Das kleine Weihnachtswunder
Es war einmal ein Bauer, der besaß eine kleines Stück Wald. Dort zog er Tannen, die er jedes Jahr an
Weihnachten schlug und an gutsituierte Männer und Frauen teuer verkaufte. Wenn eine glitzernde
Schneedecke die Landschaft überzog, funkelnde Eiszapfen an den Dächern der Häuser hingen und ein
Duft von brennenden Kerzen und weihnachtlichen Gewürzen in der Luft lag, kamen die Leute zu dem
Bauern um sich einen schönen Weihnachtsbaum für das Fest auszusuchen.
Unter all den großen Tannen, von welchen jede einmal einen prächtigen Christbaum abgeben sollte,
wuchs auch eine kleine, unscheinbare Tanne. Die kleine Tanne hatte keine dichten Zweige, sie hatte
einen etwas schief gewachsenen Stamm und eine krumme Spitze. Meist fiel sie unter den vielen
hochgewachsenen Tannen gar nicht auf, fiel der Blick dennoch einmal auf sie, fielen Worte wie:
„Nein, die ist doch viel zu klein. Und schau mal die krumme Spitze, wie soll man auf diese krumme
Spitze einen Weihnachtsstern aufsetzen?“
Wenn die kleine Tanne die abfälligen Worte hörte, war sie sehr betrübt und sie wünschte sich einmal
genauso zu einem prächtigen Christbaum auszuwachsen, wie es ihre Brüder und Schwestern waren.
So verging Jahr um Jahr, die jungen Tannen wuchsen in die Höhe und entwickelten sich zu prachtvollen
Tannenbäumen. Nur die kleine Tanne blieb so wie sie war. Klein, schief und krumm.
Eines Tages bekam der Bauer Besuch von einer Familie. Es war ein Vater mit seinen zwei Kindern.
Es war eine arme Familie, die meist von der Hand in den Mund lebte und kaum Geld hatte um ein
Weihnachtsfest zu feiern, wie man es kennt. Meist reichte das Geld nicht einmal für einen Christbaum.
Doch dieses Jahr war es anders, dieses Jahr opferte die Familie ihr Erspartes um sich für das
Weihnachtsfest einen kleinen Christbaum zu kaufen. Der Vater ging mit seinen Kindern hoffnungsvoll
durch die Reihen der Tannenbäume. Während sie die einzelnen Tannen betrachteten, sagten sie:
„Diese hier ist viel zu groß. Und diese ist zu breit und zu dicht gewachsen.“ Da fiel ihr Blick auf die
kleine Tanne und sie sagten freudig: „Schau mal, diese hier ist genau richtig!“
Als die kleine Tanne das hörte, konnte sie ihr Glück kaum fassen.
Die Familie nahm die kleine Tanne mit nach Hause. Die Wohnung war winzig klein, gerade richtig für
den kleinwüchsigen Christbaum. Die Kinder schmückten die kleine Tanne mit selbt geflochtenen
Strohsternen, bunten Girlanden und Holzfiguren. An die krumme Spitze banden sie einen goldenen
Stern aus Papier.
Weihnachtsgeschenke gab es keine, dafür reichte das Geld der Familie nicht aus. Doch später versam-
melten sie sich alle unter der kleinen Tanne, sangen Weihnachtslieder und erzählten sich Weihnachts-
geschichten bis spät in die Nacht. Ab und zu wendete eines der Kinder den Blick um die kleine Tanne
zu betrachten. Dann begannen die hellen Kinderaugen sehr glücklich zu leuchten und die kleine
Tanne wusste, dass sie ihrer Bestimmung gerecht geworden war.
War sie auch klein, krumm und schief gewachsen, für diese Familie war die kleine Tanne etwas ganz
Besonderes, fast so etwas wie ein kleines Weihnachtswunder!
12.12.2023 12:00 •
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