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Kalt und warm und da und weg

W
Hallo unbekannte Mitmenschen,

das könnte nun ein wenig länger werden, dazu wohl sehr chaotisch, jedoch nicht ansatzweise so chaotisch, wie es wirklich war. Ein Bericht in Bruchstücken, ich versuche, so ehrlich wie möglich zu sein.

Sie: Anfang 20, ich: Anfang 30. Wir: Am Anfang vom Ende, am Ende vom Anfang oder mittendrin.

TEIL 1 - Frühling

Kennengelernt haben wir uns letztes Jahr im Frühjahr, ein erstes Date, ein langer Spaziergang, später Essen bei mir, acht Stunden, die wie im Flug vergingen, ich brachte sie spät nachts nach Hause, es folgte ein Kuss, wie ich ihn noch nie erlebt hatte, von da an war ich verliebt, ein Gefühl, dass ich lange nicht mehr gespürt habe und wohl noch nie so schnell und so intensiv.
Wir trafen uns vier, fünf mal, meist spät abends bei mir, kochen, reden, essen, S.. Ein wunderschöner April.
Alles wunderschön aber von Beginn an auch sehr zehrend, weil ich meine Gefühle noch für mich behalten wollte, den Coolen und Reifen markierte und versuchte, meine schwitzigen Hände, die sie freudig erregt registrierte und kommentierte, und zu kaschieren.
Zwischendurch verkehrten wir über unsere Handys auf eine Weise, die mir neu war und mich ebenfalls zunehmend forderte. Normalerweise versuche ich - eher Büchermensch - eine gewisse Distanz zu meinem Smartphone zu bewahren, was mir in der Kommunikation mit ihr aber nur schwerlich gelang. Schrieben wir, so hatte ich das Gefühl, sehr gefordert zu sein und hing förmlich am Gerät, wartete auf ihre Antworten oder überlegte mir meinerseits gewitzte, geistreiche Sprüche, um ihr zu antworten.
Früh beschlich mich das Gefühl, Teil eines Spiels zu sein, das von Display zu Display geht und aus nebulösen Nachrichten und wohl dosierten Kommunikationspausen bestand. Ich will mich nicht beklagen, wer sich auf eine derart junge Frau einlässt, der muss wohl damit klar kommen, dass diese Generation einen anderen Bezug zu ihrem Handy hat, mir wäre es recht gewesen, kurz und knapp die nächste Verabredung auszumachen, vielleicht ab und an mal zu telefonieren und sonst die wesentlichen Dinge des Kennenlernens persönlich auszutauschen. So sehr mich die Beziehung zu ihr von Anfang an stresste, so sehr belebte sie mich aber auch, ich erkannte mich kaum wieder, Familienmitglieder sahen mich erstaunt an und allen war klar: Der Junge ist verliebt. Und wie.

Für unser letztes Date hatte ich dann endlich mal mehr vor, ich wollte mit ihr rausgehen, es war der Mai-Feiertag, niemand von uns musste arbeiten, wir waren weit eine Woche im Voraus verabredet und ich freute mich wie ein Schneekönig auf diesen Tag, verließ eine ziemlich nette Party am Vorabend sehr früh, um fit und ausgeschlafen zu sein, wachte frohen Mutes auf und schrieb ihr gegen eins, wann wir uns denn sähen. Sie hingegen war ziemlich verkatert, gab mir zu verstehen, dass sie noch was Zeit bräuchte, diese Zeit verging, wir hielten jene Form der Handykommunikation, die ich oben bereits beschrieben habe: Sie schrieb über dies und das und ich immer wieder - ohne zu fordernd zu sein - wann wir uns denn sähen, sie blieb nebulös, tauchte immer wieder komplett aus der Kommunikation ab und ich wurde - was mich zusätzlich verärgerte - langsam aber sicher wirklich beleidigt. Schließlich kam sie gegen 22 Uhr zu mir, ich benahm mich wohl recht zickig, romantische Stimmung wollte nicht aufkommen, gegen Mitternacht fragte sie aus dem Nichts, ob sie bei mir schlafen könne, ich antwortete aus Spaß, in Wahrheit freute ich mich über dioese Frage, dass die Jugendherberge heute geschlossen sei und innerhalb von fünf Sekunden war sie aus meiner Wohnung entschwunden. Ich sah sie noch die Schuhe anziehen, dachte mir, jetzt gleich hältst du sie auf und alles wird vielleicht doch noch gut, und zack: Weg war sie. Und ich stand da, völlig konsterniert. Und so endet der erste Teil unserer Geschichte.

* Teil II *

In den Tagen darauf bemerkte ich erst so richtig, wie sehr ich mich verliebt hatte. Es tat höllisch weh und gleichzeitig schämte ich mich dafür, dass mich das Ende einer derart flüchtigen Affäre mit einer so jungen Person so aus dem Gleichgewicht bringen konnte.
Wir schrieben auf beschriebene Art hin und her, ich hing wie ein J. an meinem Handy, versuchte ihr auf viele verschiedene Weisen klarzumachen, dass ich sie wiedersehen will, sie hielt sich nebulös und nach gut einer Woche packte ich sie virtuell am Kragen und sagte, sie solle mir persönlich sagen, dass sie mich nicht mehr sehen will.
Tat sie dann auch, bestellte mich quasi im Bademantel in einen Park - Ich habe nicht viel Zeit, wenn dann jetzt - ich rannte runter, packte meinen Mut zusammen, sagte ihr, dass ich Sehnsucht nach ihr habe und die einzige Frage, die mich interessiert, ist schlicht die, ob es ihr auch so ginge, Nein, sagte sie, dann wurde es noch ein wenig bittersüß, ein Adieu zum Abschied, ich war traurig, aber auch irgendwo froh, dass dieses Chaos nun ein Ende gefunden hatte, ein klares Nein, keine tausend Fragezeichen, was das nun war, wie jenes gemeint gewesen sein könnte und was sie überhaupt wollte.
Was ich wollte, hatte ich klar formuliert, meine Verliebtsein gestanden, über meine Sehnsucht erzählt und was ich nicht wollte, hatte ich auch klar gesagt: Keine Freundschaft, keine Unverbindlichkeit, kein Handy-Kontakt.
Fünf Minuten später schrieb sie nochmal, dass es schön war, dass es ihr leid täte, dass es besser so sei, man ja nicht wisse, was die Zukunft bringe, ich antwortete nicht, zwei Wochen war Funkstille, ich zog mich in meinen Schmerz zurück, den ich mit kaum jemanden teilen konnte, weil niemand verstand, dass ich, der immer entspannt über den Dingen zu stehen scheint, mich von einer derart flüchtigen Begegnung so sehr aus der Bahn werfen ließ.

Meine Brötchen verdiene ich übrigens mit Kellnern, wichtig zu wissen für das, was dann über den Sommer geschah, denn plötzlich tauchte sie immer wieder an meiner Arbeitsstelle auf, fuhr beinahe täglich an der kleinen Terrasse des Cafès vorbei, wo ich die Gäste servierte, lächtelte mich an, fuhr wie in Zeitlupe vorüber, mein Kopf folgte ihr, ob ich nun servierte oder abrechnete und für Sekunden war ich völlig außer Gefecht. Hach, was war das romantisch, dachten auch die Gäste. Ach, was tut das weh dachte ich, abwechselnd mit Ach, was ist sie schön und Ach, ach bleib doch stehen.
Mitunter überkam mich ein großer Zorn auf sie, weil ein Teil von mir, der von Anfang an die mahnende Stimme war, sagte, dass dies ein gemeines Verhalten sei. Dass dies in etwa so ist, wie vor einem Hungernden lächelnd warmes Brot zu schneiden und dieses dann verschwinden zu lassen. Irgendwie so.
Zwischendurch schrieb sie mir weiter nebulöse Dinge mit drei Punkten, was ich mir rigoros verbat und sehr barsch reagierte, was mir umgehend leid tat. Ich wollte jedenfalls diesen flüchtigen Handy-Kontakt nicht, ich wollte sie ganz oder eben gar nicht. Um meine altmorische Art so richtig zu zelebrieren, schrieb ich ihr einen langen Liebesbrief, der gleichzeitig Schlusspunkt und Abschiedsbrief sein sollte. Da ich nicht wusste, wo sie wohnt, fragte ich nach ihrer Adresse, sie sagte mir, dass sie die nächsten zwei Wochen bei einem anderen Mann wohnte, nennen wir ihn einfachshalber M., und ich stopfte meinen Liebesbrief in eben jenen Briefkasten mit M.`s Namen, mich dabei zitternd fragend, wer dieser wohl sei und war zugleich sehr stolz auf meine romantische Tapferkeit, sie nicht nach ihm zu fragen, nur den Brief einzuwerfen und zu verschwinden.
Das Gefühl der Erleichterung, das sich dann einstellte, hatte ich mir bitter verdient und wenn ich mir eines erhoffte, so war es höchstens eine Antwort - per Brief. Mein Brief war ein großes Kompliment, ein Dankeschön, ein Auf Wiedersehen und vor allem: Eine Absage an die Kommunikation per Handy. Sie antwortete noch am gleichen Abend. Per Handy. Irgendwas nebulöses. Ich schwieg, hatte getan, was ich tun konnte, schleppte meinen Liebeskummer durch den Sommer, zählte die Tage, bis mein Urlaub begann und ich die Stadt, in der ich sie überall witterte und in der ich durch meinen Job als Kellner so einfach und konsequenzlos von ihr aufgesucht werden konnte, endlich verlassen konnte, um fern von ihr ein wenig zur Ruhe zu kommen.

Fuhr sie in diesen letzten Wochen vor meinem Urlaub an mir vorbei, immer auf dem Rad, immer schön, immer lächelnd, versuchte ich sie entweder zu beeindrucken oder schaute böse weg, je nach Tagesform. Und diese kurzen Momente, dieses kurze, beinahe tägliche Vorbeifahren, die bestimmten meine Tagesform in diesen Tagen ultimativ. Alles kreiste um sie und auch wenn ich wirklich nichts mehr unternahm, um sie zurückzugewinnen, dachte ich über nichts anderes nach. Eine heftige Zeit, endlich kam der letzte Arbeitstag, ich verließ die Stadt, erholte mich ein Stück weit, realisierte aber auch in der Entfernung, wie sehr ich mich verliebt hatte, wie sehr ich in der Patsche saß.
Sechs Wochen sahen wir uns nicht - mittlerweile war August - ich hatte gerade Feierabend, saß mit einem Kollegen hinter dem Cafè und rauchte - da fuhr sie an mir vorbei. Statt so wunderschön wie sonst zu lächeln, sprang ihr die Freude förmlich aus dem Gesicht, weit aufgerissene Augen, ein wirklich lachender Mund, so viel Unkontrolliertes hatte ich bis dahin noch nie in ihrem Gesicht gesehen. Und ich saß da und wusste: Ich sitze weiter in der Tinte. Wir schrieben wieder ein wenig, diesmal ging es sogar von mir aus, ich fragte diverse Male nach einem Treffen, nur Spazierengehen, sie blieb - dreimal raten - nebulös und irgendwann, ich glaube, es war die erste Septemberwoche trafen wir uns dann doch noch einmal.
Klopfenden Herzens und sie von weitem schon sehend, sehr schön in der Sonne sitzend drapiert, lesend, ihr Rennrad neben sich. Und ich - ohne Stimme - Hey.
Wir unterhielten uns, es war nett wie quälend, so klein fühlte ich mich. Sie sagte mir, dass es ihr nicht gut ginge. Ich fragte: Warum? Sie hielt sich bedeckt, wollte nichts erzählen, ich fragte weiter nach, sie sagte Ich habe Liebeskummer, ein Satz, bei dem mein dummes Herz hüpfte, um kurz drauf fast zu kollabieren. Ich fragte noch: Wegen mir?
Nein, wegen M.

Kurz drauf ging ich und als ich zuhause war, weinte ich das erste Mal seit langem auf eine Weise, die nicht zu kontrollieren war. Und dann? Dann ging es mir besser, ich erholte mich, der Herbst kam und löste einen sehr schmerzhaften Sommer ab, ich sagte mir Dinge wie: Jetzt fallen die Blätter, unter denen wir uns geküsst haben. Und dann kommen irgendwann neue Blätter, die nichts von uns wissen und erzählen.
Sie fuhr wie gewohnt und zwangsläufig an meinem Cafè vorbei, ich verweigerte ihr zunehmend die Aufmerksamkeit und was tat sie? Sie fuhr nicht mehr vorbei, sie wurde Gast, saß plötzlich da und ließ sich von mir Weißweinschorlen wie Grünen Tee servieren, ich tat es kurz und knapp, aber nicht ohne sie dezent darauf hinzuweisen, dass dies kein besonders rücksichtsvolles Verhalten sei, sie reagierte schnippisch, stritt mal ab, wegen mir dort zu sein, sagte dann, dass sie es so schön fände mich zu sehen, ein Spiel, das mir nicht gut tat, weshalb ich ihr bald klar machte, dass sie doch bitte eines der benachbarten Cafès aufsuchen möge. Tat mir leid, ging aber nicht anders.
Mittlerweile war es Herbst und mir ging es zunehmend auf die Nerven, dass mich diese Geschichte immer noch innerlich wie äußerlich beschäftigte. Zu sehr war alles Rätsel, zu sehr fühlte ich mich wie in einem emotionalen Versuchslabor, zu sehr erzählten mir die zweifelnden Stimmen in mir von *beep* Verhaltensweisen - denn der Verdacht, dass sie sich an meinem emotionalen Leid irgendwie ergötzte, der lag halt wirklich auf der Hand. Auch meine Kollegen berichteten mir zunehmend davon, wie oft sie vorbeifuhr, wann sie da saß, immer allein, immer scheinbar zufällig.

Ich verdonnerte mir Mantras, um sie mir aus dem Kopf zu hämmern, und als sie irgendwann im Oktober wieder dort auftauchte, ich hatte mir gerade lecker dampfendes Gulasch bestellt - verging mir schlagartig der Appetit, ich stand auf und verwies sie für meine Verhältnisse recht lautstark des Ladens, was sie sichtlich traf und sie in der Folge dazu brachte, was ich mir immer gewünscht hatte: Sie verließ das Nebulöse, gab mir zu verstehen, dass sie mich wolle, dass sie so viel an mich denke, dass sie natürlich immer nur wegen mir vor Ort sei, ich zierte mich noch ein wenig und Anfang November trafen wir uns dann zu unserem ersten Date seit jenem verkorksten Anfang Mai.
Ich wollte cool sein, wollte nicht vorschnell sein, wollte sie all die Dinge fragen, die mir seither unter den Nägeln brannte. Seit ein paar Wochen ging es mir deutlich besser, das wollte ich unbedingt bewahren. Und nach zehn Minuten konnte ich nicht mehr und küsste sie und wir wurden ein Paar.

TEIL 3
Jetzt wird es chaotischer, der Kontakt intensiver, die Chronologie einer Achterbahnfahrt.
Eigentlich hätte ich nun der glücklichste Mann der Welt sein können, ich hatte sie zurück, konnte es selbst kaum glauben, lag schlaflos neben ihr und sah sie an, küsste sie wie außer Kontrolle, schlief mit ihr wie ein Wahnsinniger, spielte den Coolen und war in Wirklichkeit sehr verunsichert, ängstlich, auch immer noch zornig. Und sie tat ihren Teil dazu bei. Schon am ersten Abend, alles schien sehr fragil zwischen uns, sagte sie im Spaß und aus dem Nichts: Ich gehe dann jetzt mal, ganz so wie Anfang Mai, ein Satz der mich wie eine Pfeilspitze traf. Ich wies sie darauf hin, dass ich das als sehr unsensibel empfände, dass ich lange daran zu knabbern hatte, dass sie damals einfach so verschwunden sei. Diesmal blieb sie, aber es dauerte nicht lange, da ging sie wieder. Gefühlt lief ich ihr an die hundert Mal hinterher, durchs Treppenhaus auf die Straße, die Straße runter. immer wieder. Vieles in mir sagte: Lass sie gehen, bleib sitzen, aber ich konnte dem nicht standhalten. Verunsicherte sie mich nicht auf diese Weise, so tat sie es auf andere Weisen. Ohne Spaß: Sobald ich ihr einen männlichen Bekannten, Kollegen, Freund vorstellte, sagte sie Sätze wie: Ich steh irgendwie auf den.
Zwischendurch war es wunderschön, aber einmal die Woche - so mein Gefühl - fühlte ich mich von ihr auf sehr gemeine Art und Weise auf die Probe gestellt, provoziert, veralbert.
Kurz nach dem S. - der bis zum Ende fantastisch war - sagte sie beispielsweise, dass M. - der Mann, in dessen Briefkasten ich den Liebesbrief an sie gesteckt hatte - der schönste Mann der Welt sei. Mit ihm traf sie sich auch weiter, anfangs tat ich so, als hätte ich kein Problem damit, dann bat ich sie, mir wenigstens davon zu erzählen, was sie nicht tat, um mich nicht zu verägern und dass das mit M. ja nun alles rein freundschaftlich sei.
Ich war eifersüchtig wie ein Teenager, immer wieder erfuhr ich erst Wochen später von irgendwelchen Treffen, irgendwann kam sie mit einem selbstgestochenen Tattoo zu mir, erzählte, das habe eine Freundin gemacht und Monate später erfuhr ich, dass dieses Tattoo, Rippenbogen, knapp unter der Brust, von ihm gemacht sei. Das macht mich bis heute sehr sauer und gleichzeitig frage ich mich, ob ich übertreibe.

Weitere Beispiele ihrer Nadelstiche? Zwischendurch - vom wöchentlichen Vorfall abgesehen - war es natürlich wunderschön, wir schwebten verliebt durch den Winter und als ich ihr kurz vor Neujahr im Auto meine Liebe gestand, drückte sie - sie fuhr gerade - meine Hand und lächelte. Nun gut, das war nun nicht die schönste Reaktion, die man sich auf ein solches Geständnis wünschen konnte, ab er auch nicht die schlechteste, ich nahm sie hin und war froh, keine Gemeinheit abbekommen zu haben. Eine halbe Stunde später liefen wir durch die Stadt, ich erzählte, dass dieser nun mit jener etwas habe, und ihr fällt nichts besseres ein, als mir - der ihr eine halbe Stunde zuvor die Liebe gestanden hatte zu sagen, dass sie nun schon etwas eifersüchtig sei wegen dieser und jenem. Meistens war ich fassungslos, wenn ich so etwas hörte und ich brauchte Tage, um ihr zu sagen, wie sehr mir so etwas wehtat.
Weitere Beispiele unseres wöchentlichen Kältebades? Immer noch Winter, ich mal wieder arbeiten, sie nach eigener Aussage mit ihrer Schwester verabredet, zieht plötzlich am Cafè vorbei, hinter ihr herdackelnd irgendein Typ, sie offenkundig in Eile, er ihr hinterher. Als ich sie später auf ihre sehr männlich aussehende Schwester ansprach, hatte sie bald eine Erklärung, Schwester hat abgesagt, er nur guter Freund. Ich: Na gut. Und später, weil ein blödes Gerfühl blieb, wie die beiden da vorbeigezogen waren, fragte ich: Du, weiß dein guter Freund eigentlich von uns? Sie schwieg und verneinte dann und mir tat es schon wieder alles so weh.
Ich wollte es mir ihr so sehr, aber irgendwann war ich chronisch sauer.

Irgendwann im Frühjahr nach einem der unzähligen Streitigkeiten, kehrten sich die Machtverhältnisse dann schlagartig um. Ich trennte mich wegen einer verhältnismäßigen Kleinigkeit, verwies auf die Summe merkwürdiger Momente und haarsträubender Verhaltensweisen, erklärte mich selbst für zu alt und konservativ für eine solche Form der Beziehung, die scheinbar nie zu konstanter Temperatur finden darf, immer Wechselbad bleiben muss und machte Schluss. Puh.
Denkste.
Denn sie? Sie, in deren Augen ich oft nichts sah als blitzende Freude über meine Zweifel, sie weinte und kämpfte und ich, der sie noch immer liebte, gab nach, erklärte ihr aber, mich fortan ebenfalls egoistisch zu verhalten. Ich wollte nicht mehr chronisch eifersüchtig sein, ich wollte nicht mehr die beleidigte Leberwurst sein, ich wollte lieber selbst austeilen, ich spielte nunmehr nicht nur mit, sondern fing an, mit ihr zu spielen. Mich mit anderen Frauen zu treffen, sie im Nebel stehen zu lassen und zu sagen: Ach ist doch alles nur freundschaftlich und plötzlich waren die Rollen verkehrt.
'
Sie schien tatsächlich begriffen zu haben, was so alles nicht geht, blieb zwar sehr merkwürdig in ihrem Verhalten, entschwand des Öfteren einfach so und gab mir weitere fleißig Denkaufgaben, aber ich spürte plötzlich ihre Zerbrechlichkeit, spürte, wieviel ihr das mittlerweile bedeutete und spürte die Macht, die ich plötzlich über sie hatte, spürte auich die ganzen Verletzungen und Sticheleien noch, spürte immer noch das Grundgefühl, in meinen Bedürfnissen viel zu kurz zu kommen, spürte auch die Verantwortung, die ich diesem jungen, verwirrten Menschen gegenüber als wesentlich Älterer Teil der Beziehung trug, muss aber auch zugeben, dass ich ihr es nun heimzahlte, sobald ihr Verhalten wieder in den Testmodus driftete, muss auch zugeben, dass ich aus Mücken Elefanten machte, genoss zwischendurch die Zeit mir ihr sehr und sagte mir schon am nächsten Tag, dass dies alles keine gesunde Grundlage war.

Fortan standen wir wöchentlich vor der erneuten Trennung, teils wurde sie für ein paar Tage durchgezogen, meist ging sie von mir aus und immer stand am Ende die tränenreiche Versöhnung.
Mitte Mai flog sie für eine Woche in den Urlaub, ich brachte sie zum Bahnhof, kehrte zurück nach Hause und wurde schlagartig krank, mein ganzer Körper tat weh und ich war froh über ein paar Tage Ruhe.
Kontakt hielten wir nur über Nachrichten, unsere Versuche, über Whatsapp zu telefonieren, scheiterten nach ihrer Aussage am schlechten Empfang, über das normale Netz war es ihrer Aussage nach zu teuer oder ging aus einem anderen Grund nicht und eine Telefonzelle kam auch nicht in Betracht, weil es diese dort (Porto) nicht gebe.
Nicht schlimm, man kann auch eine Woche keinen Kontakt halten. Nur dieses Gewhatsappe wollte ich eben nicht. Sie schon. Und so zogen wir es durch.

Entgegen meiner Ankündigung holte ich sie - immer noch sehr geschwächt - eine Woche später am Flughafen ab. Sie freute sich sehr über die Überraschung, wir umarmten uns, küssten uns und dann ging es von vorne los. Du, ich glaub ich hab mich ein bisschen verliebt. in eine Frau, sagte sie noch am Gate. Und ich? Den Coolen spielend, innerlich fast kollabierend, sagte nur Puh, na wenn es eine Frau ist.
Mir tat häufig nicht weh, was sie da sagte, seit einiger Zeit wusste ich, dass sie meist nur provozieren wollte, dass sie ihre Unsicherheit zu meiner machen wollte, dass sie sich immer wieder aufs neue davon überzeugen musste, dass sie mir was bedeutet. Weh tat mir aber eben, dass sie diese Dinge sagte, gerade um mir wehzutun. Ich fühlte mich wahnsinnig ausgelaugt.
Eine Woche später habe ich sie betrogen, habe mit einer Kollegin rumgeknutscht, wissend, was ich tat. Und ich wollte, was ich tat. Zwei Wochen später habe ich es ihr gebeichtet, sie verzieh mir, verlor kaum ein Wort darüber, doch mit uns ging es jetzt erst Recht bergab, hässliche Streits, große Verzweiflung auf beiden Seiten, beide verletzt, beide verletzend, beide sehr verliebt, beide unfähig, die Liebe zu leben.
Das war der letzte Sommer, heiß und rastlos, leidenschaftlich und selbstzertörerisch. Ende Juli besuchten wir einen Freund von mir in einer anderen Stadt, Tag 1 war sehr schön und innig, Tag 2, das war die Blutmondnnacht - entglitten wir uns völlig, das Damoklesschwert der nächsten Trennung über uns baumelnd überforderte uns beide, am nächsten Tag wollte sie abreisen, wir trafen uns nochmal draußen und sie zeigte mir einen langen Ritzer am Arm. Die Wochen vorher waren schon auffällig gewesen, einmal in unseren wöchentlichen existenziellen Vernichtungskriegen wollte sie die Wohnung mit einem Messer verlassen, sich aber nicht dazu äußern, was sie damit machen wolle.
Als ich nun die Konsequenzen sah, die sie mir förmlich unter die Augen rieb und eins und eins in ihrem Verhalten zusammenzählte, siegte endlich - zumindest scheinbar - die Vernunft und ich trennte mich von ihr, wir fuhren gemeinsam die fünf Stunden zurück, ich versuchte ihr möglichst rational zu erklären, dass das mit uns eine Ebene erreicht hätte, die nicht mehr zu rechtfertigen sei, dass ich diese Verantwortung nicht tragen könne und als wir uns am Bahnhof verabschiedet hatten, war ich sicher, dass es das war.
War es aber nicht. Weil ich ein Idiot bin und die Finger nicht von ihr lassen kann. Da ihr die Stadt, in der mein Freund wohnte, sehr gefallen hatte, hatte sie angesichts der Trennung beschlossen, im September dort für einige Monate hinzuziehen. Fand ich gut, klang nach Ruhe. Die Zeit, die uns verblieb, nutzten wir, wie verliebte Trottel sie nutzen und da unser Ende eh besiegelt war, war es natürlich die schönste Zeit einer an Schönheit nicht armen Beziehung.
Nun ist sie seit zehn Tagen weg. Wir kommunizieren spärlich übers Handy. Sie ist sehr lieb, so lieb, wie ich sie mir immer gewünscht habe.
Meistens schreiben wir, manchmal telefonieren wir. Sie will, dass ich sie besuche. Ich will das auch. Irgendwie. Aber frühestens im Oktober und hoffentlich - sagt ein Teil von mir - gar nicht. Weil es endlich aufhören muss, weil wir manisch umeinander kreisen und sobald wir uns wirklich zunahe kommen, soll heißen: Sobald wir einige Tage wirklich ein verliebtes Paar sind - fliegen die Funken. Das ist sehr, sehr zehrend. Ich habe das Gefühl, dass sie nur nett zu mir ist, wenn ich ein A. bin, wenn ich die Zügel in der Hand halte. Ich habe Angst, schwach vor ihr zu sein, weil ich das Gefühl habe, dass sie damit nicht umgehen kann, dass das irgendetwas in ihr auslöst, dass sie zum Angriff übergehen lässt.
Ich will aber schwach sein, weil ich sehr lange stark für sie war.
Und was ich mir nun wünsche? Ich weiß nicht, ich wollte es mal loswerden.

Liebe Grüße

Ein verliebter Esel

10.09.2018 18:32 • x 4 #1


Femira
Schau mal das

10.09.2018 18:44 • x 2 #2


A


Kalt und warm und da und weg

x 3


A
Hallo,

ich schließe mich Femiras Meinung an, es ist ein gefährliches Spiel welches du mitspielst, du bist bereits liebessüchtig und abhängig, sehr gefährlich und du verlierst sämtliche Energien, pass auf dich auf.Liebe Grüße

10.09.2018 18:52 • x 1 #3


W
Zitat von Femira:
Schau mal das

.youtube.com/watch?v=pFuiu_O-e_8


Danke, habe es mir angeschaut und aufgesogen - auch wenn sich die beiden äußerlich sehr unterscheiden, habe ich immer wieder gedacht: Genau
'Gerade das gruß- wie kusslose Erobern meiner Wohnung, in der ich mich immer wieder wie der Gast gefühlt habe, kenne ich zu genüge. Muss nun mal ein paar Begriffe googeln, Liebessucht beispielsweise. Das klingt ja an und für sich nach etwas völlig Normalen. Man ist verliebt und ein Stück weit süchtig nach der Gegenliebe.

10.09.2018 19:25 • x 1 #4


Femira
Der Hemschemeier nutzt ein wenig sein eigenes Vokabular. Wenn dir dieses Video was gebracht hat, ab auf YouTube!

10.09.2018 19:31 • #5


Gorch_Fock
Hey Esel, sich von einer Anfang 20 jährigen den Kopf zu verdrehen lassen, muss nun wirklich nicht sein. Du bist da auf das typische Spiel eingestiegen, was viele Frauen heute spielen. Die Mischung aus dem berühmten Meldeverhalten, die Standart-Nachrichten die immer sein müssen (Guten Morgen / Gute Nacht) und alles was dazwischen liegt. Gute PUAs sind aus gutem Grund Meister der Kommunikation, da heute fast alles über Smartphone läuft. Ob Beziehungsanbahnung oder Aufnahme / Halten einer Affaire. Alles läuft darüber.
Und ganz ohne ist sie nicht. Sie spielt mit Dir, ein starkes Machtungleichgewicht durch Deine Bedürftigkeit besteht. Löse Dich davon, indem Du den Kontakt absolut runterfährst bzw. abbrichst. Wenn Du es noch nicht getan hast, dann würde ich Dir mal Lob des Sechismus als Lektüre empfehlen.

10.09.2018 19:40 • x 1 #6


C
Ich bedaure deine Schmerzen, aber du hast eure Geschichte jedenfalls grandios erzählt. Einen Tipp habe ich nicht außer: unbedingt weiterschreiben.

10.09.2018 19:44 • x 2 #7


W
Hallo,

danke dir. Schreiben tue ich ohnehin und um ehrlich zu sein: Noch nie hat eine Person mich mehr inspiriert als diese junge Dame es tut. In der Hinsicht hat sie viel Energie gegeben, in anderer Hinsicht wohl abgesaugt.
@gorch_fock: Ich glaube nicht, dass ein Smartphone heutzutage tatsächlich so wichtig ist, wie dargestellt. Und ich glaube nicht, dass ich mich besonders für Strategien zum Aufreißen per Handy interessiere. Ist nicht mein Ding, diese Oberflächlichkeit. Mut ist das, was zwischen zwei Menschen passiert, nicht das, was zwischen zwei Geräten abgeht. Erfolg ist das, was sich gut anfühlt und nicht das, was sich als solcher verkaufen lässt.
Ansonsten aber Danke, der Kontakt gehört heruntergefahren. Zu belastend das Ganze. Zu endlos die Wiederholungsschleifen.

Ich habe neben all dem Zorn und der Sehnsucht Mitleid mit ihr, weil sie derart außerstande ist, für das einzustehen, was sie möchte. Und ja, ich würde ihr gerne helfen. Und ja, ich weiß, dass das nicht geht und wenn doch, dann wohl nur auf meine Kosten.

10.09.2018 21:49 • #8


S
Mäh

01.10.2018 17:44 • #9


L
Ach ja... Hemschemeier ist wirklich gut.

Zu so Geschichten kann man nur eines sagen...

Wenn dich jemand nicht wirklich will, über einen längeren Zeitraum rumdruckst, dann muss man die Sache beenden oder eben damit leben, dass es eine stressige on-off-Geschichte wird, die einen am Ende meist vollkommen fertig macht.

Du liebst sie auch nicht (wie auch - durch dieses Hin und Her mit vielen Pausen lernt man niemanden richtig kennen), sondern bist angefixt durch ihre Attraktivität, Jugend und Unberechenbarkeit. Dadurch entstehen im Körper große Hormonausschüttungen, die Spannung, die Ungewissheit tuen ihr übriges.

Du hängst an der Nadel wie ein Dro..

Vielleicht hast du sowas einfach mal wieder gebraucht, um dich zu spüren etc.

Gesünder ist es aber wenn du dir deine Kicks durch etwas anderes holst - Sport, Hobbys etc. und nicht durch krankhafte Beziehungen.

01.10.2018 18:12 • #10


S
Zitat von WohleinEsel:
Ich habe das Gefühl, dass sie nur nett zu mir ist, wenn ich ein A. bin, wenn ich die Zügel in der Hand halte. Ich habe Angst, schwach vor ihr zu sein, weil ich das Gefühl habe, dass sie damit nicht umgehen kann, dass das irgendetwas in ihr auslöst, dass sie zum Angriff übergehen lässt.
Ich will aber schwach sein, weil ich sehr lange stark für sie war.


Warum kommunizierst Du nicht genau das? Sie scheint sehr vorsichtig zu sein, evtl. kritisch. Sie scheint viel Zeit für einen Vertrauensaufbau zu brauchen. Sie wagt sich anscheinend eher vorsichtig vor, während Du im Sturm erobern willst. Du bist eher ungeduldig, sie zu zaghaft.
Deine Erklärungsmuster auch fraglich. Sie hat getestet. Ja, wahrscheinlich auch Grenzen.
Sie hat sie überschritten, weil sie es konnte?
Wahrscheinlich konnte oder kann sie nichts mehr gut machen? Jetzt weiß sie nicht mehr wie.
Früher war ich auch mal so jemand. Heute, nach langer Zeit denke ich anders, weil ich eine ganz andere Art von Beziehung leben konnte. Das konnte ich aber nur, weil ich jemanden an meiner Seite hatte, der die Kraft hatte, es mit mir zusammen durchzustehen. Diese Art von Beziehung ist mir heute völlig fremd. Meine Expartner verkennen mich heute und denken, ich wäre noch so wie damals. Deshalb scheiterte die Kommunikation bereits sehr schnell.
Viel Glück! Ich glaube, Du brauchst aber langfristig doch eine Frau an Deiner Seite, die ihren eigenen Kopf nicht verliert.
Es ist doch gut, dass Du dies für Dich herausgefunden hast.

01.10.2018 19:14 • #11


U
https://www.netdoktor.de/krankheiten/bo ... /symptome/

Ich finde da einiges in Deiner Beschreibung, was zu den Symptomen passt - vor allen Dingen auch die Selbstverletzungen.

01.10.2018 19:41 • #12


S
Es könnte auch einfach am Alter liegen oder an der Rollenfindung.
Es gibt auch Frauen, die maskulin wirken.

01.10.2018 19:45 • #13


U
Zitat von Satyr:
Es könnte auch einfach am Alter liegen oder an der Rollenfindung.
Es gibt auch Frauen, die maskulin wirken.


Das Push- and Pull Verhalten ist schon krass ausgeprägt bei der Dame. Auf jeden Fall ist sie toxisch für den TE

01.10.2018 19:51 • #14


S
Anscheinend haben sie nicht zusammen gepasst. Sie hat evlt. eine Entwicklungsphase gemacht, eine Metamorphose.

01.10.2018 19:57 • #15


A


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