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Meine erste Trennung - Zwischen Traum und Realität

QuarQ
Liebe Foris,

ich bin sehr glücklich, dass ich meinen Weg zu euch gefunden habe. Was ihr hier habt, haben unsere Ex-Partner nicht: einander. Für mich ist es der erste Foreneintrag überhaupt, doch ich bin überwältigt, wie zahlreich ihr euch hier zusammenfindet und gegenseitig unterstützt. Das ist genau das, woran ich nahezu den Glauben verloren habe: Menschlichkeit.

Wie alle von euch entweder bereits durchgemacht haben oder immer noch aktiv durchmachen, hat mich die Trennung völlig aus der Bahn geworfen. Bis heute, und das bedeutet vier Monate nach der Trennung, fühlt es sich noch immer an wie ein furchtbar realistischer, grauenhafter und Todesangst-einflößender Albtraum an. Wisst ihr, einer dieser Träume, nach denen man aufwacht und glaubt, dass sie tatsächlich passiert wären und erst allmählich zur befreienden Erkenntnis gelangt, dass es nur ein abartiger Albtraum war. Das sind diese wundervollen Momente, in denen man voller dankbarer Erleichterung feststellt, dass so etwas Grauenvolles niemals im wahren Leben passieren könne. Doch diesmal ist es anders: Ich wache nicht auf, ich habe keine erlösende Erleuchtung, nein, ich leide. und leide. und leide. und. naja, ihr ahnt es schon, leide.

Da es ein längerer Beitrag wird (*um Himmels Willen, noch länger?*), möchte ich mich kurz vorstellen: Ich bin 29 Jahre alt und lebe im turbulenten Berlin. Ja genau, man mag es kaum glauben, aber selbst dort gibt es Menschen in Beziehungen, die lieben und lachen. und trauern. Reicht.

Bevor ich die Geschichte erzähle, so möchte ich euch doch wenigstens erzählen, wie es mir jetzt geht: Nach nun gut vier Monaten weiß ich immer noch nicht wer ich bin, was ich will, wohin ich gehen soll, wem ich vertrauen kann und vor allem wie ich loslassen soll. denn ich habe geliebt, mehr als ich in meinem kurzen Leben je in der Lage war. Ich werde regelmäßig in ein tiefes Loch gezogen, ja schon bei kleinsten Erinnerungen an sie. Es ist ein ständiger Kampf zwischen dem ehrgeizigen, neugierigen, humorvollen und optimistischen Ich und dem der Ex nachtrauernden, verletzten und verwahrlosten, hoffnungslosen Ich. Ich habe das Gefühl schizophren zu werden, oder bipolar, oder sagen wir einfach: verdammt launisch, um das mal nicht gleich ins Krankhafte zu schieben. Kennt ihr nicht auch dieses Gefühl, warum es einem in Gottes Namen so schlecht geht, wenn doch eigentlich plötzlich die große weite Welt für einen mit offenen Armen dasteht und sagt: Hier bin ich, frei zu deiner Verfügung, nimm mich, umarm mich, benutz mich, ja du darfst, du durftest schon immer, aber jetzt erst recht!. Hach. Wenn es so einfach wäre, dann schriebe ich nicht diesen Roman und ihr würdet ihn nicht lesen.

Es war einmal ein unerfahrener Junge, der sich Hals über Kopf in eine Sirene verliebte. Nein nein, keine Märchenstunde, kein Roman, sondern die kurze harte Wahrheit: Sie war meine erste Freundin. Wir verliebten uns, als ich 26 war und sie 23. Das war also vor drei Jahren, 2016. Wir zogen nach vier Monaten zusammen in eine Einraumwohnung. Ja genau, ihr ahnt es: Es war eng, aber wunderschön. Wir verschmolzen im wahrsten und übertragenden Sinne. Wir wurden zu einem Kugelmenschen, wie sie es zu bezeichnen pflegte. Nach fast zwei weiteren Jahr in der Wohnung zogen wir sogar wieder um, nun sogar in eine Neubauwohnung mit drei Zimmern, das war Anfang 2019. Ja genau, ihr ahnt es: langfristige Kinderplanung, wir waren noch immer ein Kugelmensch, unzertrennlich, verspielt, verliebt. Bereits vor dem Umzug läutete es hin und wieder im Haus: Tic Tac, Tic Tac, hieß es immer wieder von ihr. Die Antwort auf meine verblüffte Frage, was das bedeuten solle: Na du weißt schooon. Tic Tac halt!, während sie nebenher Hochzeitskleider im Internet als Inspiration durchstöberte. Es war soweit, Anfang 2019, sie hat Pläne für Hochzeit und Kinder, nur ich bin mir bei all dem noch immer unsicher. mein ganzes Leben mit dieser einen Person, die leider seit zwei Jahren bereits Probleme mit ihrer S. hat und wir nur ein mal pro Monat intimer wurden? Ich hatte Zweifel, ich hatte Ängste und ich hatte innige Liebe, Aufopferung, Kompromissbereitschaft, Hingabe und Vertrauen. Was verdiene ich, was darf ich vom Leben erwarten, wie viele Kompromisse darf ich schließen, wann ist es zu viel, wie viel halte ich überhaupt aus? Ich war zutiefst verunsichert.
Dann kam unser beider größtes Abenteuer unseres Lebens. Wir nahmen uns zwei Monate Urlaub am Stück, ab nach Neuseeland, Australien, Fiji, Singapur. im Campervan durch die Wildnis. Es war so schön, wie es sich anhört. Zwei atemberaubende Monate, bei denen der Kugelmensch noch runder wurde und noch enger zusammengeschweißt war als je zuvor. Auch die warmen intimen Momenten wurden intensiver, häufiger, wir waren uns näher. Meine Zweifel schwanden, meine Zuversicht wuchs, ich sah nun die Zukunft vor meinem geistigen Auge, die sie schon vor mir gesehen hat.
Sie erhielt vor Abreise statt zwei sogar vier Monate Auszeit, was sie dazu verleitete, ihren Aufenthalt im Ausland nach unseren zwei Monaten zu verlängern und zwei Wochen in Bali anzuhängen (Bali. diese Insel hat für mich von nun an einen ewig bitteren Beigeschmack, einen Fluch. Eine verfluchte Insel, wohl wissend, dass es nicht Bali ist, welches verflucht ist, sondern diese unaussprechliche Person, wegen der ich euch hier gerade behellige). Ich hatte nur zwei Monate Urlaub bekommen, so musste ich im Anschluss an Australien zurück zur Heimat Berlin und sie alleine nach Bali lassen. Doch ich hatte tiefstes Vertrauen, ich hatte Gewissheit, Liebe, nennt es wie es euch gefallen würde, aber ich hatte keine Zweifel, dass ihr das gut tun würde.
Am Tag unseres Abschiedes in Sydney tanzten wir im Hotelzimmer weinend zu unserem gemeinsamen Liebeslied, hoffnungslos romantisch, und flüsterten uns liebevolle Worte ins Ohr. Ich erinnere mich an alle Details, daran, wie sie so untröstlich traurig war, alleine nach Bali zu müssen. Erinnerungen daran, wie sie sich nicht vorstellen konnte, ohne mich Zeit auf Bali zu verbringen. Ihr und mir war in diesem Moment, Ende April 2019, klarer als jemals zuvor: Wir haben uns gefunden, wir sind der Topf und der Deckel, unsere Bestimmung, unsere Seelenverwandte, unsere Zukunft. Und mir schoss endlich durch den Kopf: Ich werde sie heiraten, und wie ich das tun werde, sobald sie zurück ist. doch dazu sollte es nie kommen.

Jetzt beginnt der schwierigste Teil meiner schmerzvollsten Erfahrung meines Lebens. Der Teil, bei dem ich rastlos beginne durch all die wundervollen Erinnerungen zu blättern, völlig paralysiert feststelle, dass das alles nicht mehr ist und nie wieder sein wird und ich schlussendlich ratlos und völlig entkräftet resigniere.

Die erste Woche nach dem Abschied in Sydney schrieben wir uns wunderschöne Dinge. Es war unverkennbar, dass es ihr dort wundervoll erging. Sie schwebte dort im siebten Himmel, teilte sie mir bei jeder Gelegenheit mit. doch diese Gelegenheiten wurden seltener. Nach dieser ersten Woche meldete sie sich immer weniger. Wenn sie sich meldete, dann kurz und kurz angebunden. Meine erste schmerzhafte Erinnerung begann am Tag 8 ihres Bali-Aufenthaltes, als sie von einer Bierpong-Feier im Surfcamp mit all diesen wundervollen Menschen erzählte, die alle so sind wie sie und gleiche Schicksale mit ihr teilten (unglücklich auf Arbeit, unsicher über ihre berufliche Zukunft). Ein Teil von mir war sehr traurig, dass er nicht dabei sein konnte und diese wunderschönen Erfahrungen mit ihr teilen konnte. Der andere Teil war verängstigt, verunsichert und in Sorge. Verlustangst stellte sich ein. Und sie wuchs, denn an dem Abend hörte ich nichts mehr von ihr. Auch die darauffolgenden Tage keine vibrierendes Handy.
Doch dann ein kurzes Lebenszeichen, matt, steril, karg, emotionslos. Heute weiß ich: Das war nicht kurz angebunden, das war wahrhaftig emotionslos. Doch damals versuchte ich mir einzureden: Es sind erst 10 Tage, mensch, so schnell passiert nichts Verrücktes, ihr seid so ein unfassbar glückliches Paar. Denk keinen Unsinn, eure Liebe ist stärker als das. Und Gottverdammt, es sind erst 10 Tage. Hab Vertrauen, hab Vertrauen auch darauf, dass sie die Dinge anspricht, die sie verunsichern, die sie zweifeln lassen, wenn es denn überhaupt welche gibt. Alles wird gut, du wirst sehen.. Doch meine Ängste wuchsen exponentiell an, ich war rastlos, verloren. Ich suchte verzweifelt nach Bestätigung, ich fragte sie, ob sie etwas bekümmert, schrieb ihr, dass ich sie vermisse und liebe. Doch alles was ich erhielt waren fortan nur kurze Statusberichte, keine Erwiderungen meiner Zeichen der Zuneigung und Fürsorge. Ich wurde ignoriert, wurde zur Seite geschoben, und das spürte ich mit voller brachialer Gewalt in meiner Brust. Panikattacken machten sich breit. Ich war hilflos verunsichert, ich wusste nicht, wie mir geschieht.

Oh Gott Foris, es ist bereits so eine lange Geschichte, und doch habe ich noch so viel vor mir. Bitte verzeiht meine ausschweifende Erzählweise, bitte habt Geduld mit mir. für mich ist das hier gerade ein sehr reinigender Prozess, der mir sehr viel bedeutet. und der mich sehr berührt. Diese Geschichte in einem derartigen Detailgrad wieder zu durchleben tut sehr weh. ja, nach vier Monaten spüre ich noch immer die volle Wucht des Schmerzes und der Enttäuschung, des Schocks, des Realitätsverlustes, als wäre es gestern gewesen.

Zwei Tage vor ihrer Rückreise: Meine Angst hat ein unerträgliches Level erreicht. Ich brauche Gewissheit, ich verdiene Gewissheit. Ich bitte sie, sich bitte endlich zu erklären. Sie erklärte sich. Sie glaubt, sie wird Abstand von mir brauchen. Sie fühle sich in Bali wohler als jemals irgendwo oder irgendwann in ihrem Leben zuvor. Sie wisse nicht, was der Ort mit ihr gemacht hat, doch sie müsse dorthin zurück. ohne mich. Sie wolle mit mir persönlich darüber reden, sobald sie zurück sei, deshalb hätte sie die letzten Tage geschwiegen.

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Sie kam zwei Tage später zurück. Doch das war nicht meine Partnerin, die ich heiraten wollte. Sie hielt Distanz, ertrug meine Umarmung nicht, ertrug meinen Versuch sie zu streicheln nicht. Für mich saß auf der Couch die Person, mit der ich vor zwei Wochen noch weinend tanzte. die ich über alles liebte. Doch diese Person empfand nicht annähernd das Gleiche in diesem Moment. Für sie war ich ein Fremder auf der Couch. Es wirkt noch heute absurd, grotesk, obskur, widerwärtig, kafkaesk. Es gibt nicht genügend Worte, um meine Gefühle in jenem Moment wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ist das real? Ist das echt? Bitte wach auf, lass das nur ein furchtbarer Albtraum sein.

Ich fragte sie vieles, vor allem, wie das sein kann. so schnell, so unfassbar schnell, so grundlos, so unverständlich, so unmenschlich. Waren all die drei Jahre intimste Zweisamkeit und Kugelmensch nicht genug? War ich nicht genug? Was habe ich falsch gemacht? Woran liegt es? Wie kann Bali dich so verändern? Bitte erklär dich, bitte lass es mich verstehen. Ihr kennt das alle, diese komplette Hilflosigkeit. Sie sagte mir etwas: Sie sei fremdgegangen (#Tag8Bierpong. ). Sie wisse nicht, wie das passieren konnte, sie war wie verwandelt, ein anderer Mensch. Sie erkenne sich selbst nicht wieder. Dann begann sie zu weinen, fürchterlich zu weinen. Sie sagte so furchtbare Dinge wie: Sie würde in die Hölle kommen, dafür dass sie dem wundervollsten Menschen ihrer Welt so etwas antun konnte. Sie wisse nicht mehr, wer sie sei. Was habe sie nur getan, fragte sie. Sie weinte bitterlich. Und dennoch: Sie fühle nicht mehr das gleiche für mich. Sie brauche eine Auszeit. Sie könne sich vorstellen, eventuell, irgendwann wieder mit mir zusammen zu kommen, wenn sie sich selber gefunden hat.

Für mich war zu diesem Zeitpunkt bereits sofort klar: Das hier ist nicht die Frau, die ich liebe. Das ist nicht die Frau, für die ich alles hinschmeißen würde, mit der ich ans andere Ende der Welt gehen würde. Das hier ist. es ist. eine andere Person. Ich weinte täglich, morgens, abends, tagsüber. ich habe noch nie so unheimlich viel salzige Flüssigkeit über meine Augen verloren. Sofort zog ich noch am selben Tag aus, denn ich ertrug ihre Präsenz nicht und all diese Möbel, die wir vor der Reise für diese neue Wohnung voller Vorfreude und Aufregung besorgt hatten, ja die konnte ich auch nicht mehr sehen. Alles wirkte falsch, wertlos. Die farbigen Wände, die wir uns aufwändig zusammen ausgedacht hatten. Es ist so schmerzhaft in Angesicht der Trennung.

Ich wollte weg, weit weg, raus aus Deutschland, rein in den australischen Busch. Ich wollte von allem weg, fliehen, dieser unfassbar traurigen Welt, die derartige Menschen hervorbringen kann, den Rücken kehren. Notfalls als Eremit in der Wüste Australiens den Rest meines Lebens verbringen. Ein Impuls, ein Schockzustand, ein Affektgedanke.

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Diesen Text schreibe ich nun nicht aus der Wüste Australiens, sondern immer noch aus dem schönen Berlin. Ich habe mich sehr wohl für ein Stipendium in Australien beworben und ich werde dort definitv zurückkehren, sei es über das Stipendium oder über einen anderen spannenden Weg. Ich habe viele wunderschöne Dinge erlebt, ohne meine ehemalige Partnerin. Und dennoch: Kaum vergeht ein Tag ohne Schmerz, ohne Trauer, ohne Niedergeschlagenheit. Mir fehlt es seit jenem unaussprechlichen Ereignis (nun ist es ausgesprochen) an Vertrauen in andere Menschen. Ich sehe überall nur noch Enttäuschungen. Ich sehe in Frauen nur noch unberechenbare Sirenen, die ihre Beute jederzeit töten können, im übertragenden Sinne. Ich wünsche mir ein Weg aus der Dunkelheit. Ein Weg zurück ins Licht, voller Hoffnung, voller Vorfreude, voller Humor und voller Tatendrang und Lebensfreude. Doch mir fehlt die Liebe, mir fehlt die Zuneigung, mir fehlt die Nähe zu einer Frau so sehr.

Ich weiß, dass ich viel Liebe zu geben habe. aber ich habe den Glauben verloren, dass es jemals eine Frau geben wird, die diese Liebe auch für mich empfinden kann, bedingungslos, unerschütterlich, aufrichtig. Ich bete dafür, dass es sie gibt, aber ich habe Angst, große Angst vor der Zukunft. .

18.09.2019 16:26 • x 8 #1


C
Ohjeeeee,

sehr bildliche, sehr blumige und sehr wortgewandt verliebte Sprache....Aber sehr emotional.
Also, Deine Verletzungen und Dein Schmerz sind quasi in jeder Zeile deutbar.

Nutz das Forum gern für einen Gedankenaustauch, als eine Art Notizbuch, Tagebuch usw.

Nur ist mir nach dem ganzen Text irgendwie abhanden gekommen, bzw. zu mir nicht durchgedrungen, ob ihr Euch jetzt getrennt habt, ob ihr eine Auszeit habt...
Sie hat betrunken mit jemandem geschlafen?
Das Ganze ist jetzt 4 Monate her, dass sie wieder zurück ist?
Habt ihr denn noch Kontakt und wie lange ging Eure Beziehung (sorry, falls ich es überlesen habe)?

Ach Mensch, fühl Dich mal gedrückt!

18.09.2019 16:37 • x 2 #2


A


Meine erste Trennung - Zwischen Traum und Realität

x 3


QuarQ
Liebe Catwoman,

vielen Dank, dass du dir meinen Beitrag zu Gemüte geführt hast, das weiß ich sehr zu schätzen. Sich die Zeit zu nehmen, eine (derartig langwierige und dennoch nie völlig vollständige) Geschichte eines anderen zu lesen und zu kommentieren, finde ich bewundernswert.

Ich fühle mich schon jetzt wohlig aufgehoben in Forum. Deshalb nehme ich deinen Vorschlag gerne an und werde meine zukünftigen Erlebnisse und gemachten Erfahrungen mit euch teilen. Das ständige Ausschlachten der Gedanken mit sich selbst tut mir nicht mehr so gut. Manchmal habe ich die Befürchtung, dass mein Kopf irgendwann sagt: Schluss, genug! Lass mich endlich in Ruhe, ich will nichts mehr von deinen launehaften Emotionen wissen. Ich kündige! Ab heute ist Ruhe, keine Trauer, keine Freude, pure reine Stille.. Ich gebe zu, dieser Gedanke hat etwas für sich, aber ich weiß auch, dass es einen schöneren Ausweg gibt dort draußen. Ich will ihn suchen, ich will ihn finden. Ich will fühlen, lachen, weinen, ... leben.

Nun zu deinen Fragen Catwoman! Du hast es tatsächlich nicht überlesen. Es fehlt einfach in meiner Erzählung. Wir leben seit diesem Tag getrennt. Ich hatte gerade in der ersten Woche jeglichen Realitätsbezug verloren. Ist es ok, was sie da macht, ist es ok für mich? Kann ich damit leben? Sie scheint einen Sinn im Leben gefunden zu haben, kann ich ihr das verübeln? Kann ich darüber hinwegsehen, dass sie mich innerhalb von zwei Wochen fallen lässt, mit einem Fremden schläft, eine Woche nachdem wir uns innig und in Armen, weinend verabschiedet haben? Es waren Fragen, auf die ich keine Antwort fand. Natürlich, wie auch. Ich liebte sie noch immer, Gott es waren erst zwei Wochen vergangen seit dem Abschied in Sydney, natürlich liebte ich sie noch über alles. Am Schluss meines wirren Gedankenkarussells kam ich zu einem Schluss: Nein, ich kann damit nicht leben. Meine Weltvorstellung kollidiert dramatisch mit ihren Handlungen. Ich möchte nicht mit solch einer Frau alt werden. Die Frau, die ich noch vor zwei Wochen geliebt hatte, teilte meine Weltanschauung. Doch nun ist diese Frau tot. Die neue Frau, die zurückkam, war mir völlig fremd. Ich will eine Partnerin an meiner Seite, die sich offen über ihre Gefühle, ihre Sorgen, ihre Nöte, ihre Freuden und ihre Wünsche äußert. Eine, die ihren Weg auf dieser Welt gemeinsam mit mir beschreiten möchte.

Diese Frage, ob sie betrunken mit jemandem geschlafen hat, habe ich auch gestellt. Doch sie verneinte, sie wirkte wie versteinert, mit einem festgefrorenen Blick auf den Tisch vor der Couch, geradezu hypnotisiert. Ein Albtraum, ihr Zustand. Sie so zu sehen tat mir sehr weh. Das Schlafen, der S., sei nicht ansatzweise der Grund für ihre Trennung (Auszeit), so versicherte sie mir. Sie müsse sich finden, aus Deutschland ausbrechen, aus dem Arbeitstrott, zurück nach Bali. Zwei Wochen später stürzte sie Hals über Kopf nach Bali zurück für zwei Monate. Diese zwei Monate ohne ihre physische Anwesenheit in meiner Umgebung waren ein Segen. Sie war wie verstorben für mich. Etwas, um das ich trauern konnte. Etwas, dass ich loslassen konnte. Nun ist sie wieder zurück, und gleich darauf begannen meine elenden Zusammebrüche, meine Zweifel an mir, meine Versagensängste in der Zukunft.

Es ist tatsächlich vier Monate her seit der Trennung, also genau nachdem sie das erste Mal aus Bali zurück kam.

Wir haben leider noch Kontakt, Catwoman, per E-Mail. Es geht um Wohnung und Auto, Kündigung und Abmeldung. Reine Formalien. Ich habe seit der Trennung vor vier Monaten den Kontakt eine Woche später komplett abgebrochen. WhatsApp blockiert, Facebook entfernt, Instagram, Handynummer, Chats gelöscht, Bilder auf dem Rechner archiviert. Unsere Beziehung ging insgesamt drei Jahre. Schon als sie 19 Jahre alt war und ich 22, haben wir uns bereits heimlich getroffen, nur kurz, aber intensiv (heimlich, weil ihr Bruder mein bester Freund ist und schon immer war, und ich ehrlich gesagt seit der Trennung zu eben jenem Bruder als WG-Partner gezogen bin, weil er so sehr für mich da war. Nur leider erinnert er mich natürlich durch seine schiere Anwesenheit täglich an sie. Doch seine Unterstützung, sein Verständnis, seine eigene Trauer, weil er sich in mich hineinversetzen konnte, haben mir derart gut getan in der ersten kritischen instabilen Phase nach der Trennung, dass ich mich bei ihm gut aufgehoben fühlte.).

18.09.2019 17:25 • x 1 #3


M
Wow, wie schön, geistig offen und intelligent Du Dich liest. Dein Text hat mich sehr berührt. Eine Perle hier im Forum, auch wenn der Anlass ein trauriger ist. Dein Kummer ist spürbar tief und es tut mir wahnsinnig leid, dass Dir, ich möchte sagen, Euch das passiert ist. Denn auch sie hat Dich verloren.

Ich bewundere, dass Du so konsequent und bewusst mit Deinen eigenen Vorstellungen umgegangen und gegangen bist. Zu sich selbst zu stehen, obwohl man den anderen sehr liebt, hat etwas starkes und schreckliches zugleich. Vielleicht habt ihr beide nochmals eine Chance, aber warten würde ich nicht drauf.

Das Universum wird Euch wieder zusammenführen, wenn es sein soll.

Ich lasse Dir einen Gruß von Herzen da,

Milano

18.09.2019 19:21 • x 3 #4


Peggy01
Oh man, das ist wirklich harter Tobak.
Ich musste grade weinen, als ich deinen Beitrag gelesen habe. Ich kann gut nachempfinden, wie du dich fühlen musst. Bei mir ist es nur eine Whatsapp-Bekanntschaft und andere familiäre Probleme und das tut schon Schweine weh.
Ich bin in Gedanken bei dir. Lass dich ganz lieb drücken.

18.09.2019 20:14 • x 1 #5


Gorch_Fock
Hey Quar, Du hast einen tollen Schreibstil, Du solltest zur schreibenden Zunft wechseln
Du schreibst über eine spannende Welt wo Menschen mal so eben monatelang frei bekommen und nach Bali fahren können. Und wohl auch materiell gut gestellt sind. Und dennoch ist da irgendwie auch ganz viel Leere.
Aus meiner Sicht hat sie sich von der Stimmung anstecken lassen und natürlich was mit jemand gehabt. Sie ist jung und sie weiss was die nächsten Jahre in der drei Zimmer Wohnung im alternativen Kreuzberg so passiert wäre. Windeln, Pekip-Kurse und Berliner Hipster-Mamis mit Latte-Machiatto wären dann ihre Welt gewesen. Und da wollte sie ausbrechen. Jetzt sind die Zukunftspläne im Mietshaus mit Bonerwachsgeruch geplatzt. Und das war vielleicht einfach ihr Ziel.

18.09.2019 22:30 • x 2 #6


QuarQ
Ich bin überwältigt von eurer Resonanz, vielen Dank euch allen, wahrhaftig und ohne jegliche Übertreibung. Jeden Beitrag, ganz gleich welcher Meinung und Ansicht, weiß ich sehr zu schätzen, denn dahinter steckt Zeit und Auseinandersetzung mit meinem Text. Das ist wertvoll. Ihr seid großartig.

Zitat von milano30:
Wow, wie schön, geistig offen und intelligent Du Dich liest. Dein Text hat mich sehr berührt. Eine Perle hier im Forum, auch wenn der Anlass ein trauriger ist. Dein Kummer ist spürbar tief und es tut mir wahnsinnig leid, dass Dir, ich möchte sagen, Euch das passiert ist. Denn auch sie hat Dich verloren.

Vielen Dank für deine Worte, Milano. Ich habe das derart ausformuliert noch nie gesehen, dass sie mich auch verloren hat. Weißt du, das passt sehr zu einer meiner zahlreichen neuen Erkenntnisse über die große Welt: Wahre Liebe und alle Gefühle, die damit verbunden sind, ist sehr wohl vergänglich. Ich erlag dem Irrglaube, dass sie unzerstörbar wäre. Wie auch, solch intensive, lebensverändernden, ja geradezu heiligen Gefühle einer anderen Person gegenüber können doch nie und nimmer verblassen, verschwinden oder gar in Wut und Hass umschlagen. Das kann niemals passieren, weder in guten, noch in schlechten Zeiten.

Hah, wehleidig erinnert mich das an meine Reaktion auf ihre erste Hiobsbotschaft kurz vor Ende ihrer Bali-Reise, als sie mir mitteilte, dass sie zurück nach Bali wolle, alleine. Ich schrieb, ich würde sie unterstützen und immer für sie da sein, selbst wenn das bedeute, dass wir nur Freunde bleiben. Heute weiß ich, dass ich das nicht kann, dass es mich zerfrisst, für eine Person da zu sein, die meine Unterstützung, meine Anwesenheit, meine Nähe, meine Fürsorge und ja auch meine Liebe nicht mehr haben will. Heute weiß ich, dass es dort draußen vielleicht, und auch nur vielleicht, einen Menschen gibt, der all das zu schätzen weiß, den das überglücklich macht und mir etwas von seinen Gefühlen zurückgibt und sie mir schenkt.

Vielen Dank nochmal milano für deinen warmen tröstenden Worte
Zitat von Peggy01:
Oh man, das ist wirklich harter Tobak.
Ich musste grade weinen, als ich deinen Beitrag gelesen habe. Ich kann gut nachempfinden, wie du dich fühlen musst. Bei mir ist es nur eine Whatsapp-Bekanntschaft und andere familiäre Probleme und das tut schon Schweine weh.
Ich bin in Gedanken bei dir. Lass dich ganz lieb drücken.

Vielen herzlichen Dank Peggy. Deine Worte haben mir viel Trost gespendet. Dein Satz zur Whatsapp-Bekanntschaft hat mich daran erinnert, wie ich mir von dem/der ein oder anderen anhören durfte, dass das alles halb so wild sei. Ja, dass es doch nichts Besonderes sei und allen Menschen ständig und überall passiere und natürlich zum Teil noch viel schlimmer ergehe. Sie hatten natürlich völlig recht, mit allem. Und doch fühlte sich mein Schmerz für mich in jedem Moment, in dem er an die Oberfläche gelangte, so an, als wäre es der einzige wirklich Sieger unter allen Schmerzen auf dieser Erde. Ganz gleich wie sehr andere leiden, ich leide immer am stärksten. So fühlte es sich für mich immer an und so fühlt es sich zum Teil immer noch an. Wer auch immer bei diesem absurden Wettlauf der Gefühle gewinnt, ich habe ein Recht auf meinen Schmerz und auch darauf, dass ich ihn als furchtbar quälend und folternd empfinde. Ich möchte mich nicht dafür verurteilen, dass ich leide ... wenngleich ich sehr dankbar wäre, wenn die Qual mich doch bitte einfach gerne in Ruhe lassen könnte Die ersten Wochen habe ich sehr wohl dafür verurteilt, mich geschämt für mein Weinen, meine Heulkrämpfe, meine Anteillosigkeit, meine Mir ist alles egal, ihr seid mir alle egal-Haltung. Ein 29-jähriger Mann hat doch gefälligst darüber hinwegzukommen! Sei ein Mann, Männer heulen nicht! lautete die Devise meines Vaters. Zum Teufel mit seiner Devise, ich will heulen, ich will in solchen Situationen, die kein Dauerzustand darstellen sondern einen tiefen Einschnitt in das Leben wie ich es kannte, schwach sein dürfen. Mal sehen, wie weit mich diese Einstellung bringt ... Ich weiß nämlich überhaupt nicht, ob sie mir gut tun wird. Fakt ist nur eins: Ich musste mich vor dieser Trennung nie damit befassen. Ich weiß nicht, was richtig und was falsch ist. Also lass uns das als Überraschung sehen, als ein Experiment, von dem wir das Resultat noch nicht kennen.
Zitat von Gorch_Fock:
Hey Quar, Du hast einen tollen Schreibstil, Du solltest zur schreibenden Zunft wechseln

Hach vielen Dank Gorch Das erinnert mich an meine ersten ausschweifenden Tagebucheinträge nach der Trennung. Ich habe ein ganzes Notizbuch damit zu füllen begonnen, als mir mein Mitbewohner (der Bruder meiner Ex, zur tragischen Erinnerung) sagte: Schreib ein Buch! Nenn es: Der Phönix in Ihm. Von da an flattern Phönixe durch meine Desktophintergründe, Smartphones und, wen hätte es nun noch gewundert, auch durch dieses Forum
Zitat von Gorch_Fock:
Du schreibst über eine spannende Welt wo Menschen mal so eben monatelang frei bekommen und nach Bali fahren können. Und wohl auch materiell gut gestellt sind. Und dennoch ist da irgendwie auch ganz viel Leere.
Aus meiner Sicht hat sie sich von der Stimmung anstecken lassen und natürlich was mit jemand gehabt. Sie ist jung und sie weiss was die nächsten Jahre in der drei Zimmer Wohnung im alternativen Kreuzberg so passiert wäre. Windeln, Pekip-Kurse und Berliner Hipster-Mamis mit Latte-Machiatto wären dann ihre Welt gewesen. Und da wollte sie ausbrechen. Jetzt sind die Zukunftspläne im Mietshaus mit Bonerwachsgeruch geplatzt. Und das war vielleicht einfach ihr Ziel.

Dein Post hat mich zum Schmunzeln und zum Nachdenken gebracht. Weißt du, ich habe die ersten Wochen ausgiebig mit der Suche nach Gründen verbracht. Irgendwann stellte ich fest, dass es nicht der Grund ist, wegen dem sie ihre Entscheidung getroffen hat, der mich so tief verletzt. Es ist die Feststellung, dass ihre Liebe nach sagenhaften zwei Wochen komplett erloschen ist, sodass sie von weinend tanzend zu bitte nicht berühren gewechselt hat. Es ist die Ernüchterung, dass sich alles Gegebene, alles Erlebte, alles Durchlebte, alles Gesagte von heute auf morgen in Luft aufgelöst hat. Der Wert und das Gewicht, dass ich meiner Liebe zugesprochen habe, war für sie plötzlich nichts mehr wert. Diese tragische Gewissheit, dass es kein böser Traum war, sondern blanke Realität, verätzte mein Herz und meine Überzeugung, meine Weltanschauung.

Ich kam zwischenzeitlich zu der einzig logischen Schlussfolgerung, der einzig wahren Lehre dieses Schlamassels: Es gibt diese Liebe, die du zu empfinden geglaubt hast, nicht dort draußen. Sie war eine Illusion, ein Hirngespinst, das dir die Gesellschaft all die 29 Jahre vorgegaukelt hat. Doch nachdem ich vor einem Monat wieder das erste Mal körperliche Nähe verspürte zu einer anderen Frau, spürte ich sofort wieder dieses warme, mollige Gefühl in meiner Brust. Ich war durch und durch durchströmt von Geborgenheit und Zuneigung. Ich war just in diesem Moment wieder überglücklich. Diese andere Frau, die mir dieses Gefühl wieder zu spüren gegeben hat, empfand eben diese Gefühle jedoch nicht. Sie ächzte nicht nach diesem göttlichen Gefühl, das ich bei unserer körperlichen Nähe verspürte. Das gab mir eines zu verstehen: Ich will lieben, so wie ich es drei Jahre lang tat. Ich kann lieben, so wie ich es drei Jahre lang tat. Und wenn ich das kann, dann kann das auch irgendjemand dort draußen, daran möchte ich glauben! Es mag sein, dass es Menschen gibt, die das nicht so sehr brauchen wie ich. Doch ich will es ... aber wisst ihr, was das Tragische daran ist? Woher soll ich je wissen, dass es nicht wieder plötzlich vergeht, die Liebe des anderen? Schließlich bekundete mir meine Ex noch zwei Wochen vor der Trennung, dass sie mich über alles liebe und sich keine Welt, keinen Tag ohne mich an ihrer Seite vorstellen könne? Es folgt für mich die bislang vermutlich schwerste, aber einzig erlösende Einsicht über dieses Leben: Nichts ist gewiss, nichts ist sicher, alles ist ein Risiko, und ohne Risiko keine Freude, keine Liebe, kein Leben.

19.09.2019 15:50 • x 1 #7


Gwenwhyfar
Zitat von QuarQ:
Nichts ist gewiss, nichts ist sicher, alles ist ein Risiko, und ohne Risiko keine Freude, keine Liebe, kein Leben.


Du gibst Dir Deine Antwort selbst.

Ich habe Hochachtung vor Deiner Reflexion, Deinem Mut sofort Konsequenzen zu ziehen und Deiner Schreibkunst. Es war mir ein Genuss Dich zu lesen.

Bali ist meine Trauminsel. Ich war zwar vor 30 Jahren da und es hat sich sicher sehr verändert. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass so ein Erlebnis Aussteigersehnsüchte weckt.

Dazu kommt dann, dass nach 3 Jahren der Lack im Grunde ab ist. Da entscheidet sich dann so langsam, ob man laaaange miteinander bleiben möchte oder lieber weiter sucht. Ihr seid noch jung und da sucht man im Zweifel lieber sich und andere weiter. Daran ist nichts falsch.

Du bist wahnsinnig gut aufgestellt. Warum war sie die erste Freundin?

21.09.2019 23:49 • x 1 #8


Via
Hochreflektiv

22.09.2019 00:28 • #9


S
Guten Morgen QuarQ!
Hab Deinen Eingangstext durch und hatte gleich wieder Grund zum Weinen. Ich kann es, wie viele hier, so gut nachfühlen! Es ist einfach schrecklich, wenn sich zwei Menschen in so unterscheidliche Richtungen bewegen. Das ist für mich der Grund für ein Trennung - unterscheidliche Richtungen...
Es tut mir leid, dass Du das so früh in Deinem Leben erlebst! Aber vielleicht ist es besser (tut mir leid, besser hört sich bescheiden an in dem Zuammenhang!), Du reflektierst jetzt. Ich mache diese schmerzhafte Erfahrung erst gute 20 Jahre später! Ich würde mir wünschen, man müsste sie gar nicht machen - tut mir leid!

Ich teile Deine Gefühle! Auch wenn unsere Geschichten in anderen Lebensabschnitten spielen...

22.09.2019 09:35 • x 2 #10


QuarQ
Zitat von Gwenwhyfar:

Du gibst Dir Deine Antwort selbst.

Ich habe Hochachtung vor Deiner Reflexion, Deinem Mut sofort Konsequenzen zu ziehen und Deiner Schreibkunst. Es war mir ein Genuss Dich zu lesen.

Bali ist meine Trauminsel. Ich war zwar vor 30 Jahren da und es hat sich sicher sehr verändert. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass so ein Erlebnis Aussteigersehnsüchte weckt.

Dazu kommt dann, dass nach 3 Jahren der Lack im Grunde ab ist. Da entscheidet sich dann so langsam, ob man laaaange miteinander bleiben möchte oder lieber weiter sucht. Ihr seid noch jung und da sucht man im Zweifel lieber sich und andere weiter. Daran ist nichts falsch

@Gwenwhyfar Vielen lieben Dank für deine Zeit und deine Antwort.

Am Aussteigen ist wirklich für den Aussteiger wirklich gar nichts falsch, das sehe ich genauso wie du. Dahingehend hat sie für sich etwas Wichtiges und Notwendiges getan. Wohl aber verurteile ich sie für den Umgang mit mir, für die fehlende Feinfühligkeit, die fehlende Rücksichtnahme und die fehlende, zwei Wochen vorher noch innig gelebte Liebe. Das sind Werte und Prinzipien, nach denen ich liebe zu leben, die mich glücklich machen und von denen ich glaubte, dass meine Ex sie mit mir teilen würde. Ich habe mich geirrt und die Quittung erhalten.

Der Umstand, dass ich vier Monate und weiter andauernd darunter leide, zeigt mir, wie viel sie mir bedeutete, sie, ihr Charakter, ihre Macken, ihre verrückte Ader, unsere wundervollen Abenteuer, einfach alles. Der Umstand, dass sie nach zwei Wochen Bali keine Liebe und keinerlei Zuneigung mehr für mich empfand, zeigt mir, wie sie liebt, wie sie ist, wie viel Wert für sie unsere Beziehung hatte. Mit solch einer Person darf gerne jemand anderes glücklich werden, ich schaffe das nicht und das will sie ja auch selbst nicht.

Ich fand es so bemerkenswert, wie du mir meine eigene Antwort auf meine existenziellen Fragen vor Augen geführt hast. Danke dafür, werte @Gwenwhyfar. Weißt du was, diese Trennung öffnete mir endlich den Weg, mich selbst zu entdecken und mich nicht hinter dem Leben eines anderen zu verstecken. Neben all dem emotionalen Schmerz und der Trauer nach dem Verlust einer großen Liebe sehe ich ein Meer voller neuer Möglichkeiten. Ich möchte dieses Meer erkunden, meinen Kurs finden und auf ihm segeln, ganz gleich in welche Richtung der stürmische Wind wehen sollte. Vor allem dafür bin ich der Trennung dankbar.
Zitat von Gwenwhyfar:
Du bist wahnsinnig gut aufgestellt. Warum war sie die erste Freundin?

Ich war tatsächlich schon immer ein großartiger Mensch, nur leider weiß ich das erst jetzt zu erkennen. Damals war ich geplagt von Selbstzweifeln und Angst vor dem Unbekannten. In der Schule mangelte es mir an Selbstvertrauen. Ich stellte Frauen auf ein enorm hohes Podest und vergötterte diese Wesen, sodass ich bei zweisamen Gesprächen wie ein eingeschüchterter kleiner Sterblicher vor einer allmächtigen Gottheit hinaufblickte und darauf wartete, dass diese Gottheit sich mir erbarmt und mich als ihren treuen Gefährten erkennt, der ich mit Sicherheit gewesen wäre. Erst nach meinem Universitätsabschluss begann ich allmählich, mich meinen selbst-geißelnden Gedanken zu stellen und siehe da, es begann meine erste und bislang weiterhin einzige Beziehung. Ich opferte mich dennoch auch dieser Gottheit völlig auf, sie war das Zentrum meines Universums, für fast drei Jahre. Auch dieses für mich äußerst zerstörerische Weltbild konnte ich erst durch die Trennung bekämpfen und kämpfe noch immer wacker dagegen an.

22.09.2019 17:33 • #11


E
Zitat:
...Ich war tatsächlich schon immer ein großartiger Mensch, nur leider weiß ich das erst jetzt zu erkennen. Damals war ich geplagt von Selbstzweifeln und Angst vor dem Unbekannten. In der Schule mangelte es mir an Selbstvertrauen. Ich stellte Frauen auf ein enorm hohes Podest und vergötterte diese Wesen, sodass ich bei zweisamen Gesprächen wie ein eingeschüchterter kleiner Sterblicher vor einer allmächtigen Gottheit hinaufblickte und darauf wartete, dass diese Gottheit sich mir erbarmt und mich als ihren treuen Gefährten erkennt, der ich mit Sicherheit gewesen wäre


Also mich beeindruckst du mit deinem Schreibstil sicher nicht. Ich denke gerade eher für mich : Alter, zieh dir mal den Stock ausm Hintern!

22.09.2019 20:09 • #12


QuarQ
Zitat von Sabine72:
Guten Morgen QuarQ!
Hab Deinen Eingangstext durch und hatte gleich wieder Grund zum Weinen. Ich kann es, wie viele hier, so gut nachfühlen! Es ist einfach schrecklich, wenn sich zwei Menschen in so unterscheidliche Richtungen bewegen. Das ist für mich der Grund für ein Trennung - unterscheidliche Richtungen...
Es tut mir leid, dass Du das so früh in Deinem Leben erlebst! Aber vielleicht ist es besser (tut mir leid, besser hört sich bescheiden an in dem Zuammenhang!), Du reflektierst jetzt. Ich mache diese schmerzhafte Erfahrung erst gute 20 Jahre später! Ich würde mir wünschen, man müsste sie gar nicht machen - tut mir leid!

Ich teile Deine Gefühle! Auch wenn unsere Geschichten in anderen Lebensabschnitten spielen...

Ach @Sabine72 , das ist herzallerliebst, vielen Dank für dein aufrichtiges Mitgefühl. Ich finde, dass du es genau richtig gesagt hast: vielleicht ist es besser. Und wie es besser ist. Das hätte ich vor einigen Monaten nicht über meine Lippen gebracht. Auch ich begann mit den vorbeiziehenden Wochen damit, mich mit der Kehrseite der Beziehung zu befassen und entdeckte mehr und mehr und mehr und mehr ... negative Aspekte, die mir während der Beziehung zu jener Zeit ein großer und auch kleiner Dorn im Auge waren. Die rosarote Brille meiner überquellenden Liebe ließ mich die Dornen übersehen. Ich wollte sie nicht verlieren und habe bei so unglaublich vielen Dingen nachgegeben und an Freiheit aufgegeben. Liebe macht blind heißt es doch im Volksmund. Die erste Liebe umso mehr. Diese Trennung gibt mir nun die Chance, meine Wünsche und Träume zu verfolgen, außerhalb und innerhalb einer Beziehung, so es denn eine neue geben wird.

@Sabine72 , hab vielen Dank für deinen mir nahegehenden Text. Auch ich schenke deiner verletzten Sehe mein tiefstes Mitgefühl. Wir kämpfen weiter!

22.09.2019 22:08 • x 1 #13


Zauberhaft
Lieber QuarQ,

deine Lebensgeschichte ist sehr traurig.
Danke für diesen Einblick, sehr emotionale Gedanken, die mich zutiefst berühren.

Berlin wird DICH auffangen. Es werden dir Menschen begegnen, die dich inspirieren, glaube an die Zukunft, an Glück.

Nach einiger Zeit wirst DU verstehen, warum es manchmal nicht reicht, für das WIR.

Es gibt wundervolle Frauen,
die Richtige wird noch kommen.
Habe Geduld.

Erhole dich von diesen Emotionen,
gib dir Zeit für die Verarbeitung,
Und achte auf DICH ... .

LG nach Berlin

(... meine Heimatstadt)

22.09.2019 22:27 • x 1 #14


Zauberhaft
Zitat von QuarQ:
Woher soll ich je wissen, dass es nicht wieder plötzlich vergeht, die Liebe des anderen?


Das ist -das Abenteuer- im Leben.
Man muss jeden Tag genießen.

Achte auf dein Bauchgefühl.
Entspannt eine Beziehung führen,
auf Augenhöhe.
Nicht zu schnell zu viel geben.
...

22.09.2019 22:56 • #15


A


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