Ost West Liebe

Alsooooo, eigentlich betrifft der Trennungsschmerz nicht direkt mich, sondern meine Cousine. Ihr Freund hat sich nach gaaaanz lander Zeit von ihr getrennt, weil sie, jetzt haltet euch fest, aus dem Westen kommt (er selber kommt aus Dresden). Er meinte, er hätte jetzt festgestellt, dass eine Wessi-Frau nicht das richtige für ihn sei. Jetzt will sie sich bei RTL (Teletext Seite 326) bewerben und dort mit ihm abrechnen, weil die wohl gerade Leute zum Thema Ost-West-Liebe suchen. Hat hier jemand auch Erfahrungen mit einem Partner von der anderen Seite gemacht und würde mir darüber was erzählen? Ich kann das einfach nicht glauben, dass nach so langer Zeit der Widervereinigung die Leute sich wegen Ost und West trennen. Oder doch??? Eure Jule

hallo Jule,

ich hatte vor ein paar Jahren auch eine Freundin im westen von deutschland, wir haben uns aber nicht getrennt weil sie aus dem westen kam, es hatte andere Gründe.
Was deiner cousine wiederfahren ist, kling ja ungeheuerlich.
er hat sich nur getrennt, weil sie aus dem westen ist.
Klingt ja sehr abgefahren, ich sage mal die zeit nach der wiedervereinigung hat doch die Menschen in Ost und west aneinander gebracht.ich kenne Paare aus meinem freundeskreis, die aus ost und west kommen und immer noch zusammen sind.
Wer weiss welche genaueren gründe ihr Ex-Freund hat, aber das kann es ja nun nicht sein.Jedenfalls kann ich das nicht so recht glauben.
Bisher hat doch die Liebe alle Grenzen überwinden können.
Ich würde mich ehrlicherweise für diese aussage sehr schämen , schon weil man aus dem Osten von deutschland kommt.
Viele Grüsse Vincent

Hallo Jule,

ich denke schon, dass es nach wie vor Probleme geben kann bei dieser Konstellation. Allerdings ist es dann wie bei ost-ost oder west-west das Problem, dass die Partner sich über grundlegende Dinge nicht einig werden. Das Problem oder besser gesagt der Grund ist oft die Erziehung. ich denke an Themen wie Glaube ja/nein (Taufe ja/nein), dazu kommt bei vielen Wessis oft ein zu durchplanendes, übervorsichtiges Sicherheitshandeln, im Gegenzug bei Ossis (ich bediene mich jetzt der Einfachheit halber dieser Unwörter) oftmals ein etwas zu wenig reflektiertes Handeln nach dem Motto: es wird sich schon jemand (Staat?) drum kümmern wenns nicht klappt. Ersteres (Wessi-Verhalten) wird auf der anderen Seite oftmals als spiesig, verkrampft oder unspontan angesehen. Das zweite Phänomen (Ossi-Verhalten) betrachtet der Wessi vielleicht als gedankenlos bzw. unverantwortlich.
Das sind aber Dinge, die man klären kann, ja sogar muss, wenn die Partnerschaft klappen soll. Wieso der Ossi-frau vorwerfen, dass sie in der Ausbildung ohne Geld ein Kind in die Welt setzen will, während der Wessi die Krise bekommt, weil er es ja noch nicht zum obligatorischen C-Klasse-Kombi und der Reihenhaushälfte gebracht hat. Sie betrachtet es als normal, weil ihr Mutter es in der DDR genauso gemacht hat mit dem Unterschied, dass junge Mütter mit Kind damals wesentlich besser umsorgt wurden als heute in unserem gesamtdeutschen System. Wieso aber auf der anderen Seite ihm sein Sicherheitsdenken vorwerfen,
haben es ihm doch seine Nachkriegseltern, die Nachbarn usw. so und nicht anders vorgelebt.

Ich bin der Meinung wir können und müssen nach wie vor viel voneinander lernen. Dazu muss man aber über den eigenen Tellerrand schauen...

Jule, das Argument Wessi-Frau-ist-nicht-das-richtige-für-mich kann von ihm aber auch nur so dahergesagt sein. Mag sein, dass er gewisse Verhaltensweisen deiner Cousine als typisch west und daher unpassend empfindet. Letztendlich stimmt aber wahrscheinlich schlicht und ergreifend die Beziehung im allgemeinen bei den beiden nicht mehr. Würde er sie richtig lieben, wäre der Spruch nicht gekommen.

Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass Ossis und Wessis sich als letzte Instanz dieser billigen Klischees bedienen, wenn ihnen die Argumente ausgehen.

Es ist schwer herauszulesen, was ich bin, nicht? Ich mag weder Ossis noch Wessis. Diese Bezeichungen stehen bei mir nur für Menschen, die nicht bereit sind über ihre Hutkrempe hinaus zu denken.