In diesem schrecklichen Moment fällt mir nichts besseres ein als dieses Forum zu betreten und meine Situation zu schildern. Denn alle hier kennen Liebeskummer verschiedenen Ausmaßes. Deshalb schreibe ich also zu euch. Bitte lest mich. Das ist das einzige, was ich mir gerade wünsche.
Ich bin 32, männlich, berufstätig und in einer Art Schein-Beziehung. Meine Brust ist eng, es strömt eine enorme Unruhe in den Kopf, während meine Hände zittern. Gleichzeitig ist da ein sehr scharfer, durchbohrener Schmerz, der vom Bauch zum Hals hochwabert, immer und immer wieder. Ich fühle, dass es Verzweiflung ist. Ich würde gerne schreien und weinen und schreiend weinen, aber ich sitze in einem übervollen Zug und verpalisadiere mich hinter angespannten Muskeln und Nerven.
2017 bin ich nach einigen Jahren einer Frau (27) wiederbegegnet. Ich war schon fünf Jahre zuvor fasziniert von ihr, ein wenig verliebt sogar. Sie ist eine wunderschöne Menschenblume, zart, grazil, hell und warm.
Da sie erfuhr, ich sei seit 2015 wieder Single, fragte sie mich nach meiner Handynummer. Kurz darauf rief sie mich an. Sie drückte starkes Interesse aus, initiierte ein Date. Sie küsste mich, verführte mich, sprach bald darauf von einer Beziehung, die sie mit mir wolle und überschlug sich im weiteren Verlauf beim Komplimentemachen, beim Liebkosen, beim Versprechen enormer Dinge. Sie sagte mir als erstes, dass sie mich liebe. Dass sie mich nicht mehr loslassen werde. Und dann ging von ihr die Idee aus, zu mir zu ziehen, da wir uns so sehr brauchten und aneinander entwickelten und endlich das Nachhausekommen fühlten. Ihr merkt, da hat sich ein Rausch abgespielt. Ein Feuerwerk wurde abgebrannt. Von ihr gingen alle wesentliche Schritte aus, nicht, weil ich es nicht selbst getan hätte, sondern, weil sie die Sache offenbar schnell einzurahmen bemüht war. Und ich war natürlich glühend verliebt und so ewig und unendlich dankbar, dass mich endlich eine Frau, für die ich nichts als Bewunderung und Liebe empfand, als ganzen Menschen wertschätzte, wollte, an sich band.
Aber es gab Auffälligkeiten. Sie hat einen Freundeskreis, der aus vielen Männern und wenigen Frauen besteht. Fast alle dieser Männer stehen auf sie, manche beichteten ihr ihre Liebe. Sie tun wirklich alles für sie. Damit habe ich von Anfang an nachvollziehbarerweise große Probleme gehabt. Ich habe sie als Narzistin, als düstere Harpyie gewähnt und ihr mehrfach gesagt, ich würde genau hinschauen und sollte ich das nicht verstehen können, mich selbst schützen. Ich bin nach wenigen Wochen unserer jungen Liebe aus einem starken Moment heraus auf Abstand gegangen, da sie derart umringt von Nebenbuhlern war, dass ich sie kaum noch sehen konnte. Sie hat das folgendermaßen verargumentiert: sie könne wesentlich bessere und ehrlicher Freundschaften mit Männern als mit Frauen führen. Sie würde sich wünschen, weniger attraktiv zu sein, damit sie gewöhnliche und nicht derart problembehaftete Freundschaftsbeziehungen mit Männern führen könnte. Sie hänge an ihren Freunden und würde sie ungern verlieren wollen. Dennoch brach sie, um mich zu wahren, fast alle diese Freundschaften ab. (Ich bat nie darum.)
2018 wohnten wir zusammen auf engem Raum. Es war das erste Mal für mich, dass ich mit einer Partnerin in derselben Wohnung lebte. Sie hat außerdem einen Hund, der ebenfalls mit uns wohnte. Trotz der enge und dem Sich-schlecht-Ausweichen-Können war es eine Wonne für mich. Die Wohnung befindet sich in einer großen Stadt, in die ich eineinhalb Jahre zuvor gezogen war und in der ich kaum jemanden kannte, einsam war und viele trostlose Abende verbracht hatte. Plötzlich war sie da, mit ihrer starken Wirkung, ihrer Kreativität, ihrer stilsicheren Wohnungsgestaltung und ihrer massiven Zuwendung. Ich kam nachhause, alles duftete nach Essen. Wir aßen und kuschelten uns ins Bett und ließen über Wochen und Monate kaum voneinander ab.
Dann geschahen Dinge. Einmal waren wir auf dem Geburtstag ihres besten Freundes, der, das hatte ich zuvor erfahren, seit vielen Jahren in sie verliebt sei, mehr oder minder unsterblich. Er hatte es ihr allerdings erst wenige Wochen zuvor gebeichtet und eine Kontaktsperre ausgelöst, die für sie unaushaltbar war, da sie sehr an ihm hänge, platonisch wie sie mir sagte. Auf dieser Party war sie auffallend gut gelaunt und mir sehr zugewandt, aber ihm auch und ich meine das im körperlichen Sinne. Mal tanzten sie eng, mal schlug er ihr auf den Po und zum Ende der Party hin entdeckte ich wie sie gemeinsam auf der Couch lagen, sie nahezu komplett auf ihm, während er ihr den Bauch streichelte (sie hatte ein leichtes Kleid an). Ich bin rückwarts aus dem Raum getorkelt, was sie mitbekam und mir folgte. Ich war vollkommen entsetzt, da mir das nicht wie eine platonische Freundschaftskuschelei aussah. Vor dem Hintergrund, dass er außerdem unsterblich in sie verliebt sei, konnte ich das alles überhaupt nicht fassen. Ich erklärte ihr auf eine recht drastische Art und Weise, dass ich mich von ihr zurückziehzen müsse. Allerdings wohnte sie bereits bei mir und schrie mehrfach verzweifelt, wo sie denn nun hingehen solle. Ich sagte sinngemäß na, zu ihm!. Und dann weinte sie immer mehr und tat mir plötzlich leid. Zorn mischte sich mit Trauer und Verlustsangst. Obwzwar ich nicht schlief und lange noch über diese Situation nachdachte, die durchaus wie ein Giftstachel in meinem Gedächtnis steckenblieb, fuhren wir gemeinsam zurück in unsere Wohnung und setzten die Beziehung fort.
Dann bekam ihr Vater nach Jahren der Rekonvaleszenz erneut Krebs. Wir hatten eine wirklich lichte, romantische Phase, doch als diese Nachricht eintraf, wurde es ganz düster. 15 Jahre lang hatte er gekämpft, gemacht, getan. Unzählige Chemos überstanden, Operationen erduldet und weitergekämpft. Eine Woche nachdem die Diagnose kam, probierte er sich umzubringen. Ich weiß noch, wie ich nach ihrem alarmierenden Anruf von der Arbeit nachhause raste und sie auffing und in meinen Armen hielt, bis sie keine Kraft mehr zum Weinen hatte. Wie ich darauf tagein tagaus nach der Arbeit den Haushalt schmiss, den Hund versorgte, sie hindurch begleitete. Sie fing nach einer langen Pause wieder an zu *beep*. Erst spärlich. Dann immer häufiger, heftiger. Ich bin weder Raucher, noch *beep*, allerdings sehr sensitiv und merkte, wie sich ihr Gemüt und schließlich auch ihr Wesen immer stärker veränderten. Sie wurde blutärmer, abwesender, antriebsloser und depressiver. Sie hatte einen kleinen Job, den sie gut machte, aber nur 3 Tage die Woche für 2-3 Stunden. Den Rest der Zeit schlief sie, schaute Serien und konsumierte. Ihrem Vater ging es nun in vielerlei Hinisicht absolut dreckig und er lehnte unsere Unterstützungsbemühungen mit ganzer Kraft ab. Soetwas ist wirklich furchtbar.
Sie war wie beschrieben zu mir gezogen und hatte wie ebenfalls beschrieben einen größeren Freundeskreis aus Kontrahenten aufgelöst. Zurück blieben also insbesondere ich und ihr Hund. Der Hund ist ihr absolutes Epizentrum. Ich würde nicht übertreiben, wenn ich sagte, dass der Hund etwa 97% mehr Zuwendung als ich empfangen hätte. Aber das nur am Rande. Ich habe sie sehr stark motiviert, unter Leute zu gehen, Hobbys auszuleben, sich mit Bekannten, die nicht unbedingt in sie verliebt sind, zu treffen. Denn ich konnte nicht leisten, was sie brauchte. Als Partner war ich ihr nunmal ein solcher und auch ein Freund, aber nicht an allen Themen interessiert und auch nicht allen Hobbys gewachsen und so fort. Zudem stellte sich ein immer stärkeres Desinteressement von ihrer Seite auf mich bezogen ein, sodass wir kaum noch reden konnten. Ich kann wirklich gut und viel erzählen und bin ein sehr neugieriger, aufmerksamer Mann. Aber für das war einfach kein Raum mehr vorhanden und das nach etwa einem Jahr Beziehung. Schließlich war ich 45-50 Stunden unter der Woche auf der Arbeit, kam oftmals ausgelaugt nachhause und konnte mich nicht mehr gut aufraffen, sie in irgendeiner Weise zu fordern oder zu bespaßen, zumal das nicht in meiner Verantwortung lag.
Es geschahen dann zwei weitere Katastrophen, die diesmal mich betrafen. Ich will nicht stark darauf eingehen. Das eine war eine absolute Ungerichtigkeit, die mir in der Arbeitswelt widerfahren ist und eine komplizierte juristische Situation hervorrief. Das andere eine Krebsverdachtsdiagnose, die mich in Mark und Bein erschütterte, meine Freundin überforderte und ihr ohnehin stark belastetes Verhältnis zu diesem Thema zusätzlich verschlimmerte. Es gab wochenlang Untersuchungen und Oha-Aussagen verschiedener Ärzte, ehe ein kleiner chirurgischer Eingriff die Gutartigkeit des Tumors bestätigte. Das war eine herrliche Erleichterung. Doch unsere Beziehung war in dieser Zeit steinhart geworden. S. gab es ohnehin kaum noch, Liebkosungen selten. Wir hatten eine widerliche Serienkultur entwickelt und schauten stundenlang TV. Sie hatte dieses Gerät mitgenommen und mich lange von der Wertigkeit zu überzeugen versucht, weil ich ein Lesenarr bin, der Bücher als größtes Unterhaltungsmedium verehrt. Am Anfang unserer Beziehung habe ich sehr häufig vorgelesen, bis sie einschlief. Das wurde immer seltener, bis schließlich Netflix und Co. das Vorlesen vollstänidg abgelöst hatten.
Es kündigte sich ein Vertragsende an und ebenfalls eine Entscheidung, wie es mit uns weitergehen sollte, denn es musste was passieren. Die Wohnung war zu klein, der Ort zu groß. Ich begann mich in ganz Deutschland zu bewerben, insbesondere dort, wo es mir sehr gut gefiel. Klar hatte sie anfangs gesagt, sie würde mir überall hin folgen. Zu diesem Zeitpunkt allerdings wuchs ihr Bestreben, in die gute Heimat zu den wohlbekannten Leuten zurückzukehren, aus der sie ein knappes Jahr zuvor mit wehenden Fahnen zu mir geflüchtet war. Abends betäubte sie sich immer mit einer der stärksten THC-Sorte, die es wohl so auf den Märkten gibt. Tagsüber hatte sie im ganzen Körper, vor allem aber im Kopf Schmerzen. Ich habe auf alle Weisen versucht, ihr zu helfen. Ich hätte sie in jede Klinik, zu jedem Therapeuten begleitet und mit ganzer Kraft unterstützt. Aber sie wollte nicht. Und das machte mich wahnsinnig.
Als wir an einer Art Bruder-Schwester-Beziehung angekommen waren, da Romantik und Leidenschaft nicht mehr stattfanden, habe ich mich für die Trennung entschieden. Wir wussten, wenn ich eine Stelle auf der anderen Seite von Deutschland annähme, würde sie zurückbleiben und damit die Trennung besiegeln. Es war so sehr schwer. Ihr wisst, was Trennung bedeutet. Sterbenlassen. Und selbststerben. Immerhin wird man ja wiedergeboren, oder?
Und dann, es herrschte die übliche Stimmung zwischen uns und ich wollte es nur noch aussprechen, kam ich Anfang Dezember von der Arbeit und es hing ein wunderbar großer, zurechtgeschnitzter Ast über meinem Bett, um den sich eine Lichterkette rangte. An ihm waren 24 selbstverpackte, niedliche Geschenkpakete befestigt. Und jetzt weine ich doch. Kann nicht anders.
Okay, da hing also dieser Adventskalender und ich war so unfassbar entzückt. Und sie lächelte mich an und nahm mich in die Arme und küsste mich. Ich hatte keine sehr harmonische Kindheit und soetwas wie einen Adventskalender, der sogar noch selbst angefertigt war, sehr lange nicht mehr gesehen. Diese Geste war sehr stark. Und plötzlich waren wir einander wieder nah. Das ist so, als würdet ihr mit einem Menschen einen Weg gehen und um euch herum findet zäher Nebel statt. Der Nebel breitet sich aus und der Mensch an eurer Seite verschwindet im selben. Ihr seht manchmal seine Silhouette, manchmal seht ihr ihn gar nicht mehr. Und plötzlich tritt er aus den Schwaden hervor, lächelt euch zu und ist in seiner ganzen Erscheinung hell und klar.
Am Morgen darauf saß sie am Frühstückstisch vor mir. Sie lächelte und hatte eine kleine Träne im Augenwinkel. Seit Monaten war sah sie nicht so klar und zugewandt aus. Dann sprach sie, sie habe nachgedacht und würde eindeutig fühlen, dass sie mich liebe, dass sie bei mir bleiben und den Weg mit mir gemeinsam gehen wolle. Sie fragte nach einem Kompromiss, dass wir also nicht zuweit weg von ihrer Heimat, nicht zuletzt wegen ihres Vaters ziehen würden. Und dann sagte sie, sie wolle endlich in eine Klinik und sich helfen lassen. Ich musste vor Freude, Erleichterung und Ergriffensein weinen. Und sie sagte immer wieder Ich liebe dich. Wir kriegen das hin.
Nein. Das haben wir nicht. Ich habe erstmal alles in die Wege geleitet, Verträge gekündigkt, Zelte abgerissen, nach Orten gesucht. Gleichsam fiel mir alles zu, was wir für einen neuen Nestbau benötigten. Ein neuer, flexibler Vertrag, eine kostenloses Pendlerzimmer bei einem Freund in der Nähe meiner Arbeitsstelle und vor allem wunderbare Wohnungsangebote in Waldes- und Wiesennähe. Ich wollte ab März 2019 nur noch 50 % arbeiten und mir mit ihr die Lebenskosten vernünftig teilen. Ausgemacht war, dass ich zwei Tage die Woche vor Ort arbeite und einen Tag von zuhause aus. So hätten wir fünf Tage zusammen verbringen und zwei Tage Luft holen können. Sie war damit einverstanden.
Wir hatten nach dem Gespräch einige gute Tage. Dann kam Weihnachten und wir fuhren in unsere weit voneinander entfernten Heimaten. In der Zeit hatten wir kaum Kontakt, was okay ist. Allerdings wollte sie Silvester nicht mit mir, sondern mit oben genannten besten Freund verbringen. Das verstand ich nicht so wirklich. Zudem fuhr sie schon einige Tage zuvor zu ihm und wusste, dass ich selbst keine Alternative hatte. Tatsächlich hatte ich damit gerechnet, dass wir zusammen Silvester verbrächten und mich nicht um andere Optionen gekümmert. Allerdings muss ich sagen, dass ich nach dem Vorfall damals mit dem Typen ausführlich sprach und ihm gewaltfrei meine Empfindungen kommunizierte. Er ist selbst sehr feinfühlig und taktvoll und hat mir komplett beigepflichtet, dass das damals schräg gewesen sei, er außerdem keine Verliebtheit mehr spüre und das schon lange. Ich fühle, dass ich ihm vertrauen kann. Und so ist das auch, er ist ein guter Kerl, in dem mit Sicherheit aber noch irgendetwas auf sie hofft.
Am Silvestertag fragten mich beide, was ich denn jetzt täte und als ich sagte, nichts, wurde ich eingeladen. Es war okay, zwischen den beiden fand mitnichten irgendeine für mich spürbare Spannung statt. Außerdem freuten wir uns tatsächlich beide sehr, uns wiederzusehen und wir hatten in der Nacht sogar S.. Am nächsten Tag, an dem sie also wieder nüchtern war, wandte sich die Stimmung jedoch massiv. Wir stritten, sie fuhr in ihre Heimat zurück, ich in unsere Wohnung. Sie folgte trotz enormer Beschwichtigungsbemühungen erst Tage später.
Im Januar ging es rapide bergab. Sie war notorisch gereizt und abweisend. Meinen ständigen Gesprächsbemühungen, um vor allem die Wohnsituation zu klären, wich sie gekonnt aus. Kurz bevor mein Urlaub beginnen und damit mein letzter Vertrag auslaufen sollte, sprach sie zu mir. Ich kam von der Arbeit, sie saß verheult und betrunken im Bett. Ich setzte mich zu ihr, schaute ihr gutmütig in die Augen und fragte, was denn los sei. Ihr wisst es bereits. Oder spürt es. Sie könnte nicht mit mir zusammenziehen, sagte sie. Weil sie mich nicht mehr wirklich liebe. Weil sie Angst habe, es würde furchtbar werden. Weil sie ihre Freunde und ihre Heimat vermisse.
Zwischen dem Adventskalendergespräch und diesem lagen etwa zwei Monate. Es gab keine Eskalationen, keine wesentlichen Ereignisse. Es war im Gegenteil endlich wieder romantischer geworden. Zumindest in der Anfangszeit. Ich erspare euch meine vielen Ideen, was die Gründe gewesen sein könnten. Fakt ist, dass sie Dinge an mir störten, die sie nicht kommunizieren wollte oder konnte. Und das wohl seit Monaten. Das ist schwer. Nicht zu wissen, was man falsch (?) gemacht haben könnte. Oder ob es das überhaupt war. Ich glaube, am meisten hat sie gestört, dass ich nicht konsumiere und Dro. gegenüber kritisch eingestellt bin.
Ich habe respektvoll reagiert und konnte die ganze Tragweise auch überhaupt nicht spüren. Ich sagte, es sei menschlich. Sagte, sie sei schön und solle glücklich werden und all soetwas. Sei weinte meine Tränen. Erst Tage später, als ich alleine in den Urlaub fuhr und niemanden um mich herum hatte, der mich trösten konnte, brach alles hervor. Der ganze Schmerz, Frust, Kummer. Es war unerträglich.
Sie blieb zunächst in der Wohnung, da sie beruflichen Verpflichtungen nachgehen musste. Sie meinte, wir sollten uns das so schön wie möglich gestalten. Mittlerweile war ich so geschlagen und gegen die Wand gespielt, dass ich das einfach mitmachte. Wir führten eine Quasi-Beziehung, nannten uns Schatz und waren sogar mal zärtlich. Nur dass sie mich liebe, sagte sie nie mehr. Und erwiderte es auch nicht, wenn ich es mal in einem ungeschickten Moment aussprach.
Dann zog sie aus und es brach mir das Herz. Hui. in einer solch benetzten Wohnung weiterzuleben und sei es nur für einen Monat, war eine echte Katastrophe, da mich einfach alles triggerte. Ich war einsamer denn je und selbst den Hund vermisste ich schmerzhaft. Bevor sie auszog, kam es nochmal zum Streit, in dem ich brüllte, sie hätte mir im Dezember nicht diese Dinge sagen dürfen. Das hätte sie wirklich nicht tun sollen, denn da war ich entschlossen und ausgerichtet. Ich hatte mehrere gute Stellen wegen ihr sausen lassen und meinen Vertrag für die kommenden sechs Monate unwiderruflich auf 50 Prozent heruntergehandelt. Ich wurde komplett orientierungslos zurückgelassen, denn einen Plan B hatte ich mich dummerweise nicht überlegt.
Ich weiß nicht, was ihre Motivation war, ob Mitleid, Helferwillen oder tatsächliche Zuneigung, aber sie verblieb mit mir in dieser Quasi-Beziehung. Ihr ging es plötzlich wieder richtig gut, da sie in eine WG mit drei jungen (sehr attraktiven) Männern zog und ihren alten Freundeskreis wieder um sich herum hatte, also jeden Tag Action erlebte. Einer ihrer Mitbewohner wurde dann zum engsten Vertrauten, mit dem sie fortan jede freie Minute vebrachte. Wir telefonierten ab und an und ich besuchte sie zwei Mal. Es war nicht schön. Bevor ich mit dieser Frau zusammenkam, war ich ein kreativer, aufrecht gehender und absolut frohmütiger Kerl, der ein gesundes Selbstbewusstsein beseitzt. Seit dem Trennungsgespräch im Januar bin ich matt, blass, ernst und traurig. Das ist nicht attraktiv, sondern bemitleidenswert, ja.
Ich führte nachdem ich sie zum zweiten Mal besuchte und keine sättigende Zuwendung erfuhr, ein weiteres Gespräch mit ihr, in dem ich eine endgültige Trennung anpeilte, aber nicht erreichte. Ihre Aussage: Ich bin niemand, der etwas einfach so komplett aufgibt. Ich könnte und es täte mir weh, aber ich käm schon klar. Liegt also an dir. *beep*, ich konnte es nicht.
Na ja, ich hatte dann kürzlich Geburtstag und lud sie ein. Sonst niemanden. Und, man glaubt es kaum, es war wunderschön. Wir waren innig, liebevoll und gütig zueinander. Zwei Tage lang, dann fuhr sie wieder. Donnerstag folgte ich und habe unerträglich frustrierende Tage bei ihr verbracht. Im Grunde waren ständig Menschen da und vor allem ein Mann, ein gutaussehnder, großer und durchtrainierter (mittlerweile Ex-)Mitbewohner war ständig in ihrer Nähe. Ich spüre, dass zwischen den beiden eine enorme Spannung abläuft. Plötzlich war ich im Nebel. Und wurde nicht mehr gesehen und gesucht. Mir tuen die Finger vom Schreiben weh und ich habe gerade keine Kraft mehr, noch weitere Details zu veröffentlichen.
Das hier ist meine Version, meine subjektive Sicht auf das alles. Sie würde euch mit Sicherheit eine andere liefern. Ich weiß, dass es dysfunktional ist, diesen Kontakt aufrecht zu erhalten. Ich weiß, dass Opfersein sehr einfach ist, denn da brauche ich nichts zu tun. Ich weiß, dass Joggen, Freunde, Ausgehen, Sonne und all soetwas hilft. Und ich weiß auch, dass ich ein attraktiver Mann sein kann, wenn ich in meine Kraft finde. Aber vor allem herrscht gerad dieser enorme Schmerz. Dieses Vernichtetsein. Die Enttäuschung.
Danke allen, die das hier gelesen haben. Ihr seid wertvoll.
Mercurius
08.04.2019 09:24 •
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