Kann man Singlesein lernen?

Joey14
Liebe Mitleidenden,

ich bin jetzt mit Mitte 30 das erste Mal im Leben Single. Ich war bis letztes Jahr in einer sehr langen Beziehung, wir kamen zusammen, als ich 16 war. Diese Beziehung ist auf sehr unschöne Weise in die Brüche gegangen. (er hat mich schlimm betrogen) Allerdings hatten wir uns schon vorher auseinander gelebt, die Trennung war also letztlich das Vernünftigste. Direkt im Anschluss schlitterte ich völlig ungeplant in die nächste Beziehung, die allerdings nach nur etwas mehr als 2 Monaten in die Brüche ging, weil seine Gefühle plötzlich weg waren und er keine Perspektive sah. Diese Trennung hat mich beinahe mehr getroffen als die Trennung nach der langen Beziehung. Und ich vermute, da liegt der Knackpunkt: Ich kann offensichtlich einfach nicht alleine sein. Rein objektiv betrachtet kann die Liebe auch auf meiner Seite nach so kurzer Zeit nicht so groß gewesen sein, aber die Trennung hat mich wochenlang wirklich umgehauen, ich konnte nicht arbeiten, hatte schlimmste Depressionen und konnte mich für nichts mehr aufraffen.

Ich bin jetzt also Single und auch nicht auf der Suche. Und es ist so ungewohnt. Fast 20 Jahre lang war mein Partner mein bester Freund und erster Ansprechpartner in allen Lebenslagen. Mir fehlt er beinahe mehr als bester Freund denn als Partner.

Ich habe einen guten Job, bin völlig unabhängig, verdiene genügend Geld, habe tolle Freunde und eigentlich keine großen Sorgen im Leben. Eigentlich müsste mir das doch ausreichen. Aber irgendwie fehlt mir ein Mann an meiner Seite, einfach weil es so ungewohnt ist, dass keiner mehr da ist.

Kann man das Singlesein lernen? Wie lange dauert es, bis man sich daran gewöhnt? Und habt ihr vielleicht Tipps, wie man sich das alles leichter machen kann? Indem man sich z.B. die Vorteile des Singleseins vor Augen hält?

09.02.2015 21:42 • #1


S
Das Gute gleich:

ja, Singlesein kann man lernen und auch genießen.

Das Beste gleich danach:

Wenn Du eine genießende Singlerin geworden bist, kannst Du auch jederzeit eine genießende Partnerin werden.

Dein Gefühl, das Du jetzt ohne Partner hast, ist ganz normal. Ich kenne das gut. Meine Beziehung dauerte 25 Jahre. Das Vertraute fehlt einfach. Und es dauert eben seine Zeit, da man es gewohnt ist, immer in Zweisamkeit zu denken. Da Du Dich gleich mit einem neuen Partner abgelenkt hast, konntest Du vielleicht Deine vergangene Beziehung nicht richtig verarbeiten. Daher hast Du die erneute Trennung so heftig erlebt. Lass Dir Zeit. Es wird alles gut!

Während meiner Partnerschaft hatte ich immer die Angst davor, nicht allein sein zu können. Das Gefühl war so stark, dass ich irgendwann beschloss, ein Wochenende ganz allein in einer fremden Stadt mit Nichts zu verbringen. Es hat wunderbar geklappt, ich habe mich weder gelangweilt noch Sehnsucht nach meinem Partner gehabt.

Nach der Trennung hatte ich somit schon eine kleine Ahnung, dass ich gut allein sein kann ohne mich einsam zu fühlen. Und das ist auch jetzt nach 2 Jahren noch so. Ich habe immer noch kein Bedürfnis nach einem neuen Partner oder besser, ich habe keine Zeit. Weil ich genug (im positiven Sinn) mit mir zu tun habe.

1. Ich muss mich kennenlernen. Meine Wünsche, Lebensträume, Ziele, das Bild, das ich von mir habe, meine Stärken und Schwächen.
2. Ich muss meine Muster als Partnerin sehen und hinterfragen. Wie war das in meiner letzten Beziehung,was lief gut, was falsch.
3. Ich muss meine Wünsche und Bedürfnisse klar formulieren können.
4. Ich suche mir im Beruf und in der Freizeit positive Sachen raus.
5. Ich suche Abwechslung und Ruhe, versuche ein Gleichgewicht herzustellen.
6. Ich pflege meine Hobbies und versuche auch neue dazuzubekommen.
7. Ich bin grundsätzlich offen für Neues, Verrücktes und bin begeisterungsfähig.
8. Ich gebe ab und zu meinem Launen nach: Ich darf sein wie ich bin, manchmal maule ich auch mal rum, manchmal lass ich mich gehen und faulenze, benehme mich daneben oder verliere mich in Selbstmitleid. Super: Ich muss nicht mehr vor einem Partner die Starke markieren. (Und mein Umfeld hält mich als Single sowieso seit neuesten für schrullig oder bedürftig!...Das kann man ruhig mal ausnützen)
9. Ich aktiviere alte Freunde und pflege neue Freundschaften und Kontakte.
10. Ich plane meine Freizeit bewusst (viel bewusster als mit Partner, also gibt es keine zweisamkeitliche Langeweile).
11. Ich tu mir was Gutes: Kochen und Tisch schön eindecken,nur für mich, Blumen, Blumen, Blumen, im Bett frühstücken und lesen, Kultur und Konzerte, nach meinem eigenen Lebensrhythmus leben.
12. Ich tu anderen was Gutes: Ehrenamt, Hilfe.
13. Ich freue mich über jeden Schritt, den ich als bewusster Single mache.
14. Ich liebe mich und das genieße ich.

Fazit: ich glaube, dass eine partnerabstinente Zeit das Beste ist, was einem passieren kann. Man ist endlich frei, um sich mit sich selbst zu beschäftigen und mit sich selbst ins Gespräch zu kommen (manchmal im wahrsten Sinn des Wortes). Einen Dialog mit sich selbst führen ist wunderbar! Es macht zufrieden, weil man seine Sehnsüchte und sich selbst kennenlernt. Und man erhält dadurch die Freiheit sich zu entscheiden, ob man Single bleibt oder wieder einen Partner möchte.

09.02.2015 23:43 • #2


A


Kann man Singlesein lernen?

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K
Find ich völlig logisch, dass dir ein Partner an der Seite fehlt, da war ja auch die meiste deines Lebens ein Mensch an der Seite, mit dem du alles gewuppt hast. Und zu zweit geht vieles einfacher, wenn man sich aufeinander verlassen kann....Nun bist du in einer Lebenssituation, die ja erst mal fremd ist....ich meine, wenn du 16 warst, als ihr zusammen kamt, bist du vermutlich aus dem Elternhaus ausgezogen, um mit ihm zusammen zu leben....und im Elternhaus ist ja auch immer ein Bezugsmensch.
Als Single zu leben ist für dich ja ganz neu. Obs besser oder schlechter ist, weiß ich nicht, ist wohl eine Typfrage oder wie man sozialisiert wurde. Für den einen ist es das Nullplusultra, weil ihn andere mehr stören, für den anderen ist das Zusammenleben mit anderen angenehmer. Ich denke, die meisten können beides gut, können beidem was abgewinnen, sehen auch Nachteile.

09.02.2015 23:44 • #3


Joey14
Das Komische ist ja, dass ich all diese Freiheiten, die man dann normalerweise erst wieder finden muss, alle hatte. Wir haben lange Jahre eine Fernbeziehung geführt und insgesamt nur ein paar Jahre überhaupt zusammengelebt, weil wir uns dafür früher immer zu jung gefühlt haben, noch studierten, unabhängig voneinander im Ausland und in anderen Städten gelebt haben usw. Ich hatte alle Freiheiten, meinen eigenen Freundeskreis, meine eigenen Hobbies. Ich muss das alles nicht wiederfinden, ich war nie ohne. Ich lebe sogar am allerliebsten alleine, ohne Partner. Aber trotzdem fehlt halt was.

@Singletingle: Wie meinst du das genau, dass ich die zweite Trennung heftiger erlebt habe, weil ich die vorige Trennung nicht verarbeitet habe? Dass dann mit der zweiten Trennung eigentlich eher der Schmerz über die erste hervorkam? Das kann gut sein, hat sich aber nicht so angefühlt, der Schmerz der zweiten Trennung bezog sich zu 100% auf den neuen Mann. Ich habe nicht so wirklich viel unter der ersten Trennung gelitten, weil ich meinen Freund eigentlich selbst nicht mehr geliebt habe. Ich habe nur nie die Konsequenzen gezogen, weil wir uns doch immer noch gut verstanden haben. Aber ein Paar waren wir schon jahrelang nicht mehr. Aber gut möglich, dass das da mit reinspielt.

Ich glaube aber, bei ihm hat das letztlich zur Trennung geführt. Er hatte plötzlich keine Gefühle mehr und war auch erst zwei Monate aus seiner Beziehung raus, als es bei uns gefunkt hat (ebenfalls Jugendliebe, 10 Jahre). Die Trennung ging zwar von ihm aus, aber er hat das nie verarbeitet. Ich schätze, deswegen waren seine Gefühle auf einmal weg... Dabei hat er vorher noch von Zusammenziehen, Eltern vorstellen usw. geredet, wo ich ihn immer deutlich einbremsen musste.

10.02.2015 08:53 • #4




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