Zu spät

E
Meine Frau hat mich nach 12 Jahren Ehe verlassen. Ohne Grund. Dabei
habe ich ihr alles gegeben, was ich konnte: Eigentumswohnung, dreimal
im Jahr Urlaub, Luxus.

Ich verstehe es nicht. Akzeptiere es nicht. Wie geht es weiter?

Es geht weiter, wie ja immer irgendwie alles weitergeht, nur nicht so,
wie ich es mir erhofft hatte. Die Trennung ist endgueltig, es gibt
kein Zurueck. Meine Liebe wandelt sich in Hass, auch anderen Frauen
gegenueber. In der Folge beweise ich mir, dass ich noch gut im Rennen
liege, dass ich haben kann, wen ich will. Es gibt ja so viele einsame
Frauen auf dem Markt ...

Es ist 21.30 Uhr, als das Telefon klingelt.
Ja? melde ich mich, aber schon ist die Leitung wieder frei.
Ja? rufe ich schon etwas ungeduldiger, als ich beim erneuten
Klingeln abhebe. Hallo, ich bin Anna, ich melde mich auf deine
Annonce. Uebrigens muss ich mich fuer eben entschuldigen. Ich hatte
den Mut verloren und wieder eingehaengt.

Ich habe im Stadtjournal Kontaktanzeigen aufgegeben, gleich drei:
Mann sucht Frau fuer Bett und Tisch, S. ist nicht alles, aber
alles ist nichts ohne S., ABC-Lehrer sucht Schuelerin.

Sie hat alle meine Annoncen gesehen, ist aber nur auf die Telefon-
nummer angesprungen, der Text ist ihr egal. Kennenlernen kann man
sich nur persoenlich. Nach dem ganzen Bloedsinn, der in den Anzeigen
steht, kann man jemanden sowieso nicht beurteilen.

Sie gibt mir ihre Nummer und ich rufe zurueck. Sie ist nett, lacht,
scherzt, ist auf freundliche Art ironisch. Wir reden, und ich wundere
mich, wo die Zeit hingeht.

Eine Verabredung fuer den naechsten Tag wird getroffen. Pizzeria,
Wein, Musik, Kerzen. Und wieder unterhalten wir uns. Nicht nur nett,
oberflaechlich. Ihre Ansichten gefallen mir. Und da sagt sie, was ich
wissen will: Sie hat ihren Mann verlassen.

Ich sage: Du, ein Freund hat mir, kurz bevor ich ging, noch einen von
ihm entworfenen Single-Fragebogen zugesteckt. Gleich zweimal. Ich
weiss gar nicht, was drinsteht. Wie waer's?

Sie draengelt, wie erwartet. Weibliche Neugier. Gib' schon her, wir
machen das jetzt.

Wir kreuzen die Fragebogen an. Bei mir ist das Routine. Bei ihr sehe
ich, dass sie ab und zu stutzt, dass sie am liebsten aufhoeren wuerde.
Meine Annoncen waren doch klar in eine Richtung gezielt. - Muss sie
sich melden, wenn sie nicht will?

Du erfaehrst, dass Sie/Er schon viele Partner vor Dir hatte. Stoert
Dich das?

Du erfaehrst, dass Sie/Er erst sehr wenige Partner vor Dir hatte.
Freut Dich das?

Bist Du eher ein schuechterner Typ?

Oder der etwas forschere Typ?

Ergreifst Du lieber die Initiative?

Oder ueberlaesst Du das lieber dem Anderen?

Hast Du bei s.uellen Praktiken irgendwelche Tabus?

Bis auf mehrere s.uelle Punkte stimmt unser Fragebogen ueberein.

Wir machen einen langen Spaziergang durch die stille Nacht. Dann nimmt
sie mich mit in ihre Wohnung - und ruft mir ein Taxi.

Wir telefonieren taeglich, und nach einer Woche besucht sie mich in
meiner Wohnung. Ich habe ihr Blumen gekauft, und sie bringt mir einen
kleinen gruenen Frosch mit. Es dauert keine fuenf Minuten, und wir
liegen in meinem Bett. Leise spielt im Hintergrund Kuschelrock, die
rote Birne in der Lampenfassung taucht alles in ein angenehmes, warmes
Licht. Wir kuessen und streicheln uns zaertlich und fordernd. Sie tut
vieles in dieser Nacht, das sie noch nie getan hat. Von dem sie weiss,
dass es mir gefaellt. Aber sie tut es auf eine Weise, wie ich es noch
nie erlebt habe.

Ich spuere ihre grenzenlose Lust und begreife, dass diese Lust nur mir
gilt. Sie tut es, weil sie ihre Zuneigung irgendwie ausdruecken muss,
weil sie sonst kaputtgeht, weil sie verrueckt wird. Ich spuere ihre
Zaertlichkeit in jeder Bewegung.

Zum ersten Mal seit meine Frau mich verlassen hat, erlebe ich S.
wieder als ein Liebeserlebnis.

Sie liegt still im Bett und schlaeft. Ein sanftes Laecheln umspielt
ihre Lippen.

Ich stehe auf dem Balkon und rauche. Zum ersten Mal verfluche ich
mich. Auch sie habe ich umgebracht, wie ein paar andere vor ihr. Sie
wissen es nur noch nicht.

Seit einem halben Jahr bin ich HIV-positiv. Es hat mich nicht gehindert,
vielmehr meinen Hass weiter geschuert, mich skrupellos gemacht.

Ich bin ein Verdammter, ein Moerder. Zu spaet fuer Reue, zu spaet fuer
neue Liebe ... zu spaet fuer alles. Ich habe den Tod verdient, der
mich erwartet.

25.11.2004 12:10 • #1


E
Achtung fake!

Da hat sich mal wieder jemand einen Spaß erlaubt.

Das Original mit Verfasser gibt es hier.

Zu spaet ... Evelin Nuechter



[ftp]http://home.t-online.de/home/M.Nett/lit-05.htm[/ftp]



Gruß

25.11.2004 14:33 • #2


E
Hab das heute im Netz gefunden nachdem in den Nachrichten einer wegen ähnlichem vor Gericht steht,kriege diese Ergänzung leider nicht in den Beitrag.Danke !
Leider ist diese Thematik keineswegs ein Spass!
Finde das sehr erschütternd und das schlimmste das es sowas ,Menschen mit solchen Gedanken und handeln auch in der Realität gibt.
Mir ist es eiskalt den Rücken runtergelaufen.
Vor Aids hat man sich über sowas keine Gedanken machen müssen.
Fakt ist doch wie verbittert jemand werden kann durch Liebe, um zu so etwas fähig zu sein,das wollte ich damit zeigen, zu welchen Gedankengängen der Mensch fähig ist in der Wahl seiner Waffen um sich vermeintlich zu rächen für das ihm widerfahrene!

25.11.2004 14:40 • #3




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