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Herz gegen Kopf

I
Nach 4 gemeinsamen Wunschkindern (Alter zwischen Klein und Grundschule) und 10 Jahren turbulenter Beziehung, in der sich mein Leben stark um ihn, die Beziehung und unsere kleine Familie drehte, hat er nun festgestellt, daß seine Gefühle für mich nicht mehr das sind, was sie mal waren, und ist zu seiner neuen Freundin gezogen.
Nach einigen Wochen emotionaler Schockstarre und einem eleganten Totalabsturz bin ich nun dabei, die viel besungenen Scherben aufzukehren und mein Leben neu zu planen.

Aber während mein Hirn
- einsieht, daß Herzen eben funktionieren wie sie es tun wenn sie sich verlieben und entlieben,
- versteht, daß es fair war von ihm zu gehen und offen zu sagen woran ich bin,
- ihm aus unserer alten Verbundenheit heraus alles erdenklich Gute wünscht, selbst wenn er nicht mehr an meiner Seite sein will,
heult und schreit mein Herz wie ein verwundetes Tier, trauert und sehnt und begreift nicht, fragt wieso und warum, tobt, haßt und wütet, und das alles in unvorhersehbar aufbrandenden Wellen.

Ich weiß, daß Heilung Zeit braucht, ich weiß, daß alles erst verarbeitet und verdaut werden muß, ich weiß es. Aber was ich nicht weiß, ist wie ich die Zwischenzeit sinnvoller und heilsamer gestalten kann.
Was kann ich tun, um das Gehenlassen zu erleichtern? Womit Trauer und Haß auffangen?

Wer hat Tipps, Gedanken und Erfahrungen bezüglich Heilung in der Trennung, die er teilen möchte?

29.06.2014 14:53 • #1


K
Hallo Ilkani,

auch ich bin seit heute neu hier und fühle ganz genauso......meine Trennung ist erst 6 Tage her.....ich leide wie ein Tier.....
Auch ich bin vernünftig ....weiß, es wird besser werden und eines Tages werde ich sogar das Positive darin sehen, aber jetzt.....tut es einfach nur weh......und reißt mir das Herz raus.
Ich fühle mich wie abgestorben.......wertlos.....
Ich weiß leider auch keinen Rat, der nicht hier irgendwie schon genannt wurde, ich versuche jeden Tag zu überleben......und dem Leben positive Momente zu schenken. Das gelingt mir mal mehr mal weniger gut. Ich WILL raus aus diesem Tief......dabei aber nichts verdrängen.....und hoffe einfach hier Ablenkung und Zuspruch zu finden.
Ich kann dir nur erstmal viel Kraft wünschen........und hoffe, dass wir beide bald DURCH sind !
Auch weiß ich, das jede schwere Krise in meinem Leben mich stärker gemacht hat....und neue Perspektiven eröffnet hat......nun hoffe ich einfach, dass es diesmal genauso ist.
In Gedanken bin ich gerade bei dir......

29.06.2014 15:11 • x 1 #2


A


Herz gegen Kopf

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I
Liebe Kalauer, vielen Dank für deine Antwort!

Beim Lesen deines Beitrages ist mir aufgefallen, wie reflektiert und vernünftig, positiv und klar, dabei aber ehrlich Du mit deiner Situation umgehst.
Wir scheinen ähnlich zu ticken, denn offenbar ist es auch für dich nicht das erste größere Problemgestüpp, welches dir das Leben vor die Füße wirft, bevor es sich mit einer Tüte Popcorn zurücklehnt und zusieht, wie Du dir stolpernd und strauchelnd deinen Weg bahnst. (In einem emotional ausgeglicheneren Moment würde ich das anders formulieren. So von wegen vom Leben mit Herrausforderungen zwecks persönlichem Wachstum beschenkt werden; aber mein Herzensfriede mit der Welt ist gerade mit Stahlkappenstiefeln und Baseballschläger unterwegs. Auf Krawall gebürstet. Räucherstäbchen, Kerzen und Bäumekuscheln müssen warten... )

Hast Du das zwischendurch auch so leid? Ich möchte manchmal so gerne einfach nur völlig unreflektiert herumjammern oder meinen Frust herausstänkern. Aber dann tritt mich irgendetwas (meine Selbstliebe und -achtung?) vor die Amygdala oder einen anderen Teil meines Hirns und sagt vergiß es! Die Zeiten sind vorbei, Bella....

Dann schaffe ich es zwischendurch halbwegs zurück in's Atmen und den Frieden, und dann fragt eines der Kinder. Wo ist Papa? Wann kommt Papa wieder? Warum ist Papa bei XY? Warum hat Papa XY lieber als dich? Können wir Papa und XY besuchen? oder etwas anderes erbauliches, und der Kloß schnürt mir wieder den Hals zu, während ich versuche, kindgerechte, produktive, unterstützend-begleitende Antworten zu finden und eine wir kriegen das auch so hin, haben euch trotz Trennung alle beide sehr lieb und er wird immer euer Papa sein-Atmosphäre zu verbreiten.
Oder ich bekomme mit, daß er mit seiner Neuen etwas unternimmt, was wir Jahrelang vorhatten, und er aus Geld-, Zeit- oder Lustmangel nie getan hat. Dann könnte ich... Arrrrrgh!

Ich wünschte, Ihn einfach aus meinem Leben kicken und nie wieder sehen zu können / dürfen. (Vielleicht noch ein bißchen Rasierschaum auf die Windschutzscheibe schmieren, oder etwas anderes ureflektiertes, kindisches, dummes tun... )
Aber ja. Die Kinder...


Edit: Falscher Button...

Kalauer, wie ist es bei dir mit Wut? Auf ihn, das Leben? Kam die Trennung überraschend für dich?

29.06.2014 15:55 • #3


Kesey
Liebe Ilkani,

ich glaube, da muss jeder sein eigenes Rezept finden. Ich habe mit dem Rauchen aufgehört (lenkt großartig ab!) und gehe sehr viel Spazieren. Immer wenn der Kopf zu voll wird und das Gedankenrattern nicht mehr aufhören will, dann lauf ich los - es hilft mir, manchmal mehr, manchmal weniger. Hier zu schreiben und zu lesen hat ebenfalls eine heilende Wirkung.
Nutze deine Wut im positiven Sinne - sie kann dir auch Kraft und Energie geben. Stell dir die Rasierschaumattacke ruhig in Gedanken vor - warum nicht? Wenn es dir Erleichterung verschafft, dann sprüh das ganze Auto voll In Gedanken ist alles erlaubt. Gerade die erste Zeit nach einer Trennung ist man doch voller widersprüchlicher Gedanken und Emotionen. Mir hat es geholfen, sie einfach zuzulassen - im Büro auf die Toilette zu flüchten, um den Tränendruck zu mindern und wenn es nur für wenige Sekunden war. Lass einfach alle Empfindungen zu und irgendwann sagst du dir: Und nun ist es gut - jetzt geh ich jeden Tag einen kleinen Schritt weiter weg vom Alten hinein in das Neue. Du schaffst das, ganz sicher!

Viele Grüße und

Kesey

29.06.2014 16:12 • #4


K
Hallo meine Leidensgenossin.......klingt doof...ist aber sooo !
Ich finde dich bewundernswert und du hast es deutlich schwerer als ich....du hast noch kleine Kinder, die Antworten verlangen....und diese sollen auch noch PÄDAGOGISCH WERTVOLL klingen....puuuhh....weiß nicht ob ich das gerade hinkriegen würde.
Ich bin 47...habe einen 24 jährigen Sohn , der weiter weg studiert und nur am WE kommt......und ihm kann ich die Wahrheit ehrlich erzählen....
Du sprichst mir aus der Seele......reflektiert klingen...und es auch sein,sind zwei verschiedene Schuhe.
Ich bin durch einige Krisen durch.....mit Altlasten....kleineren und größeren Wunden.....aber ich habe mir geschworen IMMER wieder aufzustehen.
Auf meinen EX kann ich nicht mal böse sein.....er hat mir klar seine Gefühle beschrieben und gesagt, er möchte mir nichts vorspielen, das hätte ich nicht verdient......und ich werde wenn eine Zeit vergangen ist und die Wunden verheilt sind und ich es möchte , seine beste Vertraute bleiben.....mal sehen, ob wir das schaffen.
Wir führten eine Fernbeziehung, was es natürlich auch ein bisschen leichter macht.....aber nicht weniger weh tut.
Aber ich leide......möchte ko...........
Im Normalfall würde ich mich wahrscheinlich auch etwas anders ausdrücken.....aber der Kopf schwirrt.....ich schwanke zwischen gut und schlecht.......klare Gedanken.....kaum möglich....
Wir hatten uns als Freunde kennengelernt......und wurden dann als Selbstläufer nach einiger Zeit zum Paar......vielleicht ein Irrläufer ? Wahrscheinlich sogar !
Und zu deiner Frage.....natürlich habe ich es leid..vernünftig zu sein.....( aber so bin ich halt )
und deshalb jammere ich hier ! Während ich mich heute zuhause in meinem Selbstmitleid suhle.......auch nicht gut......muss aber sein......zwischendurch bügeln......und vor mich hin starren....abwechselnd mit aus dem Fenster starren ( habe schönen Ausblick auf Wald und Wiese )....nicht ans Telefon gehen....wenn Mama anruft.....die ich liebe, aber mich immer zum Weinen motiviert.... Oh Gott Schatz, ihr ward so ein schönes Paar ......
Bomben Sonntag !
Doch das Schreiben beruhigt mich und lenkt mich ab.......und ich danke dir ( habe früher solche Foren immer sehr kritisch gesehen )
Dann viiiieeel Geduld ......Kraft......und Mut...für Alle die hier unterwegs sind

29.06.2014 17:11 • #5


I
Lieber Kesey, da hast Du so recht; jeder muß seinen eigenen gangbaren Weg der Aufarbeitung finden. Aber manchmal hilft es einfach sehr zu lesen, wie andere mit ihrem Gefühlschaos umgegangen sind, welche Gedanken und Strategien ihnen geholfen haben.
Gedanklich ist die Karre in Einzelteile zerlegt, aber Hand auf's Herz: das hilft nicht. Es geht bei der Vorstellung auch eher zum einen darum, mich manchmal einfach nicht mehr vernünftig, verständnisvoll, etc benehmen zu wollen, sondern total unreflektiert, sinnlos und hysterisch wüten zu wollen, mich total gehen zu lassen und abzuka*ken (vermutlich als Ausgleich meiner Selbstbeherrschung der Kinder wegen).
Und zum anderen das infantile, sinnlose Bedürfnis, ihm wehzutun. Er hat sich mit erschreckender Gleichgültigkeit ab- und seiner Neuen zugewandt. Ich wünsche ihm, daß er glücklich wird, ein gutes Leben führt, keine Frage. Aber manchmal habe ich Einbrüche, da will ich, daß er den selben Schmerz fühlt, durch das selbe Elend taumelt wie ich. Ich will, daß er leidet.
Ja, das hat nichts damit zu tun wie ich fühlen will, und gleich wo ich's geschrieben habe bin ich wenig stolz auf so einen gedanken. Aber da ist er nunmal.

Kalauer, vielen Dank für deine Worte.
Ich denke, wir alle fühlen uns zwischendurch, als würde es uns besonders schlecht gehen, als wäre jeder um uns herum glücklicher, etc, gerade in Zeiten, in denen wir uns zurückgezogen haben. Besonders hier zu lesen macht es mir so viel leichter; ich bin nicht die einzige, die so etwas erlebt, so fühlt, vor gähnenden Abgründen steht. Jedesmal, wenn ich hier lese, daß jemand durch getrennt werden nicht mehr weiß, wie es weitergeht, er verzweifelt ist, nicht weiß, wie dieser Schmerz ertragen werden kann, bricht es mir empathisch das Herz; erleichtert mich aber auch, weil ich sehe, wievielen es so geht, gegangen ist. Es ist ein wenig Gemeinschaft im Elend. Klingt das kaltschnäuzig, oder ist mein Punkt nachvollziehbar?
Ich wünsche dir einen guten Start in die neue Woche, mit viel Kraft, Ruhe und Trost im Gepäck.

30.06.2014 08:23 • #6


F
Liebe Ilkani,
ich kann sehr gut nachempfinden wie es Dir geht. Nach der Trennung von meinem Ex-Mann war ich auch in so einem Gefühlsdurcheinander. Mein Mann verschwand damals nach 15-jähriger Beziehung (davon knapp 2 Jahre verh) über Nacht zu seiner Neuen Schnitte.
Ich hätte mir gewünscht, dass er Ar. in der Hose gehabt und vorher gesagt hätte geht nicht mehr

Heute denke ich, weil ich gerade wieder in einer Trennungssituation lebe, dass es für das Gefühlschaos vollkommen egal ist WIE man sich trennt.

Bei meinem damaligen Mann war es so, dass der mich finanziell ziemlich reingeritten hat. Auch diesbezüglich war er über Nacht verschwunden.
Das die Beziehung schon lange nicht mehr tragfähig war, wusste ich. Das aus habe ich akzeptiert aber trotzdem gelitten wie ein Schwein.
Er ist mit seiner neuen Schnitte in Urlaub gefahren (an denselben Ort an dem wir oft waren), hat mit ihr die gleichen Restaurants besucht etc pp. Ich fühlte mich wie ausgetauscht.

Auch ich hatte die wildesten Gedanken. Auf den Rasierschaum bin ich allerdings nicht gekommen (wirkt das nachhaltig verschmierend? *zwinker*)

Du DARFST jammern. Und wütend sein. Und enttäuscht. Und traurig. Und hassend.
Ich habe meinem Ex damals drei gepfefferte Briefe geschickt. Ich habe ein Paarfoto von uns, dass ich groß auf Leinwand hatte aufdrucken lassen, mit Acrylfarbe fies und dunkel bemalt und es in einer stürmischen Nacht ins Meer gedonnert. Ich habe, als das mit den bebilderten Krankenkassenkarten aufkam, ein gaaaanz übles Foto von ihm ausgedruckt (er zog immer ganz fantastische Grimassen) und das an die Krankenkasse geschickt. Er war damals bei mir versichert - deswegen bekam ich für uns beide die Post. Ich hab unseren Bzw meinen Ehering ins Meer geworfen. Wütend war ich. Und wie!
Sein Eigentum hab ich nicht beschädigt - das wäre mir nicht richtig gewesen. Aber meinen Fantasien habe ich freien Lauf gelassen. Mit guten Freunden habe ich die tollsten Ideen ausgearbeitet....und...ich hab mich trösten lassen. Jeden Abend gab es dort in den ersten Wochen nach der Trennung, eine heiße Schokolade. Wir haben zusammen geschimpft, Pläne ausgeheckt, ich hab geheult und das alles nicht verstanden....

Und irgendwann...war es okay.
Leider ist für jeden diese Zeit, bis es okay ist individuell. Ich glaube aber, dass man sie eher hinter sich bringen kann, wenn man keins der aufkommenden Gefühle beiseite schiebt, sondern jedes durchlebt.
Freunde sind wichtig....die Dich trösten, wenn Du traurig bist, die Dich mitnehmen wenn Du einsam bist, die Dich einbremsen wenn Du mit Rasierschaum losrennen willst und mit Dir stattdessen noch bessere Aktionen aushecken

Ich wünsche Dir viel Kraft, und Geduld.

Lg
FiLu

30.06.2014 10:25 • x 1 #7




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