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Du bist überall

M
Du bist überall in dieser gottverdammten Stadt.

Du bist jeder Pflasterstein auf dem Weg zur Uni. Jede Mauer, auf der wir zusammen in der Sonne saßen und auf den Bus gewartet haben. Jeder Grashalm im Park unter uns, als du noch in mich verliebt warst und es dir egal war, dass jeder sieht, wie du mich küsst.
Du bist jeder Glockenschlag der Turmuhr, der über den Marktplatz hallt. Du bist jeder Korridor in der Universität, durch die wir uns an den Händen halten gegangen sind. Du bist jede Mitschrift, jede Klausurnote von jeder Veranstaltung, die wir zusammen besucht haben. Du bist jeder Aufzug, in dem wir uns so leidenschaftlich geküsst haben. Jeder Tisch in der Mensa, an dem wir beim Mittagessen unsere Witze gerissen haben. Jede Busfahrt, bei der wir uns darum gestritten haben, wer den besseren Platz bekommt.

Du bist hier in der Wohnung. Du gehst hinter mir die Treppe hinauf und piekst mich dabei scherzhaft in den Bauch. Du sitzt neben mir auf dem Sofa, zwar in die Arbeit vertieft, aber eine Hand auf meinem Oberschenkel, mich gedankenvergessend liebkosend. Du klappst den Laptop zu und ziehst mich zu dir. Du sitzt an meinem Schreibtisch, spielst auf dem Boden mit der Katze, wartest in meinem Bett auf mich.

Ich habe alle Erinnerungen an dich in einen Umschlag gepackt und weggegeben. Die Eintrittskarten ins Kino. Unsere Reise nach Berlin im Sommer. Unser Tick, zusammen auf die höchsten Gebäude zu steigen.
Und trotzdem bist du hier, überall, und ich weiß nicht, wie dieser Schmerz jemals aufhören soll, wenn ich dich immer wieder sehen muss. Mein Körper betrügt mich. Wenn ich dich sehe, schlägt mein Herz immer noch wie wild. Ich will diese Gefühle loswerden, versuche mich zu lösen, aber ich kann nur zärtlich an dich denken. Wie kann es denn sein, dass ich dich nach fast 2 Jahren immer noch so sehr liebe und deine Gefühle sind einfach verschwunden? Hätte ich etwas anders machen können? Hätte ich verhindern können, dich zu verlieren? Ich fühle mich, als hätte ich mit deiner Liebe ein Privileg bekommen, was ich nie verdient habe und durch eigenes Verschulden wieder verloren habe.

Wie kann es denn sein, dass ich nach fast 2 Jahren noch so verliebt in dich bin - nicht war, bin - und du sagst, du liebst mich nicht mehr? Bis vor 2 Wochen war ich noch so lächerlich glücklich mit dir und jetzt sind alle Erinnerungen an dich aus dieser Zeit wie vergiftet. Es tut so weh zu wissen, dass du in diesen Momenten nichts mehr gespürt hast.

Ich weiß, dass du mir nicht wehtun wolltest. Ich denke, dass ich dir noch etwas bedeute, nur nicht eben das. Aber es tut so weh und es kommt mir so ungerecht vor, dass es nur mir so wehtut.

Damals wolltest du mich, warst mein bester Freund. Ich habe den Kontakt mit X für dich abgebrochen, wollte dich nicht als Freund verlieren und dir eine Chance geben, obwohl ich nur Freundschaft und tiefe Verbundenheit für dich empfunden habe. Daraus ist so viel mehr geworden. Jeden Tag habe ich dich mehr geliebt als am Tag zuvor.
Jetzt willst du mich nicht mehr, und du gibst mir auch keine Chance mehr. War es für dich nur Verliebtheit, damals? Sind deine Gefühle schon so lange nicht mehr da? Ich wusste, dass du nicht mehr in mich verliebt bist - hielt es für normal - und habe dir vertraut, so sehr vertraut, dass du mir sagst, wenn du nichts mehr fühlst, nicht erst, wenn es schon zu spät ist.

Hätte es etwas genutzt, wenn ich dich nicht gedrängt hätte, zu sagen, ob du eine Zukunft für uns siehst? Habe ich dich in dem Moment ganz verloren? Ich hoffe so sehr, dass du verstehst, dass ich mit der Unsicherheit nicht mehr leben konnte. Und trotzdem hat es mich aus heiterem Himmel getroffen. Ich dachte, wir könnten es schaffen. Ich wollte so sehr um uns kämpfen, aber du hast gesagt, du hast keine Energie dafür.

Jetzt sitze ich hier in dieser Wohnung in dieser Stadt mitten in all diesen Erinnerungen und vermisse dich so sehr. Deine Liebe. Deine Freundschaft. Die Gespräche mit dir. Deinen Rat. Deinen Trost. Deinen Humor. Den Alltag mit dir zu teilen. Dein Lächeln. Deinen Körper. Ich habe nicht nur meinen Partner verloren, sondern auch meinen besten Freund. Vermisst du mich denn nicht? Warst du mir so viel wichtiger als ich dir?

Ich liebe dich so sehr, dass ich glaube, es hätte für uns beide gereicht.

17.02.2014 21:55 • #1


H
Hey Miss Misery,

ich denke, dieser Text spricht vielen aus der Selle, mir tut er es auf jeden Fall. Das ewige Fragen nach dem Warum ist zermürbend... Die Frage danach, warum man denn überhaupt ein Mal glücklich war, beide bereit waren, alles für den anderen zu geben, ein gemeinsames Leben zu führen. Aber es kommt die Zeit, dass einer nicht mehr liebt. Und es kommt die Zeit, da der anderen von Tag zu Tag mehr liebt, so ging es mir auch. Ich denke, die Frage nach dem Warum wird wohl nie beantwortet werden, vom Ex sicher nicht, zumindest nicht zu 100% ehrlich. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Mensch von heute auf morgen all das vergisst, was man zusammen hatte, was man aneinander hatte, aber auch mich lässt der Eindruck nicht los, dass es Menschn gibt, die das leider können. Auch ich war der Meinung, dass meine Kraft, meine Liebe für beide reicht, um die Beziehung zu retten, leider ist das eine Illusion und je größer die Liebe des einen im Vergleich zum anderen ist, desto schwerer wird es.

Ich finde deine Worte sehr schön, sie sind gut gewählt und klingen ehrlich. Es entsteht detr Einrdruck, dass es auch nicht mehr zu deiner Trennung zu sagen gibt, du hast es auf den Punkt gebracht, schmerzlich, aber ehrlich.

Ich befinde mich momentan in einer sehr ähnlichen Situation, ich wünsche dir alle Kraft, das Ganze durchzustehen und irgendwann wieder Licht am Ende des Tunnels sehen zu können.

Ganz liebe Grüße,

Felix

18.02.2014 14:16 • x 1 #2


A


Du bist überall

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S
ach miss misery .... viel kraft und mut ... bin auch grad in der situation

18.02.2014 14:23 • x 1 #3


K
Hi Miss!
Es ist so traurig das zu lesen, geht mir genauso, und auch ich denke, dass meine Liebe zu meiner Ex für beide gereicht hätte
Ich fühle mit dir.... Und es tut weh....

18.02.2014 14:29 • x 1 #4


T
Liebe Miss Misery,

Du hast gerade eine Seite in mir berührt, bei der ich dachte es gibt sie nicht mehr. Ich kann so mit Dir fühlen. Du hast es so auf den Punkt gebracht.

Jetzt habe ich seit Wochen das Gefühl mal wieder weinen zu können. Du hast Deine aber auch meine Gefühle derart auf den Punkt gebracht...

Du hast das geschrieben, was ich schon seit Wochen verdrängt habe.

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Du Deinen Kummer irgendwann überwinden wirst.

18.02.2014 14:39 • x 1 #5


J
Hey,

es tut mir so leid für dich... Aber ich weiß wie du dich fühlen musst.. Diese ganzen Erinnerungen. Die fressen einen auf....
ich denke immer noch wenn ich die Treppen runterlaufe von der Arbeit dass er draußen steht und auf mich wartet und dieses Grinsen wenn er mich
aus der Tür laufen sieht und ich herzlich empfangen werde.....ich könnte sterben vor Schmerz wenn ich dran denke....
Aber diese Erinnerungen kann uns keiner mehr nehmen. Sie werden immer im Herzen bleiben...

18.02.2014 15:50 • x 1 #6


M
Hey ihr Lieben,
danke für eure Antworten. Ich bin zufällig auf dieses Forum gestoßen und habe dann einfach angefangen zu schreiben ohne wirklich daran zu glauben, dass es etwas hilft. Aber ich habe das Gefühl, dass mir diese Gedanken wenigstens ein bisschen weniger im Kopf herum gehen, seitdem ich sie mal ausgesprochen habe, sei es auch nur zu euch und nicht zu ihm. Der Gedanke, dass ihr das gelesen habt und mit mir fühlt, ist unglaublich tröstlich, auch wenn ich mir natürlich wünschen würde, dass es euch nicht auch so geht... Aber deshalb sind wir wohl hier, um es irgendwie gemeinsam durchzustehen. Ich komme mir manchmal so falsch vor mit diesen Gedanken, frage mich, warum ich nicht loslassen kann. Hier habe ich das erste Mal seit der Trennung das Gefühl, dass diese Gedanken und der Schmerz dazugehören...

Heute musste ich mit meinem Exfreund - das so auszuschreiben ist unglaublich schwierig - einen Vortrag halten. Ich dachte für einen Moment, dass ich mitten im Vortrag anfange zu weinen, aber ich habe es durchgehalten. Ich bin froh, wenn ich ihn jetzt ein paar Tage nicht sehen muss und vermisse ihn gleichzeitig jede Sekunde... Mein Körper betrügt mich selbst und mein Herz klopft selbst jetzt noch, wenn ich ihn sehe.

Ich wünsche euch allen viel Kraft. Ich sitze hier vor meinem Laptop in meinem Bett - in dem ich seit Tagen nicht schlafen konnte, vor lauter Erinnerungen - und die Tränen laufen wieder, aber gerade finde ich es in Ordnung, zu weinen...

18.02.2014 22:34 • #7


M
Heute habe ich gedacht - hätte ich doch damals gewusst, dass es so zuende gehen würde und mich für die Freundschaft mit dir entschieden. Und dann kam wieder eine dieser plötzlichen Erinnerungen, die mich immer immer wieder wie eine Faust ins Gesicht treffen. Er und ich, wir liegen im Park nebeneinander im Gras, er ist glückselig, dass ich mich für ihn und gegen den anderen entschieden habe. Wir küssen uns, aber dann schiebe ich ihn ängstlich von mir weg: Was, wenn das mit uns beiden nicht klappt? Wenn dann unsere Freundschaft auch kaputt geht? Und er überlegt, bevor er antwortet: Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen. Aber du bist intelligent, sympathisch, interessant und wunderschön. Ich weiß nicht, warum wir nicht zusammenbleiben sollten.

Ob er sich daran noch erinnert?

19.02.2014 21:58 • #8




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