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Kann ihn nicht loslassen

H
Hallo ihr Lieben,

ich bin schon länger eine stille Mitleserin, nun brauche ich aber euren Rat … ich hoffe der Text wird nicht zu lange

Mein Ex-Freund (29) und ich (26) waren 2,5 Jahre zusammen. Unsere Beziehung war die meiste Zeit sehr liebevoll und wertschätzend. Er war immer fürsorglich und hat mir ein gutes Gefühl gegeben. wir konnten über alles miteinander reden und teilten die gleichen Werte.

Neben den Höhen gab es aber auch immer mehr Tiefen, wir stritten sehr viel und ständig fühlte ich mich von ihm kritisiert, angegriffen oder unfair behandelt. Am Ende von jedem Streit (die grundsätzlich sehr dramatisch und laut waren) war ich das Problem. Er behandelte mich von oben herab, ich verstand grundsätzlich alles falsch was er sagte, hörte ihm nie richtig zu, war kritikunfähig und fühlte mich wegen allem grundlos angegriffen. Irgendwann vertraute ich mir selbst nicht mehr, hinterfragte mein Denken, Handeln und meine Wahrnehmung… ich entschuldigte mich also jedes Mal und wurde immer unsicherer. Klar bin ich im Streit oft eine Dramaqueen, ich muss alles ausdiskutieren und fange schnell an mit weinen, ich war auf keinen Fall unschuldig. Trotzdem gehören zum Streit immer zwei, er sah aber nur mein Fehler bzw. Rechtfertigte seine durch meine …

Er wurde im Streit oft laut und auch beleidigend… er entschuldigte sich zwar, jedoch meinte er immer, dass mein Benehmen ihn dazu gebracht hätte und er dies nicht ändern könnte, solange ich nicht an mir arbeite und mich normal verhalte… ich war also in seinen Augen auch daran selbst schuld.

Ich hatte noch nie ein sonderlich gutes Bild von mir selbst und fühlte mich noch nie liebenswert. Die Beziehung die ich vor ihm hatte war extrem toxisch, aber ich hielt lange daran fest, da ich dachte ich würde nichts besseres verdienen. Als mein Ex dann in mein Leben kam, hielt ich ihn für meinen Retter. Er sieht gut aus, hat einen guten Job, viele Hobbies, ist höflich und fürsorglich usw. Auf den ersten Blick also perfekt. Ich dachte von Anfang an, was ich für ein Glück haben muss, dass er sich für mich interessiert. Mir war klar, das MUSS klappen, egal was kommt. Ich stellte ihn also von Beginn an auf ein Podest und versuchte alles um ihn von mir zu überzeugen, da mein eigener wert in meinen Augen nicht ausreichte… das zog sich eigentlich die ganze Beziehung so durch. Sein Wohlergehen war das wichtigste für mich, was ich wollte verlor ich völlig aus den Augen. Meine Grenzen kannte ich selbst nicht mehr… bei jedem Streit war meine größte Angst ihn zu verlieren, ich hätte alles getan um die Beziehung zu retten. Ich wünschte mir so sehr eine Zukunft mit ihm … und da es auch immer viele Höhen gab, hielt ich immer mehr an der Beziehung fest.

Da seine Lebensumstände teilweise schwierig waren (Stress im Job, Wohnsituation, Krankheit in der Familie) opferte ich mich immer mehr für ihn auf und versuchte so gut es geht ihn zu unterstützen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, es ihm nie recht machen zu können. Er fand immer etwas zu kritisieren, was dann wieder im Streit ausartete und meine Schuld war … meine Probleme waren im Vergleich zu seinen immer „normal“ oder „nicht so schlimm“, seine Probleme hingegen waren immer dramatisch und schlimm und er stellte sich als das Opfer dar, tat aber nie aktiv etwas dagegen. Das heißt ich musste immer Verständnis haben und für ihn da sein… was ich natürlich auch tat.

Die Streitereien wurden immer schlimmer und häufiger. Wir wurden beide immer verzweifelter, die Situation war so festgefahren. Wir versuchten erst uns etwas weniger zu sehen, uns wieder mehr aufeinander zu freuen, was nur bedingt half. Ende September eskalierte es dann komplett und er schrie im Streit, dass er nicht mehr kann und wir uns trennen müssen. Wir hatten ein paar Tage kein Kontakt, wollten es dann aber nochmal versuchen, aber ohne Druck. Wir trafen uns also mindestens einmal die Woche, gingen viel mit dem Hund spazieren, redeten über Gott und die Welt, verstanden uns super und waren uns auch schnell wieder körperlich SEHR nah. Aus einmal die Woche wurde schnell zwei bis dreimal die Woche. Wir machten wieder gemeinsame Pläne, redeten über die Zukunft und genossen einfach die gemeinsame Zeit.

Dann kam auf einmal der Wendepunkt… er meldete sich eine Woche nicht mehr, obwohl ich krank zuhause lag. Das sah ihm gar nicht ähnlich, da er eigentlich extrem fürsorglich ist. Als ich ihm dann schrieb erzählte er mir, dass es ihm aktuell wieder sehr schlecht geht (was in letzter Zeit oft der Fall war), viele Themen zusammen kommen und er es nicht mal schafft für sich selbst da zu sein, wie soll er mir da noch gerecht werden. Egal was ich sagte, ich kam nicht mehr zu ihm durch, es war als hätte er eine Mauer aufgebaut, alles war negativ und ohne Emotionen. Meine Verzweiflung stieg…

Wir trafen uns auf meine Bitte hin am Tag darauf, um nochmal über alles zu reden. Ich hatte das Gefühl ein Fremder steht vor mir. Keinerlei Regung im Gesicht oder Emotionen in der Stimme. Er war komplett festgefahren, total negativ und wollte einfach nur aus der Situation raus. Ich flehte, bettelte, versuchte alles … er meinte die Trennung war ja bereits vor Wochen und danach hätten wir uns wohl etwas vorgemacht . er hat einfach keine emotionale Kapazität und muss endlich seine Probleme in den Griff kriegen (bei denen ich ihm immer geholfen hatte). Er hätte viel zu viel Angst, dass wir wieder in unser altes Muster verfallen und der Streit von vorne beginnt. Er braucht einfach gerade Abstand und weniger Kontakt. Als ich merkte, dass alles nichts bringt, verabschiedeten wir uns. Er meinte, wir können gerne nochmal reden, ich soll den Kopf nicht hängen lassen. Er konnte mich nicht mal in den Arm nehmen.

Am Tag darauf rief ich ihn nochmal verzweifelt an, was natürlich dumm war. Er war sehr kalt und meinte, ich soll bitte respektieren dass er gerade Abstand braucht. Auch dort meinte er, dass wir gerne nochmal reden können. Ich respektierte seinen Wunsch nach Abstand… wir hatten 4 Wochen kein Kontakt, ich ging durch die Hölle, wartete jeden Tag auf eine Nachricht, ging unser Gespräch 1000 mal im Kopf durch . trotzdem klammerte ich mich an die Hoffnung, dass er sich melden wird, da er ja weiß ich möchte nochmal reden. Ich nahm 7 Kilo ab, konnte nicht mehr schlafen, weinte jeden Tag …

Nach 4 Wochen hielt ich es nicht mehr aus, ich rief ihn ein Tag vor Weihnachten an. Er ging direkt dran, wirkte aber sehr kühl. Fazit des Gesprächs war, für ihn ist es ohne Kontakt besser, da er sich auf sich konzentrieren kann. Er vermisst mich zwar, denkt aber rational und eher an die vielen Streits etc. Wann er sich gemeldet hätte weiß er nicht, auf jeden Fall erstmal nicht. In 4 Wochen hat noch niemand genug Zeit gehabt um an sich zu arbeiten und etwas zu ändern, weshalb es in seinen Augen nichts bringt, jetzt nochmal zu reden. Meine Emotionen redete er klein. es sei „normal“ dass man sich so fühlt und ich soll jetzt mal den Kopf aus dem Sand ziehen. Über Zukunft wollte er nicht reden, kein neues Treffen ausmachen und ob er mich noch liebt wollte er mir nicht beantworten. Ich hatte das Gefühl, ich rede mit einem Fremden … dann wurde er genervt, da er zur Arbeit musste und er würgte mich ab. Das war’s. Keine Nachricht zu Weihnachten oder an Silvester. Nichts, wieder Funkstille.

Ich habe nach wie vor die Schlüssel zu seiner Wohnung, die hat er noch nie thematisiert, obwohl diese damals im Streit ständig Thema waren… auch er hat noch mein Auto- und mein Wohnungsschlüssel… ich weiß es sind nur Schlüssel, aber für mich aktuell eine Rückversicherung, dass da nochmal was kommen wird … auch wenn dieser Gedanke total kontraproduktiv ist, ich weiß …

Die Hoffnung ist bei mir nun langsam weg… er hat mir unmissverständlich klar gemacht, dass er keinen Kontakt möchte und er nicht daran interessiert ist wie es mir geht. Mir ist auch bewusst, dass die Beziehung in vielerlei Hinsicht toxisch war und ich oft nicht gesehen wurde, da sein Leiden immer Vorrang hatte . trotzdem (vielleicht auch genau deswegen) geht es mir immer schlechter. Ich weine unkontrolliert jeden Tag, ich denke ununterbrochen an ihn, ich vermisse ihn und habe nur die schönen Dinge der Beziehung im Kopf. Ich idealisiere ihn so sehr, dass ich mir einrede nie über ihn hinweg zu kommen und für immer alleine zu bleiben, mich will ja eh keiner. Ich habe so krasse Zukunftsängste, da ER meine Zukunft war . ich glaube, nie eine Familie gründen zu können, da ich den passenden Partner dazu nicht finde. also zusammengefasst: ich hänge komplett in der Opferrolle und schaffe es nicht raus, dabei sind nun insgesamt schon 5 Wochen vergangen … ich schreibe das jetzt so leicht, aber ich bin körperlich und psychisch langsam wirklich am Limit und halte die Traurigkeit nicht mehr aus …

Trotz all der Reflektion der Beziehung und den vielen negativen Dingen, die mir bewusst sind, wünsche ich mir einfach nur eine Nachricht von ihm … ich will einfach nur wieder bei ihm sein, ihn in den Arm nehmen… diese ständige Panik wenn ich an ihn denke… das ist nicht mehr auszuhalten. Ich male mir aus, dass ich ihm egal bin, er nicht mehr an mich denkt und vielleicht schon jemand neues kennenlernt …

Ich schreibe bereits Tagebuch, versuche mich abzulenken mit Freunden, lasse aber auch die Emotionen raus wenn sie kommen, lese viel über das Thema und ich werde nächste Woche eine Psychotherapie beginnen … mir ist bewusst, dass ich an mir und meinem Selbstwert arbeiten muss, um langfristig glücklich zu werden.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir eure Meinung zu der ganzen Sache mitteilen könntet…

Außerdem wäre ich für jeden Tipp dankbar, wie ich es endlich schaffe emotional Abstand zu gewinnen … ich spüre immer noch diese krasse Verbindung, so als würde er zu mir gehören … wie schaffe ich es so zu akzeptieren, dass er nicht mehr da ist, kein Teil mehr meines Lebens ist.

Danke für jeden, der sich den Text bis hier durchgelesen hat!

Liebe Grüße

02.01.2024 18:35 • #1


K
Wilkommen im Forum

Zitat von healing_:
Die Beziehung die ich vor ihm hatte war extrem toxisch, aber ich hielt lange daran fest, da ich dachte ich würde nichts besseres verdienen.


Zitat von healing_:
Als mein Ex dann in mein Leben kam, hielt ich ihn für meinen Retter.


Zitat von healing_:
Mir war klar, das MUSS klappen, egal was kommt.


Zitat von healing_:
Ich stellte ihn also von Beginn an auf ein Podest und versuchte alles um ihn von mir zu überzeugen, da mein eigener wert in meinen Augen nicht ausreichte…


Zitat von healing_:
was ich wollte verlor ich völlig aus den Augen. Meine Grenzen kannte ich selbst nicht mehr…


Zitat von healing_:
Außerdem wäre ich für jeden Tipp dankbar, wie ich es endlich schaffe emotional Abstand zu gewinnen …

Emotionale Abhängigkeit
Keine eigenen Grenzen
2 darauffolgende negative typen
Sich selbst in der Beziehung verloren
Verlustangst
Überangepasstheit
Selbstwertprobleme

Werde dein eigener Retter

Um Abstand zu bekommen,verstehen was dazu geführt hat. Wie du an dir wachsen kannst und zurück zu dir findest. Wenn nicht alleine,dann mit hilfe.

02.01.2024 19:08 • x 3 #2


CiRa78
Deutlicher kann er es Dir nicht sagen und zeigen. Steck den Schlüssel in einen Umschlag, schreibe Ihm einen Brief, dass auch Du gerne Deine Schlüssel zurück hättest und ab in den Briefkasten.
Die Schlüssel sind keine Rückversicherung. Er hat nur Angst davor, sich mit Dir zu beschäftigen.
Versuche dein Leben zu ordnen, konzentrier dich auf dich und mach Pläne, was du schon immer machen wolltest. Das Herzchen wird heilen und der Richtige kommt noch. Aber arbeite unbedingt an Dir und deinem Selbstwert, sonst steht die nächste Abhängigkeit bald vor der Tür. Nutze diese Chance alles zu ändern.

02.01.2024 21:34 • x 3 #3