Zitat von Ninjabe:Ich wollte immer alles oder nichts.
Ein sehr radikales Lebensmotto, mit dem man es sich selbst nicht gerade einfach macht.
Zitat von Ninjabe:Und wie soll ich das jetzt machen, wenn ich schon so starke Gefühle habe? Das hieße, dass ich mich etwas entlieben muss.
Ich sehe das Problem gar nicht darin, dass Du zu stark oder zu viel liebst. Sondern in dem Bild, das Du von Liebe hast, darin, was diese Liebe aus Dir macht:
Zitat:sobald ich einen Freund habe, ist das wie weggeblasen und ich bin der unsicherste Mensch der Welt
Dass sie Dich von einer lebensfrohen, selbstbewussten Frau in ein kleines, unsicheres und hilfloses Mädchen verwandelt.
Die Aufgabe wäre also nicht, weniger zu lieben - sondern trotz dieser Liebe, egal wie stark sie ist, immer auch bei Dir selbst, bei der selbstsicheren Frau zu bleiben.
Dein Text liest sich so, als wäre Dir das Gefühl sehr wichtig, dass Dein Partner Dich braucht. Und das am Liebsten mehr als alles andere auf der Welt. So, dass er ohne Dich nicht mehr kann.
Brauchen hat aber immer etwas mit Abhängigkeit zu tun. Damit, keine Wahl und keine Entscheidung zu haben. Man braucht es, ob man will oder nicht.
Dieses den anderen brauchen ist ein prägender Faktor der Liebe eines Kindes zu seinen Eltern. Es kann sich seine Eltern nicht aussuchen und es ist auf seine Eltern angewiesen. Insbesondere in den ersten Jahren hängt sein Wohlbefinden ganz und gar von der Zuwendung und Fürsorge seiner Eltern ab. Zwischen Kind und Eltern herrscht immer ein Machtgefälle. Verlassen zu werden kann den Tod bedeuten.
Wenn wir erwachsen werden, können wir selbst für uns sorgen. Wir brauchen keinen Partner. Wir können selbst wählen, ob und zu wem wir eine Beziehung eingehen und wie lange wir bei ihm bleiben. Wir sind nicht mit jemandem zusammen, weil wir müssen, sondern weil wir WOLLEN. Aus freien Stücken. Als Partner auf Augenhöhe.
Natürlich steigt damit auch das Risiko, verlassen zu werden. Dieser Gedanke, dass der andere jederzeit frei ist zu gehen, kann grosse Ängste auslösen - insbesondere wenn wir vergessen, dass wir nicht mehr das hilflose Kind von früher sind sondern sehr gut allein überleben können. Aber diese Freiheit macht diese Liebe auch zu etwas besonders Kostbarem. Ist es nicht schöner zu wissen, der andere ist bei mir, weil er es WILL und nicht, weil er muss, aus einem Zwang, aus einer Abhängigkeit heraus?
Bei Dir scheint es, dass Du diese zwei sehr unterschiedlichen Formen von Liebe stark vermischt, und große Anteile der Liebe zwischen Kind und Eltern auf die Beziehung zwischen Erwachsenen überträgst. Du machst die so sehr von der Zuwendung, Aufmerksamkeit und Anerkennung Deines Partners abhängig, wie Du es früher von der Zuwendung Deiner Eltern warst und fällst in die Rolle des kleinen Mädchens zurück. Und gleichzeitig wünschst Du Dir, von Deinem Partner ganz genau so gebraucht zu werden.
Und damit bin ich wieder zurück beim der oben genannten Aufgabe: zu einer erwachsenen Form von Liebe zu finden.
Einer Liebe, die Dich nicht zum kleinen Mädchen degradiert, sondern die selbstbewusste, unabhängige Frau bleiben lässt, die Du bist. Und das heißt nicht, dass diese Liebe oberflächlich und beliebig bleiben muss - auch diese Liebe kann sehr, sehr tief gehen.