Bindungsangst - und dann gibt es noch eine andere

Liebe Community,

da mir hier schon einmal die Augen geöffnet worden sind, wende ich mich nun hoffnungsvoll an euch.

Vor fünf Jahren habe ich im Urlaub einen Mann kennengelernt (wir sind beide 29), zu dem ich seitdem losen Kontakt hatte. Immer wenn ich in der Nähe war haben wir uns gesehen (um etwas Zeit zusammen zu verbringen, oder ich habe eine oder zwei Nächte bei seiner Familie geschlafen), und auch immer wieder mal geschrieben. Dabei hatte ich schon den Eindruck dass er mir gegenüber nicht ganz abgeneigt wäre, aber eigentlich jedes Mal wenn wir uns gesehen hatten war ich in mehr oder weniger festen Händen, und er war mir wahrscheinlich auch immer irgendwie zu nett (falsches Beuteschema lässt grüßen).

Ende August bin ich dann spontan zu ihm geflogen, und ein paar Tage bei ihm in seiner WG geblieben. Dieses Mal war er von der ersten Sekunde an super offensiv, und da ich Single war und mich ein bisschen zu meinem Glück zwingen wollte (mal jemand der super lieb ist, genau wie ich etwas Festes sucht, und emotional verfügbar ist), habe ich mich dann auf ihn eingelassen. Wir haben ein paar sehr schöne Tage zusammen verbracht, in denen ich eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen uns festgestellt habe, die vermutlich darauf zurückgeht, dass wir beide nicht die schönste Kindheit hatten.

Während ich in früheren Partnerschaften immer das Gefühl vermittelt bekommen habe zu viel zu sein, ist sein Nähebedürfnis mindestens so groß wie meines, und wir haben es beide wahnsinnig genossen zu kuscheln. Ich bin auch jemand der in einer Beziehung super viel investiert, und hatte versucht mir selbst beizubringen, dass ich niemanden finden werde, der genau so ist, da das einfach nicht der Normalfall ist - auch hier scheint er zu sein wie ich. Wir sind auch beide total auf die Partnersuche fixiert, da wir den Wunsch nach einer Person teilen, die unser Zuhause ist, und unser Ort wo wir hingehören; ein Mensch, mit dem wir unsere eigene Familie sein können. Kurz gesagt dachte ich nicht, dass ich irgendwann mal so einen Menschen finden würde, da er schlicht nicht existiert - und auf einmal lag ich in seinen Armen. Hinzu kommen dann noch lauter andere Eigenschaften wie sein Interesse an Deep Talk, sein Harmoniestreben, seine beschützende Art usw., die mir sehr gut gefallen. Ich hatte also nach ein paar Tagen den Eindruck dass das mit uns sehr gut funktionieren könnte und meine Suche endlich ein Ende hat, was ich wahnsinnig gerne im Rahmen einer Beziehung herausfinden würde.

Am Tag vor meiner Abreise habe ich ihn dann schließlich gefragt was das jetzt mit uns ist, und ob und wie es weitergehen wird. Er meinte, dass er da auch die ganze Zeit darüber nachdenken würde, und dass er meine Gefühle teilt, und er sich auch total wohl mit mir fühlt und jeden Moment mit mir genießt, und er sehr gerne eine Beziehung mit mir eingehen würde. Er wolle sich allerdings Zeit lassen, da er (mittlerweile nächste Woche) umziehen wird (er wird das Land verlassen und ein komplett neues Leben anfangen), und sein Kopf gerade voll ist mit so vielen Sachen. Er will nicht, dass er dann zum Beispiel wegen dem Umzugsstress keine Zeit hat um mir zu antworten, und ich dann denke, dass er mich betrügt, sich nicht genug Zeit nimmt für mich oder ähnliches, und das zwischen uns sofort wieder kaputt geht. Das klang für mich alles auch sehr logisch und nachvollziehbar.

Hinzu kommen dann allerdings noch zwei weitere Punkte: zum einen meinte er, dass er Angst hat und sich nicht sicher ist, ob er bereit ist für eine Beziehung. Er hatte bisher noch keine richtige und fürchtet sich davor, mich genau so schnell wieder zu verlieren. Sein Gedanke ist, dass er wenn er sich bereit fühlt auch absolut alles für seine Freundin tun wird, und die beste Version seiner selbst ist. Wenn nicht, dass er sich dann nicht so gut verhält, und die Person aufgrund dessen dann wieder verlieren wird. Eine Beziehung wie die zwei Jahre mit meinem Exfreund (den er kurz bevor wir zusammengekommen sind damals auch kurz kennengelernt hat), mit dem ich dann Schluss gemacht hatte weil er sich so negativ verändert hat, würde er nicht wollen. Er habe einfach so große Angst, es zu versauen - oder dass wir beide es versauen - und er mich dann verliert. Hinzu komme noch die Angst, sich selber zu verlieren. In meinen Augen hat er Bindungsangst (wie ich leider auch - mit dem Unterschied, dass ich mit oben erwähntem Exfreund bereits die Erfahrung machen durfte wie es ist angenommen und geliebt zu werden, und ich mich in Therapie befinde und generell sehr viel an mir arbeite. Er sträubt sich gegen eine Therapie (Ich will nicht mit einem Therapeuten über diese Sachen reden, ich habe so viel Zeit und Energie dafür aufgewendet, sie zu verdrängen).

Und der zweite und für mich schlimmste Punkt: es gibt in seinem Leben quasi noch eine andere. Seit einem Dreivierteljahr schreibt er anscheinend täglich mit einer anderen, die er in den nächsten Wochen kennenlernen will. Offenbar haben die beiden Tag und Nacht über Gott und die Welt geschrieben (aber keine Videochats gehabt und nur zwei oder drei mal kurz telefoniert), und so eine stärkere emotionale Bindung aufgebaut. Sie sind absolut nicht kompatibel (sie ist 24 und raucht und trinkt sehr viel, nimmt Dro., hat ein sehr schlechtes Verhältnis zu ihren Eltern, will nicht heiraten, möchte in ein Land ziehen wo er absolut nicht hin will usw.), aber teilen wohl viele Gemeinsamkeiten (sehr banale Sachen die er mit der halben Welt teilt, und dann wiederum andere wie zum Beispiel ein großes Interesse an Kunst, oder eine musische Veranlagung, mit der ich leider nicht dienen kann). Meine Vermutung ist, dass er über diesen Zeitraum eine Bindung und Gefühle für sie aufgebaut hat und sie kennenlernen möchte, um zu sehen ob sie seine Seelenverwandte oder Traumfrau ist, oder sie gegebenenfalls als Partnerin auszuschließen. Wegen ihr hatten wir auch mehrmals Knatsch, da es mich natürlich stark verunsichert hat, dass er mich so behandelt, und gleichzeitig so viel mit einer anderen schreibt - obwohl er doch sehen kann, dass mich das verärgert und verletzt. Er hatte dann behauptet sehr wohl mich zu priorisieren, aber dass er auch sie nicht verlieren wolle (. ). Zu seiner Verteidigung muss ich auch vorbringen, dass ihre Mutter wohl gerade eine Krebsdiagnose erhalten hatte, und ihr Vater mit Corona erkrankt war - also auch nicht ihre beste Zeit. Auf meine Frage hin was passieren würde wenn wir eine Beziehung anfangen, meinte er, dass er den Kontakt zu ihr abbrechen würde.

Während der letzten drei Wochen hatten wir dann nur noch über WhatsApp Kontakt - gute Tage an denen alles sehr positiv und liebevoll war, und dann doch immer wieder Diskussionen wegen ihr. Es kam ständig vor, dass er meine Nachrichten den halben Tag nicht gelesen hat, während er aber immer wieder online war. Normalerweise würde ich da nicht so empfindlich drauf reagieren (da wir nicht zusammen sind kann ich ja nicht groß Ansprüche stellen) - aber da ich gesehen hab, dass er ihr ständig geschrieben hat als ich bei ihm war, habe ich diese Idee natürlich nicht mehr aus meinem Kopf bekommen und war sehr gekränkt (ihre Nachrichten kann er nicht mal paar Stunden unbeantwortet lassen weil er sie ja verliert, aber mich den ganzen Tag zu ignorieren ist dann ja wieder kein Problem). Zusammen mit dem Umstand, dass ich mich sehr dagegen sträube seine zweite Wahl zu sein (ich will nicht, dass mein Partner erst eine andere kennenlernen muss um sicher zu sein, dass ich die bessere Wahl bin, oder hinterher bei mir landet weil er eigentlich eine andere will, aber die nicht bekommen kann) ist es mir dann nicht gelungen, cool zu bleiben und das ganze geduldig auszusitzen, und ich habe immer wieder Diskussionen angefangen. Er hat sich jedes Mal für sein Verhalten entschuldigt mit der Begründung, dass er gerade eine sehr depressive Phase habe und sich irgendwie nicht kontrollieren könne und nicht er selbst wäre, aber hat an diesem Verhalten eigentlich nichts geändert.

Im Endeffekt sind wir wegen ihr immer wieder aneinander geraten. Er hat mehrmals gesagt sich nicht zwischen uns entscheiden zu wollen, da er zum einen keine von uns verlieren wolle, zum anderen im Moment gar nicht in der Lage wäre, da er gar nicht den Kopf dafür habe. Ich habe es dann nicht mehr ausgehalten, und ihm vor vier Tagen eine Art Abschiedsnachricht geschrieben: wie meine Gefühle für ihn sind und dass ich absolut bereit bin trotz seiner Beziehungsangst es mit ihm zu versuchen, da ich denke, er könnte der richtige für mich sein, aber dass es in seinem Herz offenbar keinen Platz mehr für mich gibt. Er schafft es nicht sich auf mich festzulegen, und ich muss dann eben den Rest von meinem Selbstrespekt zusammenkratzen, und die Situation verlassen, aber wünsche ihm alles Gute. Er hat auf meine Nachricht dann ziemlich geschockt reagiert, dass das jetzt die absolut schlimmste Wendung wäre, die er sich vorstellen könne. Er würde sich schrecklich fühlen und hätte nicht gewollt, dass ich ihn in seiner allerschlimmsten Version sehe, und weiter:

Um ehrlich zu sein, ist mir das sehr wichtig und ich habe gehofft, dass wir das zusammen schaffen! Ich weiß, dass ich niemals jemanden wie dich finden werde, so reif wie du, und generell so wie du bist! Es tut mir wirklich leid, dass ich nicht so war wie du dachtest! Ich bin so verdammt dumm und blöd! Ich bin nicht der tolle Typ den du erwartet hast ! Ich bin immer so depressiv, traurig, und kämpfe immer gegen mich selbst, was mich immer so runterzieht, und ich rede nie darüber, da ich der einzige bin, der es fühlen kann, und niemand anderes! Ich bin sicher dass dich das total nervt, immer über meinen Mist zu reden, und ich schätze wirklich sehr, dass du dein Bestes gegeben hast, und du hast mir auch sehr viel geholfen, aber ich bin so, ich ziehe mich immer zurück, und ich werde nie über meinen *beep* reden!
Ich habe mich nicht für sie und gegen dich entschieden oder so, aber es ist so, dass ein Teil in mir sagt, dass ich sie kennenlernen muss! Wie ich dir gesagt habe, haben wir immer geredet und Sachen geplant, und sie erinnert mich immer an sie! Ich kenne sie sehr gut. Sie wollte immer herkommen und mich sehen, aber ich bin nicht bereit dafür!
Und ein anderer Teil in mir sagt mir, dass du die richtige bist, und trotz allem was passiert ist, haben wir uns wieder getroffen und uns gefunden! Und lass uns einfach sehen was passiert!
Ich habe mich wirklich unter Druck gesetzt gefühlt und du gibst mir das Gefühl, dass ich mich zwischen dir und ihr entscheiden muss! Während ich mich nicht entscheiden will, ich bin nicht in einer guten Verfassung, um das zu tun! Also musste ich dir sagen was mit ihr ist, und was wir zusammen geplant haben! [. ] Und wie ich dir letztens gesagt habe, ich will dich nicht verlieren, ob als normale Freundin oder Partnerin! Auf der anderen Seite habe ich nicht viel Erfahrung mit Beziehungen und weiß nicht wirklich wie der Mist funktioniert, und manchmal fühle ich mich einfach danach, mein ganzes Leben alleine verbringen zu wollen! Weil ich mich nicht fühle als wäre ich bereit dafür, weil ich mich immer im Kampf mit mir selber befinde, und ich nie genug sein werde für die Partnerin! [. ] Ich schwöre ich habe auch die ganze Zeit darüber nachgedacht, und nie eine Lösung gefunden, und ich habe so viele Dinge gerade über die ich nachdenken und die ich klären muss, deshalb sage ich dir dass ich nicht bereit bin für eine Beziehung, weil ich niemals genug sein werde für irgendjemanden, weil ich ein totales Chaos bin und ich es immer versauen werde [. ]

Diese Nachricht hat mich sehr berührt und mir völlig den Wind aus den Segeln genommen. Wir haben dann weiter hin und her geschrieben, aber keine 24 Stunden später habe ich mich nach dem Gespräch mit einer Freundin (und nachdem er wieder ständig online war ohne meine Nachrichten zu lesen) dazu entschieden, ihm eine zweite kurze Nachricht zu schreiben, dass ich zumindest eine Pause brauche, da er sie ja unbedingt treffen will, und ich mir sicher bin, nicht dabei zusehen zu wollen, da mir das sonst das Herz brechen wird. Besagte Freundin kennt mich sehr gut und hat gemeint, dass er gerade ja nicht bereit ist eine Entscheidung zu treffen, weshalb unser Kontakt aufgrund meiner Frustration nur immer negativer werden wird, und ich ihn dann aufgrund des vergifteten Verhältnis zwischen uns verlieren werde. Und dass ich aus Selbstschutz bestimmt nicht mitbekommen möchte, wie er sie kennenlernt und sich dann vielleicht in sie verliebt (er hat die ganze Zeit abgestritten dass das seine Intention wäre und es aufgrund der verschiedenen Ziele etc. zu 80% auch gar nicht funktionieren würde zwischen ihnen, aber er es auch nicht ausschließen kann, dass er sich vielleicht in sie verliebt).

Er hat dann nur geantwortet, dass er mir nicht mein Herz brechen wolle, da er selber sich dann ja auch völlig gebrochen fühlen würde, und er sie unbedingt kennenlernen will. Also wieder keine Lösung. Ich habe ihm darauf dann nicht mehr zurückgeschrieben, das ganze war Donnerstag Abend, und er hat mich auch nicht mehr kontaktiert.

Falls jemand bis hierhin gelesen hat (DANKE!) - habe ich mich richtig verhalten, oder war das ein Fehler? Ich fühle mich, als hätte ich mich durch diese Aktion wahrscheinlich endgültig ins Aus geschossen (Um ehrlich zu sein, ich stand früher mehr auf dich, aber es gab immer Hindernisse wie deinen Ex und so, und ich war immer da, aber ich war unsichtbar für dich! Ich wünschte wir hätten in den vergangenen Jahren so sein können wie jetzt! Und als wir nicht geredet haben, hat sie Tag und Nacht pausenlos mit mir geschrieben). Auf der anderen Seite macht mich sein Verhalten absolut wahnsinnig. Ich habe absolutes Verständnis für seine Situation mit Umzug, Depression und Bindungsangst, und bin auch total bereit das alles mit ihm anzupacken. Aber gleichzeitig habe ich das Gefühl dass er sich einfach nur nicht festlegen möchte - und dass es nicht so ist, dass er nicht bereit ist für eine Beziehung, sondern das ganze eine Sache des Wollens ist. Wir sind oft nicht bereit für irgendwelche Sachen, aber wenn wir dann schließlich damit konfrontiert werden, bekommen wir es ja doch irgendwie hin. Er müsste einfach nur die Entscheidung treffen, mit mir zusammen sein zu wollen, und dann dafür zu kämpfen, auch wenn es die und die Probleme gibt. Eine Angst heilt man nur, indem man sich mit ihrem Trigger auseinandersetzt. Sehe ich das zu streng? Ich weiß gerade einfach nicht was ich machen soll. ob ich ihn wieder kontaktieren soll, da ich ihn sonst an sie verlieren werde, oder ob ich genau das richtige getan habe, und er später wieder zu mir zurückkommen wird.

Ich freue mich auf eure Antworten

Majnona, wer bei Dir sein will, ist es. Wenn er so verliebt in Dich wäre, wie Du in ihn, dann fiele ihm die Entscheidung so leicht. Da zählt dann kein einziges seiner Argumente.

Das siehst Du doch auch so, oder?

Wenn er klar mit seinen Gefühlen und Wünschen Dir gegenüber wäre, hätte diese andere Frau keine Chance, egal, in welchen Umständen sie steckt.

Was man hier gelten lassen muss, ist seine psychische Verfassung. Er hat ja scheinbar klar die Angst, nicht zu genügen. Das hat wiederum absolut nichts mit der anderen Frau zu tun.

Da wirst Du ihm aber nicht helfen können. Er nimmt Hilfe ja scheinbar auch nicht an.

2 Dinge, die existentiell wichtig sind. Er kann sich nicht klar zu Dir positionieren und selbst wenn, wäre die Beziehung aufgrund seiner Zweifel unsagbar schwierig….

Zieh Dich da raus und schütze Deine Psyche….

Zitat von Majnona:

und er war mir wahrscheinlich auch immer irgendwie zu nett (falsches Beuteschema lässt grüßen).

Zitat von Majnona:

und da ich Single war und mich ein bisschen zu meinem Glück zwingen wollte (mal jemand der super lieb ist, genau wie ich etwas Festes sucht, und emotional verfügbar ist), habe ich mich dann auf ihn eingelassen.

Zitat von Majnona:

Wir sind auch beide total auf die Partnersuche fixiert, da wir den Wunsch nach einer Person teilen, die unser Zuhause ist,

Das hört sich Deinerseits jetzt auch alles nicht nach großer Liebe an, sondern eher wie ein pragmatisches Geschäftsmodell.

Und seinerseits ist es ähnlich. Er guckt, ob es nicht noch was besseres gibt. Ein Zeichen dafür, dass er weder Dich noch die andere so richtig, richtig toll findet.

Klar ist es einfacher, so etwas zu pathologisieren. Es tut halt nicht so weh, wenn Bindungsangst, Depression, schlechte Kindheit tbc. vorgeblich Gründe sind, warum es nicht mit einer Beziehung klappt.

Meiner Erfahrung nach ist es jedoch meistens so, dass er nicht genug auf Dich steht

Zitat:

Das siehst Du doch auch so, oder?

Theoretisch ja. Da ich mich gerade viel mit dem Thema Bindungsangst auseinandersetze, habe ich folgende Überlegung im Kopf: Vielleicht fühlt er sich zu ihr hingezogen, da er sie nicht kennt und sie weit weg ist, und er weiß, dass es zwischen ihnen überhaupt nicht funktionieren kann. Mit ihr läuft er also gar nicht Gefahr, in einer richtigen Beziehung zu landen, und ist sicher.
Ich hingegen bin absolut auf der Suche nach etwas Festem und lasse ihn das schätze ich auch spüren. Er weiß wahrscheinlich ganz genau, dass er weg vom Fenster ist, wenn er sich auf mich einlässt. Und sich so seiner Angst stellen muss.

Bindungsängstler haben wohl aufgrund der schlechten Erfahrungen in ihrer Kindheit den Glauben verinnerlicht, dass sie nicht gut genug sind - und fürchten deshalb eine Beziehung mit jemandem einzugehen und die Person dann zu verlieren, wenn sie aufgeflogen sind. Weshalb sie sich konstant selbst sabotieren, indem sie komplett weglaufen (anscheinend seine Strategie), sich Partner suchen mit denen es nicht funktionieren kann (ich bin ein regelrechtes Trüffelschwein wenn es darum geht Männer zu finden, die sich eigentlich gar nicht binden wollen - das ist wohl mein Muster), oder die Beziehung durch ihr Verhalten oder ihre Zweifel sabotieren.

Meine Hoffnung wäre daher gewesen, dass wir es zusammen probieren, und ich ihm zeigen kann, dass ich ihn nicht einfach wegen jedem Mist gleich wieder verlassen werde, und ihn so akzeptiere und liebe, wie er ist, und er so mit seinem Muster brechen wird. Kann natürlich aber auch sein, dass er schlicht größere Gefühle für sie hat, und all meine Hoffnungen umsonst, und meine Zeit und Energie verschwendet wären. Es fällt mir unglaublich schwer, das einzuschätzen...

Zitat von VictoriaSiempre:

Das hört sich Deinerseits jetzt auch alles nicht nach großer Liebe an, sondern eher wie ein pragmatisches Geschäftsmodell.

Naja als Geschäftsmodell hätte ich es jetzt nicht bezeichnet - aber es hat schon sehr viel mit Vernunft zu tun. Da es bei mir in Liebesdingen nie geklappt hat setze ich mich mittlerweile viel mit mir selbst und meinen ganzen falschen Mustern auseinander, und versuche sie zu erkennen und bessere Entscheidungen zu treffen. Mein Bild von ihm war über die Jahre zu 100% positiv, und ich habe mich mit ihm immer wohl gefühlt, wir hatten nie schlechte Stimmung, und ich hatte das Gefühl, dass er ein wirklich lieber Mensch ist. Vor ein paar Jahren wollte ich ihn sogar mit einer meiner besten Freundinnen verkuppeln, so überzeugt war ich von ihm (und hatte eigentlich damals schon den Gedanken, ob ich das irgendwann bereuen könnte). Attraktiv fand ich ihn auch immer. Nur hatte ich ihn nie so wirklich auf meinem eigenen Radar (wegen meinem Hang zu Bad Boys / Männern die ich mir erst erkämpfen muss), und weiß es jetzt eben besser. Die krassen Schmetterlinge sind hier also tatsächlich nicht im Spiel - aber mittlerweile denke ich eher, dass es schön ist welche zu haben, sie aber total überwertet und irrelevant sind.

Aber wie du schon sagst... vielleicht steht er auch einfach nicht so richtig auf mich

Bleib pragmatisch. Hier machst Du weiter, obwohl Du es besser weißt:

Zitat von Majnona:

Vielleicht fühlt er sich zu ihr hingezogen, da er sie nicht kennt und sie weit weg ist, und er weiß, dass es zwischen ihnen überhaupt nicht funktionieren kann.

Ich frag Dich nochmal, ob Du das genauso siehst…. Wenn er in Dich verliebt wäre, Dich wollen würde, wäre er dann noch in der Lage, sich gleichzeitig zu jemand anderem hingezogen zu fühlen?

Du begibst Dich auf die Suche nach dem Grund, warum er sich nicht 100% auf Dich einlässt. Dabei übergehst Du die (das glaube ich zumindest) Tatsache, dass er nicht verliebt ist. Das ist schon die Erklärung.

Die Bindungsangst, die Du hier gerade analytisch auseinandernimmst, käme zwar auch zum Tragen und würde die Beziehung mit ihm extrem schwierig machen, aber da musst Du schon gar nicht mehr ansetzen, denn es fehlt schon an den ausreichenden Gefühlen….

Anmerkung: Das ist natürlich nur meine Meinung. Und eigentlich kennt ihn hier keiner…. Muss man immer berücksichtigen. Ich kann auch komplett danebenliegen.

Zitat von tesa:

Wow! Was für eine Geschichte, die vor Bindungsangst auf beiden Seiten strotzt! Du schreibst, dass Du in Therapie bist. Deine Geschichte zeigt, dass Du nach wie vor, voll in Deiner Bindungsangst hängst, weil Du Dich an jemandem abarbeitest, der Dir die Sicherheit gibt, dass es niemals eine ernsthafte Beziehung wird.

Den Gedanken hatte ich leider auch... ich habe mich schon gefragt, ob sich das alles überhaupt ergeben hätte, wenn er denn emotional verfügbar und bindungsfähig werde (ich kann das ja offensichtlich irgendwie riechen, sonst würde mir das nicht jedes Mal passieren) und habe auch die Befürchtung dass das nur der nächste ist, an dem ich mich wieder abarbeite.

Zitat:

Er klingt keineswegs so!

Gut, vielleicht ist es bei ihm eher der Fall, dass er davon träumt und sich Luftschlösser baut...

Zitat:

An diesem Satz merkt man so stark, dass Du Dich passend machen möchtest! Das ist ein Kindheitsmuster. (Ich verhalte mich so, DAMIT du mich lieb hast!)

Das hast du sehr gut getroffen...

Zitat:

Damit passiert das, wovor er sich am meisten fürchtet. Er kann sich nicht festlegen, denn dann müsste er sich zur Beziehung mit Dir bekennen. Das kann (will) er aber nicht.

Es ist jetzt für mich schwierig hier kann und will zu unterscheiden. Er wollte vom Verstand her, aber das Gefühl lässt es nicht zu, weil er Angst hat. Und das wiederum weiß er auch vom Verstand her. Deswegen auch so ein Hin und Her in seiner Nachricht.

Von meinem Gefühl her würde ich sagen, dass er mich wirklich sehr gerne mag, und es vom Verstand her mehr als logisch fände, eine Beziehung mit mir einzugehen. Er findet mich ja offenbar seit Jahren mehr als gut, er hat über die letzten Wochen den Eindruck bekommen dass ich ihn gut verstehen kann was seine Bindungsangst betrifft und ich habe ihm auch mehrmals gesagt dass ich bereit bin, mit ihm an allem zu arbeiten, ich will dasselbe wie er, und wir sind wahrscheinlich auch sehr kompatibel was Lebensstil, Ziele usw. betrifft - wir müssten es jetzt nur noch in der Praxis herausfinden. Aber ob er es schlicht nicht möchte weiß ich eben auch nicht... ich denke auf seiner Seite wäre es auch etwas in Richtung Vernunftentscheidung, aber dass wir dann mit der Zeit sicher den anderen über alles lieben würden

Zitat:

Weil Du nur eine akzeptiert hättest.

Weil Deine Lösung nur eine Entscheidung für Dich gewesen wäre.

Das würde ich so auch nicht sagen. Klar wäre das meine bevorzugte Lösung, aber wenn er sich stärker zu ihr hingezogen fühlt, sollte er mir das auch ehrlich sagen, damit ich weiß woran ich bin und da meine Konsequenzen draus ziehen kann.

Zitat:

Hier sieht man wieder, dass dein Tun ein Taktieren war.

Das war es definitiv, ich will den Kontakt zu ihm überhaupt nicht abbrechen. Aber wenn es so weiter geht werden wir so viel streiten, dass sein Bild von mir völlig negativ wird - das war für mich quasi die einzige Chance, wie es zwischen uns überhaupt irgendwann funktionieren könnte.

Zitat:

Nein, aber Du solltest erkennen, dass Du Dich selbst in deinem Muster befindest! Du müsstest Dich deinen Triggern in einer Beziehung mit einem Bindungsfähigen stellen!

Tatsächlich erkenne ich es. Es scheint wohl auch nicht der optimale Fall zu sein, wenn zwei Bindungsängstler sich finden, da sie ihre Angst nur gegenseitig verstärken. Ich dachte wenn wir uns beiden dieser Angst bewusst sind, und ich ihn vielleicht ein bisschen führen kann (weil ich mit Therapie usw. schon weiter bin als er), dass wir uns so vielleicht gegenseitig heilen können - eben auch weil wir einander wahrscheinlich oft sehr gut verstehen können.

Zitat:

Du setzt in deiner Schlussfolgerung voraus, dass das Beenden der Geschichte dazu führen wird, dass er sich entscheiden wird.

Das hatte ich tatsächlich gehofft... entweder ich bin wieder aus den Augen aus dem Sinn und er entscheidet sich für sie - oder er spürt durch den Verlust, dass ich ihm doch zu wichtig bin, und entscheidet sich für mich (das ist mir damals bei meiner zweijährigen Beziehung passiert - da ich weggerannt bin, wären es beinahe nur zwei Wochen gewesen).

Zitat von RyanG:

Ich frag Dich nochmal, ob Du das genauso siehst…. Wenn er in Dich verliebt wäre, Dich wollen würde, wäre er dann noch in der Lage, sich gleichzeitig zu jemand anderem hingezogen zu fühlen?

Ich denke dass Gefühle da sind, aber eben nicht ausreichend, weshalb er hin und her gerissen ist. Zu ihr hat er im letzten Dreivierteljahr eine starke Bindung aufgebaut, Pläne mit ihr gemacht, und vielleicht von einer gemeinsamen Zukunft geträumt, auch wenn er es mir gegenüber nie zugeben will. Und dann kommt auf einmal wieder der Geist aus seiner Vergangenheit, mit dem er sich so oft eine Chance gewünscht hätte, und fällt ihm plötzlich in die Arme. Also ich vermute dass er total überfordert ist, und kann das auch absolut nachvollziehen, mir würde es nicht anders gehen. Aber wenn seine Gefühle mir gegenüber stärker wären, würde ich hier nicht schreiben, weil wir einfach happy in einer Beziehung wären...

Zitat von RyanG:

Du begibst Dich auf die Suche nach dem Grund, warum er sich nicht 100% auf Dich einlässt. Dabei übergehst Du die (das glaube ich zumindest) Tatsache, dass er nicht verliebt ist. Das ist schon die Erklärung.

Ich kann ihn leider extrem schlecht lesen und nur schwer sagen, wie er mir gegenüber steht - deshalb hatte ich ihn auch gefragt. Er meint von sich selbst sehr kalt und emotionslos zu sein. Wenn er sich auf mich einlassen würde denke ich schon, dass er Verliebtheitsgefühle und später Liebe zu mir entwickeln würde. Aber wie es aktuell aussieht, weiß ich leider auch nicht... also gut finden, schätzen und alles ja, aber verliebt sein... keine Ahnung