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Ambivalente Gefühle nach Trennung

E
Ihr lieben Menschen, ich würde gerne mal einige Gedanken zu meiner letzten Trennung teilen, weil ich selbst meine Gefühle nur schwer greifen kann.
Seit circa fünf Monaten sind wir nun getrennt und ich war mir sehr sicher, dass ich mit der Erfahrung (Fremdgehen, Lügen usw), die ich mit ihm gemacht habe, sehr schnell über die Sache hinwegkommen würde. Ich habe ein tolles Leben, gute Freunde, engen Kontakt zur Familie, meinen Traumjob und eine schöne Wohnung in der ich mich absolut wohlfühle. Leider gestaltet sich das Abschließen und Loslassen deutlich schwerer als ich es mir erhofft habe. Ich habe sehr viel reflektiert, über mich gelernt und mich mit Themen wie Bindungstrauma etc. auseinander gesetzt. Ich verstehe mittlerweile dass sein Verhalten nichts mit mir zu tun hatte und ich keinen Einfluss auf sein Handeln hatte. Ich weiß auch, dass er kein narzisstischer, toxischer Mensch war, aber die Beziehung für mich mit seiner Untreue natürlich absolut ungesund war.
Trotzdem – und jetzt wird es paradox – vermisse ich ihn fast täglich. Ich habe nicht mehr, wie zu Anfang das Gefühl, dass dies aus einer emotionalen Abhängigkeit heraus resultiert oder aus einem Mangel durch die fehlende Beziehung in meinem Leben. Mir fehlt einfach der Mensch der er war, der einzigartige Humor, die Dynamik die wir hatten, seine Meinung zu bestimmten Themen. Ich bin seit der Trennung viel entspannter und gelassener. Natürlich hat die Abwesenheit von Verletzung und Enttäuschungen auch etwas Gutes. Trotzdem bin ich fast enttäuscht, dass ich nicht so erleichtert bin wie ich es mir ursprünglich vorgestellt habe. Mir kommt der ganze Trennungsprozess fast sinnlos vor, weil ich mich zwar extrem weiterentwickle aber nichts von dem mich annährend so glücklich macht wie die Zeit mit ihm. Denn klar wo keine Enttäuschung ist, ist auch keine Vorfreude mehr die enttäuscht wird. Es geht mittlerweile fast so weit, dass ich ihn mir trotz der ganzen schlimmen Erfahrungen zurückwünsche obwohl ich weiß, dass es absolut falsch und auch unrealistisch ist.
Kann vielleicht jemand nachvollziehen wie man mit solchen Empfindungen umgehen soll?

21.04.2025 19:52 • x 4 #1


M
@Empowa ich denke man erinnert sich rückblickend immer mehr an die guten Ereignisse und Eigenschaften eines Partners. Die schlechten verblassen irgendwie. So geht es mir manchmal auch bei meiner letzten Ex Freundin. Obwohl da viel vorgefallen ist von ihr was unter aller Kanone war...denke ich eher an die schönen Zeiten inzwischen.

Deswegen kann ich mir vorstellen dass es bei dir ähnlich ist.

Und du hast dich getrennt weil er fremd gegangen ist ? Sprich du hast dich nicht getrennt weil du ihn nicht mehr geliebt hast.
Dementsprechend sind die Gefühle ja nie weg gewesen. Ich denke deswegen fällt es schwer ihn loszulassen.

Ansonsten klingt du wirklich sehr reflektiert und es ist schön dass du dein Leben liebst und es dir neu gestalten konntest. Vielleicht braucht das alles noch was Zeit. Nimm dir etwas den Druck raus. Und sei nicht enttäuscht von dir selbst das Gefühle nicht auf Knopfdruck verschwinden. Das ist ein Prozess der leider auch etwas dauern kann. Aber je mehr Zeit vergeht, desto einfacher wird es mit Sicherheit

21.04.2025 20:05 • x 9 #2


A


Ambivalente Gefühle nach Trennung

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Danke fürs Mut machen!

Ja leider bleiben die guten Erinnerungen oft mehr im Gedächtnis als die schlechten.

Die Trennung war eine gemeinsame Entscheidung, da er mit meinem Misstrauen nicht klar kam und ich herausgefunden habe, dass er mich trotz Versprechungen und Liebesbekundungen weiter betrogen hat. Aber fehlende Gefühle war von meiner Seite aus, zumindest (leider) nicht das Problem.

Ich weiß, dass fünf Monate auch noch nicht ausreichen um all das zu verarbeiten aber es frustriert mich wahnsinnig dass Gefühle gegen meine Kognition arbeiten...

21.04.2025 20:14 • x 3 #3


avalon77
Hallo Empowa,
das was du empfindest ist ganz normal. Jeder Mensch geht durch bestimmte Phasen einer Trennung. Auch immer mal wieder hin und her zwischen den verschiedenen Phasen. Du bist Möglicherweise grade mitten in der Gefühlsachterbahn. Was eigentlich recht gut ist, denn damit bist du schon weiter als am Anfang und die Akzeptanz des Beziehungsende ist nicht mehr so weit.
Für mich ist es immer hilfreich zu Wissen, dass es normal ist auch mit einer Trennung zu hadern und sich die (vermeintlich) Gute alte Zeit zurück zu wünschen. Das was die da einen Streich spielt ist dein steinzeitliches- Gehirn. Menschen konnten in der Wildnis nicht ohne ihre Familie/Sippe Leben, daher gibt es aus evolutorischer Sicht einen Hang immer wieder in alte soziale Strukturen zurück zu wollen. Das Gehirn hat sich leider nicht so schnell an die Gegebenheiten der Neuzeit angepasst, daher gibt es diesen Reflex immer noch. Versuche dir bewusst zu machen warum ihr euch getrennt habt. Und glaube nicht alles was du denkst. Manchmal muss man entgegen seiner Instinkte handeln.

21.04.2025 20:18 • x 3 #4


M
@Empowa ja..das dachte ich mir.

Und dann ist es ja irgendwie auch logisch dass du die Gefühle nicht so schnell komplett abschütteln kannst. Rational versucht man das natürlich indem man sich klar macht was für ein Typ er war ( Lügen, Betrügen) aber das Herz hat es in dem Fall dann noch nicht verstanden weil es an den positiven Sachen festhält.

Wie lange wart ihr denn zusammen ?

21.04.2025 20:29 • x 1 #5


H
Zitat von Empowa:
Mir kommt der ganze Trennungsprozess fast sinnlos vor, weil ich mich zwar extrem weiterentwickle aber nichts von dem mich annährend so glücklich macht wie die Zeit mit ihm.

Sinnlos? Nein. Sinn zeigt sich nicht immer in dem Moment in dem wir ihn erwarten, aber lass Dir versichern, von außen betrachtet ist es, nachdem was Du andeutest, mehr als sinnvoll. Du hast Stopp gesagt und ja zu Dir. Ich wette Du hast viele Tränen wegen ihm vergossen. Und jede davon wiegt 10x schwerer als jedes Lachen, dass er auf Deine Lippen gezaubert hat. Warum? Weil der der liebt nicht in kauf nimmt, dass Du weinst.

Es ist normal, dass Du die Zeit verklärst. Aber Dein Wohlergehen war wohl nicht sein Fokus oder denkst Du das?

21.04.2025 20:30 • x 4 #6


E
@Mael28 wir waren insgesamt zwei Jahren davon zusammen. Nach einem Jahr habe ich von seinem Betrug erfahren und ein Jahr lang haben wir versucht um die Beziehung zu kämpfen, bis wir eben zu dem Schluss kamen dass es nicht funktioniert.

Das schlimme ist ja leider meistens, dass es in Beziehungen mit viel Schmerz und Verletzung auch viele schöne Momente gibt. Sonst wäre man ja nicht geblieben und hätte gekämpft. Auch wenn ich eigentlich schon lange wusste, dass es keinen Sinn macht, wenn er nicht intrinsisch etwas ändert.

21.04.2025 20:35 • #7


E
@Hypatia Ja leider weiß man oft erst hinterher wofür solche Geschichten gut waren... Ich ärgere mich auch primär über mich selbst, dass ich so lange Verständnis für sein Verhalten gesucht hatte.

Aber du hast absolut Recht! Und natürlich bin ich auch irgendwo froh, dass es vorbei ist und meine Gedanken sich nicht mehr nur im seinen nächsten Seitensprung drehen.

21.04.2025 20:39 • x 1 #8


H
Zitat von Empowa:
Das schlimme ist ja leider meistens, dass es in Beziehungen mit viel Schmerz und Verletzung auch viele schöne Momente gibt.

Deshalb bin ich der Meinung, dass nicht die Quantität sondern die Qualität der Empfindungen zählt. Und schlechte haben eine höhere negative Punktzahl als die guten positive haben. Das ist keine Nullsummenrechnung.

21.04.2025 20:39 • x 1 #9


E
@Hypatia Ja genau das macht es auch so ambivalent für mich. In Summe habe ich seinetwegen wahrscheinlich mehr gelitten als das ich glücklich war. Deshalb bin ich an die Trennung mit der Erwartung rangegangen, dass es in ein paar Wochen sicherlich erledigt sein würde, weil so viele negative Einflüsse mit ihm aus meinem Leben verschwunden sind. Nur leider geht diese Rechnung nicht ganz auf, weil mich das Ausbleiben von diesen Dingen (wie ich vielleicht naiverweise dachte) auch nicht automatisch glücklich macht

21.04.2025 20:46 • x 1 #10


H
Zitat von Empowa:
Nur leider geht diese Rechnung nicht ganz auf, weil mich das Ausbleiben von diesen Dingen (wie ich vielleicht naiverweise dachte) auch nicht automatisch glücklich macht

Richtig. Man krallt sich fest an schöne Zeiten. Aber das Herz ist soviel langsamer als der Kopf. Dein Herz liebt und speichert das Schöne. Der Kopf sag, ne mit mir nicht. Aber ich sage das hier manchmal, auch wenn es eine alte Binsenweisheit ist, vertrau auf die Zeit. Dein Herz wird nachziehen. Macht es denn bei dem Gedanken das wieder aufzuwärmen Luftsprünge? Oder zieht sich Dein Bauch zusammen?

21.04.2025 21:10 • x 2 #11


E
@Hypatia Eine Mischung aus beidem schätze ich. Aber ich weiß, dass ich keinen Tag länger in den Spiegel gucken könnte würde ich zu ihm zurückgehen und es hat nach all dem lange genug gedauert meinen Selbstwert wieder aufzubauen. Diesen Preis würde ich nicht nochmal bezahlen, auch wenn mein Dopaminmangel mir aktuell was anderes vermitteln will.

21.04.2025 21:45 • x 2 #12


H
Zitat von Empowa:
Aber ich weiß, dass ich keinen Tag länger in den Spiegel gucken könnte würde ich zu ihm zurückgehen

Dann versuch Dich auf dieses Gefühl zu fokussieren. Du WILLST das nicht mehr. Das ist die beste Voraussetzung. Ich weiß es gibt nichts was das Gefühl ersetzen kann. Ich verstehe wenn Du schreibst, dass es nichts gibt was Dich so glücklich macht. Und ja, es gibt Menschen die denken anders darüber. Aber ich denke, es wird der Tag kommen, an dem ein anderer Mensch in Dein Leben tritt und diese Lücke füllt. Und ich finde es legitim, dass das so ist. Du hast das Maximum aus Dir herausgeholt. Du hast an Dir gearbeitet. Und irgendwann kommt ein Mensch, der Deine Liebe verdient. Der andere war es nicht, auch wenn er Dich noch so gut dazwischen hat fühlen lassen. Er hat es nicht verdient, von Dir geliebt zu werden.

21.04.2025 22:00 • x 1 #13


E
@Hypatia Danke für deine lieben Worte! Es hilft schon ein bisschen zu hören, dass es da draußen Menschen gibt, die mich verstehen und nicht nur sagen Sei doch froh oder Mach drei Kreuze. Meine Familie und Freunde, die die ganze Geschichte mitbekommen haben verstehen oft nicht dass es natürlich auch vieles gibt, was mir fehlt seit er nicht mehr in meinem Leben ist. Und mir kommt es ja selbst so widersprüchlich vor, dass ich ihn mir manchmal zurückwünsche.

Aber natürlich hat er, wie du schreibst, eine Lücke hinterlassen. Die lässt sich eben so leicht nicht von heute auf morgen füllen. Auch wenn es schwer ist mir das einzugestehen, bei allem was er getan hat.

21.04.2025 22:15 • x 1 #14


B
@Empowa kann dich verstehen, ich kann mir momentan auch nicht vorstellen jemals eine Frau wieder so lieben zu können wie meine Ex, obwohl sie eine Affäre hatte und mich wegen ihm dann verlassen hat.

Allerdings schreibst du, dass er mehrmals fremdging..hattest du ihn vielleicht innerlich schon mehrmals verlassen und bist zurückgekehrt? Außerdem klingt es so, als wäre es in deiner Kontrolle wieder die Beziehung aufleben zu lassen ? Das macht es dir, meiner Meinung nach , schwerer die Beziehung loszulassen.

Den̈n, wie schon geschrieben wurde, und wie du es wsl selber weisst, schwanken ja die Gefühle phasenweise.
5 Monate finde ich übrigens noch nicht besonders lange, das ist ja fast noch frisch...

21.04.2025 22:32 • #15


A


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