Hallo liebe Loretta,
ich verstehe Dich sehr gut, aber eben auch die Reaktionen, die Du auf Deine Texte erhälst. Und auch wenn ich sonst selten einer Meinung mit ihr bin, so denke ich, dass Isely hier tatsächlich auf die Wurzel des Problems gestoßen ist:
Ich erkenne bei Dir ausgeprägte (aber unterdrückte) narzistische Züge und zwar vor allem deshalb, da ich selbst davon betroffen bin. Narzismus ist jedoch nicht nur etwas schlimmes und kann uns sehr viel Kraft geben, wenn wir ihn trotz fehlendem Leidensdruck für uns selbst so umlenken, dass wir weniger anecken und unserer Umgebung weniger schaden. Weisst Du, das Wort Narzismus wird per se immer gern in den Raum geworfen, um Menschen, die man nicht versteht oder die uns wehtun abzuurteilen und ihre unveränderliche Schlechtichkeit zu betonen (gerne kombiniert mit passiv-trägen Hoffnungen auf das ominöse Karma, das im Sinne der klagenden Person alles richten möge). Aber so schwarz-weiß ist die Welt eben nicht.
Ich glaube Dir aus eigener Erfahrung, dass Du leidest und werde mich Dir nachfolgend ein wenig detaillierter öffnen, damit Du verstehst worauf ich hinaus will:
Lass Dir erstmal sagen, ich habe mich selbst (bzw. meine Teen- und Twenjahre) in erschreckendem Ausmaß in deinen Texten wiedergefunden. Ich bin in einem ähnlichem Alter wie Du, habe eine früh nachgewiesene Hochbegabung sowie einen IQ der mir allerei Fördermöglichkeiten eröffnete, wurde selbst mit ADHS diagnostiziert worden, wenig später kam dann noch die Diagnose Asperger Autismus dazu. Ich komme mit mir selbst innerlich wie äußerlich sehr gut zurecht, bin stolz darauf, mich aus einer Arbeiterfamilie mit viel Disziplin bis zur Doktorarbeit hochgearbeitet zu haben. Ich bin intelligent, politisch aktiv, künstlerisch und musikalisch aktiv, gebildet und gelte als exotisch-exzentrische Schönheit (südländische Wurzeln und ein femininer Stil mit Gothicelementen).
Im Gegensatz zu Dir bin ich jedoch ein Paradiesvogel, bin nicht massenkonform und versuchte noch nie, es der Welt recht zu machen, die ich ohnehin nicht verstehe und nicht verstehen will. Ich halte den Großteil der ach so wichtigen gesellschaftlichen Konventionen für armselige Lügenkonstrukte und neige dazu, herablassend über gewisse Lebensmodelle zu denken, die sich aus Selbstverleugnung, Abhängigkeit, Passivität und Stillstand speisen. Damit ecke ich schon seit frühester Jugend vor allem bei Mädchen und Frauen regelmäßig an, die sich (vermutlich zu Recht) von mir angegriffen fühl(t)en, Ich habe abseits der Gothc/Punk/Metalszene kaum Freundschaften gehabt, wurde in der Schule gemobbt und habe mich regelmäßig geprügelt.
Ich habe mich früher auch sehr allein und unverstanden in meiner Andersartigkeit gefühlt, die für alle außer mir selbst, wohl ein Problem darzustellen schien. Ich kenne auch diese Art, sich krampfhaft zu rechtfertigen, die Legitimität seiner Besonderheit zu betonen und sich selbst über6ualisieren und auf das Äußere reduzieren zu lassen, nur um ein bisschen Liebe und Anerkennung zu bekommen. Das ist auf lange Sicht nicht gut für die Seele, glaube mir...
Ich persönlich beziehe inzwischen meine Selbtliebe im Gegensatz zu Dir aus meiner Fähigkeit, auch mal anzuecken und Gefahr zu laufen, nicht gemocht oder geliebt zu werden. Ich führe ein spannendes Doppelleben, arbeite einerseits als Wissenschaftlerin, bin verlobt und habe ein Stiefkind, aber bin zugleich BDSM-Liebhaberin und nebenbei seit langer Zeit auch erfolgreich als Model im Gothicbereich aktiv, bin sogar international auf Szenemagazinen, Partyflyern und CDs zu sehen. Ich halte mich selbst für weltoffen, habe ein hohes Gerechtigkeitsempfinden aber verstehe zugleich so gar nichts von den gesellschaftlich-konservativen Moralvorstellungen und Werteordnungen. Ich bin charakterlich wie äußerlich ein Paradiesvogel und nehme mich selbst so an. Alle Unsicherheit meiner jungen Jahre konnte ich ablegen, als ich begann, auch zu meinen Schattenseiten zu stehen und mich intensiv mit meiner geringen Empathie und meinem Narzismus zu beschäftigen. Mein Partner liebt mich vor allem für meine rationale Art zu fühlen, zu denken und zu sprechen und für meine kompromisslos unkonventionelle Art, zu leben.
Folgende Ratschläge:
- Reagiere nicht trotzig auf Kritik und nutze Sie, um Deine Außenwirkung zu analysieren.
- Versuche, Deine in Worten geäußerte Selbstliebe zu verinnerlichen und lebe sie stattdessen mehr, als nur davon zu sprechen. Menschen (vor allem verunsichrte Frauen) mögen es nicht, wenn man als Frau zu viel Selbstliebe äußert. Das verletzt sie, weil sie selbst gerne mehr davon hätten und ihnen der Mut (noch) fehlt, sich diesem kollektiven Kleinmachen zu entziehen, das gilt besonders für Frauengruppen, die in irgendeiner Form wichtig für Dich sind (Kolleginnen, Freundinnen, Nachbarinnen etc.). Du musst Dich für diese Personen gewiss nicht verbiegen, aber sprich einfach etwas weniger in Superlativen, um an Dein Ziel zu kommen oder Deine Ruhe vor Zickenkrieg zu haben.
- Versuche Dich mit all deinen Schattenseiten anzunehmen, das wird lange Arbeit, aber lohnt sich! Sei authentisch und höre auf damit, Dir eine perfekte Vorstellung Deiner selbst oder Deines imaginären Traumpartners zu schaffen, der Du nacheiferst und der Du nicht entsprichst. Das wirkt nicht anziehend auf Männer, die mehr als das Trophäenweibchen suchen.
- Emanzipiere Dich und definiere Dich vor allem über Deinen Verstand und erkenne bitte (!), dass eine Frau in dieser Welt durchaus schön und 6y sein darf, aber sie niemals vollends ernstgenommen werden wird, wenn Sie unangemessen mit ihren Reizen kokketiert. Diese bittere Erfahrung musst ich auch machen.
Wenn Du dieses Umdenken wagst, sehe ich keinen Grund für eine schöne Zukunft für Dich. Btw., ich denke übrigens, dass Dir in dieser Community hier nicht wirklich geholfen werden kann, da Du für viele unsympathisch wirkst und nebenbei durchaus hohes Triggerpotential für viele hast, die in ihrem Selbtwert etwa durch Betrug, Verlassenwerden für vermeintlich schönere und jüngere Frau, massiv beeinträchtigt sind. Du bist vermutlich hier, da dieses Forum an sich den Anspruch erhebt, Menschen aller Art bei Liebeskummer, Gefühlschaos und Trennungsschmerz zu helfen. Allerdings ist das Forum in der Realität vorrangig geprägt von Menschen, die betrogen wurden und sich mit ihren Leidensgenossen austauschen wollen, es herrscht eine Art Krabbenkübelmentalität. Vielleicht hast Du beim durchlesen anderer Threads schonmal auf diesen arme, gute EF vs. gewissenlose, böse AF-Konflikt geachtet? Das ist leider der vorherrschende Tenor und Du eckst unter anderem auch bei genau diesen Frauen und Männern an, die schwer verletzt und verunsichert wurden, sich selbst von einer einst geliebten Person entwertet fühlen und daher nicht gut damit zurechtkommen, wenn eine Frau genau das versucht, was man sich eigentlich gegenseitig rät: Sich selbst zu lieben.
Alles Gute für Dich, lass Dich nicht abwerten aber erkenne bitte, dass Du dringend an Dir arbeiten musst.
Viele Grüße,
Maria
10.01.2021 12:15 •
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