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Bindungsangst und Depressionen - was kann ich tun?

Valicitas
@ Santosha1951
Das sind wirklich Schilderungen, die mir es wirklich langsam begreiflich machen. Wenn man zusammen kommt und so innig ist (und mein Ex war auch sehr innig in den ersten Monaten) dann aber diese Distanz zu suchen, gestaltet das Ausloten der Beziehung doch recht schwierig. Diese Vorstellung der vollständigen Verschmelzung trägt nur dazu bei, dass man sich selbst verliert. Das ist alles andere als gesund.

@ oceanbreeze:
Du beschreibst hier ein Verhalten, das viele Partner hier erlebt haben dürfen. Danke für diesen Beitrag. Was war denn dein Auslöser dafür, dass es bei dir klick gemacht hat?

16.07.2017 11:52 • x 1 #16


O
@valicitas das war nach etwa einem halben jahr wöchentlicher gesprächstherapie (psychoanalyse)

irgendwann habe ich gemerkt dass alles was ich meinem ex freund vorgeworfen habe, auf mich zutrifft und das war ein riesen schock - ich habe wirklich nie im entferntesten daran gedacht obwohl es so offensichtlich war. man macht immer den anderen verantwortlich und schiebt ihm seine eigenen fehler zu, der partner ist wirklich der beste spiegel für einen selbst!

was auch komischerweise geholfen hat es anzuerkennen: ich habe eine gute freundin die unter bindungsangst leidet, sie wurde als kind s.uell missbraucht. sie hat das trauma weitestgehend überwunden aber in gesprächen mit ihr habe ich erkannt wie komisch ihre gedankengänge manchmal sind (also so was wie: ich muss alleine sein um meine probleme zu lösen... ich fühle mich im ausland mehr wie ich selbst.. usw) und darin habe ich mich selber erkannt. ich glaube das war ein sehr wichtiger punkt damit es klick machen konnte.

dabei hat sie zB ihre bindungsangst nie anerkannt obwohl sie auch eine therapie gemacht hat. deswegen sage ich eine therapie muss nicht immer helfen bzw es dauert bei jedem unterschiedlich lange.

noch eine sache : ich denke der spiritualitäts-trend ist ein befeurer der bindungsangst! und trägt dazu bei das man sie länger verstecken kann. denn am ende gaukeln einem alle möglichen bücher und seminare die sich mit spiritualität und selbstfindung beschäftigen vor, dass man seinen eigenen weg eben nur alleine finden kann. und das stimmt auf jeden fall nicht, immer wenn es um beziehungen geht dann schafft man es eben nicht alleine.

16.07.2017 12:04 • x 2 #17


A


Bindungsangst und Depressionen - was kann ich tun?

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S
Zitat von Valicitas:
@ Santosha1951
Das sind wirklich Schilderungen, die mir es wirklich langsam begreiflich machen. Wenn man zusammen kommt und so innig ist (und mein Ex war auch sehr innig in den ersten Monaten) dann aber diese Distanz zu suchen, gestaltet das Ausloten der Beziehung doch recht schwierig. Diese Vorstellung der vollständigen Verschmelzung trägt nur dazu bei, dass man sich selbst verliert. Das ist alles andere als gesund.


@Valicitas

genau wie du schreibst....in den ersten Monaten der Idealisierung. Bei uns waren es 8 Monate, die wir lebten wie in einer Beziehung.
Das er mich spiegelte, habe ich nicht so empfunden. Nur dann viel später an psychischen Defiziten gemerkt.
Erst später habe ich begriffen, was dabei passiert ist. Dann kam als Abwehrmechanismus die Abspaltung, nicht unbedingt Entwertung.
Er sagte auch immer....egal, was passiert, ich habe niemals eine Frau so geliebt wie dich. Ich habe es geglaubt.
Wir verbrachten jede Woche drei Tage miteinander und eine Nacht. Plötzlich reduzierte er auf einen Tag in der Woche. Da wurde dann alles ausgelebt, was möglich war.
Das fing beim frühstücken an, ging über einkaufen für mich, Fahrten an z.B. einen schönen See, Essen gehen und abends dann diese symbiotische S.u.ali.tät. Dann musste er nach Hause.
Die Symbiose sorgte dafür, dass er sich als der Betroffene als ganz empfindet und nur dann ist er fähig, auch positive Gefühle zu empfinden.

Er schrieb mir selten SMSen, wo er erkannte, er könne sich nicht im Spiegel ansehen, fühlt sich zum k.ot.zen, niemand kann ihm helfen, nicht mal er selbst. Ich war oft irritiert darüber.

Diese Spaltung nach den 8 Monaten, sicherte ihm sein psychisches Überleben, weil er auf der anderen Seite diese wahnsinnigen Ängste hatte, verschlungen zu werden durch seine Gefühle, die auftauchten und die er nicht zulassen wollte. Total paradox.

Alleine sein konnte er überhaupt nicht. Er hatte zuhause eine 3. Person, die in unserem Drama mitspielte, die das alles akzeptieren musste, weil sie nicht mehr in der Lage war, sich zu trennen.
Co-Abhängigkeit, ihre A.l.k.-S.u.cht. Keine körperliche Nähe seit 16 Jahren.

Sie ist immer da, weil sie die Wohnung nicht verlässt, er bekommt Dankbarkeit und die Gewohnheit dieses abhängigen Lebens nimmt er hin, wegen seine flottierenden Ängste vor dem Verlassen werden.

In der Idealisierungsphase, da sah er sich mit mir Wohnungen an und wollte endlich den großen Schritt in ein neues Leben wagen. Stellte mich Freunden als neue Lebensgefährtin vor.
Wenn ich dann sagte, wir können doch erstmal getrennt voneinander leben und unsere Beziehung aufbauen, dann wurde er richtig sauer. Das das Angst war, konnte ich damals noch nicht erkennen.

Ich könnte ein Buch schreiben darüber, es ist einfach der Wahnsinn.

16.07.2017 13:24 • x 1 #18


C
Danke an alle, dass ihr hier so viele Antworten schreibt. Eure Beiträge helfen mir besser mit der Situation umzugehen. In meinem persönlichen Umfeld gibt es eben keinen vergleichbaren Fall wie meinen, weshalb ich oft auf Unverständnis stoße. Hier fühle ich mich verstanden!

Vermutlich so ähnlich wie @Eswirdbesser sie beschrieben hat, lief unsere Beziehung auch bis zuletzt ab. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn sie, was oft vorkam, abends nicht telefonieren wollte, habe ich das akzeptiert, indem ich sagte, es ist okay, habe ihr trotzdem noch nette Worte gesagt, gesagt, dass ich mich gefreut habe ihre Stimme zu hören und eine gute Nacht gewünscht. Es hat mich tatsächlich auch nicht so sehr gekränkt. Ich habe das dann nicht auf mich bezogen und meine Dinge weiter gemacht. Am nächsten Morgen, hat sie sich dann meistens von selbst gemeldet. Richtig entglitten ist die Beziehung erst zuletzt wo die Zeitprobleme so massiv wurden und es ans Eingemachte ging, und wo sie vielleicht durch die Hochzeit ihrer Freundin und meinem zukünftigen Job kalte Füße bekommen hat. Quasi der nächste große Schritt für eine gemeinsame Zukunft unter unsicheren Umständen.

@Santosha1951 Die psychologischen Maßnahmen für die Krisenintervention habe ich erst durch die Trennung ergriffen, weil insbesondere die extrem unpersönliche telefonische Trennung und die lange darauf folgende Kontaktsperre, wo ich keine Gewissheit bekommen hatte, Spuren hinterlassen hat. Ich sehe Therapie nicht als letzten Ausweg für mich und schäme mich auch nicht dafür. (Ich interessier mich seit jeher für Gesundheitswissenschaften und arbeite im technisch wissenschaftlichen Bereich für Lebenswissenschaften. Ich sehe mit anderen Augen darauf, würde ich mal behaupten. Wenn beispielsweise von Depression die Rede ist, habe ich direkt Modelle von Hormonen, Rezeptoren, Nervensystem usw. im Kopf.) Ich möchte mich jetzt mit der psychologischen Sicht auseinandersetzen, andere Impulse von professioneller Seite erhalten, die ich mir vielleicht selber nicht geben könnte, um es für mich selber besser zu verstehen. Vor allem welche Rolle ich da spiele.

@oceanbreeze
Ich werde mir deinen genannten Beitrag in den nächsten Tagen bei Gelegenheit durchlesen.
Was du beschreibst, konnte ich sehr gut auch bei meiner Ex-Freundin beobachten. Diese Gedanken, diese niemals endenden Grübeleien über sich selbst, ohne sich zufriedenstellende Antworten zu geben, konnte ich sehr gut spüren bei ihr. Sie saß sehr oft einfach herum und dachte nach. Im Urlaub habe ich es immer am deutlichsten gespürt. Sie hatte nicht sagen können, was sie eigentlich unternehmen will. Initiativen waren, wie auch überall sonst, sehr selten. Sie hat stets andere Sachen aufgegriffen, wo sicher alles im Voraus geplant wurde und schon klar absehbar war, was besprochen wird und wie das Treffen verläuft. Spontan Freunde zu fragen, um sich anzuschließen, konnte sie absolut überhaupt gar nicht. Sie bevorzugte es, sich mit sich selbst auseinander zu setzen und fand keine Anreize in der Umwelt. Sie war nicht in der Lage dort Hebel anzusetzen. Stattdessen fragte sie sich, wie sie dabei auf mich oder andere wirkt. Wenn wir tolle Sachen unternommen haben, war sie dann meistens auch begeistert.

Ein ganz, ganz, ganz charakteristisches Merkmal von schönen Unternehmungen mit uns war, dass sie nach jeder diesen Unternehmungen emotional einknickte. Egal, ob es ein Treffen mit unseren Freunden war, wo viel gelacht wurde, wir im Urlaub Wildwasser-Rafting gemacht haben, im Krimi-Museum waren (Krimis sind ihr Steckenpferd), ein schönes Familienfest gefeiert haben, auf mitreißenden Konzerten waren, den ganzen Tag voller Freunde mit meinem Patenkind gespielt haben, oder eben bei der Hochzeit der besten Freundin (Standesamt als auch Kirche). Danach war erst mal trauriges Weinen angesagt, häufig ohne konkreten Anlass. Vor anderen ihre Schwäche zu verbergen hatte enorme Kraftreserven von ihr gekostet. Sie wollte unter allen Umständen vermeiden, dass andere sehen wie sie wirklich denkt und fühlt. Für alle andere ist dieses Muster aber offensichtlich. In den Arm genommen wollte sie dann auf keinen Fall! Ich habe es dann dabei belassen ihr Knie oder ihre Hand zu berühren. Dieser Komplex ist etwas, worauf ich mir keinen Reim machen kann!

Deinen letzten Beitrag, @Santosha1951, muss ich mir bei Gelegenheit etwas genauer durchlesen und darüber nachdenken, weil das schon ziemlich heftig klingt. Vor allem auch wegen den Faktoren Abspaltung, Alk. und Co-Abhängigkeit. Zu dem Stichwort Symbiose fällt mir ein, dass ich ein sehr gutes und empfehlenswertes Buch dazu gelesen habe. Es heißt die Psychologie der S.u.ellen Leidenschaft (ja, auf den ersten Blick ein unpassender Titel für unsere Thematik). Dort werden siamesische Beziehungszwillinge angesprochen, die durch einen hohen Grad an emotionaler Verschmelzung gekennzeichnet sind. Sie wollen, dass beide Herzen im Einklang schlagen. Man findet dort sehr viel wieder, was man auch als Bindungsangst bezeichnen könnte.

@oceanbreeze
Da muss ich direkt an Buddhismus denken. Zum Glück ist meine Mediationsgruppe von einem erfahrenen indischen Guru geleitet. Er sagt jedes Mal ganz explizit, die Meditation richtet sich an alle, Religion, Anschauung, etc. spielen keine Rolle. Und die Leute tauschen sich danach auch alle aus. Es ist etwas sehr gemeinschaftliches und Gruppenmitglieder unternehmen zusammen Reisen. So ist es auch in der SHG. Man unternimmt viel zusammen. Ich bin da auch echt froh drüber, dass das nicht in Ego-Trips endet.

Ich habe heute einen schönen Tag mit meiner Familie im Hochseilgarten genossen (war ganz schön aufregend !) Außerdem möchte ich demnächst nach Ungarn fliegen, um eine Person zu besuchen, die ich nur ein paar mal vorher getroffen habe. Das wird auch spannend. Irgendwie muss ich ja auch was für mich selber tun.

Schönen Abend noch.

16.07.2017 22:29 • x 1 #19




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