Und plötzlich hab ich eben auch keine Zeit mehr

S
Ich nenne mich einfach mal Sascha. Ich bin mittlerweile 34 Jahre alt und meine Freundin ist 29 Jahre alt. Wir haben beide den gleichen Beruf, haben uns über eine Fortbildung kennengelernt. Sie arbeitet in einem Pflegedienst flexibel und ich arbeite fest in Schichten. Dummerweise wohnen wir etwa 30 Autominuten entfernt, wobei sie kein Auto hat, da sie es in der Großstadt einfach nicht braucht. Das heißt ich fahre meistens zu ihr.

Als wir uns kennengelernt haben, war Ende 2012. Wir kamen uns näher, verliebten uns ineinander und es war eine absolut tolle Zeit. Wir hatten damals den Samstag als festen Paartag und unternahmen auch viel mit einander. Aber meistens kamen wir eben doch nicht raus aus den Federn und waren den ganzen Tag bei ihr. Das war auch toll, ich glaube keiner von uns hatte das echte Bedürfnis, irgendwie was anderes zu machen.

Sie wohnt schon immer dort, ich bin zugezogen. Sie hat einen unheimlich großen Freundeskreis, ich glaube wenn sie Geburtstag feiert, sind da 30 Freunde, also echte Freunde, die sie schon kennen seit der Grundschule. Wenn ich mich so umschaue, ich habe 3 Bekannte, und auch erst seit etwa diesem Jahr. Der Rest ist mittlerweile weg gezogen oder verheiratet und ohne Zeit und Lust sich mit mir zu treffen. Und fünftes Rad am Wagen brauch ich nicht sein.

Anfangs störte mich das überhaupt nicht, quasi zu hause zu sitzen, mit gepackter Tasche, zu warten auf ihre SMS dass ich kommen kann. Irgendwann verschob sich das, der Samstag war nicht mehr unser Tag, da traf sie sich mit Freunden und da war sie mal auf einer Party und da war sie mal mit Freundinnen im Kurzurlaub und hin zu kommen noch ihre Hobbys, sie spielt Tischtennis im Verein, dann fing die Turniersaison wieder an und wir hatten lediglich den Sonntag Abend zur Verfügung inklusive der Nacht auf Montag.

Meistens war sie jedoch so fertig, dass ausser S. kaum mehr was machbar war. Und oft war sie auch schlecht gelaunt. Ich hatte mehrfach das Gefühl, dass ich ihr Stress bereite, wenn ich Sonntags um 20 Uhr aufschlug, und um 5 Uhr der Wecker bereits klingelte.

Unter der Woche sehen wir uns garnicht, telefonieren ab und zu und schreiben größtenteils per SMS. Sie hat auch kein Smartphone. Das heißt, auch hier geht sie sehr sehr sparsam mit Nachrichten um, ich lese dann einmal am Tag was von ihr. Dass wir uns unter der Woche nicht sehen hat einfach den Grund, dass es nichts bringt zu ihr zu fahren, da sie arbeitet wenn ich frei habe abends. Und sie hat auch Tischtennis training an den freien Abenden. Also es lohnt nicht.

Irgendwann kam es zur Diskussion um die Zeit. Während sie oft Freitag bis Sonntag mit Freunden die Zeit verbrachte, hockte ich daheim, trieb Sport oder schaute TV. Dann kam der Sonntag Abend und ich fuhr wie bestellt zu ihr. Und morgens wieder heim bzw. direkt zur Arbeit. Das war wirklich mehr Stress als Entspannung. Mit ihren Freunden wurde ich nicht wirklich warm, meistens wurde viel Alk. getrunken, Gespräche kaum möglich, sie kennt die Jungs und Mädels seit einer Ewigkeit, da war ich mehr ein Störfaktor. Ich bin ohnehin mehr der Typ, der seine Freizeit alleine verbringt und auch gestalten kann. Aber wenn ich eine Partnerin habe, dann will ich auch was von ihr haben.

Das nervte mich. Denn eigentlich hätte ich viel lieber etwas mit ihr unternommen. Mir fiel es hier auch lange Zeit schwer, sozialen Anschluss zu finden, da hier fast nur alte Leute wohnen und Dorfmenschen, die einen kaum in die Clique lassen, wenn man nicht hier aufgewachsen ist. Also habe ich mir einen Schwimmverein im Nachbarort gesucht, bin eingetreten und habe nun dort wenigstens sporadisch mit 2-3 Jungs auch Anschluss. Darüber war ich super froh, ich bin kontaktfreudig, aber mir wurde klar, wie schwer das ist, Menschen kennen zu lernen, wenn man lange Zeit eher Solokünstler war.


Irgendwie wurde ich terminlich immer mehr rumgeschoben und - es funktionierte auch. Also ich ließ es mit mir machen und merkte, es ging mir nicht gut dabei. Ich sprach das Thema an, sie verstand es auch, aber geändert hat sich eben nichts.

Wenn sie mit ihren Mädels (und auch männlichen Freunden) in Clubs ging, putzte sie sich richtig heraus, wenn sie dann bei mir war oder ich bei ihr, wurde die Jogging Hose angezogen und nicht mal Parfum aufgelegt, ich fand das etwas schade. Ich hatte ihr immer gefallen wollen und ihr auch gezeigt, dass mir es wichtig war, ihr zu gefallen. Wenn sie wollte, konnte sie, aber bei mir wollte sie nicht. Ihre Begründung: Bei mir könne sie natürlich sein, das fände sie toll. Ok - so kann man es auch erklären. Aber wenn wir unterwegs waren, war ihr Stylen zu mühevoll, da war sie dann auch in ausgelatschten Hosen unterwegs. Mich störte das nicht, aber es fiel mir eben einfach auf. Ich dachte mir immer aus meiner Perspektive: Ich will doch meinem Partner auch das Gefühl geben, dass ich auch mal 10min mehr im Bad für ihn investiere.

Irgendwann gab es richtig Streit, als sie mit ihren Freunden einen Urlaub in Norwegen plante und mit mir bis dato ein einziges Wochenende von Freitag bis Sonntag gemeinsam verbracht hatte wegen Zeitmangel und Geldmangel. Der Urlaub in Norwegen wurde ihr von den Eltern geschenkt. Ich war dagegen.

Ich hatte eine Woche lang Zeit nach zu denken und das Gefühl, dass in dieser Woche einiges in meinem Leben passierte, vielleicht Schicksal. Ich lernte über den Schwimmclub eine Frau kennen, mit der ich in dieser Woche zwei Mal unterwegs war, abends was trinken und dann in einem Club. Sie ist optisch absolut nicht mein Typ, also eher Typ Kumpel. Aber ich kann mit ihr lachen, sie gibt mir das Gefühl, dass sie für mich da ist und ich schreibe viel mit ihr. Sie wohnt um die Ecke und seit sie im Schwimmclub ist, bin ich öfter zum Trainieren da, nach dem Training unternehmen wir häufig etwas gemeinsam.
Und seit dem fast jede Woche am Wochenende. Meine Freundin hat ja eh nie Zeit.

Meiner Freundin habe ich von ihr erzählt, zunächst zögerlich und dann im Detail. Sie platzte fast vor Eifersucht, war aber nicht bereit, etwas von ihrer kostbaren Zeit abzugeben. Und seit dieser Woche in Norwegen haben wir uns nicht mehr gesehen, nur noch telefoniert. Das war damals 7 Wochen her.

Ich habe schlichtweg gesagt: Entweder wir sehen uns mit viel Zeit oder garnicht. Für 3 Stunden fahre ich nicht mehr zu dir, das lohnt sich für mich nicht. Sie dagegen hatte mir schon häufig gesagt, es lohne nicht, wenn ich Samstags bei ihr bin, denn dann und wann müsse sie sowieso weg und so weiter.

Mittlerweile habe ich fast jedes Wochenende spontan etwas vor, einfach weil ich es satt habe auf Kommando verfügbar zu sein und auf Sprung.

Ich sage ehrlich - ich würde tausend mal lieber mit meiner Freundin die Zeit verbringen, als mit irgendwelchen Kumpels ins Pub zu gehen oder in einen Club, aber ich will einfach nicht mehr daheim sitzen und warten.

Und ich bin trotzig, sehr sogar. Neuerdings verplane ich meine Wochenenden absichtlich, dass ich garnicht mehr in die Verlegenheit komme zu sagen, dass ich nun ja doch wieder den Lückenfüller spielen könnte. Ich handel eigentlich gegen mein Herz, aber mit meinem Verstand.

Und ich merke plötzlich, dass sie sich öfter meldet, sie hat sich ein Smartphone gekauft, schreibt mir per Whatsapp viel häufiger. Wir sehen uns trotzdem nicht öfter, nun nur noch alle 4-5 Wochen - aber auch weil ich keine Lust mehr habe, ständig auf Kommando bereit zu stehen.

Ich habe mich extrem stark zurück gezogen aus dem ganzen Geschehen, es blutet mir das Herz, aber ich kann nicht verstehen, wieso ich eine erwachsene Frau über diesen Weg scheinbar erziehen muss und durch meine Abstinenz zeigen muss, dass ich ihr doch scheinbar etwas bedeute.

In letzter zeit schreibt sie ständig, sie vermisse mich, sie würde mich gern sehen und öfter sehen, jede Woche und mit mir wieder etwas unternehmen. Aber ich gestalte die Wochenendplanung nun absichtlich kompliziert. Während sie es früher so gewohnt war, mir zu sagen wann sie Zeit hat, muss sie sich jetzt abstimmen, denn ich bin nun Sonntag abend, unsere Stammzeit, generell nicht mehr verfügbar, da habe ich nämlich Training oder bin ehrenamtlich in der Halle aktiv oder bereite sonst was vor. Was mir auch Spaß macht. Klar würde ich gerne mit meiner Freundin etwas unternehmen, aber ich will jetzt nicht mehr einknicken.

Die Frage, weshalb ich hier so ausführlich schreibe ist, wie kommen wir wieder auf einen Nenner? Ich will nicht mehr derjenige sein, der sich künftig vollständig arrangieren muss, Termine streichen muss etc. Ich will ihr nicht mehr das Gefühl der ständigen Verfügbarkeit geben, auch wenn ich deutlich weniger Termine und Verpflichtungen habe als sie. Nur wenn ich weiter so vorgehe wie bisher, dann ist klar - dass wir uns überhaupt nicht mehr sehen.

Soll ich es darauf hinauslaufen lassen und im Zweifel bis zu dem Punkt an dem sie merkt, dass SIE etwas von ihrem Kalender streichen muss?

Ich merke zunehmend, dass ich ein Single Leben entwickel, vor allem unternehme ich auch wieder sehr viel mit Frauen, die auch Interesse an mir zeigen, eigentlich überhaupt nicht meine Absicht, nicht mein Ziel, aber irgendwie besser als zu hause herum zu hocken und sich frustriert zu ärgern.

Hat jemand einen Rat oder eigene Erfahrung, wo hin dieses Verhalten von mir und ihr führen wird? Ich will mich nicht trennen, sie wird sich nicht von mir trennen, dafür hängt sie zu sehr an mir, das weiß ich und fühle ich auch, sie kämpft nun zwar um mich, aber mit stumpfem Schwert. Nicht so leidenschaftlich als dass ich sehen würde, dass SIE sich mal sonntags in den Zug setzt und zu mir fährt, die Bequemlichkeit bei ihr überwiegt noch. Und genau das will ich ihr vor Augen führen, dass immer ich derjenige bin und war, der macht und tut und sich verbiegt, damit wir uns sehen, seine Termine um ihre herum legt und parat steht auf gepackter Tasche.

15.08.2014 18:36 • #1


N
Klingt nach einer sehr egoistischen Person, vielleicht Einzelkind? Zumindest klingt das Verhalten danach.

Also generell klingt das gesamte Verhalten von ihr eben nicht nach Absprache und Arrangement, sondern danach, dass du ihr Spielball warst. So langsam scheint sie zu merken, dass du ihr entgleitest. Wenn du wichtig bist, dann wird sie etwas ändern.

Schlussmachen wird sie nicht, wieso auch? Du bist ja bequem für sie. Schlussmachen würde bedeuten, sie bräuchte einen neuen Spielball und die findet man heute selten, denn heute gibt es mehr Egoisten als Anpasser.

Also ich würde es an deiner Stelle entweder beenden oder auslaufen lassen, indem du einfach lebst als seiest du Single. Das betrifft ja nicht zwingend Fremdgehen etc. Aber eben deine sozialen Kontakte und Hobbys.

Ich kann dir nur den Rat geben, dass du deine sozialen Kontakte pflegst, denn die sind heute schneller verloren, als du welche bekommst, wenn du nicht ständig am Ball bleibst. Pflege sie, denn die bleiben dir bestehen, von deiner Freundin hast du sowieso nichts. Die ist eh nicht für dich da, wenns dir schlecht geht. Also brauchst du hier auch nichts pflegen.

Stell dir die Frage: Was würde sie für dich tun? Das siehst du aktuell ja: Nicht viel oder garnichts. Also ziehe Bilanz und tu das für sie, was sie für dich tut. Du wirst ganz schnell merken, dass du ihr einen Spiegel vor setzt. Entweder sie kapiert es oder nicht und dann ist sie die Mühe nicht wert.

Dann wird es eine Solo Frau bleiben, die mit Ende Dreißig mit Kinderwunsch Solo da steht und sich trauernd an dich zurück erinnert und so jemanden wie dich vielleicht als Vater ihrer Kinder wünschen würde

15.08.2014 19:59 • #2


A


Und plötzlich hab ich eben auch keine Zeit mehr

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H
Hallo Sascha,

ich kann dich gut verstehen dass du nach anfänglicher Trauer und dem Warten auf Besserung selbst die Initiative ergriffen hast. Aber letztendlich denke ich mir dass es doch nur auf eine Sache hinauslaufen kann, nämlich das Ende eurer Beziehung.

Ein Machtgefälle, Ein Nähe-Distanz Problem sind das Grundübel einer jeden Partnerschaft. Was jetzt passieren kann ist doch nur:

- Sie springt über ihren Schatten. Glaub mir, das wird kein Annähern sein (wäre sie fähig zu solchen Kompromissen hätte sie es längst getan) sondern doch so ablaufen dass sie irgendwann aus lauter Verzweiflung und Angst genau DEINE Position einnimmt die du am Anfang hattest. Sie wird unzufrieden werden weil sie ihr Leben aufgibt, du wirst unzufrieden werden weil du dein (neues) Leben aufgeben musst.

- Es bleibt so wie es ist, dann werden aus deinen Frauenbekanntschaften Beziehungskiller. Ob du es willst oder nicht.

Also, bei aller Liebe. Manchmal ist es besser, zu erkennen dass es nicht passt und Konsequenzen zu ziehen, als sich selbst zu einem Egoisten zu entwickeln. Von diesem Ross kommt man nämlich schwer wieder runter wenn tatsächlich mal die richtige vor der Tür steht.

19.08.2014 13:21 • #3


N
Zitat von Hannoveraner40:
Hallo Sascha,

ich kann dich gut verstehen dass du nach anfänglicher Trauer und dem Warten auf Besserung selbst die Initiative ergriffen hast. Aber letztendlich denke ich mir dass es doch nur auf eine Sache hinauslaufen kann, nämlich das Ende eurer Beziehung.

Ein Machtgefälle, Ein Nähe-Distanz Problem sind das Grundübel einer jeden Partnerschaft. Was jetzt passieren kann ist doch nur:

- Sie springt über ihren Schatten. Glaub mir, das wird kein Annähern sein (wäre sie fähig zu solchen Kompromissen hätte sie es längst getan) sondern doch so ablaufen dass sie irgendwann aus lauter Verzweiflung und Angst genau DEINE Position einnimmt die du am Anfang hattest. Sie wird unzufrieden werden weil sie ihr Leben aufgibt, du wirst unzufrieden werden weil du dein (neues) Leben aufgeben musst.

- Es bleibt so wie es ist, dann werden aus deinen Frauenbekanntschaften Beziehungskiller. Ob du es willst oder nicht.

Also, bei aller Liebe. Manchmal ist es besser, zu erkennen dass es nicht passt und Konsequenzen zu ziehen, als sich selbst zu einem Egoisten zu entwickeln. Von diesem Ross kommt man nämlich schwer wieder runter wenn tatsächlich mal die richtige vor der Tür steht.



Wahre Worte. Absolut wahr. Kann ich auch aus eigener Erfahrung bestätigen. Wobei man durchaus mal testen kann, wie kompromissbereit der Partner wirklich ist, indem man sich absolut zurück zieht. Meistens ist es aber wie du schreibst: Wenn es so hätte kommen sollen, wäre es bereits am Anfang so gewesen, dass der andere Part erkennt hätte, was wirklich wichtig und richtig ist. Wenn man nach Monaten, Wochen oder gar Jahren rum experimentieren muss, erinnert mich das mehr ans Manipulieren als eine Beziehung.

20.08.2014 20:12 • #4




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