Hallo zusammen,
ich wende mich mal an dieses Forum, mir geht es nicht gut und ich muss es einfach mal verschriftlichen.
Ich bin 41 Jahre alt, bin verheiratet und hab 3 wundervolle Kinder. Ich habe nun in den letzten Jahren eine ziemliche Odyssea hinter mir, die gerade ihren Gipfel gefunden hat.
Ich bin seit Januar 2024 von meiner Frau getrennt lebend. Diese Trennung fühlte sich an wie eine Befreiung. Meine Frau hat immer schon gerne Alk. getrunken, in der Pandemie ist sie so schleichend in eine Abhängigkeit geschlittert. Ich war verzweifelt und habe mir auch in einem Forum Hilfe gesucht. Dieser Austausch auf Betroffenenebene hat mir die Augen geöffnet. Ich habe viel mit meiner Frau geredet, ihr Leben erleichtert, mich verbogen und verzehrt um die Erfahrung zu machen: Wenn sie nicht selbst aufhören möchte, habe ich keine Chance. Trotz Beteuerungen konnte sie nicht aufhören. Es war ein Auf und Ab. Ich war emotional am Boden und entschloss mich im Januar 2024 die Reissleine zu ziehen. Es war wirklich eine Befreiung.
Die Kinder betreuen wir seitdem im Wechselmodell, womit es mir nicht gut geht. Ihre Krankheit ist allerdings nicht diagnostiziert oder dokumentiert, so stehen meine Chancen nicht gut, die Kinder bei mir zu halten. Aber das soll hier nicht Thema sein.
In diesem Forum habe ich eine Frau kennengelernt. Ihr Mann ist Alk., sie hat auch zwei Kinder im ähnlichen Alter. Sie war allerdings schon früher getrennt als ich es war. Es ist natürlich angenehm, wenn man sich verstanden fühlt. Vor meiner Anmeldung in dem Forum habe ich mich hilflos und einsam mit dem Problem gefühlt. Diese Community vermittelte mir das Gefühl, dass es eine Situation ist, die leider viele Menschen betrifft. Ich hab mich einfach verstanden und gut aufgehoben gefühlt.
Auch bei ihr. Wir schrieben über unsere Gedanken und Gefühle. Anonym - wir öffneten uns extrem, was von uns beiden das viele Vertrauen ausdrückte, welches wir von Anfang an empfanden. Wir schrieben immer mehr und immer vertrauter. Sie vertraute mir vieles an - während mein Leben stets in relativ geregelten Bahnen lief, war ihres turbulent. Sie hat leider viele Baustellen, die sie geprägt haben.
Sie lebt etwa 180 km von mir entfernt.
Wir trafen uns im März 2024 zum ersten Mal, es war ein Gefühl, als kannten wir uns ewig. Wir haben erst unser innerstes kennengelernt, dann unser Äußeres. Es hat gleich wunderbar harmoniert. Wir verstanden uns tief, genossen jemanden zu haben, der an unseren Alltäglichkeiten Anteil nahm.
Es war Magie - das kennt sicher jeder, der sich verliebt. Wir trafen uns dann zügig mit den Kindern, da wir uns alle kennenlernen wollten. Das harmonierte toll. Im August 2024 waren wir zusammen im Urlaub, was wirklich toll war. Immer wenn wir uns trafen, war es toll, in welcher Konstellation auch immer. Wobei mir die Paarzeit doch sehr fehlte. Ihre Kinder sind zu 100% bei ihr, was ihr dafür auch nur sehr wenig Raum lies.
Ich mag sie sehr, sie ist ein wertvoller, herzlicher, toller Mensch. Ja, es hat sich Liebe entwickelt. Ich habe es so genossen, was sie mir gegeben hat. Ich weiß, dass es auch ihr guttat, was ich ihr zu eben hatte. Zumindest das erste Jahr.
Wir genossen beide, wie anders sich eine Beziehung anfühlen kann. Wir beide waren Druck und Sorge ausgesetzt. Keine Nähe und Zuneigung war am Ende der Ehe übrig.
Wir genossen die Leichtigkeit, die Zuneigung, die Offenheit. Einfach wunderbar.
Es war und wurde immer schwieriger, dass wir uns treffen.
Ich arbeite noch Vollzeit, ich habe Glück, einen tollen Arbeitgeber zu haben: Wenn ich die Kinder habe, kann ich kürzer Arbeiten und dies in den Wochen nachholen, in denen ich die Kinder nicht habe. Dementsprechend sind meine Wochen sehr voll. die Wochenenden brauche ich oft, um Klar Schiff zu machen. Oder auch mal um durchzuschnaufen, mich um meine Hobbys zu kümmern. Ich habe ein Haus, meine Eltern Landwirtschaft und ein Haus neben dem meinen. Mein Vater kümmert sich noch um alles, aber es ist eine Frage der Zeit, bis es nicht mehr gehen wird. Spätestens dann, wir deine Fernbeziehung nur schwer aufrecht zu erhalten sein.
Ende April, Anfang Mai war ich in einem Overload. Ich konnte nicht mehr, ich hatte das Gefühl, dass ich zerreisse. Die Wochenenden füllten sich mit Terminen, vor allem der Kinder, aber auch von mir, die mir wichtig waren und ich fragte mich, wie soll das werden? Jede Lücke nutzen um zu ihr zu fahren, ich komme nichtmehr zum Luft holen. Meine Tage waren so voll, dass mir die Kommunikation immer schwerer fiel. Ich war unzufrieden mit mir selbst. Wie geschrieben: Zerrissen von meiner Verantwortung vor Ort und den Ansprüchen an eine Bezieheung, die ich selbst an mich stellte.
Zudem war es eben ein Auf und Ab der Gefühle. Ich habe mich so oft nach ihrer Nähe gesehnt, das es fast geschmerzt hat. Jedes Mal, wenn wir uns gesehen haben und dann wieder in unseren Alltag gegangen sind, hat es uns beiden die Füße fortgerissen für eine gewisse Zeit. Es war immer, als würde ein Loch entstehen. ein gewisser Trennungsschmerz - jedes Mal. Vielleicht normal, aber emotional auch immer etwas belastend.
Sie stellte nie große Erwartungen an mich, setzte mich nicht unter Druck. Es waren aber auch meine eigenen Ansprüche. Wenn sie uns besuchen kamen, bedeutete es für mich dennoch Anstrengung, auch wenn ich es gern machte und es immer sehr genossen habe. Betten beziehen, anders einkaufen, den Haushalt vorher noch in Ordnung bringen, danach wieder alles veräumen und in Ordnung bringen. Zudem: Mit 4 Kindern ist keine Erholung angesagt.
Ich mag es, wenn Leben im Haus ist, aber bei allem Idealismus - es blieb kein Raum mehr für mich geschweige denn Erholungsphasen.
Ich hatte auch abends keine Kraft mehr zu kommunizieren. Nach einem Besuch der wirklich toll war, war ich mit meinem Energielevel einfach nur am Boden.
Ich stellte alles in Frage und distanzierte mich. Ich war verschlossen und konnte mit ihr nicht darüber reden, weil ich mich gleichzeitig für alles geschämt habe. Ich habe immer genug Energie aufbringen können. Nun war sie aufgebraucht. Ich fand mich wieder in völliger Zerrissenheit. Meine Gefühle waren unzweifelhaft da. Eine Fernbeziehung schien mir auf Dauer unmöglich zufriedenstellend zu führen. Zu wenig sahen wir uns, zu sehr vermisste ich die Nähe.
Zusammenziehen? Ich möchte nicht wegziehen. Ich bin verwurzelt und liebe meine Heimat sehr.
Sie wäre evt. sogar bereit gewesen, zu mir zu ziehen.
Doch haben wir nie ausprobieren können, wie wir im Alltag harmonieren, wie wir 2 bzw. 4 Kinder organisiert bekommen. Es stellten sich schon diverse andere Auffassungen heraus, was die Lebensführung betrifft. So war ich keineswegs sicher, ob es funktioniert. Sie müsste ihr Leben dort abbrechen, die Kinder aus ihrem Umfeld holen, ohne Garantie und Überzeugung, dass es funktioniert.
Zudem habe ich auch an meine eigenen Kinder gedacht. Es gibt im Haus nur zwei Kinderzimmer. Die beiden sind hier aufgewachsen, es ist ihr zuhause. Mit ihrer Mutter müssen sie leider viel eotionales Auf und Ab erleben. Ich möchte ihnen in der Zeit, in der sie bei mir sind Stabilität und Sicherheit vermitteln.
Die kleine wäre offen gewesen, sie ist generell offener und nimmt der Leben leicht. Die große dagegen ist sensibel, sie benötigt Stabilität. Sie ist oft von Angstzuständen geplagt und war dem Konstrukt generell etwas skeptisch gegenüber. Ein Zusammenzug hätte bedeutet, dass sie sich jeweils ein Zimmer hätten teilen müssen. Ihre Kinder hätten dem Haus wohl den Stempel aufgedrückt, da sie ja immer da wären. Ich hatte Angst, dass sich meine dann nur wie Besuch fühlen könnten.
Ich hatte Angst, dass es nicht funktioniert, dann wäre der Schaden noch viel größer geworden.
Nach viel hin und her, nach hadern, bin ich vor 14 Tagen zu ihr gefahren und habe mich ohne Überzeugung der Richtigkeit von ihr getrennt. Es war schlimm. Auch zu sehen, wie sehr sie an uns geglaubt hat. Der magische Weg, der im Oktober 2023 den Anfang nahm, sollte nun vorbei sein?
Ich habe gefühlt nie so einen Schmerz empfunden. Ich war nicht von der Richtigkeit überzeugt. Dachte daran, was wir hatten und was ich durch meine eigene Entscheidung verliere. Es war übel.
Nach einigen Tagen schrieb sie mir, dass sie mich versteht. Wenn man spürt, dass das Leben aus den Fugen gerät, muss man Ballast abwerfen. Es klingt gemein, doch sie differenzierte es. Sie wisse, dass ich sie nicht als Ballast gesehen habe, dass alles wahrhaftig war, was ich gesagt und getan habe. Ich fand diese Nachricht so groß von ihr. Sie kann so gut reflektieren und differenzieren. Sie ist einfach eine wahnsinnig tolle Frau. Ich fühle mich, als habe ich sie im stich gelassen. Sie schrieb dann noch, dass sie mit meiner Entscheidung nicht einverstanden ist, sie damit nicht klarkommt, es sich völlig falsch anfühlt - sie wollte mir dennoch sagen, dass sie es verstehen kann.
Die ersten Tage gingen. Ich war beschäftigt, lenkte mich ab, nutzte Zeit für mich. Konnte durchatmen und etwas erholen. Seit Freitag habe ich einen richtigen Flash. Vermutlich weil wir am Samstag zu einer Hochzeit eingeladen waren. Diese Hochzeit ist ausgerechnet in ihrem Nachbarort ausgerichtet worden.
Sie war mit eingeladen und ursprünglich wollten wir bei ihr übernachten, wir sind kurzfristig dann in einem Hotel untergekommen. Es war ein emotionaler Horrortrip.
Die Fahrt in die Gegend, eine Strecke, die ich doch oft fuhr, durch die Ortschaften und Gässchen. Wo wir Ausflüge unternommen hatten, uns wohl und geborgen fühlten.
Ich wünschte mir auf der Hochzeit die ganze Zeit, sie wäre mit dabei. Wir hatten uns beide darauf gefreut. Es wäre unsere erste gemeinsame Familienfeier gewesen. Seitdem hadere ich. Ich denke an all die schönen Sachen, die wir erlebt haben. Den Urlaub, Ausflüge zu zweit, zu viert, zu sechst. Konzerte, Telefonate, tiefer Austausch über unser Seelenleben, erfüllender S., das Gefühl der Nähe und Verbundenheit. Ich hadere damit, das ich es aus freien Stücken aufgegeben habe. Ihre Adresse war vom Hotel nur 4 km weg. Es fällt mir schwer, mich nicht zu melden.
Ich kann meine Entscheidung auch verstehen, aber sie gefällt mir nicht und es fühlt sich falsch an. Ich hänge sehr an ihr. Ich habe allerdings auch das Gefühl, dass es dies alles nur verschieben und verlängern würde, wenn ich uns noch eine Chance geben würde.
Ich würde gerne wissen, wie es ihr geht, was sie macht. Ich möchte sie eigentlich nicht aus meinem Leben lassen und mich irgendwann definitiv bei ihr melden. Sie ist mir so wichtig. Aber wann? und was schreibe ich? Und solange es mir so geht, wie es mir geht, ist es ohnehin keine gute Idee, denke ich.
Es tut gut, das alles aufzuschreiben. Trotz der Länge des Textes ist es eine sehr verkürzte Fassung und wird dem Weg, den wir gemeinsam hingelegt haben, nicht gerecht. Wir haben uns in einer schweren Zeit kennengelernt. Waren füreinander da, haben uns gehalten und gestützt, gepusht. Sind ein großes Stück eines steinigen Weges zusammen gegangen.
Manchmal denke ich, vielleicht sollte ich es in Dankbarkeit loslassen. Wir haben uns so sehr geholfen, vielleicht ist nun der Zeitpunkt, an dem wir alleine weitergehen müssen.
Schon wenn ich das schreibe, zerreisst es mich. Ich habe ihr Bild vor dem inneren Auge. Ihre Herzenswärme, Güte, Zuneigung, ihr Stimme. Ich kann es nicht fassen, dass es wahr sein soll. All die Kosenamen, die liebevollen Liebesverbindungen, die Insider. alles verloren.
Ich wünsche mir so sehr die Kraft. Ich wünsche mir einerseits, dass der Schmerz vergeht. Andererseits spüre ich, dass er genau richtig ist und so sein darf.
Steffen
23.06.2025 11:43 •
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