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Freund will in seine Heimat zurück

E
Hallo ihr Lieben,

ich vermute das hier könnte etwas länger werden, aber ich muss in diesem Fall einfach ganz vorne anfangen:

Ich (27) bin seit etwa 2,5 Jahren mit meinem Freund (23) zusammen. Wir haben uns online durch Freunde kennen gelernt und nach knapp einem Jahr immer mehr Kontakt privat gehabt und miteinander geschrieben und gemerkt, dass wir uns beide gegenseitig sehr anziehend finden. Ziemlich spontan haben wir dann ein erstes Treffen ausgemacht, ursprünglich nur ein Wochenende, daraus wurden letztlich jedoch knapp 2 Wochen, da er derzeit arbeitslos war aufgrund Depressionen und ich war aufgrund einer Handverletzung krank geschrieben. Es hat sofort gepasst und schon nach ein paar Tagen waren wir zusammen. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, haben wir uns direkt eine Woche später wieder für 3 Wochen gesehen, ich musste zwar wieder arbeiten aber das war nicht schlimm. Nach diesen drei Wochen stand für uns direkt fest: Wir wollen zusammen ziehen! Hauptgrund dafür: Ich wohne in Niedersachsen und er kommt aus Österreich, er hatte dort auch einen jahrelangen Freundeskreis, kam aber abgesehen von seiner Mutter und einer Schwester mit seiner Familie kaum zurecht, weswegen ihm die Entscheidung nicht sonderlich schwer fiel. Knapp ein halbes Jahr später ist er also zu mir mit in mein Elternhaus gezogen, in dem wir eine eigene Wohnung haben.
Nachdem es im ersten Jahr nicht möglich für ihn war, hier eine Ausbildungsstelle zu finden (er ist erst Ende Juli hergezogen), hat er kurzfristig einen Minijob übernommen. Größtes Problem war, dass er nämlich noch keinen Führerschein hatte und auf dem Land kann man ohne leider gar nichts erreichen. Den hat teilweise er von Erspartem gezahlt und teilweise ich von meinem Gehalt. Dazu kam dann, dass wir jeden Monat 200Euro für die Krankenkasse zahlen mussten, da er in Deutschland keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte und ich zu viel verdient habe, als dass er HartzIV hätte beziehen können.
Im Juli war es dann das erste Mal so weit, dass er ganz starkes Heimweh bekommen hatte. Sogar mit seiner Mutter hatte er telefoniert, ob er theoretisch die Möglichkeit hätte zurück zu kommen. Das wäre für sie jedoch nur okay, wenn er sich dort dann einen Job suchen würde. Problem daran war, dass ich mit unregelmäßigen Arbeitszeiten und er mit einer normalen Arbeitswoche keinerlei Möglichkeit hätten, uns hin und wieder zu sehen und irgendwann nach ein paar Wochen war das Heimweh dann auch irgendwie wieder verflogen. Aber diese Wochen waren die Hölle für mich, nicht zu wissen was passieren wird, ihn total leiden zu sehen und nichts machen können, um zu helfen. Weil durch die Aussage seiner Mutter auch die Möglichkeit nicht wirklich gegeben war.
Auch im nächsten Jahr hat sich leider ausbildungsmäßig nichts ergeben, der Führerschein war dann irgendwann fertig (hat sich durch Corona hingezogen) und wir haben ihm dann ein günstiges Auto erstanden. Dadurch, dass es mit der Ausbildung nicht geklappt hat, hat er begonnen seinen Realschulabschluss nachzuholen (sein österreichischer Abschluss wurde hier nur als Hauptschulabschluss anerkannt), was er auch mit Top Noten geschafft hat. Auch einen Ausbildungsplatz hatte er diesmal direkt beim ersten Versuch gefunden und eigentlich hat alles total super gewirkt. Doch an den ersten beiden Ausbildungstagen hat die Depression wieder sehr stark gekickt, auch mit Selbstmordgedanken, da er sich dort absolut nicht wohlgefühlt und ernstgenommen gefühlt hat und nachdem er sich am dritten Tag krank meldete, und wegen der Depression vom Hausarzt für 2 Wochen krank geschrieben wurde, hat er natürlich direkt die Kündigung bekommen, was für uns okay war weil klar war, dass er dort nicht weiter hin konnte, wenn er dort Panik bekam. In der ersten Überlegung haben wir uns darauf festgelegt, dass er eine Therapie anfangen wird, jedoch ist das inzwischen kein Thema mehr, da er denkt dass dies nichts bringt, da kann ich reden was ich will. Er trägt jetzt wieder Zeitung aus, das ist wieder okay weil er dort auch keinen Menschenkontakt hat, aber das ist eben keine Dauerlösung. Er hat jetzt begonnen verschiedene Praktikas zu machen um zu gucken, wo er rein passt, wo er sich wohl fühlt und was ihm Spaß macht, um dort dann hoffentlich im nächsten Jahr eine Ausbildung starten zu können.
Und letzte Nacht war es dann wieder so weit. Er hat mir gestanden, dass er wieder total Heimweh hat, nach seiner Mutter, nach seinen Freunden und einfach nach derm Ort, in dem er aufgewachsen ist. Seine Überlegung war, dass er ja dort eine Ausbildung machen könnte und danach wieder zu mir ziehehn würde, dann würde er auch genügend Geld verdienen, dass er regelmäßig seine Mutter und seine Freunde besuchen könnte. Bislang war das leider entweder wegen Corona, oder aus Kostengründen (Ich als alleinverdiener, schlechtes Gehalt, jeden Monat 200Euro Krankenkasse) absolut nicht machbar. Aber einerseits will er mich hier zurück lassen, wobei die Probleme darin bestehen, dass ich hier einfach zu sehr verwurzelt bin und zudem eine Wohnung dort derzeit keiner von uns irgendwie zahlen könnte, andererseits hat er die Sorge, dass seine Eltern ihn nicht mehr zurück lassen. Und die Sorge, dass wenn er erst zurück gezogen ist, doch nicht alles besser wird und er mich und unsere Katzen nur noch mehr vermisst als er jetzt seine Heimat vermisst. Und ich denke noch dazu, dass es mit einer Ausbildung auch dort nicht einfacher wird, meiner Ansicht nach muss er etwas gegen seine psychischen Probleme unternehmen, damit er überhaupt richtig arbeitsfähig wird. Das alles erstmal objektiv dazu. Ich bin nämlich psychisch auch nicht unbedingt die stabilste, habe bislang aber immer versucht das irgendwie durchzustehen, was auch immer geklappt und mich irgendwie gestärkt hat. Ich möchte auch nur das Beste für ihn, aber ich habe einfach so eine wahnsinnige Angst ihn zu verlieren. Ich denke nicht, dass ich einer Fernbeziehung auf Dauer gewachsen bin, dafür brauche ich einfach zu viel Nähe und dazu kommt, dass ich ihn nicht einmal mehr in den Arm nehmen könnte, wenn er mal wieder eine seiner schlechten Phasen hat und habe Sorge, dass er, wenn es nicht so werden würde wie er es sich vorstellt, er eventuell endgültig aufgeben würde, denken würde dass er zu nichts taugen würde und sein Leben kaputt gemacht hätte, und sich dann im schlimmsten Fall etwas antut. Die Gedanken, dass er nichts kann und alles nur schlecht macht, hat er nämlich fast immer.

Tut mir Leid, dass es so lang geworden ist, aber ich musste mir das einfach mal von der Seele schreiben und hoffe jetzt, dass eventuell jemand ein paar hilfreiche Tipps für meine Situation hat.

28.09.2021 15:47 • #1


D
23 und noch ohne Beruf? Was ist denn das für ein Versager? Lass den sausen und sei froh, wenn er sich nicht weiter bei dir durchschmarotzt!

28.09.2021 15:59 • x 1 #2


A


Freund will in seine Heimat zurück

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tlell
Ist er wegen der Depreis in Therapie? Nimmt er Medikamente?

28.09.2021 16:08 • #3


K
Lass ihn erst einmal nach Hause zurückziehen und sich dort etwas aufbauen. Eine Fernbeziehung ist nicht unmöglich. So wie es jetzt ist, scheint es für ihn bei dir am Ort keine Zukunft zu geben.

28.09.2021 16:14 • x 1 #4


CanisaWuff
Zitat von DonaAmiga:
23 und noch ohne Beruf? Was ist denn das für ein Versager? Lass den sausen und sei froh, wenn er sich nicht weiter bei dir durchschmarotzt!

Das ist schon eine harte Aussage.
Ich kann es zwar nachvollziehen, aber dennoch ist Depression eine Krankheit und ich selber hätte ohne Medis aus meiner Krise wohl nicht mehr rausgefunden. Aber Fakt ist, dass er etwas machen muss und nicht auf der Tasche der TE liegen kann.
Hier sollte eine klare Trennung gezogen werden. Auch die Sache mit der Krankenkasse finde ich ziemlich heikel. Er muss zusehen, dass er das Geld aufbringt um sich selber zu versorgen. Wenn er es nicht schafft mit einer Therapie um die Problme in den Griff zu bekommen, dann muss er eben 5 oder 6 oder 10x Zeitungen austragen um die 200Euro zu stemmen.

28.09.2021 16:17 • #5


N
Deine wahnsinnige Angst ihn zu verlieren ist der schlechteste Begleiter bei sowas. Das ist schon keine Liebe mehr sondern Abhängigkeit und das ist für beide Seiten nicht gesund.

Heimweh kann für einen Menschen sehr schlimm sein. Wenn du ihn wirklich liebst, lass ihn gehen. Und dann lass die Zeit zeigen ob ihr wirklich zusammen gehört oder nicht.
Aber ihn da zu behalten, weil DU nicht ohne ihn kannst ist absolut der falsche Weg. Ihn leiden zu sehen, kannst du damit leben nur damit es dir besser geht?! Ich denke nicht.

28.09.2021 16:28 • x 2 #6


Vienne
Hi,

wenn ich das jetzt richtig herausgefiltert habe, dann hat dein Freund großes Heimweh und du enorme Angst vor einer Fernbeziehung.

Nun, das mit dem Heimweh kann ich sehr gut nachvollziehen, lebe seit Ewigkeiten im Ausland. Da gab es immer Phasen, die von Heimweh geprägt waren. Mittlerweile habe ich das nicht mehr so, ich sehe es eher so, dass ich von einem Zuhause ins andere pendele.

Was mich etwas wundert, ist, kommt denn die Familie aus Österreich nie zu Besuch zu euch? Denn auch das hilft natürlich in solchen Phasen. Und es ist natürlich kein schönes Gefühl, dass man nicht in die Heimat auf Besuch fahren kann, weil man sich das nicht leisten kann. Da kann ich schon verstehen, dass man Depressionen bekommt.

Hätte dein Freund denn eine konkrete Lehre in seinem Heimatort, die er beginnen könnte? Hauptschulabschluss erwirbst du mit 14 Jahren in Österreich, was hat er danach gemacht? Ehrlich gesagt, dass er mit 23 noch keine Ausbildung gemacht hat, ist schon etwas ungewöhnlich, findest du das nicht? Hatte er in Österreich auch schon Depressionen oder ist das erst hier entstanden? Wenn erst hier, dann würde es deinem Freund sicherlich helfen, wenn er wieder eine Zeitlang nach Hause zurückkehren würde.

Ich verstehe, dass du hier verwurzelt bist. Aber dein Freund hat für dich seine Heimat aufgegeben. Ich finde, dass auch du ein bisschen flexibler sein solltest. Läge es so, dass dein Freund die Depression bekommen hätte, weil er fernab der Heimat lebt, solltest du vielleicht einen gemeinsamen Umzug und Jobwechsel nach Österreich zumindest in Erwägung ziehen.

Allerdings würde gerne mehr über den Werdegang deines Freundes und die Situation in den Jahren in Österreich wissen, da fehlen für mich Infos, um die Sachlage besser zu beurteilen. Denn Panikattacken gleich in den ersten Tagen der Ausbildung erscheint mir schon etwas ungewöhnlich. Was war das denn für eine Ausbildung?

Eine Fernbeziehung ist natürlich nicht optimal...

28.09.2021 16:40 • x 1 #7


A
Dein Freund hat schon so einige Baustellen. Ihr habt so einiges gemeistert, Kompromisse gefunden. Du hast für seine finanzielle Situation und seine psychischen Probleme viel Verständnis gezeigt und ihn unterstützt.
Das ist viel Wert und macht eure Beziehung so besonders. Ich finde auch, dass er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten Mühe gemacht hat - Richtung Ausbildung (den Abschluss nachgeholt) und dass er sich finanziell beteiligte (durch den 400-Eur-Job).

Was ich problematisch sehe - ihn zieht es wieder zurück. Du bist auch an deinem Wohnort verwurzelt. Gibt es da eine Perspektive einer gemeinsamen Lösung?
Und zweitens - er möchte keine Unterstützung durch Therapie. Liebe beflügelt und gibt Stärke. Auf Dauer braucht er aber eine unabhängige Person, mit der er seine psychischen Probleme angehen kann. Er hat es bis dahin geschafft, einen Ausbildungsplatz zu finden. Er hat ihn durch seine Krise am Anfang aber auch wieder verloren. Wenn sich das als ein Muster festigt, sehe ich das auch als schwierig. Dann wirst du (oder seine Mutter...oder jemand) die finanzielle und psychische Stabilität im Hintergrund bieten müssen.

Ihr seid noch jung, du etwas älter. Ich weiß nicht, welche Erwartungen du / ihr auf die Beziehung, auf das Leben habt.
Wenn kein Kinderwunsch besteht, kannst du / könnt ihr das ganze etwas entspannter sehen.
Wenn es Richtung Kinder und Familie gehen sollte, hat dein Freund noch einen langen Weg vor sich, um dir als Partnerin hier genug Sicherheit zu geben.

28.09.2021 17:32 • x 2 #8


K
Zitat von DonaAmiga:
23 und noch ohne Beruf? Was ist denn das für ein Versager? Lass den sausen und sei froh, wenn er sich nicht weiter bei dir durchschmarotzt!


Princess Charming, wie sie leibt und lebt

28.09.2021 23:23 • #9


Mienchen
Ein Fachmann bin ich natürlich nicht, ich kenne ihn nicht, aber wenn du, liebe TE, die Depression nicht angesprochen hättest, hätte ich vermutet, er sucht Gründe um
a) nicht arbeiten zu müssen, oder
b) zurück zu Mami zu dürfen..

So chaotisch und unentschlossen wie er ist, muß er wohl noch ein bisschen erwachsen werden.

Gib gut auf dich acht und denke auch an dein psychisches Wohl..

28.09.2021 23:30 • x 2 #10


Vienne
Vielleicht bist du ins Nachdenken über die verschiedenen Posts geraten, vielleicht fühlst du dich verletzt betreffend der Äußerungen, die über deinen Freund gemacht wurden, das war bestimmt nicht angenehm zu hören.
Was war denn der Auslöser der Depressionen bzw Panikattacken in den ersten Tagen der Ausbildung?

29.09.2021 13:32 • #11


K
Die Frage ist für mich ob es wirklich Heimweh ist oder das Gefühl, in der Heimat schneller seine Ziele zu verwirklichen? Es muss für ihn ziemlich schlimm sein, in Deutschland in so vielen Dingen vor die Wand zu fahren und keinen Fortschritt zu sehen. Was mich wundert, wenn dein Freundd den österreichischen Realschulabschluss, also die Matura hat, dann ist die vollständig in Deutschland anerkannt. Er kann damit sowohl die Schule weiter besuchen, als auch eine Ausbildung beginnen.

In Nds auf dem platten Land sind dazu die Möglichkeiten natürlich enorm begrenzt. Es gibt weniger Auswahl, wenige Ausbildungsbetriebe, dazu ein Auto nötig, um von A nach B zu kommen... es muss auf ihn wie eine Sackgasse wirken. - Warum hilfst du ihm nicht dabei in Österreich einen Ausbildungsplatz zu finden? Man darf niemanden festhalten, der seinen Lebensweg nicht beginnen kann, weil der Ort an dem man lebt es nicht ermöglicht. wenn man jemanden wirklich liebt, dann ist es keine Frage alles zu tun, um ihn selbstständig werden zu lassen. Als Zeitungsausträger sieht er seine Zukunft bestimmt nicht.

Guckt euch gemeinsam Stellen in Österreich für ihn an. Es muss ja nicht in seinem Heimatort sein, sondern in der Nähe von einem internationalen Flughafen und einer ICE Strecke. Dann ein Zimmer und ihr besucht euch. Eine Fernbeziehung hat auch Schönes. Und Österreich ist doch auch toll.

29.09.2021 14:02 • x 1 #12


Vienne
@Karili
Es gibt in Österreich keinen Realschulabschluss. Es gibt nur den Hauptschulabschluss, der entspricht dem deutschen Pendant. Die österreichische Matura entspricht dem deutschen Abitur.
Es gibt aber zum Beispiel die Handelsschule, das sind zwei Jahre nach der Hauptschule, aber ob das in Deutschland als Realschulabschluss anerkannt würde, entzieht sich meiner Kenntnis . Fachabitur gibt es auch keines in Österreich. Dafür aber andere Abschlüsse, die den deutschen Abitur entsprechen, wie Handelsakademie, HBLA (Höhere Bundeslehranstalt), HTL (Höhere Technische Lehranstalt, Abschluss erst mit 21 Jahren).
Der Freund der Te verfügt über einen österreichischen Hauptschulabschluss und über einen deutschen Realschulabschluss, damit hat er eine gute Ausgangsbasis.

29.09.2021 14:17 • #13


A


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