Der Liebeskummer schreitet halt nun mal nicht linear voran. Heißt, es gibt ein Auf und ein Ab, vor allem in den ersten Monaten nach der Trennung. Einen Tag meinst Du, es geht Dir schon wieder ganz gut und Du erträgst es auch wieder ohne großes Gefühlschaos, dass er weg ist, an einem anderen Tag fällst Du wieder in ein Loch.
Es geht gefühlsmäßig nicht vorwärts. Dieser jaulende Schmerz vom Anfang lässt irgendwann mal nach, aber eine Trennung richtig zu bewältigen, braucht Zeit. Beim einen mehr, beim anderen weniger und jeder geht da seinen eigenen Rhythmus und muss auch eigene Strategien entwickeln und finden.
Der eine zieht sich eher zurück und heult sich bei den Eltern und der besten Freundin aus, der andere entwickelt einen Unternehmungsgeist und geht viel aus, weil ihm das gut tut und er nicht nur in Tränen versinken will.
Zu Euerer Beziehung. Ich schätze aus dem, was Du geschrieben hast, dass Ihr ein Ungleichgewicht hattet.Er ist wohl eher der passive Typ, der sich nicht zutraut, Position zu beziehen und seine Meinung zu vertreten. Und Du wolltest ihn aus seinem Schneckenhaus holen und er sollte wohl endlich mal ein richtiger Mann werden. Das ist ihm wohl nicht gegeben und so hast Du meiner Einschätzung nach die führende Rolle in der Beziehung übernommen. Das tut auf Dauer nicht gut, weil sich die Rollen nämlich verstärken. Je mehr der eine tut und macht, desto zurückgezogener wird oft der passivere Teil. Der fühlt sich aber nicht wohl dabei, weil er merkt, dass er zu wenig bringt. Er fühlt sich dann überfordert und sein ohnehin schwaches Selbstgefühl wird noch mehr geschwächt. Er traut sich nichts mehr zu und beschränkt seinen Lebensinhalt auf Arbeit und den PC, der die Vereinsamung eher noch befördert.
Der führende Partner wird fordernder und der andere zieht sich in sein Schneckenhaus zurück, weil er sich nicht akzeptiert fühlt und das Gefühl, dass er minderwertig ist, sogar noch pflegt. Er kann auch in eine Verweigerungshaltung gehen, wenn der aktivere Partner etwas einfordert, was ihn wiederum überfordert.
Beziehungen im Ungleichgewicht gehen selten gut, denn so richtig wohl fühlen sich beide damit nicht. Das Ende ist dann oft die Trennung, die auf längere Sicht wahrscheinlich der richtige Schritt war, denn oft kommen Paare aus Beziehungsmustern, die sich eingeschliffen haben, nicht mehr raus.
Zitat von Miki234:Ich bin mittlerweile auch (meistens) mental so weit zu sagen: die Trennung war
Das ist ein erster wichtiger Schritt, denn das bedeutet eine innere Akzeptanz der Trennung.
Zitat von Miki234:Und doch fehlt er mir unglaublich doll als Freund... er war nicht nur mein Freund sondern mein bester Freund..
Das ist nachvollziehbar und das weiß jeder, der schon mal Liebeskummer hatte. Der verschwundene Partner hinterlässt eine Lücke und diese Lücke muss gefüllt werden. Das muss kein neuer Partner sein, aber man muss sich an die Trennung einfach gewöhnen und das braucht eben auch wieder Zeit. Du hast ja - auch wenn die Beziehung eh schon nicht mehr richtig rund lief - dennoch etwas verloren.
Zitat von Miki234:es tut mir so weh das Gefühl zu haben, dass er mich überhaupt nicht vermisst..
Das weißt Du ja überhaupt nicht. Vielleicht vermisst er Dich auch, aber hält es für besser, die Trennung zu durchleben. Vielleicht hat er tatsächlich schon eine Art Ersatz gefunden. Vielleicht blüht er jetzt ohne Dich auch auf - es ist alles möglich. Der Verlassende hat aber immer einen Vorsprung. Denn leichtfertig schmeisst normalerweise keiner eine Beziehung hin, die über Jahre hielt. Aber er hat für sich entschieden, dass er diese Beziehung nicht mehr möchte, dass er keine Weiterentwicklung für sich in der Beziehung sieht. Er hat sich das durchaus überlegt und irgendwann muss es dann eben gesagt werden. Das kommt beim Verlassenen, der davon zu dem Zeitpunkt vielleicht sogar überrascht ist, dann so an, als ob der Partner einfach alles hinschmeisst und ihn wegwirft. Es ist aber beim Verlassenen oft nur das Gefühl er sei entsorgt worden und der andere mache jetzt high life, einfach weil er die Entscheidung des anderen hinnehmen muss. Es ist ein Gefühl der Machtlosigkeit, das einem das Gefühl gibt, nichts mehr wert zu sein und in den Mülleimer gekippt worden zu sein. Eine Trennung rüttelt am Selbstbewusstsein.
Zitat von Miki234:aber auf der anderen Seite habe ich das Gefühl dass er mir bewusst ausgrenzt ...
Du meinst, er vermeidet bewusst Kontakt? Dann ist es sein Weg, damit umzugehen und das ist dann für ihn auch in Ordnung so.
Möglicherweise ist es für ihn auch hilfreicher, Dich eine Zeitlang nicht zu sehen, weil er nicht weiß, wie er mit Dir umgehen soll.
Normalerweise hilft bei der Trennungsverarbeitung vor allem eines: kein Kontakt!
Dadurch gewöhnen sich auch die Gefühle leichter um, dass es ihn nicht mehr gibt. Dein Verstand sagt, die Trennung war richtig und notwendig, aber die Gefühle hinken hinterher. Die brauchen viel länger bis sie das akzeptieren und sich daran gewöht haben.
Hat ein Paar nach einer Trennung immer wieder und immer noch Kontakt, dauert der Ablösungsprozess meistens viel länger, weil die Gefühle sich nicht lösen können. Sie bekommen ja ständig neue Nahrung, weil der Ex. irgendwie noch da ist und dann geht das Kopfkino los. Was meinte er, als er sagte ....? Wieso hat er da so und so geschaut? Warum hat er dieses und jenes gesagt?
Das ist Stoff für tagelanges Nachdenken und Spekulieren und das ist kontraproduktiv, weil Du Dich damit ständig noch in seiner Umlaufbahn aufhälst und nicht vorwärts kommst.
Zitat von Miki234: ich weiß nicht so recht wie ich damit umgehen soll..
Du musst gar nichts tun. Du musst auch nicht mit ihm oder mit irgendwas umgehen. Du machst das, was Dir gut tut und womit es Dir am besten geht. Ganz einfach. Es gibt hier keinen Katalog und kein Lehrbuch, das sagt, sei so und so, dann ... Jeder muss seinen Weg finden. Setz Dich nicht unter Druck.
Siehst Du ihn, wird es Dir weh tun. Dann musst Du das eben aushalten. Das ist der Preis. Siehst Du ihn nicht, heulst Du im Stillen.
Du musst auch nicht so und so zu ihm sein. Grüße ihn und damit fertig. Tiefer gehende GEspräche würde ich vermeiden, weil sie die Wunden erfahrungsgemäß nur weiter aufreißen. Stattdessen kommen dann womöglich noch Äußerungen wie: Warum hast Du denn nie was gesagt? Dann hätte ich doch ...
Das ist erniedrigend, daher sollte man das unterlassen. Und solche Aussagen bringen keinen zurück.
Zitat von Miki234:wir hatten ja gar nicht mehr wirklich Kontakt..
Hättet ihr mehr Kontakt gehabt, wärst Du womöglich jetzt noch kummerbeladener und weinerlicher als Du es jetzt bist. Kein Kontakt ist schon richtig, solange, bis die Gefühle sich umgestellt haben.
Zitat von Miki234:Soll ich ihm schreiben wie ich fühle? Vielleicht sogar als Brief und nicht per what's app?
Nein, was soll das bringen? Es dient nur dazu, wieder eine Art Verbindung herzustellen. Damit lieferst Du Dich ihm aber aus.
Du wirfst ihm den Ball zu und dann? Wartest Du, ob er den Ball wieder zurück spielt oder nicht. Und wenn er Dir zurück schreibt, was dann? Zerpflückst Du jedes Wort nach seinem Informationsgehalt. Was meinte er mit ...? usw.
Es hat mit Selbstachtung zu tun, dem Verlassende nicht hinterher zu laufen. Und es hat mit Respekt zu tun, dass man die Entscheidung des Ex-Partners akzeptiert, auch wenn es weh tut. Der hat sich ja nicht entschieden, um Dir weh zu tun, sondern weil er glaubt, dass er ohne die Beziehung besser dran ist.
Dass Du nicht jeden Tag vor Freude tanzt und jubelst, kann er sich vorstellen. Dass Du traurig bist und ihn vermisst, kann er sich vermutlich auch vorstellen. Also wozu ihm das auftischen.
Mit so einer Aktion gewinnst du nichts. Es kann sogar sein, dass er ärgerlich wird und sich sagt: Warum lässt sie mich jetzt nicht einfach in Ruhe? Was schreibt sie mir von ihren Gefühlen? Ich will das nicht wissen und es geht mich nichts mehr an. Ich habe mich getrennt und ich möchte, dass das akzeptiert wird. Auch wenn sie mir doch manchmal fehlt, so weiß ich doch, dass der Weg nicht zurückführen kann.
Zitat von Miki234:Warte ich lieber ab bis wir uns bei einem Geburtstag oder spieleabend sehen und schaue was passiert?
Ja, das ist eine gute Idee. Du wartest jetzt einfach mal ab, weil Du dann innerlich auch mehr zur Ruhe kommst. Und wenn dann ein Geburtstag ansteht, überlegst Du Dir, ob Du es aushältst, ihn dort wieder zu sehen. Bei einer größeren Feier kann man sich auch mal aus dem Weg gehen. Und ansonsten verhältst Du Dich nett und freundlich gegenüber ihm. Du kannst davon ausgehen, dass auch für ihn ein Wiedersehen nicht einfach ist. Freundlichkeit hilft da, ein gegenseitiges Übersehen ist kindisch und unwürdig. Und vielleicht gibt es dann ja sogar die Möglichkeit, ein paar Worte zu wechseln. Aber bitte nicht über Gefühle reden!
Du hast Dir schon mal überlegt, ihn als Freund zu haben. Das wird nicht funktionieren, solange die Gefühle frisch sind.
Du lässt Dir jetzt Zeit das alles zu verdauen und zu bewältigen. Und wenn Du dann immer noch Interesse an ihm hast, dann könnt Ihr immer noch Freunde werden. Oft ist das Interesse meist nicht mehr spürbar.
Aber solange Worte und Wiedersehen weh tun, kann es keine Freundschaft geben, denn eine Freundschaft ist unverbindlicher. Oder willst Du vielleicht am Freitag hören: Ich fahre morgen zu Next und wir verstehen uns prächtig und haben dieses und jenes vor!. Und dann freust Du Dich dass es ihm so gut geht und Dir so schlecht und wünschst ihm alles Gute. Das ist Quatsch! Nein, Ihr braucht jetzt Zeit, das zu verarbeiten. Und ein Mensch, denn Du noch liebst, kann nicht Dein Freund werden. Vielleicht in einigen Monaten oder in einem Jahr, vielleicht aber auch nie.
Gib Dir Zeit und hab Geduld - vor allem mit Dir selbst.. Liebeskummer vergeht nicht von heute auf morgen. Das würde ja auch bedeuten, dass Dir die Beziehung nichts bedeutet hätte.
Zum Thema Kinder. Er bringt das womöglich als Vorwand für die Trennung, Er sah keine Zukunftsperspektiven mehr und daher ging er. Ob das Thema Kind dafür relevant war, weiß keiner. Aber jeder, der geht, führt gerne so was wie logische Begründungen an, die aber oft nur ein Vorwand sind. Die wahren Trennungsgründe liegen wahrscheinlich wo anders.
Vielleicht möchte er aber tatsächlich mal eine Familie gründen und hofft, dafür eine geeignete Partnerin zu finden. Das ist aber nicht relevant für Dich.
Ich kannte auch mal einen. Ich war 35 und er 28. Er hatte Zukunftspläne wie Familiengründung und drei Kinder. Ich war 35, also hätten wir bald loslegen müssen. Die Beziehung klappte aus verschiedenen Gründen nicht, sondern war nach einem halben Jahr zu Ende. Ich litt lange darunter. Und heute? Ich bin verheiratet, blieb ohne Kinder und er heiratete eine jüngere Frau und ist schon lange geschieden und hat bis heute auch kein Kind. So viel dazu. Nicht alles Vorstellungen werden Realität.
Begonie