Zitat von trennungsangst:@FrauDrachin ja, wirklich so richtig richtig beschissen. Die Sonne hilft mir massiv und Fußball wirklich auch. Da kann ich richtig abschalten. Hat sich von euch schon mal jemand mit dem Nervensystem auseinandergesetzt?
Meine Liebe,
ich finde Deine Symptome gar nicht so extrem. Ich finde sogar, Deine Reaktionen sind für frischen Liebeskummer total normal!
Ich hatte Dir ja hier auch schonmal geschrieben, Du kannst meine Geschichte denke ich in meinen Threads nachlesen, aber nochmal in aller Kürze: Ich habe mich vor zwei Jahren nach 25 Jahren Beziehung und langjähriger Ehe, Kindern, Haus, Katze, Hamster von meinem Mann getrennt. Auslöser (nicht Ursache) war eine Affäre, die ich angefangen hatte. Mein Affärenmann hat sich kurz darauf auch (ziemlich plötzlich, er sagte zuvor immer, er kann das nicht) von seiner Frau getrennt, ist von zu Hause ausgezogen und hat sich ganz offiziell zu mir bekannt. Es war eine krasse emotionale Achterbahn, meine Trennung, ich bin selbst aus meinem Familienheim ausgezogen, meine traumatisierten Kinder, unser schockiertes Umfeld, und dann war ich doch im 7. Himmel. Nur drei Monate später ist mein AM wieder eingeknickt und zu seiner Frau zurück.
Krasser Schmerz. Schlimmster Liebeskummer. Nach so langer Zeit in einer festen, sicheren Beziehung, meinen letzten Liebeskummer hatte ich mit 17.
Ich dachte, ich muss sterben. Das erste Gefühl, an das ich mich erinnern kann (als sich abzeichnete, dass mein AM zurückgehen wird), war auch: Angst. *beep*, kalte Angst. Mir war ständig eiskalt. Mein Hals wie zugeschnürt, ich konnte nichts essen und kaum was trinken. Zusätzlich hatte ich noch Existenzängste, ob ich alleine klar kommen würde, ob ich - nach so langer Zeit - überhaupt alleine würde leben können. Und ich hab meine Kinder so sehr vermisst. Sie waren ja nun fast die Hälfte der Woche beim Papa. Weihnachten stand vor der Tür, es war dunkel draußen und kalt. Ich hab auch mega schlecht geschlafen. Bin jeden Abend weinend und erschöpft eingeschlafen, aber immer in den frühen Morgenstunden aufgewacht, sofort: Adrenalin. Durchfall. Ich hab binnen kürzester Zeit mehrere Kilos abgenommen, obwohl ich sowieso schon ziemlich schlank bin, ich hatte dafür keinerlei Reserven.
Dazu kam noch, dass mein AM mich nicht in Ruhe gelassen hat, die von mir erbetene Kontaktsperre ignoriert hat, mir vor der Arbeit aufgelauert hat usw. Also war da auch weiterhin immer noch Hoffnung. Es war schrecklich. Er wollte mich wieder zur Affärenfrau machen, und um ein Haar hätte ich mich darauf eingelassen.
Es war wirklich wie ein Dro., schlimmer seelischer und sogar körperlicher Schmerz, der nie abebben konnte, weil die Entzugserscheinungen durch den nach wie vor stattfindenden Kontakt immer wieder gelindert wurden, um danach wieder aufzulodern.
Was mir geholfen hat:
Den Schmerz zulassen und annehmen. Nur wenn Du da durchgehst, kannst Du es wirklich verarbeiten und abschließen. Diese schlimme schlimme Phase gehört dazu.
Ich hab außerdem:
- mich um meine Grundbedürfnisse gekümmert: ausgewogenes Essen (soweit ich es runtergebracht habe), genügend Trinken, genügend Schlaf (soweit möglich), frische Luft und Licht, Bewegung, Sport, soziale Kontakte. Ich habe mir selbst schön gekocht, bin Spazieren und Laufen gegangen, bin ins Thermalbad, hab mich wieder im Fitnessstudio angemeldet, hab mich wann immer es ging mit Freunden getroffen und stundenlang mit Freundinnen oder meiner Schwester telefoniert
- das Buch Liebeskummer bewältigen in 99 Tagen durchgearbeitet
- Podcasts zum Thema Liebeskummer gehört
- alle zwei Wochen einen Termin mit der Psychologin einer Beratungsstelle gemacht, die mich auch durch die Trennung begleitet hatte
- eine Playlist mit lauter Liebeskummersongs erstellt, sie angehört, laut mitgesungen und geheult - mit der Zeit kamen immer mehr Wut-Songs dazu
- mich voll auf meine Kinder und meine neue Wohnung konzentriert
- mich auf meine Arbeit konzentriert - die hat mich tatsächlich echt super abgelenkt
- Urlaube geplant
- wieder selbst Musik gemacht, und auch dabei manchmal geheult
- alles, was mich an meinen AM erinnert hat oder was ich von ihm geschenkt bekommen habe, in eine Kiste gepackt, sie mehrschichtig verklebt und in das dunkelste Eck des Kellers geschoben (verbrennen konnte ich sie da noch nicht)
Es war eine gute Mischung zwischen den Schmerz zulassen und ausleben und mich davon auch wieder abzulenken und gut zu mir selbst zu sein.
Leider ging es dann noch drei Monate mit dem Kontakt zum AM, er kreuzte immer wieder bei meiner Arbeit auf, ich hab mich breitschlagen lassen, mit ihm Kaffee trinken zu gehen, hab wieder mit ihm geschrieben.
Was dann wirklich wirklich der Game Changer war: er ist bei seiner Ehefrau wieder aufgeflogen, genau in dem Moment, als er per WhatsApp vorgeschlagen hat, sich bei mir zu Hause zu treffen (mit natürlich eindeutiger Intention), hat sie alles rausgefunden. Er hat mich nochmal angerufen, und gesagt, dass er nun erstmal keinen Kontakt mehr aufnehmen dürfe - und ich kann gar nicht sagen, was für eine Last da von mir abgefallen ist. Es war wie eine Befreiung. Ab da ging es nur noch bergauf. Und ich kann heute sagen, dass mich das ganze so stark gemacht hat, ich hab viel mehr Mut, mehr Selbstwert, mehr Ruhe.
Ich hatte eine tolle Zeit alleine.
Und mittlerweile bin ich wieder in einer neuen Beziehung, sehr sehr glücklich, mit einem unglaublich tollen Mann. In diesem Liebeskummerloch denkt man ja, dass es so etwas und so jemanden nie wieder für einen geben wird. Aber ich kann heute sagen: es geht sogar noch VIEL besser, und es gibt selbstverständlich viel viel tollere Menschen als so ein feiger, verlogener und um sich selbst kreiselnder Affärenmann. Und wenn es den für mich gibt, dann gibt es den für Dich mit Deinen zarten 27 Jahren erst recht! Du wirst eine große Auswahl haben! Aber dafür musst Du heilen, dringend, damit Du nicht wieder in dieselbe Falle tappst. Und zu dieser Heilung gibts leider nur diesen einen, schmerzhaften Weg, und es wird seine Zeit brauchen. Da musst Du durch, so leid es mir für Dich tut. Aber Du wirst sehen, es wird besser. Tag für Tag. Am Anfang geht es nur ums Überleben, aber Du wirst sehen, dass es leichter wird, und Du stärker. Und es lohnt sich.