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Absolution an meine Ex-Frau

Balalaika
Liebe Monika,

ja, jetzt kann ich Deinen Namen schreiben, um Dir zu schreiben dass wir uns endlich die lang ersehnte Absolution erteilen können. Wenn ich Deinen (neuen?) Nachnamen und Wohnsitz wüsste, würde ich Dir diesen Brief auch schreiben.

Wie Du ja selber weisst, waren wir ja 5 Jahre zusammen, wie lange davon glücklich, kann ich von vollen 5 Jahren sprechen, bei Dir war es definitiv kürzer. Ich will nicht viel analysieren, sondern mit diesem Brief nur zusammenfassen.

Ich kann in diesem Punkt nur von mir sprechen: wir haben uns zu Silvester kennengelernt und waren nach 6 Monaten zusammen. Für mich war es der Himmel auf Erden, ich habe mich von Beginn an in Dich so was von verschossen dass ich die Entscheidung getroffen habe, dass ich mit Dir für immer zusammen sein möchte, Du warst für mich DIE Frau meiner Träume. Was mich so entzückt hat war Deine Offenheit, Deine Neugierde, Deine Ambition.

Somit galt es zu klären, wie es mit unserer Existenz weiter gehen wird. Entweder mit mir in Österreich, wo ich einen gut bezahlten Job habe oder ich ziehe zu Deiner Heimat Polen, mit der Prognose dass ich mich dort nicht etablieren kann und wohl nur Toilettenputzer oder schichtbediensteter Tankstellenwart sein werde. Du hast Dich für mich und Österreich entschieden.

Aber da gab es anscheinend schon von Beginn an Dinge, die nicht ausgesprochen waren. Ich – hals über Kopf – in Dich verliebt, habe mich mit Dir nach einem halben verlobt. Du hast „Ja“ gesagt, scheinst aber gar nicht begeistert gewesen zu sein. Auf meine Nachfrage ob ich Dich vor den Kopf gestossen habe, verneintest Du und warst scheinbar glücklich dass ich um Deine Hand angehalten habe… wörtlich. Nach Aussen war dem wohl nicht so wie mir viele Nahestehende berichtet haben. So verliebt ich in Dich war, habe ich mich nicht einmal um solche Aussagen gekümmert. Für mich absurd, zumal wir alle 2 Wochen ein „Was war gut, was war schlecht, was können wir beide verbessern“ Gespräch hatten.

Und dann war der Tag da: Du hast mir gestanden, dass Du seit fast einem Jahr eine Affäre hast. Wir können von Glück sprechen dass ich so kontrolliert war in dem Moment auf der Autobahn keine Kontrolle verloren habe. Es war im ersten Moment wahrhaftig „unglaublich“. Als wir daheim waren, bist Du zu Deinem neuen Partner gefahren mit dem Grund, alles zu regeln, beenden und zurück zu kommen. Ich war entsetzt als Du mir nur eine SMS geschrieben hast, dass Du heute nicht mehr zurückkommst, weil Dein Neuer Partner kreidebleich im Gesicht und zu weinen begonnen hat als Du gesagt hast Du willst das beenden. Und da hätte ich eigentlich Lunte riechen müssen – Du hast Dich schon entschieden, mit ihm warst Du erfüllter… welches Bestreben Du auch immer hattest. Ich wollte es damals nicht wahrhaben und habe dann Vollgas gegeben Dich zu überzeugen und habe um Dich wie ein Löwe gekämpft. Leider kamen nur mehr SMSe bzw. Vertröstungen zurück.

Es ist verrückt, wie ein Mensch mit Rückschlägen fertig wird. Bei mir war es ein jahrelanger Prozess von Liebe auf Verzweiflung, danach kam die unendliche Trauer, bis ich meine Selbstliebe wieder fand, danach wurde es ein Hass- und zum Schluss ein Wutprozess. Weisst Du Monika, ich hätte es vielleicht noch irgendwie verstanden und akzeptiert wenn Du mir die blanke Wahrheit gesagt hättest. Aber: wieso um Himmels Willen hast Du mir ab diesem Zeitpunkt weitere 2 Jahre Hoffnungen gemacht? Wieso hast Du mir geschrieben, dass Dein Neuer gar nicht so toll ist, dass er Dich in keinen Entscheidungen mitentscheiden lässt, dass er dieser typische Macho-Man ist und Du mich vermisst? Gleichzeitig, wenn ich nochmal mit den letzten Atemzügen noch einmal um Dich gekämpft habe kamen von Dir positive Worte, gleichzeitig hast Du aber voll und ganz für Deine neue Beziehung gearbeitet.

Ja, das alles geschah 2011 bis 2013. Ich wurde zum Alk. (nüchtern war das einfach nicht zu verkraften) und habe Tage und Nächte verbracht zu überlegen, wie ich Dich wieder gewinnen kann.

Als Du mir (nur noch) schriftlich geschrieben hast, dass Du zu Deiner neuen Existenz „gezwungen“ wirst, dass Dein Neuer Partner Dir dies und jenes nicht erlaubt… bei diesen Argumenten habe ich die Reissleine gezogen. Er wird Dir nicht die Pistole an die Schläfe gehalten haben, ich war mir dann sicher dass es Deine alleinige Entscheidung war. Und diese Entscheidung Deinem Neuen Partner aufzubinden und ihn dafür verantwortlich zu machen war für mich das Alarmsignal. Das ist nicht ehrlich, das ist nicht aufrichtig und gleichzeitig werden beide Partner hinterrücks belogen. Und für dieses Level war ich mir zu schade. Damit war der Zenit definitiv überschritten.

Nun sind über 5 Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich bei mir sehr viel getan, letztendlich hatte ich den Mut und habe eine neue Frau in mein Leben gelassen (hat aber über 2 Jahre gedauert), fast genau das Gegenteil von Dir, für mich anfangs abstrus und gar nicht zukunftsträchtig, hat sich schnell herauskristallisiert, dass diese Frau genau diese Vorzüge hat, die mich begeistern. Eine Essenz aus Bescheidenheit, Lebensfreude und gleichzeitig Leidenschaft war für mich … wenn auch spät realisiert… der goldene Schlüssel zu meinem persönlichen Glück.

Ich will Dir nichts vorwerfen, Du hattest andere Ziele die zu Beginn unserer Beziehung nicht offensichtlich waren. Aber wir haben uns tatsächlich unterschiedlich entwickelt. Du wolltest Karriere machen, ich hingegen war mit meinem mittelklassigen Job zufrieden und wollte Familie. Ohne Selbstdarstellung, einfach so wie ich bin. Im Nachhinein hat man (das gesamte Umfeld) den Eindruck, dass Du einen erfrolgreichen und steilen Weg nach oben gesucht hast. Mit Deinem neuen Partner hast Du dies von heute auf morgen bekommen. Ein Firmenchef, ebenso ambitioniert wie Du der schnell nach oben kommen will. Und das war wohl Deine perfekte Ergänzung.

Nach all den Jahren Frust, Eifersucht und Minderwertigkeitsgefühlen hat meine Wut nun endlich nachgelassen und die Nüchternheit ist wieder eingekehrt. Jetzt nach dieser Zeit will ich Dir sagen, dass ich mich irgendwie ja doch für Dich freue. Es ist nicht zu leugnen, dass Du für viele Jahre ein Teil meines Lebens warst und irgendwie trotzdem einen Platz in meinem Herzen gepachtet hast. Jetzt ist die Zeit reif Dir zu schreiben, dass ich Dir, trotz all dieser qualvollen Jahren, alles alles Liebe wünschen möchte. Dein neues Leben entspricht zwar meiner absoluten Anipathie, Dein neuer Partner scheint dies voll zu unterstreichen – also absolut nichts für mich - … aber wir Menschen haben alle letztendlich nur den selben Wunsch: glücklich zu sein. Du scheinst Dein Glück gefunden zu haben. Ich habe es mit Frau und Kind auch gefunden, halt auf wesentlich gemächlicherer Art und Weise.

Sei Dir mit Diesem Schrieben gewiss, dass ich Dir verziehen habe und euch alles alles Liebe und Gute Wünsche, auch wenn der Beginn sehr gestunken hat. Ich habe Dich zu gern gehabt um Dich zu verfluchen. Denn mein Ziel war es ja schon von Beginn an Dich glücklich zu machen. Ich habe es leider nicht geschafft, vielleicht schaffst Du es jetzt. Die Beta-Version soll ja bekanntlich wesentlich stabiler und zuverlässiger sein.

Alles Liebe liebe Monika, Danke für diese schönen 4 ½ Jahre mit Dir. Die seelische Erschütterung konnte ich abarbeiten, mir geht es gut, habe nun Frau und Kind und bin happy. Dieses Lebensglück wünsche ich euch beiden auch. Du hattest letztendlich vorahnend recht: wir zwei waren nicht für einander geschaffen sondern ein gegenseitig bereichernder Lebensabschnitt. Es hat nur ein paar Jahre gebraucht um diese Message zu entschlüsseln.

In ewiger Verbundenheit,

Philipp

22.11.2016 02:48 • x 9 #1


H
Stark, endgültig, versöhnlich, großartig geschrieben und ... mit dem Schleier dessen umhüllt...der geliebt hat, wahrhaftig geliebt.
Es bleibt das bohrende Fragen, die Deutung Aussenstehender, die aus sicherer Entfernung Fragen stellen dürfen...

Warum nach so langer Zeit...

Ist der Abschied so tief...?
Ist die Pacht im Herzen ein Schatz...oder eine Erinnerung an sich selbst und den Gefühlen die noch immer wie Fetzen...im Wind der eigenen Sehnsucht treiben..
Du bist stark Philipp...mit zwei p...ich habe großen Respekt vor Dir...
Pass auf...auf die Fetzen...
und dieses Bild gleicht nicht einem erhobenen Zeigefinger...sondern einer Hand..die Dich auffangen soll..und Dich trägt...
Lass Dich tragen...auf Deinem gemächlichen Weg....das scheint mir gut....
Alles Liebe

23.11.2016 20:54 • x 1 #2


A


Absolution an meine Ex-Frau

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Balalaika
Hallo Hey_,
vielen lieben Dank für Deine netten Worte und die Komplimente.
Ja, es war eine echt tragische Prozedur. Es ist rückblickend ja fast schon buchreif. Es war für mich eine lange Odyssee aus dem Sumpf der Trauer und Wut rauszukommen.
Es ist einfach keine gute Lösung mit Frust, Wut, Trauer und dergleichen das Leben neu zu beginnen. Vielleicht habe ich etwas länger gebraucht. Aber die Zeit heilt tatsächlich die meisten (alle vielleicht nicht) Wunden.
Diese Fetzen hängen halt noch immer auf der Wäscheleine, einige bleiben eine halbe Ewigkeit wässrig bis man sie endlich abnehmen kann. Aber auch sie sind irgendwann trocken.
Der Abschied war deswegen so tief, weil so viele Fragen unbeantwortet waren - von heute auf morgen - ein komplett neues Gesicht - der Bungee-Sprung in das kalte Wasser das man gar nicht wollte und einfach so runtergeschubst wurde.
All das braucht viel viel Verarbeitung um sich wieder zu fangen.
Wenn ich an meine Ex und an die Wogen der Sehnsucht denke, muss man sich vor Augen halten, dass diese Sehnsüchte nichts anderes als schöne Erinnerungen sind. Dinge die tatsächlich waren, die man in dem Moment so genossen hat und so schön waren sie immer bei sich zu tragen. Leider ist es aber oft (kommt auf die Umstände der Trennungen an), dass diese Momente entweder eine Illusion oder ein hübsches Schilfrohr ist an das man sich gerne klammert. Klar, wer lässt schon so etwas wunderschönes wieder gerne los?

Diese Pacht im eigenen Herzen zu tragen ist ein grosser Schatz, kann im ersten Moment schmerzhaft sein. Wie ein Schnapsglas mit scharfem, bitterem Hochprozentigen. Einerseits diese psychische Erleichterung, andererseits dieser bittere Nachgeschmack wo es einem samt Wirkung die Gänsehaut aufstellt. Diesen Schatz habe ich wohl in mir, werde sie aber nicht mehr aufmachen wollen. Denn da drinnen befinden sich nur verstaubte Erinnerungen, die mit meiner Gegenwart nichts mehr zu tun haben.

Alles Liebe,

Philipp

23.11.2016 23:51 • x 1 #3


B
Zitat:
Ja, es war eine echt tragische Prozedur.

Eine tragische Prozedur die mit Sicherheit noch nicht zu Ende ist. Denn nur ein Vollidiot oder Geschädigter schreibt im selben Atemzug von wegen ich habe abgeschlossen, ich wünsche dir von Herzen alles Gute, aber für dein neues Leben (neidisch? ) bringe ich nur Antipathie auf und meine neue Partenrin ist (angeblich) sooo viel besser als du.

Zumindest bist du hier in guter Gesellschaft was Vollidioten betrifft, wie man anhand der vielen Likes für deinen armseligen Beitrag sehen kann.

24.11.2016 06:14 • #4


Balalaika
Hallo Bolrogar,

vielen Dank für Deine forensiche Analyse, auch wenn Du das Feuer sofort eröffnet hast.

Es gibt da nur eine Ungereimtheit: woher nimmst Du Dir das Recht andere Leute (die Du nicht mal persönlich kennst) mit solchen Kraftausdrücken zu beleidigen? Die Rückschlüsse sind leider eindeutig.
Auch Dir alles Gute und gute Besserung.

26.11.2016 03:43 • #5


Chrisi
Hallo Balalaika,
nach 5 Jahren, neuer Frau und Kind sich hier anzumelden und zu versuchen einen Schlussstrich zu ziehen ?! Wie tief war da doch die Verletzung. Welcher Schatten lag da noch über deinem Glück. Ich wünsche dir, dass es dir hiermit gelungen ist, zur Ruhe zu kommen und dich tatsächlich auf deine kleine Familie zu konzentrieren. Freue dich auf die Zukunft aber renoviere nicht weiter dein privates Museum.

26.11.2016 04:43 • x 1 #6