Hallo, liebe Gemeinde,
ich melde mich bei euch, weil es um meine Fernbeziehung geht. Sie scheint nämlich gerade den Bach herunter zu gehen und ich weiß nicht, ob ich das noch länger aushalte. Scheinbar ist die Tatsache, dass ich hier nach Hilfe suche, schon ein Indiz dafür, dass es nicht gerade rosig darum steht. Über ein paar Worte würde ich mich auf jeden Fall riesig freuen.
Erst einmal zu uns. Ich bin 33 Jahre alt und sie 26. Ich wohne in Kroatien und sie wohnt in der Türkei. Kennen gelernt haben wir uns auf der Arbeit. Wir arbeiten als Freelancer für die gleiche Firma. Nach einiger Zeit haben wir uns angefangen zu mögen und beschlossen, dass wir uns in einem anderen Land treffen. Das Ganze fing Ende September 2018 an. Sie leidet, ihrer Aussage nach, an Depressionen, die manchmal okay sind und manchmal hat sie Suizidgedanken. Ich habe ihr geraten, zur Therapie zu gehen, jedoch sagt sie, sie hätte keine Kraft nach einem ordentlichen Therapeuten zu suchen, der ihr helfen könnte. Und sie will es nicht machen.
Noch bevor wir uns getroffen haben, wurde der Kontakt irgendwie weniger und ich habe sie drei Mal zur Frage gestellt, was denn los sei. Sie sagte mir, dass sie depressiv ist und deshalb nicht wirklich mit jemandem Kontakt haben möchte. Und sie sagte, dass sich das wieder ändern wird. Geändert hat es sich dann kurz bevor wir uns getroffen haben. Beim einwöchigen Treffen hatten wir wirklich eine hammer Zeit und es hat mir und ihr sehr gut gefallen. Wir fühlten uns sowohl emotional als auch körperlich sehr verbunden.
Als wir wieder zurück waren, ging es gut mit dem Texten weiter. Wieder waren wir am Texten und es fühlte sich so an, wie am Anfang. Sie war an Sachen interessiert, die ich mache und ich auch an den Sachen, die sie macht und ist einfach wie geschmiert gelaufen.
Ich fragte sie dann, ob sie Lust hat für eine Woche nach Kroatien zu kommen, zur Hochzeitsfeier meines Bruders. Diese ist jetzt im Juli. Sie sagte, sie wäre dafür aber das sie noch einige Sachen checken muss, um es mir mit Sicherheit zu sagen. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass ich überglücklich war und es kaum erwarten konnte. Nach zwei Wochen sagte sie mir dann, sie habe das ihren Eltern gesagt und sie wären dagegen, vor allem ihr Vater (Achtung: er hat sie ja schon einmal zu einem Treffen mit mir gelassen und so streng religiös sind sie auch nicht). Sie könnte zwar gehen, jedoch würde ihn das enttäuschen und sie wolle nicht, dass er mich hasst, weil sie sich eine Zukunft mit mir vorstellen könnte.
Die Eltern möchten mich erst kennen lernen, bevor sie das zulassen. Ich habe kein Problem damit und ich fragte sie, wann ich kommen könnte. Angesichts der Tatsache, dass ihre Eltern den ganzen Sommer im Ferienhaus sind, wäre das erst am 1. Oktober möglich. Natürlich auch früher, jedoch würde ich in dem Fall nicht ihre Eltern treffen und das ist der Sinn der Sache.
Natürlich ist da so ein wenig eine Welt für mich zusammengebrochen. Erstens, weil sie doch nicht kommt und zweitens, weil so viel Zeit vergehen wird, bis wir uns wiedersehen. Ich könnte zwar früher kommen, jedoch wäre es finanziell dann mit dem Besuch im Oktober knapp. Ich wäre bereit beides zu machen, allerdings würde ich mein gesamtes Erspartes für dieses Unterfangen ausgeben.
Sie äußerte ihre Zweifel, als sie mir sagte, dass wir uns erst im Oktober sehen. Sie zweifelte daran, ob unsere Beziehung bis dahin aushält, weil es doch ein etwas längerer Zeitraum ist. Ich sagte ihr, dass es zwar schwer wird, aber nichts schief gehen wird, wenn wir beide an der Beziehung Interesse haben und uns gemeinsam darum kümmern, sie aufrecht zu erhalten. Sie sagte, es wäre in Ordnung und das war es dann bis auf Weiteres.
Nun sind ein paar Wochen vergangen und wir haben nunmehr wieder nur wenig Kontakt. Sie schickt mir hier und da Herzchen und fragt, wie es geht. Das Gleiche mache ich auch. Hier und da mal telefonieren wir, jedoch verstricken wir uns immer wieder in Streitigkeiten, die sich stundenlang ziehen. Letztes Streitthema war unsere gemeinsame Zukunft. Ich fragte, ob sie Lust habe, hierher zu kommen, damit wir mal 2 oder 3 Monate zusammen verbringen und sehen, wie es mit uns läuft. Sie war begeistert von der Idee und sagte: mit dir, überall hin. Das war das erste Mal, dass ich eine Frau gefragt habe, ob sie mit mir zusammen ziehen möchte und ich war sehr glücklich, als sie davon so angetan war.
Eine Idee war Kroatien oder Österreich. Aber das war nur eine Idee und eine generelle Richtung.
Kurze Zeit später sagt sie mir, dass die Firma, für die wir arbeiten, in ihrer polnischen Niederlassung 6 türkischsprachige Leute sucht und sie daran Interesse hat. Davon war ich gar nicht begeistert und sagte ihr, dass dies für mich keine gute Option sei, sie jedoch gehen soll, wenn sie möchte, weil es sich halt für sie gut anhört. Ich sagte ihr, dass es wohl nicht gut aussehen würde für die Beziehung, wenn sie nach Polen geht aber das sie tun soll, was sie für sich richtig hält und ich ihr da auch nicht im Wege stehen möchte. Sie entschied sich dann gegen Polen. War voll und ganz ihre Entscheidung.
Weil ihr die Arbeit, die wir machen, sehr gut gefällt, habe ich mich in der irischen Niederlassung informiert und die suchen da auch nach Deutsch- und Türkisch sprachigen Leuten und das könnte ich mir schon eher für mich vorstellen, aber auch für sie, weil sie die Arbeit mag. Ich sprach sie darauf an und sie sagte, sie könne sich vorstellen, in Irland zu leben. Deshalb habe ich sie mit den Informationen versorgt, die ich schon über Wohnungspreise, Gehalt usw. herausfinden konnte.
Ich sagte ihr außerdem auch, dass es cool wäre, wenn sie Tierärztin in Irland wird. Das hat sie studiert und es würde halt gut Geld für sie bringen. Sie sagte, dass sie schon seit Jahren studiert und sie nicht wirklich Lust hätte, die Unterschiede zu studieren, die sie in der Türkei nicht gelernt hat in der Uni. Ich sagte, dass es im Vergleich nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen würde und es halt gut wäre. Vllt. war ich ein wenig übermotivierend. Ich weiß es nicht.
Das Gespräch kippte kurze Zeit später und sie sagte, dass ich ihr vorschreiben würde, wo sie wohnen soll und was sie arbeiten soll. Das ich sie damit nicht unterstütze und sie erst selbst herausfinden möchte, was sie mag. Ich sagte ihr, dass es meine Ideen sind und keine Vorschriften und das ich empfinde, dass wir an einem gemeinsamen Ziel arbeiten sollten, mit Kompromissen, um eine gemeinsame Zukunft aufbauen zu können. Wir verstrickten uns in Streitigkeiten und sie sagte mir zwischendurch etwas wie: wenn dir das nicht passt, dann ist das dein Ticket raus aus dieser Beziehung. Ich sagte ihr, dass es mir schei*egal ist, was sie machen möchte und ich ihr keine Vorschriften mache. Ich habe mich wegen Irland informiert, um ihr eine Alternative zu Polen zu bieten, mit der ich auch zurechtkommen würde. Und da ging es nicht um den Tierarztjob sondern um einen Job bei der Firma, für die wir arbeiten.
Dass mir das mit dem Ticket raus aus der Beziehung nicht gefällt, habe ich ihr lautstark zu verstehen gegeben und gefragt, was der Mist soll. Das war schon das zweite Mal, dass sie so etwas ähnliches zu mir sagte. Ein Mal war es in einem vorherigen Gespräch, in dem wir uns auch stritten.
Jedenfalls war bei dem letzten Streit die Situation präsent, dass sie meine Worte einfach ihren Vorstellungen nach auslegte und nicht akzeptierte, was ich dazu zu sagen habe. Sie hatte 0 Verständnis dafür. Am Ende konnten wir uns aber doch beruhigen und gingen friedlich schlafen.
Seitdem schreiben wir nicht mehr so häufig. Wir haben gestern kurz telefoniert aber bei mir hat sich das Gefühl eingeschlichen, dass ich zu ihr nichts mehr sagen kann. Ich weiß auch nicht mehr, ob ich ihre Aussagen wirklich ernst nehmen kann. Mal sagt sie eines und dann dreht sie die Geschichte um und wir streiten wieder. Davor habe ich Bedenken. Deshalb beschränkte sich unser Gespräch darauf, wie der Tag so lief. Gute Nacht, gute Nacht. Auch, so denke ich, bin ich sehr bestürzt darüber, dass sie ständig das Schlussmachen anspricht. Das gibt mir, in Kombination mit den anderen Sachen, nicht wirklich das Gefühl, dass sie es ernst meint.
Sie interessiert sich auch, so habe ich das Gefühl, nicht wirklich dafür, was ich so mache oder meint auch nicht, dass es nötig wäre, mich über Sachen auf dem Laufenden zu halten. Letztens erst fand ich heraus, dass sie zwei Tage lang eine Freundin mit ihrem Freund zu Besuch hatte. Habe ich zufällig herausgefunden, als wir telefoniert haben. Auf meine Aussage hin, dass ich das nicht wusste, sagte sie mir, sie hätte mir ein Foto geschickt. Auf dem Foto waren ihre Freunde aber nicht zu sehen. Es war vom Garten, Kaffee und Kuchen trinken / essen.
Deshalb frage ich mich, was sie mir noch so verheimlicht. Ist sie ehrlich, was uns angeht? Ist sie ehrlich, was den Besuch nach Kroatien angeht (ihre Eltern haben schon vorher erlaubt, dass wir uns für eine Woche treffen), ist sie grundsätzlich ehrlich? Ich könnte die Liste weiterführen, aber ich mag gar nicht an andere Sachen denken, die sie mir verheimlichen könnte.
Auf der Arbeit chatten wir fast überhaupt nicht mehr. Früher war es ganz oft der Fall. Seitdem sich die Projekte geändert haben, hat sie nun, ihrer Aussage nach, bei dem anderen Projekt viel zu tun und kann nicht chatten. Ich weiß aber, über andere Kollegen, die mit ihr arbeiten, dass zwar viel zu tun ist, oft aber fast nichts los ist und das ganze Team dann miteinander nur chattet und sie nix arbeiten. Also ist es kein Problem mit anderen zu chatten. Nur mit mir haut es nicht so ganz hin.
Ich verstehe, dass es nicht immer so wie am Anfang sein kann aber ich erwarte schon irgendein Minimum. Wenn wir zusammenhalten sollen, um die Zeit zu überbrücken, dann erwarte ich mehr. Es ist nämlich auch für mich schwer, ständig daran zu denken, was los ist und ob daraus am Ende was wird. Um ehrlich zu sein, möchte ich sie darauf gar nicht mehr ansprechen, weil ich befürchte, es könnte wieder in einem Streit ausarten. Außerdem hatten wir das Thema schon oft genug durch und sie weiß, worauf es mir ankommt. Jedes Mal war es danach kurz besser mit dem Schreiben, verflüssigte sich aber wieder kurze Zeit später.
Nach dem letzten Streit sagte ich ihr, dass ich wohl vorschnell gehandelt habe und ich jetzt einen Gang runterschalten werde. Sie sagte, sie wolle nicht, dass es aufhört und sie Angst davor hat. Sie hat generell Angst davor, verlassen zu werden. Ich sagte ihr, dass ich sie nicht verlassen möchte, ich ihr aber auch nichts mehr vorschreiben will. Sie soll herausfinden, was sie im Leben machen will und ich werde das auch tun. Und wenn alles passt, können wir später über unsere Zukunft reden.
Sie hat mir bei unserem Treffen erzählt, dass sie vor guten und vor schlechten Situationen im Leben einfach wegrennt und sie Angst hat, dass sie auch vor mir flüchten wird. Sie sagte mir, ich soll das nicht zulassen, weil sie mich wirklich sehr mögen würde.
Ich habe das Gefühl, dass das gerade passiert und ich keine Möglichkeit habe, es nicht zuzulassen. Wenn ich drängen würde, würde sie wieder abgehen wie ein Zäpfchen und darauf habe ich echt keine Lust. Mir geht es oft auch sehr schlecht und vor 3 Jahren hatte ich eine Kopf-OP. Ich muss nicht sagen, dass ich Kopfschmerzen bekomme, wenn ich mich sehr aufrege oder mir große Sorgen mache. Ich habe die Befürchtung, dass ich durch so ein Wirrwarr auch depressiv werden könnte. Trotzdem versuche ich das Ganze aufrecht zu erhalten und erzähle ihr meist gar nicht, wie viel Kraft das kostet (vermutlich würde sie mich eh nicht dabei unterstützen oder mir wieder sagen, dass wir dann schluss machen sollten )
Naja, jedenfalls habe ich momentan sehr viel Wut und Enttäuschung im Bauch und ich weiß gar nicht mehr, was ich machen soll. Vom gemeinsamen Traum und Initiative bin ich, vor allem nach dem letzten Streit, nun in Versuchung, die ganze Sache zu beenden.
Natürlich hat sie auch ihre guten Seiten, jedoch überwiegen in schlechten Zeiten ja immer die Negativen, vor allem, wenn sie an Kraft und Substanz zerren. Es beeinflusst mich negativ in meinem Leben. Vielleicht bin ich ja selbst schuld, weil ich das so nah an mich herankommen lasse. Ich bin halt soft und voll mit Liebe, die ich gerne mit jemandem teilen möchte, der sie verdient. Und momentan weiß ich nicht, ob es sich überhaupt lohnt, weiterzumachen.
Was sagt ihr zu dem Ganzen? Jedenfalls fühle ich mich jetzt ein wenig erleichtert.
Besten Dank schonmal und entschuldigt den langen Text.
Grüße
03.07.2019 16:32 •
#1