Keinerlei Rücksichtnahme - überreagiere ich?

Hallo zusammen!

Ich glaube, ich drehe schön langsam durch, weshalb ich dringend eure unabhängige Meinung zu dem Thema benötige, um herauszufinden, ob ich tatsächlich viel zu viel verlange.

Mein Freund (30) und ich (27) führen seit 1.5 Jahren eine Fernbeziehung, die seit einigen Wochen heftig kriselt. Der Grund für die Krise ist eine chronische Erkrankung meinerseits, die bedingt, dass ich einige Dinge (bergsteigen etc.) schmerzbedingt nicht mehr im vollen Umfang ausführen kann, das heißt, dass wir, wenn wir uns sehen, mittlerweile oft zuhause im Garten sind oder nur kleinere Spaziergänge unternehmen, weil es für mich momentan einfach nicht anders geht.
Obwohl wir uns jetzt sechs Wochen nicht sehen werden, hatte er keine Lust, die letzten beiden Wochenenden vor der langen Abwesenheit mit mir zu verbringen, da ich doch eh nur eine Belastung sei und er lieber mit seinen Freunden feiert oder wandern geht.
Zudem kommt, dass ich vor fünf Tagen operiert wurde und ihn darum gebeten habe, mich am Tag der Operation anzurufen, was er ebenfalls nicht tat. Als ich das Ganze in die Hand nehmen ihn anrufen wollte, ging er natürlich nicht dran. Alles in Allem fühle ich mich mittlerweile einfach sehr im Stich gelassen und alleine.

Wenn ich das Ganze allerdings anspreche, dann gibt er mir die Schuld dafür, dass er schön langsam psychische Probleme bekomme, weil ich einen solchen Druck auf ihn ausübe. !
Und auch die Umkehrung hin zur Opferrolle beherrscht er gut, so kommen von ihm, sobald ich etwas Rücksichtnahme verlange, die tränenüberströmte Antwort er wäre doch ohnehin niemals gut genug für mich und er hasse sich dafür, dass er mir nie entsprechen kann.

Für mich fühlt es sich so an, als möchte er nur die guten Momente mit mir teilen, wenngleich er allerdings alle seine Probleme mit mir teilt wir sie gemeinsam zu lösen versuchen. Einzig und allein, wenn ich Unterstützung benötige, dann bricht alles zusammen und ich habe allein mit allem klarzukommen.

Was meint ihr, verlange ich einfach zu viel von ihm?

Hallo huibuh,

erstmal gute Besserung und gute Genesung von deiner OP.

Zitat von huibuh:

Was meint ihr, verlange ich einfach zu viel von ihm?

Offenbar erwartest du mehr, als er auch nur ansatzweise zu geben bereit oder in der Lage ist. Gleichzeitig investierst du anscheinend sehr viel in diese Beziehung, was ganz sicher euer Ungleichgewicht mit verursacht hat.

Er selbst scheint sich andererseits gut an dir bedienen und sättigen zu können, wenn er es mal benötigt (z. B. wenn er Probleme hat).

In einer schönen, bereichernden Partnerschaft möchten beide sich regelmäßig sehen und freuen sich aufeinander. Geben und Nehmen (Aufmerksamkeit, Rücksicht, Unterstützung usw.) sind ausgewogen und man spürt ja, ob man beim anderen gut aufgehoben ist. Du schilderst dagegen, wie du im Stich gelassen wirst. Beklagst du dich, erlebst du Schuldumkehr-Manöver.

Entweder du schraubst deine Vorstellungen von einer Partnerschaft tief in den Keller und gibst fortan klaglos, ohne deinerseits zu bekommen, bis du ihm endgültig zu uninteressant und zu unwichtig geworden bist und er dich irgendwann verlässt (wahrscheinlich dann für eine andere, in die er sich wirklich verliebt), oder du stellst für dich fest, dass das was dieser Mann dir zu bieten hat dir vorn und hinten nicht reicht und schickst ihn in die Wüste.

Ich würde dir definitiv letzteres empfehlen, denn nach deiner Beschreibung bist du für deinen Freund wohl eher nicht die große Liebe. Im Gegenteil, er nimmt dir mehr Energie, als er dir gibt.

Hallo Huibuh,

was ich dir aus all meinen Beziehungen mitgeben kann: Druck erzeugt Gegendruck!

Mit deiner Herangehensweise wird das nichts, er sagt dir ja bereits, dass er psychisch angeschlagen also macht er das was jeder Mensch macht: Er zieht sich zurück!

Bei euch scheint der Druck schon so groß zu sein, dass es sich sogar liest als würde er Schritt für Schritt von dir abnabeln. Deshalb das miese Verhalten derzeit.

In einer gesunden Beziehung ist der Partner eine Bereicherung und keine mir Druck erzeugte Stütze! Stell dir dabei zwei für sich selbst stehende Türme vor die mit einer Brücke verbunden sind. Existiert diese Brücke nicht und wird einer der Türme unstabil, so dass er auf den anderen kracht, besteht die Gefahr dass beide einstürzen und was das heißt sollte dir klar sein!

Ich wünsche dir gute Genesung!

Es liest sich so, als wäre der Mann nicht bereit, auch die verantwortungsvollen Seiten einer Beziehung zu leben. Vielleicht ist er unreif, überfordert oder will es einfach nicht. Vermutlich ist es eine Mischung aus allem.

Du musst entscheiden, ob Du so weiter machen möchtest. Seine Entscheidungen bestehen bisher darin, sich zu entziehen und abzutauchen, was nicht sehr fair und erwachsen ist, wenn die Partnerin krank ist. Tatsächlich wüsste ich in meinem Wertesystem keinen Grund, warum ich durchgehen lassen würde, wenn mein Partner in Zusammenhang mit einer OP bei mir abtauchen würde. Selbst wenn ich mir nur ein Muttermal entfernen lasse, hat ihn das zu interessieren.

Fernbeziehungen sind schon ohne gesundheitliche Einschränkgunen eine Herausforderung. Der ständige Event-Charakter von Treffen entspricht eben doch nicht dem, was den (nicht nur langweiligen sondern auch bereichernden) Alltag in einer Beziehung ausmacht.

Ich hoffe, es geht Dir bald wieder besser.

Danke für eure lieben Antworten! Es tut irrsinnig gut zu hören, dass ich offenbar keine komplett verdrehten Ansichten habe.

Zitat von Kummerkasten007:

Bist Du sicher, dass Du in einer Beziehung bist und nicht in einer F+?

@Kummerkasten007 genau diese Frage habe ich ihm gestern auch gestellt. Also vonwegen, dass er mir bitte sagen soll, wenns ihm doch nur um den S. geht. Aber er reagierte daraufhin gekränkt hat gefragt, warum ich ihm nicht glaube, dass er mich liebt dass ich doch seine große Liebe sei.. nunja, warum ichs nicht glauben kann ist wahrscheinlich selbsterklärend.. also insofern bin ich mir eigentlich sicher, dass das Ganze zumindest den Titel Beziehung trägt, über die tatsächliche Situation lässt sich offensichtlich streiten..

Zitat von Kummerkasten007:

Seine Handlungen widersprechen in meinen Augen seinen Worten.

Warum seht ihr Euch sechs Wochen nicht? Wie viel Entfernung ist zwischen Euch? Ist es ausgeglichen zwischen Euch, wer fährt und die Kosten trägt? Wie oft seht ihr Euch denn so?

Ja da stimme ich dir komplett zu. Das ist genau das, was ich seit Wochen beanstande. Zwischen dem, was er sagt dem, was er tatsächlich macht liegen Galaxien.

Nunja die Distanz ist eigentlich gar nicht sooo groß (in etwa 1.5 Stunden Fahrzeit), aber er ist beruflich sehr eingebunden (ist Soldat) und immer wieder mal ein paar Wochen weg und nun ist er drei Wochen auf Kur, so haben sich nun diese sechs Wochen ergeben...
Sehen tun wir uns meistens bei mir, da ich in einer großen Stadt lebe, meine Wohnung größer ist, ich einen Garten habe und insgesamt ein geregelteres Leben führe (hinsichtlich vollständiger Haushalt etc.) , was das Zusammensein (bsp.: gemeinsames Kochen oder den Besuch von kulturellen Veranstaltungen) einfacher macht. Das hat sich im Laufe der Beziehung so ergeben.
Für gewöhnlich sehen wir uns spätestens jedes zweite Wochenende für etwa 24 Stunden.

Zitat von Catalina:

Das ist für die doch eher nicht so große Distanz echt wenig. Zumal ihr ja noch nicht so lange zusammen seid, da sollte man normalerweise noch jede freie Minute miteinander verbringen wollen.


Hast du ihm gesagt, warum du an seinen Gefühlen zweifelst? Und wenn ja, was hat er dazu gesagt?

Danke für deine schnelle Antwort!
Ja das denke ich eben auch.. er sagt auch, dass er jede freie Sekunde mit mir verbringen möchte, er aber halt einfach nicht mehr Zeit hat. Zeitgleich ruft er aber auch nie an und antwortet auf meine Nachrichten erst abends bevor er ins Betr geht. Das war anfangs nicht so, aber da er eine neue berufliche Position angetreten hat, schob ich das anfangs einfach auf den Stress. Aber mittlerweile fühle ich mich einfach nur noch verarscht und das bedingt, dass ich zickig werde, was die Situation nur noch mehr verschlechtert. Irgendwie eine Negativspirale aus der ich nicht herauszukommen scheine.

Ja, ich habe ihm das gesagt. Er reagiert darauf mit Unverständnis. Eher in die Richtung ich antworte auf so etwas gar nicht mehr! Warum zweifelst du denn? Ich habe die tausendmal gesagt, dass ich dich liebe! Mich verletzt es, wenn du an meinen Gefühlen zu dir zweifelst. - spätestens solche Nachrichten entwaffnen mich richtig, da das genau sein Spiel ist, um mir die Schuld in die Schuhe zu schieben sich selbst zum Opfer zu machen.

Wenn ich das so schreibe frage ich mich selbst, wie unsäglich dämlich ich bin, das überhaupt mitzumachen. Würde ich das unabhängig lesen, ich würde den Kopf schütteln..

druck erzeugt gegendruck, wie schon erwähnt. ich verstehe deine enttäuschung und deine angst ihn zu verlieren. für manche menschen ist es leicht, da zu sein und zu geben, probleme zu teilen. manche menschen sind schon mit ihren eigenen problemen bedient. er sagte ja, dass er sich unzureichend fühlt und nicht in dem ausmaß für dich da sein kann, wie du es dir wünschst.
im grunde ist es doch egal, ob er sich erst abends meldet oder 4x über den tag verteilt. was du wissen willst, ist, ob er dich noch liebt. und deshalb hast du einen radar, der sein verhalten danach abmustert. er hat am tag der op nicht angerufen, check. er ist vor den 6 wochen trennung nicht zu mir gekommen, check.
wie würdest du dich fühlen, wenn er dich so abchecken würde? er zieht sich zurück, weil er keine lust mehr hat, sich schuldig zu fühlen, sich verantwortlich zu fühlen.
mache dir keinen stress mehr, wie es sein sollte. das, was dir weh tut, sind die enttäuschten erwartungen. liebst du ihn, weil er so ist, wie er ist oder weil er deine erwartungen bedienen soll? ich persönlich halte nichts davon, wie mann zu sein hat. es gibt aufopferungsvolle, verantwortungsübernehmende männer und es gibt die, die das eben nicht drauf haben.
frage dich, ob du ihn liebst und falls ja, dann lasse ihn mal in ruhe und aus freien stücken zu dir kommen.
er hat dir 1000x gesagt, dass er dich liebt und reagiert mittlerweile genervt. streiche mal das wort schuld aus deinem denken und ersetze es durch ursache und wirkung. nur, weil du für ihn da warst, als er probleme hatte, heißt das nicht automatisch, dass er es auch tut, nur, weil sich das so gehört und von dir eingefordert wird.
verstehe das nicht falsch...ich habe genau dasselbe hinter mir, wie du. die gleiche enttäuschung und entrüstung. diesselbe leier. erst, als ich annehmen konnte, was ist und mal das bewerten gelassen habe, kam er wieder an. für schmerz ist man selbst verantwortlich, nicht der andere.
das nächste mal, wenn er probleme hat, dann lasse ihn die selbst lösen. das mache ich jetzt auch so und fahre damit sehr viel besser. ich wünsche dir viel kraft und hoffe, ihr kommt wieder zusammen - ohne erwartungsdruck und schuldzuweisungen.

Zitat von huibuh:

Was meint ihr, verlange ich einfach zu viel von ihm?

Wenn man in der Liebe etwas verlangen muss ist es keine Liebe. Liebe kann nur freiwillig geschenkt werden.

Zitat von huibuh:

er sagt auch, dass er jede freie Sekunde mit mir verbringen möchte, er aber halt einfach nicht mehr Zeit hat.

Er hat aber für alle möglichen anderen Dinge Zeit, wie wandern und mit Freunden zusammensein.

Du steckst in einer Spirale, die sich immer mehr zuschraubt.
Du zerrst an ihm weil du denkst er gibt dir zu wenig, er fühlt sich unter Druck gesetzt und geht auf Abstand. Du fühlst dich zurückgewiesen und zerrst noch mehr an ihm und er distanziert sich noch mehr...
Ob diese Spirale durchbrochen werden kann solltest du mit ihm in einem Gespräch klären.
Sonst wäre die Trennung sicher die bessere Lösung, wenn du dich nicht immer tiefer in die Rolle der Bettelnden verstricken möchtest.

Alternativ könntest du dich auch selbst von ihm distanzieren, nicht mehr so viele oder keine Forderungen mehr an ihn stellen. Wenn er das so hinnimmt und von ihm nichts kommt was euch wieder näher zusammenbringt kannst du davon ausgehen, das da nicht mehr viel zu retten ist.
Ansonsten bringt es vielleicht Klärung eurer Schieflage und ihr könnt besser die Situation des anderen verstehen und entsprechend reagieren.