Er sitzt also fast den ganzen Tag am PC und zockt, geht irgendwann spät nachts ins bett (mal 2 uhr, mal 4 uhr) und am nächsten Tag geht es wieder von vorn los.

Wegen der Entfernung haben wir viel geskyped und ich war ja auch immer abends online um mit ihm und seinen Freunden zu spielen und zu reden. Aber die netten kleinigkeiten wurden immer weniger. Es gab dann Tage, an denen ich damit gar nicht umgehen konnte - es ging mir hundeelend - ob das hormonbedingt war weiß ich nicht, aber ich war einfach ein Häufchen Elend und wollte mehr von ihm, was aber nicht kam.

Er war 2x ca. 7 Tage bei uns zu besuch und diese Zeit war mit die schönste. Wenn ich die Kinder mal für ein Wochenende anderweitig unterbringen konnte und mich dann 7-10 Stunden in einen Reisebus zu ihm setzte war das immer etwas, worauf ich mich lange freute. Doch dort in seiner kleinen Wohnung konnte ich fühlen, wie ein Abgrund entstand. Ich brauche es, dass man mich in den Arm nimmt und mir auch mal den kopf streichelt, dass man mich will. Ich war mir meiner Gefühle klar, habe immer wieder Körperkontakt und Nähe gesucht und so einmal am Tag war er auch sehr dafür... und dann war er gefühlt wieder meilenweit weg, auch wenn er neben mir saß. Das hat mich so fertig gemacht, dass mir regelmäßig die Tränen gekommen sind und ich mich zurückgezogen habe. Das hat er natürlich bemerkt und mich gefragt, was los sei - und ich habe versucht es ihm zu erklären, aber er sagte mir nur immer undimmer wieder, dass für ihn alles in ordnung sei und er nicht verstünde, was ich meinte.

Also habe ich es auf Hormonschwankungen geschoben - ich nahm ja nun für unsere Beziehung auch wieder die Pille - und einfach weitergemacht. Aber es wurde nicht besser. Wir standen nach 5 Monaten dann zum ersten Mal kurz vor der Trennung, weil ich einfach nicht das von ihm bekam, was ich brauchte.

Und nun, am 25.12. kam ich mit den Kindern in seine Stadt um Weihnachten mit meiner Familie und danach zeit mit ihm zu verbringen. Wir hatten uns fast 5 Wochen nicht live gesehen und ich schrieb ihm auch, dass wir zum Umsteigen in seiner Nähe 1 Stunde Aufenthalt hätten.. und ich hatte so gehofft, dass er kommen würde, zumal er mir vorher geschrieben hatte, dass er an dem Tag nichts zu tun hatte. Und es kam...nichts.
Ich bin in derselben nacht noch hingefahren, obwohl wir uns erst 2 Tage später treffen wollten, einfach, weil ich in seiner Nähe sein wollte. Und er holte mich auch von der Bushaltestelle ab.. aber kein lächeln, wie schon seit Monaten nicht mehr - anfangs hatte er noch den Arm um mich gelegt, auch das war schon Monate her. ich bekam eine umarmung und seine hand, dann gingen wir in seine Wohnung. Am nächsten Tag fuhr ich zurück und dann sahen wir uns erst, wie geplant, am 27. wieder. Diesmal kam er nicht zur Haltestelle, was mich sehr enttäuschte. Und je länger ich in dieser Wohnung war, desto schlimmer wurde es. Bis ich in der Nacht zum 28. wach lag und mir klar wurde, dass ich das nicht mehr ertragen konnte. Er fragte mich, was los sei.. und ich sagte ihm, dass ich mich so unendlich einsam fühlte und am nächsten Morgen nach hause wollte. Er wollte nur wissen, was dann sei und ich habe gesagt, dass ich so ´keine Beziehung führen kann.

Er hat mich dann gehen lassen. Es war die Hölle. Ich habe ihm alles nochmal gesagt, wie enttäuscht ich am 25. war und und und.. seine Erklärung ist, dass er ein eher fauler Mensch ist. Für ihn war, nach seiner Aussage, bis zum Schluss alles in ordnung mit uns - bis auf die Tatsache, dass er spürte, dass ich nicht glücklich war.

Und jetzt sitze ich hier, in seiner Nähe und werde nie wieder hinfahren.. erst am 3. geht es wieder nach hause, in sichere Entfernung. Wir wollen Freunde bleiben - das will ich auch, aber das muss dann von ihm aus kommen- momentan besteht kein Kontakt. Am 30. hatte ich eine Panikreaktion und wollte ihn unbedingt sehen, ich kann eh kaum an etwas anderes denken, und erst wollte er nicht, aber ich bettelte.. soviel zu meinem Stolz, und er willigte ein, mich kurz zu sehen. KURZ - ich wäre um 22 uhr dort gewesen bei minustemperaturen also über eine Stunde unterwegs und er hätte mich auch nicht bleiben lassen - ich glaube, das hat mich am meisten verletzt, dass es mir so schlecht ging und er nicht da war, auch nicht da sein wollte.

Dann dachte ich plötzlich, ich hätte eine Erklärung für das alles - meine Mutter meinte, dass er vielleicht eine depressive Verstimmung oder ähnliches haben könnte. Und ich fühlte mich wie das letzte A.l**, weil ich ihn im Stich gelassen habe. ich habe dann sofort Kontakt gesucht und mich entschuldigt, und gefragt, ob es so ist, ob es ihm so schlecht geht und ich zu sehr mit mir beschäftigt war um es zu merken.. er meinte nur nein, das sei kompletter Mist, ihm geht es gut. und damit war ich mit meinem Latein am Ende.

Ich weiß, dass es das richtige war sich zu trennen, aber ich würde es nur so gern verstehen. ich will einfach nur verstehen können, warum er am Anfang alles war, was ich mir je erträumt habe, mir soviel schönes gab und dann nach und nach alles wieder wegbrach. Ich will dazu schreiben, dass ich nicht nur nehme - ich gebe wirklich viel, ich habe immer versucht für ihn da zu sein und ihn umsorgt, wenn er bei uns war. Aber gegen Ende kam so wenig zurück..

Ich verstehe es einfach nicht und das macht es mir so schwer. Er meint weiterhin für ihn wäre alles in Ordnung gewesen. Für mich ist jetzt eine Welt zusammengebrochen..

01.01.2016 14:48 • #1


H
Hallo stahlseide,
ihr standet am Beginn einer Beziehung : man ist verliebt, glücklich etc. Irgendwann stellt es sich heraus, ob aus dieser Verliebtheit eine tragfähige Beziehung entstehen kann. Das Problem was ihr dabei noch hattet, war dass es eine Fernbeziehung war. Es ist bei euch vorbei, bevor es noch richtig begonnen hatte. Das ist schade für dich, aber nicht zu ändern. Du scheinst ihm mittlerweile ziemlich egal zu sein. Und da ist auch noch der Altersunterschied und komplett verschiedene Lebensumstände.
Versuch bei dir in der Stadt an deinem Grundproblem Einsamkeit zu arbeiten.

01.01.2016 17:39 • x 1 #2


A


Ich bin gegangen und es tut so weh

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L
Liebe Stahlseide,

du schreibst deine Gedanken nieder. Das ist doch ein guter Anfang um das Chaos für sich zu ordnen.
Ich denke eine Fernbeziehung zu führen ist an sich schon eine Herausforderung, auch für bestehende Beziehungen. Gerade wenn man allein ist, mit Kind, dann ist das Netz eine durchaus schnelle und leichte Art jemanden kennen zu lernen. Was anfänglich so schön beginnt, sich gut anfühlt muss auch den Sprung in den Alltag schaffen. Schwierig, wenn 600km dazwischen sind. Es fehlt die Möglichkeit sich wirklich kennen zu lernen, Gemeinsamkeiten zu leben und erleben.
Du versuchst zu verstehen, suchst für dich Antworten...ich kann nur mutmaßen. Vielleicht hast du ihn einfach nur zu sehr idealisiert...den er tat dir ja auch gut.
Versuch dich auf dich zu besinnen, auf deine Kinder...das ist schon immer meine Motivation gewesen nicht zu sehr ins Grübeln zu kommen, denn die Mäuse fordern einen, was in dem Fall gut ist.

01.01.2016 18:17 • x 1 #3


S
Zitat von Hope26:
Hallo stahlseide,
ihr standet am Beginn einer Beziehung : man ist verliebt, glücklich etc. Irgendwann stellt es sich heraus, ob aus dieser Verliebtheit eine tragfähige Beziehung entstehen kann. Das Problem was ihr dabei noch hattet, war dass es eine Fernbeziehung war. Es ist bei euch vorbei, bevor es noch richtig begonnen hatte. Das ist schade für dich, aber nicht zu ändern. Du scheinst ihm mittlerweile ziemlich egal zu sein. Und da ist auch noch der Altersunterschied und komplett verschiedene Lebensumstände.
Versuch bei dir in der Stadt an deinem Grundproblem Einsamkeit zu arbeiten.


Danke für deine Antwort. Ich habe auch das Gefühl, dass ihm vieles egal geworden ist. Und wenn er das kommunizieren würde wäre es vielleicht einfacher für mich. Aber seine Aussage, bis zum Schluss war eben Für mich ist alles in Ordnung.

Wahrscheinlich ist es so schwer, weil es die erste echte beziehung in meinem Leben war - bei den anderen beiden war ich noch sehr jung, aus beiden entstand ein Kind und nur einer der Väter war der Aufgabe als Vater auch gewachsen.. nach Jahren.

Ich bin momentan stolz auf mich, dass ich mich nicht melde und auch in den letzten Tagen nicht hingefahren bin, egal wie sehr ich es wollte. Morgen früh geht es zurück nach hause. Wobei ich mir eingestehen muss, dass ich bis gestern Nacht noch die Hoffnung gehegt habe, dass er sich meldet, mich bittet zu kommen oder sogar selbst vor der Tür steht. Aber da habe ich ihn richtig eingeschätzt - das wird nicht passieren.

Es ging vorher ohne ihn, es wird auch jetzt gehen. Besser allein als sich nicht genug geliebt fühlen, während man selbst gibt und gibt.. ich hoffe in ein paar Monaten können wir normal Kontakt haben. Aber momentan habe ich das Gefühl, dass er sich nie wieder melden wird. Ich werde es nicht tun.

02.01.2016 11:45 • #4


S
Zitat von LottenElla:
Liebe Stahlseide,

du schreibst deine Gedanken nieder. Das ist doch ein guter Anfang um das Chaos für sich zu ordnen.
Ich denke eine Fernbeziehung zu führen ist an sich schon eine Herausforderung, auch für bestehende Beziehungen. Gerade wenn man allein ist, mit Kind, dann ist das Netz eine durchaus schnelle und leichte Art jemanden kennen zu lernen. Was anfänglich so schön beginnt, sich gut anfühlt muss auch den Sprung in den Alltag schaffen. Schwierig, wenn 600km dazwischen sind. Es fehlt die Möglichkeit sich wirklich kennen zu lernen, Gemeinsamkeiten zu leben und erleben.
Du versuchst zu verstehen, suchst für dich Antworten...ich kann nur mutmaßen. Vielleicht hast du ihn einfach nur zu sehr idealisiert...den er tat dir ja auch gut.
Versuch dich auf dich zu besinnen, auf deine Kinder...das ist schon immer meine Motivation gewesen nicht zu sehr ins Grübeln zu kommen, denn die Mäuse fordern einen, was in dem Fall gut ist.


Danke für den Zuspruch. Das mit dem Idealisieren, ja das würde gut zu mir passen. Ich gebe in beziehungen immer sehr viel und anfangs hatte ich das Gefühl, dass er das auch tut - und dann wurde es immer weniger.

Heute ist der dritte Tag ohne Kontakt und morgen fahren wir schon sehr früh zurück nach hause. Dort erinnert mich eigentlich nichts mehr an ihn - er dürfte da mehr probleme haben, mit den Geschenken, die er von mir zum Geburtstag und zu Weihnachten bekommen hat. Es gibt noch etwas, dass ich seiner Mutter und einer Freundin von ihm versprochen habe, das werde ich noch nähen und an ihn schicken. Ich glaube, das brauche ich für mich selbst als Abschluss. Aber sonst wird es von meiner Seite keinen Kontakt geben. Ob wir irgendwann Freunde sein können liegt damit an ihm und ob er sich meldet. Ich denke es wird noch einige einsame Abende geben, an denen ich verzweifelt traurige Musik hörend schluchzend in der Ecke liege. Aber auch das geht vorbei.

02.01.2016 11:50 • #5