Schönen guten Abend allerseits.
Ich habe mir gerade überlegt, wie ich am besten beginne, so dass ich das Wesentliche nicht vergesse.
Vielleicht zu meiner Kindheit. Ich bin 34 Jahre alt. Wohlbehütet erzogen, studiert und bodenständige Eltern gehabt, meine Mutter war wohl größtenteils für meine Erziehung verantwortlich. Mein Vater hatte einen Sparsamkeitsfimmel und meine Mutter war eher jemand, der über Angst als Freiheit erzogen hat. Ich bin mit 23 Jahren ausgezogen und brauchte sicher einige Zeit, um die Erziehung zu reflektieren. Meine Schwester ist ähnlich betroffen wie ich, wir tauschen uns heute noch regelmäßig aus. Um das nicht ins unrechte Licht scheinen zu lassen: Ich habe tolle Eltern, ich liebe sie über alles und sie haben verdammt viel richtig gemacht. Meine Mutter hat sich sehr oft um uns gesorgt, wir sollten nicht nächtelang feiern, uns immer melden und vieles mehr. Leider strafte sie uns auch oft mit Missachtung, wenn wir nicht funktionierten. Das nennt man Liebesentzug. Meine Eltern haben wenige Freunde, sind eher sehr häuslich, führen aber eine intakte Ehe. Sie sind meine Vorbilder, schon immer gewesen in dieser und vielen anderen Hinsichten.
Ich weiß, dass ich seit der Kindheit eher Einzelgänger bin, ich habe häufig die Schule gewechselt, ich war sicher nicht einfach als Kind. Ich stehe heute bodenständig im Job, habe mir eine kleine eigene Existenz aufgebaut und mir geht es sehr gut. Ich habe Hobbys, einige wenige Kontakte, eher zum Weggehen oder Kino. Keinen besten Kumpel, mit dem ich durch dick und dünne gehe. Ich bin eher ein Einzelgänger.
Ich habe immer schon versucht, die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, was mir nicht schwer fiel, ich kann mich sehr gut verkaufen und habe eine sehr hohe Empathiefähigkeit, ich kann mich sehr gut in den anderen hineinversetzen und bin sehr einfühlsam (eine der Dinge, die Menschen, die mich wirklich kennen auch zu schätzen wissen).
Ich weiß, dass ich mich immer nach Menschen gesehnt habe, die mich gut finden, die mich lieben. Ich werde im allgemeinen als attraktiv beschrieben und ausstrahlungsstark, ich habe trotzdem sehr wohl Minderwertigkeitskomplexe, die ich seit meiner Kindheit gut verbergen kann. Das habe ich wohl von meiner Mutter gelernt, eine unglaublich hübsche Frau, die sich gut verkaufen kann, aber eigentlich eine eher ängstliche Person ist. Das bin ich auch.
Ich Laufe der Jahre ist vieles sehr viel besser geworden. Ich habe gemerkt, dass ich offen bin, dass ich eine charmante Art habe und die kommt gut an. Auch bei Frauen. Mir ist es schon sehr oft gelungen, interessante Frauen anzusprechen, was sich andere nicht getraut haben und ich hatte Erfolg. Zwar lief dann garnichts weiter, aber ich kam ins Gespräch und man traf sich. Meistens hatte ich oder die Frau kein Interesse mehr, aber man kam in Kontakt, das gab mir über die Jahre unglaublich viel Selbstbewusstsein. Trotzdem bin ich immernoch sehr angreifbar über Ablehnung (siehe Liebesentzug der Mutter). Mit Ablehnung von Menschen, die ich mag oder gar liebe, kann ich bis heute nicht umgehen.
Ich hatte wenige Beziehungen und immer wurde ich mehr geliebt als ich geliebt habe. Das war in meiner letzten Beziehung anders. Ich habe mich in eine Frau verliebt, die sehr gut aussieht, eine wunderschöne Ausstrahlung hat und auf mich eine unglaublich noch nie da gewesene Anziehung ausübt. Sie hat sich auch in mich verliebt. Leider stellt sie komplett das Gegenteil von mir da. Ich komme mit ihrem Verhalten und der Lebenseinstellung nicht wirklich klar, es ging mir in der Beziehung nicht gut. Sie war glaube ich nicht glücklich, aber eher zufrieden als ich. Wir hatten eine recht distanzierte Beziehung, sahen uns selten und es lief eher nebenher meiner Einschätzung nach. Ich war damit nicht zufrieden, wurde immer unzufriedener und lies meinem Frust auch freien Lauf. Ich konnte weder sie noch die Beziehung verändern und stellte sie vor die Wahl. Sie entschied sich für ihre Freiheit und gegen mich.
Was sich anschließend zunächst gut anfühlte. Ich war wieder frei, konnte wieder frei flirten und wieder meinen Hobbys nachgehen. Später wurde es zur Qual und zwar zur noch größeren als in der damaligen Beziehung. Wir haben das ganze im Mai beendet und ich komme einfach nicht darüber hinweg. Noch lange hielten wir Kontakt, bis September. Dann brach er ab. Über die klassische Kontaktsperre, die sie einleitete, Blockade wo es nur ging. Wir sahen uns trotzdem noch sehr häufig über Freunde oder Feiern. Ausserdem wohnt man hier im Dorf, man läuft sich wirklich ständig über den Weg.
Kurz zu meiner Ex Freundin:
Vollkommen anders sozialisiert als ich. Ihre Eltern haben sich früh scheiden lassen. Der Vater war nur Sonntags für die Kinder da. Sie hat zwei Geschwister. Der Vater, ein grober Typ, den ich mal kennen gelernt habe, sehr unsympathisch. Zeigte wenig Zuneigung, geschweige denn Liebe und war glaube ich enttäuscht, eine Tochter als Kind bekommen zu haben. Die Mutter macht einen hilflosen Eindruck. Meine Ex Freundin hat große Nähe/Distanzprobleme, Bindungsangst. Sie braucht unglaublich viel Freiraum und ich maße es mir an, dass sie auch weiß, wie man mit Männern spielt. Sie meldete sich nur wenn ihr es passte, war auch häufig über längere Zeit nicht erreichbar, brauchte ihren Abstand. Ich kam mit sehr vielem nicht klar. Während ich eher die Dinge zu zweit angehen wollte, war sie lieber allein unterwegs, das war für sie unbeschwerter als den Freund (in dem Falle mich) dabei zu haben, der es nicht so krachen lassen konnte wie sie (allein). Habe Verständnis für sie, aber es passt eben nicht zu mir.
Ich habe lange überlegt, ob ich diese Frau zurück möchte. Abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass sie mich noch einmal haben möchte, da das ganze für sie mindestens genauso verletztend war wie für mich. Wir haben uns beide sehr große Hoffnungen gemacht, aber dann festgestellt, dass der andere einfach inkompatibel ist. Die Gründe dafür sind genannt.
Jetzt könnte man sagen: Hak es ab, sie und ich passen nicht zusammen - fertig.
Aber ich kann es nicht. Ich kann es einfach nicht. Ich denke ständig an sie, sie fesselt mich und lässt mich nicht los. Ich bin heute der Ansicht, sie hat in mir Wunden los gerissen, die ich in der Kindheit zugefügt bekam.
Sie lässt mich links liegen, ich bin überall blockiert, komme kaum an sie heran, wenn ich sie nicht zufällig irgendwo treffe, dann auch blockt sie ab. Zuvor der Klassiker: Lass uns Freunde bleiben. Dass das selten geht, war mir klar. Ich ließ den Satz so stehen, korrigierte ihn nicht.
So - und wieso schreibe ich das alles nun?
Problem 1)
Ich muss herausfinden, was an ihr mich so sehr anzieht. War es die Liebe, die sie mir entgegen gebracht hat? Ihr Verhalten war nicht so, wie ich es mir in einer Beziehung gewünscht hätte. Zu Ich-Bezogen, zu wenig Wir-Bezogen, sie war ein Mensch, der zuerst satt werden wollte und erst später gefragt hat, ob der andere auch hätte etwas ab haben wollen. Sie hat ihr Leben, ihre Wochenenden und alles allein geplant, so wirklich kam ich in ihrem Leben nicht vor. Was aber zog mich zu ihr hin? Klar sie ist eine optisch wirklich sehr hübsche Person, aber kein Model, sie ist eher eine Frau mit Ecken und Kanten, eine sehr besondere Frau, kein Einheitsbrei - auch nicht optisch.
Wenn ich wüsste, was mich anzieht, warum ich ihr so nachtrauere, könnte ich vielleicht dort angreifen und etwas verändern. Aber so weiß ich es nicht genau.
Problem 2)
Wie komme ich von ihr los, wie verarbeite ich, dass sie mich abgestoßen hat, dass sie mir ihre Liebe entzogen hat? Das rüttelt bei mir das wach, was ich aus der Erziehung kenne. Selbst wenn wir Kids damals etwas getan haben, was objektiv betrachtet nicht einmal schlimm war, wurde uns das Gefühl gegeben, wir müssen uns entschuldigen, den ersten Schritt machen. Systematisch glaube ich, viel Stolz verloren zu haben und nach jedem Mal, wo man entgegen des eigenen Gefühls ankriechen musste und sich entschuldigen musste, verlor man wieder ein Stück seines Stolzgefühles. Und so kommt es mir gerade bei ihr vor. Wir haben keinen Kontakt, wenn er wieder bestehen sollte (die Frage stellt sich wozu eigentlich), so müsste ich um den Kontakt kämpfen, mich bemühen und würde mir hinterher wieder schäbig vorkommen.
Ich bin ziemlich am Ende, derzeit seit einigen Tagen wegen schwerer Magenprobleme krank geschrieben, ich glaube auch, dass sie durch dieses ganze Trennungsverfahren verursacht worden.
Ich erhoffe mir Denkanstöße oder vielleicht Menschen, die mich verstehen und nachempfinden können.
06.11.2014 20:59 •
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