Gehen oder Bleiben?

S
Hallo Zusammen,

da ich heute Nacht sowieso nicht schlafen kann ist dies vielleicht genau der richtige Zeitpunkt mir das, was mich wach hält, von der Seele zu schreiben:

Ich (w,30) bin seit 6 Jahren mit meinem Freund zusammen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Nach 3 Monaten sind wir bereits zusammen gezogen.
Als wir uns kennen lernten waren wir Beide nicht besonders glücklich : Er steckte in einem Job, den er nicht mochte und ich hatte psychische Probleme.
Wir konnten uns gegenseitig gut motivieren und so machte ich die folgenden Jahre eine Therapie - er eine weitere Ausbildung, aber diesmal in seinem Traumjob.

Da kommen wir auch schon zum größten Spannungsfeld in unserer Beziehung: Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Allerdings geht er nicht nur in seiner Tätigkeit auf, sondern ist regelrecht süchtig danach. Ca. 2 Jahre ist es her, dass er seine Ausbildung erfolgreich absolviert hat. Bereits in der Ausbildung ging sein wöchentliches Arbeitspensum weit über die 40-Stunden-Woche hinaus (in seinem Berufsfeld allerdings nicht ungewöhnlich). Nach der Ausbildung legte er nochmal eine Schüppe drauf.
Er ist ehrgeizig und gut in dem was er tut. Auch karrieretechnisch hat er in den letzten zwei Jahren viel erreicht, sich regelmäßig weiter gebildet. . allerdings ist sein Privatleben dabei vollkommen auf der Strecke geblieben.

Aktuell befinden wir uns in folgender Situation: Er arbeitet teilweise bis zur absoluten Erschöpfung. Pausen gönnt er sich quasi nur dann, wenn sein Körper ihn z.B. durch starke Rückenschmerzen dazu zwingt. Teilweise ist er monatelang nur zum Schlafen zuhause oder wir sehen uns wochenlang gar nicht (sein Job erfordert zeitweise Reisen, aber eigentlich nicht in dem Ausmaß). Er vernachlässigt Familie, Freunde und zu guter Letzt auch unsere Beziehung.
Planungen dürfen nur noch ohne ihn stattfinden, denn sollte noch kurzfristig ein Job reinkommen, geht dieser für ihn vor. An Absprachen hält er sich schon seit Jahren nicht mehr. Bei privaten Terminen mit ihm muss man bis zu einer Stunde Wartezeit in Kauf nehmen.
Wenn wir es dann doch Mal schaffen etwas als Paar zu unternehmen, müssen wir auf dem Hin- oder Rückweg noch schnell an der Firma vorbei, oder er muss nochmal eben kurz mit seinem Chef oder seinen Kollegen telefonieren.

Wer jetzt denkt, dass die Firma ihn so stark bindet, der irrt. Sein Chef hat ihm schon mehrmals empfohlen, Mal einen Gang runter zu schalten. Oft wird er auch einige Tage in Zwangsurlaub geschickt, weil er zu viele Urlaubstage und Überstunden ansammelt.

Unsere Beziehung leidet unter seiner Arbeitssucht extrem. Ich leide darunter, nie erste Wahl zu sein. .wir hatten uns bereits vor 2 Jahren für wenige Monate getrennt, da die Situation einfach unerträglich war. In dieser Zeit hat er sich unglaublich bemüht und auch seine Arbeitszeiten extrem heruntergeschraubt. Wir haben es dann nochmal auf einen Versuch ankommen lassen - aber jetzt stehe ich gefühlt am selben Punkt wie damals, wenn nicht noch schlimmer.

Ich weiss mir nicht zu helfen. Es gibt kurze Momente, in denen wieder der Typ von vor 6 Jahren zum Vorschein kommt, und mein Herz explodiert vor Glück! Aber an den meisten Tagen bin ich einfach nur traurig, dass er sich selbst und mir so wenig Aufmerksamkeit und Liebe schenkt. .

09.12.2019 02:58 • #1


M
Klarer Fall von Workaholic. Da ihr euch auch schon mal deswegen mal getrennt habt und es trotzdem nichts gebracht hat, wirst du schlussendlich vor einer Entscheidung stehen die nur du selbst treffen kannst.

Entweder du trennst dich, oder nimmst es weiterhin hin ihn eigentlich nur noch zum schlafen wirklich zu sehen. Reden sehe ich da auch als keine Option mehr, gab ja bestimmt schon X Gespräche darüber. Wahrscheinlich würde er nach einer weiteren Trennung wieder ankommen und es würde sich dann kurzfristig erneut ändern um dann wieder in alte Muster zu verfallen.

09.12.2019 03:25 • #2


A


Gehen oder Bleiben?

x 3


S
Eine weitere Trennung wäre diesmal vermutlich eine Entgültige und das macht mir ziehmlich Angst. Genauso Angst habe ich aber davor, in der Beziehung zu bleiben und nur noch einer Erinnerung hinterher zu laufen, weil womöglich von dem Mann, in den ich mich vor 6 Jahren verliebt habe, nichts mehr übrig ist.
Und du hast Recht: Geredet und diskutiert wurde schon einige Male....

09.12.2019 03:30 • #3


M
Auf längere Sicht wirst du es wahrscheinlich mehr bereuen, noch so viel Zeit vergeudet zu haben, als jetzt noch aus Angst vor der Trennung zu bleiben. Ich kenne das Gefühl selbst das man noch mit einer Person zusammen ist, die eigentlich zu 99% nur noch aus Erinnerungen besteht.

Seine Lebensumstände haben sich geändert, und so wohl auch er etwas. Wir verändern und ja alle mal im Laufe der Zeit, bei ihm ist es einfach extremer.

Ich bin ja bei der Ausganglage eher nicht dafür, aber wenn es dir für den inneren Frieden hilft, such noch einmal ein Gespräch mit klaren Ansagen und einem Ultimatum. Sollte er nichts ändern oder wieder in alte Muster verfallen müsstest du sofort den Schlussstrich ziehen. Sonst macht man sich eben irgendwann zum Hampelmann wenn man etwas 1000x anspricht, und dann trotzdem bleibt.

09.12.2019 03:38 • #4


Gorch_Fock
Was ist mit Kinderwunsch? Wie soll das in diesem Nebenher-Leben funktionieren?

09.12.2019 06:14 • #5


S
Kinder möchten wir Beide, aber nicht in absehbarer Zukunft. Dafür fühle ich mich auch noch nicht bereit.
Ich habe schon öfter überlegt, wie ein Alltag mit Kind wohl aussehen würde, wenn man zwar in einer Partnerschaft, aber quasi (aufgrund seiner Prioritätensetzung) Alleinerziehende ist. Das fände ich unfair dem Kind gegenüber.

Natürlich bestünde noch die Möglichkeit, dass ein eigenes Kind seine Einstellung der Arbeit gegenüber verändert - aber darauf würde ich es nicht ankommen lassen.

09.12.2019 07:10 • #6


H
Als Familienmensch ist der jetzige Partner völlig ungeeignet.

Sein Ego ist ihm wichtiger als alles andere.

So viele Jahre mit diesem Mensch eine Beziehung zu führen ist schon eine starke Leistung.

09.12.2019 07:47 • #7


S
Zitat von hojaki:
So viele Jahre mit diesem Mensch eine Beziehung zu führen ist schon eine starke Leistung.


In meinem Freundeskreis sind fast alle nicht mehr gut auf ihn zu sprechen. Sie sind der Meinung, dass er meine Bemühungen um ihn nicht Wert ist und das ich etwas Besseres verdient habe.
Auch in meiner Familie eckt er an, da ich zu Familienfesten fast immer alleine erscheine und er auch bei gemeinsamen Veranstaltungen dort nicht pünktlich ist. In meiner Familie wird Pünktlichkeit allerdings sehr groß geschrieben.

Ich frage mich, was ihn dazu getrieben hat so viel zu arbeiten. Was er damit kompensieren muss. Und natürlich, ob es nicht doch einen Weg gibt, ihn dort wieder rauszuholen.

09.12.2019 08:18 • #8


Kummerkasten007
Zitat von Sasse:
Und natürlich, ob es nicht doch einen Weg gibt, ihn dort wieder rauszuholen.


Da kannst Du nichts machen, dass muss er selber erkennen und wollen.

Vielleicht änderst Du für ein paar Wochen irgendwas, wenn Du Dich trennst. Aber Du hast ja schon selbst erlebt, dass er wieder in den Trott zurückgefallen ist.

Entweder gibst Du Dich mit dem zufrieden, was Du bekommst - oder Du handelst. Aussitzen wird das Ganze eher noch schlimmer für Dich machen.

09.12.2019 08:22 • #9


B
Zitat von Sasse:
Ich frage mich, was ihn dazu getrieben hat so viel zu arbeiten. Was er damit kompensieren muss. Und natürlich, ob es nicht doch einen Weg gibt, ihn dort wieder rauszuholen.

Er muss es selbst wollen da herauszukommen. Möglicherweise versucht er Anerkennung und Wertschätzung auf diese Art zu bekommen, was manchmal passieren kann wenn Kindern beigebracht wird man müsste Liebe, Wertschätzung und Anerkennung erst verdienen - so können Kinder zu Leistungsbringern werden, später können sie sich bis zum Bournout verausgaben.

Du kannst entscheiden ob du weiter ein einsames Leben zu zweit haben möchtest und mehr für dich selbst auf die Beine stellst: Hobby`s, Freundschaften, Weiterbildungen o.ä. ausbaust oder dich trennst weil du dir unter einer partnerschaftlichen Bindung etwas anderes vorstellst und nach einem passenden Pendant Ausschau hälst.

09.12.2019 08:32 • #10


mafa
Workaholics bleiben eigentlich ihr Leben lang Workaholics. Da wirst du dir wenig Hoffnung machen dürfen dass er sich irgendwann ändert. Außer eine Krankheit schlägt ihn völlig aus den Schienen... ich würde meine Lebenszeit ehrlich gesagt nicht weiterhin mit ihm verschwenden wenn er das ganze nicht einsieht und etwas zurück fährt ..das könntest du ihm vielleicht in einem letzten Gespräch sagen

09.12.2019 08:38 • #11


S
Danke für eure Antworten!

09.12.2019 12:42 • #12


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag