Das Verzeihen, oder die Zeit danach.

E
Hallo,

aufgrund der Postings von Mike63 und Chiara hab ich mich entschlossen, einen neues Thema zu beginnen. Auch ich habe meiner Ex schon lange verziehen und denke manchmal wehmütig an die Zeit der großen Liebe und Leidenschaft zurück, die mir erst so richtig NACH der Trennung bewußt wurde, und sie ist jetzt gottseidank und gleichzeitig auch leider vorbei. Meine neue Liebe habe ich enttäuscht, weil ich zu klar im Kopf, weil ich auf der Suche nach Mechanismen und Strukturen, nach der perfekten Beziehung war, die S., Liebe, Leidenschaft UND Freundschaft vereint. Ich bin gescheitert und behaupte jetzt, daß es nicht funktionieren kann. Frage: Können Männer eher verzeihen als Frauen? Können Frauen denn nie ihren Stolz hinter die Liebe und Freundschaft stellen? Wollen Frauen immer nur als solche beachtet und geachtet werden? Nicht als Mensch, sondern als weibliches Wesen? Warum fühlen sich Frauen immer ungeliebt, wenn Mann sie wie einen gleichberechtigten Partner behandelt? Warum müssen Männer immer so viel mehr Rücksicht nehmen auf die Wünsche und Ansprüche der Frauen damit diese sich geliebt fühlen? Ich habe in den 16 Monaten seit der Trennung mit vielen Frauen und einigen Männern intensiven Gedankenaustausch und teilweise auch persönlichen Kontakt gehabt und stelle fest, daß die Männer von den Exen weitaus stärker verachtet werden als umgekehrt. Haben sie denn all das vergessen, was die Männer für sie getan haben oder sich das nie bewußt gemacht? Warum können Frauen den Männern nicht auch Emotionalität zugestehen? Daß die Männer diese Emotionen nicht zeigen können und sich immer wichtig machen müssen ändert nichts an der Tatsache, daß sie auch Sensibilität und Achtung verdient haben, nicht nur wenn sie starke, richtige Männer sind. Wenn ich eines gelernt habe in dieser Zeit dann das, daß es absolut keinen Unterschied gibt in der Qualität der Empfindsamkeit von Frauen und Männern, sondern nur die unterschiedliche Art und Weise, wie die Geschlechter sie zeigen. Jeder Versuch der Wissenschaft, einer Frau mehr Emotionalität an sich zuzusprechen, halte ich für einen absoluten Schmarrn.
Ich will hier bestimmt kein Veto für die armen Männer einlegen, sie verhalten sich oft wie Ar., stellen oft ihre Arbeit zu sehr in den Vordergrund, demonstrieren ihren geliebten Frauen nicht genug Liebe usw. denn sie betrachten ihre Beziehung in einer selbstbewußten Selbstherrlichkeit, fühlen sich IHRER Liebe zu ihnen sicher (was ja eher unrealistisch ist, denn Frauen sind im allgemeinen genauso empfänglich wie Männer, nur haben sie mehr Selbstdisziplin). Eine Frau hingegen ist sich der Liebe des Mannes nie ganz sicher (unberechtigt?) und braucht deshalb immer wieder, zumindest kleine, Beweise. Diese sehr unterschiedliche Sichtweise führt auch zu dem Problem der Eifersucht und des Drucks auf den Partner. Dieser Druck führt oft zu einer Trotzreaktion seitens des Mannes und damit zum Seitensprung, obwohl er seine Frau innig liebt. Die meisten Frauen betrachten diese Sichtweise als billige Erklärung für den billigen Trieb des Mannes, aber Frau sollte sich darüber Gedanken machen. Ich jedenfalls hatte als letztes eine Beziehung, die jedem die absolute Freiheit ohne Druck gewährte, jeder war vollkommen für sich verantwortlich, und das Resultat: Absolute Treue! Wenn Mann die Verantwortung nicht auf den Partner abschieben kann, dann beginnt sein Gehirn normal zu funktionieren und er sieht, wohin ein kleines Vergnügen mit einer anderen Frau führen wird.

Weitere Frage: Ist ein Mann denn nicht auch ein Mensch, den Frau als Gesamtheit sehen sollte? Ich habe meine EX und meine 3-jährige Beziehung mit ihr ziemlich genau analysiert und ich bin mir jetzt ganz bewußt, was ich und sie verkehrt gemacht haben. Aber ich sehe auch das Gute in ihr, und wenn sie mich nach der Trennung und vorher 100x gedemütigt hat ist und bleibt sie für mich ein Mensch, der es wert ist, Achtung von mir zu erhalten. Die Zeit nach der Trennung ist ein Ausnahmezustand! Keiner würde dem anderen ernsthaft weh tun wenn man sich aussprechen und gemeinsam trennen täte. Wer seinen Stolz zu sehr pflegt, sei es der Verlassende oder der Verlassene, zerstört etwas sehr Wertvolles. Und wofür? Für die Genugtuung, es dem anderen gegeben und sein Gesicht gewahrt zu haben? 10000 Beispiele gibt es, wo letztendlich beide verlieren und die oft vorhandenen Kinder sind sicher die Leidtragenden.
Ich möchte abschliessend noch was sagen: Ich habe mein ganzes Leben lang Frauen in erster Linie als gleichberechtigte Menschen und nicht als S. betrachtet, zuweilen aber leider zu sehr auf den Sockel gestellt. Ich bin immer noch fasziniert von der Stärke und dem Mut, die/den die meisten Frauen täglich aufs Neue beweisen. Jede Frau, ob einfach, intellektuell oder sonstwie, kann stark und mutig sein. Männer sind dagegen oft sowas von feige daß es einem graust. Wir alle müssen mehr zu unseren Fehlern, aber auch zu unseren Wünschen stehen und können dafür auch mehr Achtung vom weiblichen Geschlecht erwarten. Let´s do it!

cu

09.01.2002 23:57 • #1


E
hallo ,
ich finde es mutig und gut, daß du als einer der alten Forumsteilnehmer (im Sinne von Anwesenheit hier) ansprichst, was viele sich nicht eingestehen wollen: die Aufarbeitung dauert länger als gedacht.

Deiner Einordnung von Frauen und Männern in ihrem Verhalten schließe ich micht nicht unbedingt an, ich glaube es gibt bei jedem Geschlecht alle Varianten von Verhaltensweisen.

Aber was uns glaube ich in dieser perfektionistischen und rationalen Welt allen schwerfällt, ist sich einzugestehen, daß man länger an der veränderten Lebenssituation kaut als man dachte und auch in neue Beziehungen bestimmte Muster und Ängste mit übernimmt. Warum auch nicht, als Verlassener war man ja von der Richtigkeit des gewählten Verhaltens in einer Beziehung und im Leben überzeugt.

in dem Sinne wünsche ich Dir und uns allen, daß uns das Jahr 2002 wieder weiter bringt auf dem Weg zur Selbsterkenntnis und dem inneren Frieden.

viel Kraft

Mick

10.01.2002 09:03 • #2


A


Das Verzeihen, oder die Zeit danach.

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E
Lieber (lange nichts mehr voneinander gehört !)
du wirst es kaum glauben, aber genau nach einer solch perfekten Beziehung habe ICH gesucht. Nur würde ich es genau anders herum formulieren - Freundschaft, Liebe, Leidenschaft, S.. Aber genau das ist wohl der Unterschied zwischen Frauen und Männern. Ich habe mir lange gewünscht, als Mensch, als Partner geliebt zu werden. Natürlich will ich auch Frau sein, aber eben nicht nur S.. Ich weiß, dass du es so nicht gemeint hast - doch in meiner Ehe ist das leider so gelaufen (ich hatte es dir vor langer Zeit schon mal erzählt).
Aber um auf deinen Beitrag zurück zu kommen - du hast recht. Ich glaube auch, dass viele Männer wohl eher verzeihen können. Vielleicht vergessen sie schneller? Ich weiß nur, dass diese Wut, wenn sie nicht irgendwann verarbeitet wird, sehr krank machen kann. Und genau das, was du ansprichst, ist ein wichtiger Punkt - die Kinder leiden furchtbar. Meine Tochter hat mich gefragt, ob sie, wenn sie mal heiraten würde, für uns zwei Starrköpfe jeweils eine extra Feier ausrichten müsse. Toll was! Ich bin nicht stolz auf diese Situation, aber ich bin noch nicht in der Lage, über den Dingen zu stehen - oder anders, zu verstehen (mal nicht nur aus meiner Sichtweise) und zu verzeihen. Aber es ist ein Ziel für mich. Meine Tochter hat im Sommer ihre Schulabschlussfeier. Ich habe ihr gesagt, ich würde nicht kommen können, weil ihr Vater da ist. Lieber , das ist kein Trotz, da sind noch so viele nicht aufgearbeitete Emotionen, ich habe einfach richtig großen Schiss!!! Aber ich bin am Kämpfen mit mir selbst, ich will zu dieser Abschlussfeier gehen. Aber ich sage es ihr noch nicht, aus  Angst, sie dann zu enttäuschen, wenn mich doch der Mut verlässt. Doch wenn ich es schaffe, an diesem für sie sehr wichtigen Tag bei ihr zu sein und dann noch mit ihrem Vater Frieden zu schließen - ich weiß, sie wäre glücklich - und ich wahrscheinlich auch.
Liebe Grüße und Danke für deinen Gedankenanstoß
Tina

11.01.2002 23:56 • #3


E
Lieber ,

ich bin nicht ganz Deiner Meinung finde es aber sehr gut, daß Du dieses Thema anschneidest.

Ich glaube nicht das man eine Beziehung perfektionieren kann, wenn man nicht mehr unbefangen und einfach naiv an den neuen Partner herangeht!
Ein klarer Kopf ist zwar nicht verkehrt aber gleichzeitig steht man sich so auch selbst im Weg!
Und das ist Dir dabei ja auch leider passiert.
Den größten Fehler, den wir glaube ich alle machen, ist das wir vorher nicht richtig kritisch hinsehen. Meißt begeistern uns doch Menschen die entweder genau gleich oder total gegensätzlich sind, kommt dann auch noch eine Konstellation auf in der ein Partner unbewußt dominiert, sind Probleme vorprogrammiert.
Die Frage ist doch eigentlich nur mit welchem Respekt und mit welcher Toleranz man sich begegnet!
Wir sind alle Menschen, egal ob Mann oder Frau und wir als Menschen sind leider so gepolt, daß bei uns Macht eine große Rolle spielt.
Wir wollen unser eigenes Wohl dem Partner mitteilen und wenn uns das nicht gelingt reagieren wir darauf meißt dumm!

Die größten Kriege entstehen daraus, leider!

Liebe macht einen angreifbar und gibt demjenigen den man liebt Macht!
Wir machen glaube ich doch alle den Fehler, ganz unbewußt, das wir versuchen dem Partner die eigene Meinung und den eigenen Wunsch aufs Auge zu drücken. Oft vergessen wir dabei, den Partner so anzunehmen, wie er ist!
Ganz ehrlich, es sind doch meißtens viele kleine Nichtigkeiten die eine Partnerschaft bröseln lassen. Wie die dumme Zahnpastatube!!!!
Ob Männer eher verzeihen oder weniger Stolz sind als Frauen und ob Frauen mutiger sind als Männer, könnte ich nicht sagen! Ich glaube, daß wir diesbezüglich gleich sind.
Was uns unterscheidet ist allein die S..
Ich glaube zwar nicht, das Männer überwiegend mit Ihrem Geschlechtsteil denken, jedoch ist es immer wieder ein wichtiger Aspekt.
Männern wird ein Seitensprung noch lange nicht so angekreidet, wie einer Frau.
Eine Frau hat doch viel eher Ihren Ruf zu verlieren als ein Mann.
Vielleicht ist es deshalb so, wie Du sagst, das Frauen Dir disziplinierter erscheinen!
Wie gesagt, ich bin fest davon überzeugt, würden wir unserem Partner mehr Respekt und Toleranz entgegenbringen ohne Unterwürfigkeit und ohne Machtgerrangel, würden wir die Kleinigkeiten nicht so wichtig nehmen, hätten wir vielleicht alle ein kleines bisschen weniger Probleme.

Vor allem sollte man auch immer ein wenig versuchen sein Gegenüber zu verstehen und seine Sicht der Dinge anzunehmen. Ich glaube das man sich so viel eher ein Gesamtbild machen kann und dann auch viel eher bereit ist zu verzeihen. Vor allem müssen wir, denke ich auch alle lernen uns selbst mit unseren Fehlern anzuerkennen und uns so annehmen und akzeptieren wie wir selber sind.
Dann kommt auch niemand auf die Idee, Verantwortung abzuschieben. Ich gebe Dir in diesem Punkt absolut Recht und ich glaube auch, daß wir uns aus Bequemlichkeit nur allzu oft dazu verleiten lassen, Verantwortung dem anderen zu übergeben. Die Lastverteilung und die Selbstverständlichkeit, die daraus resultiert führt auch dazu, das Mann oder Frau sich nicht mehr geliebt fühlt!

Mir hat einmal jemand gesagt gestalte Deinen Alltag so, als wärst Du ganz allein! All die Dinge, die Dein Partner für Dich dann erledigt, betrachte als Geschenk!!!!

Liebe ist etwas ganz besonderes und auch Liebe ist ein Geschenk, es lohnt sich immer dafür zu verzeihen. Vor allem wenn man viele Jahre gemeinsam verbracht hat. Egal ob man wieder zueinander findet oder nicht. Aus der Erfahrung sollten wir lernen, sie aber nicht wie eine dicke Schicht auf unser Herz legen! Denn dann macht sie uns irgendwann einmal nicht mehr empfänglich für das, wonach wir uns alle am meißten sehnen, ----------- danach geliebt zu werden!

Liebe Grüße

Ursula

12.01.2002 13:14 • #4


E
Hallo ,

ich habe deinen Beitrag und die Antowrten darauf mit viel Interesse gelesen und kann meine Erfahrung und Sichtweise nur aus einer einzigen Beziehung einbringen. Bei uns war es irgendwie andersherum. Mein Ex war es der sich nicht meiner Liebe sicher war und statt mit mir zu reden eine neue Liebe bzw. Bestätigung als Mann gesucht und gefunden hat.
Egal ob Mann ode Frau, Gefühle kann man nicht bewußt steuern. Auch wenn man vom Kopf her verzeiht, das Herz spielt da nicht so schnell mit. Ich frage mich oft wie das geht ,dass ich meinen Ex noch liebe, aber gleichzeitig ihm nicht wirklich verzeihen kann. Aber es ist so. Dass ich nicht verzeihen kann, liegt wohl daran, dass ich wegen einer anderen verlassen wurde. Und er alleine über mich und die Kinder entschieden hat

Zum Thema Leidenschaft und S.. Die Formen, die Art und Weise, sie verändern sich. Der Mann hat aber Probleme damit, wenn sich die Frau in der Schwangerschaft und danach verändert und er nicht mehr der alleinige Mittelpunkt ihrer Liebe ist. Er braucht dann oft Liebesbeweise und möchte als männliches Wesen behandelt werden. Ich denke Frauen können da besser ihre eigenen Sehnsüchte zurückstecken. Der Mann nicht. Er ist - tut mir leid um den Ausdruck - schwanzgesteuert. Wenn es s.uell nicht das bekommt was er braucht sucht er es sich halt woanders

Ebenso wie der Verlassene mit der neuen Lebenssituation kämpft, tut dies der Verlassende. Denn auch die, die Verlassen wissen nicht im voraus wie sich alles entwickelt, ob die Entscheidung letztendlich die richtige war. Und ich denke, da nicht alles so abläuft wie sie es sich vorgestellt haben. Auch sie werden verletzt und verletzte Gefühle verhalten sich nunmal irrational.

Wichtig ist jedoch nicht die Achtung vor sich selbst zu verlieren. Nur wer sich selbst schätzt wird auch von anderen geachtet und geliebt.

Euch allen, alles und viel Liebe
Chiara

13.01.2002 13:37 • #5




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