Nach 14 Jahren alles auf Anfang?

M
Hallo...
Ich bin ganz neu hier. Seit einer Woche herrscht einfach nur totales Chaos in meinem Kopf und ich dachte, vielleicht finde ich hier einen Ort wo ich mir das alles mal von de Seele schreiben kann? Vielleicht hat Jemand von euch Ideen wie ich ... keine Ahnung... besser damit umgehen kann?

Hier meine Geschichte:
Ich habe meinen Mann vor 14 Jahren kennengelernt. Es war von Anfang an eine sehr aussergewöhnliche Beziehung - wir sind sofort (wirklich sofort) zusammengezogen mit meinem damals 2 jährigem Sohn, haben auch sofort ein gemeinsames Kind geplant. Irgendwie war ich einfach sofort 100%ig sicher das ER es ist - unvernünftig, aber eine Tatsache. Unser Miteinander war sehr sehr schwierig, jeder von uns hatte psychische und emotionale Defizite - im ersten Jahr kam es regelässig zu Gewaltausbrüchen und jeder normale Mensch hätte da schon die Beziehung beendet.
Wir nicht. Wir blieben zusammen und irgendwie wuchsen wir ganz eng zusammen, sodass das Zusammenleben immer besser klappte, wir uns immer besser vestanden. Die Gewalt später auch jede Art von Streit hörte auf.
Wir bekamen unser erstes gemeinsames Kind, 6 Jahre später unser zweites. Unser Leben war bei weitem nicht wie im Bilderbuch - wir waren zwischenzeitlich beide immer wieder arbeitslos, beide Kinder sind behindert, waren selbstständig (viel Stress, viel Druck für viel zu wenig Geld). Aber wir haben immer zusammengehalten und nie aneinander gezweifelt.
Vor 7 Jahren haben wir geheiratet - die Welt war Mist, aber wir waren miteinander glücklich.

Bis vor 4 Jahren.
Mit 37 Jahren erlitt mein Mann, bis dato kerngesund und topfit einen Herzinfarkt.Das war ein Riesen-Schock für uns beide. Gott sei Dank ist es nochmal gut ausgegangen, aber es war knapp. Das bedeutete das Aus für unsere Selbstständigkeit und auch in seinen alten Beruf durfte mein Mann nicht zurück. Er war fast ein Jahr lang krank geschrieben, darf seitdem nur bestimmte Tätigkeiten ausführen (und das als Handwerker). Mit seiner Wunsch-Umschulung klappte es auch nicht. Seitdem wurde er immer unzufriedener. Leider hat er das von Anfang an nie ernst genommen, tut es bis heute irgendwie nicht. Er hat sich da angewöhnt lethargisch herumzusitzen und einfach über die Ungerechtigkeit der Welt zu jammern/schimpfen anstatt aktiv etwas dagegen zu tun.
Kurze Zeit später (5 Monate nach dem Herzinfarkt) veknallte er sich in ein junges Mädchen. Das lief ausschließlich übers Intenet - ich kannte sie auch und das seltsame daran war, daß er sie nichtmal leiden konnte, sondern verachtete - vorher wie nachher. Es war auch keine ernste Sache, Frühlingsgefühle und nach zwei Wochen, ohne das sie sich je getroffen haben in dem Moment vorbei als ich davon erfuhr.

Da sagte er mir zum ersten Mal, das er mich nicht mehr liebt. Am nächsten Tag schon war das für ihn alles vom Tisch - er hätte sich nur geirrt, er hat auch sofort jeden Kontakt abgebrochen und wollte seitdem nie wieder über dieses Thema reden.
Natürlich hab ich das nie vergessen. Das war die erste Situation, in der ich mir seiner nicht mehr sicher war. Ich quälte mich die ganzen letzten Jahre mit Eifersuch herum, mit dem Gedanken, daß er bei der erstbesten Gelegenheit wirklich fremd geht usw....
Dazu noch die Angst, daß er jederzeit sterben könnte.
Kurzum - in mir manifestierte sich der Gedanke, daß ich ihn auf jeden Fall verlieren werde so oder so.

Das war so dumm - aber ohne mit ihm zu sprechen konnte ich das einfach nicht verarbeiten irgendwie...

Jedenfalls glaube ich, daß ich mich seitdem unterbewusst von ihm distanzierte. Ich hab ihn nicht aus den Augen verloren (ganz im Gegenteil, ihn am liebsten überwachen wollen), aber ich hab mich gar nicht mehr getraut Nähe z.B. zu suchen oder mit ihm über meine Gefühle/Probleme usw zu reden, weil ich Angst hatte wenn ich ihm zur Last falle ist er weg.

Gleichzeitig hab ich auch eine eigene Identität entwickelt, die mir vorher irgendwie gefehlt hat. Ich bin nochmal zur Schule gegangen und hab mein Abi nachgeholt, das hat mir gut getan. Ab Oktober studiere ich dann... das hat ihm nie gefallen, an seinem Selbstwert gekratzt auch wenn er es immer abstreitet.

Aber er? Er saß nur zuhause rum. Irgendwann hat er den Staplerführerschein gemacht, war aber weiterhin arbeislos bis vor einigen Monaten. Hobbys hat er links liegen lassen und Freunde hat er überhaupt keine.

Tja - und es kam natürlich wie es kommen musste:
Ich hatte schon den ganzen letzten Monat so ein schlechtes Gefühl. Ich war noch eifersüchtiger als sonst obwohl es objektiv keinen Grund zu geben schien. Vorletzten Mittwoch dann war ich mir irgendwie so sicher. Er ist angeblich zur Arbeit gefahren, hat sich aber nicht wie sonst mal in der Pause gemeldet, im Gegenteil. Ich versuchte ihn zu erreichen, keine Antwort über Stunden. Als ich ihn darauf ansprach, wurde er wütend und machte mir nur Vorwürfe.
Samstag wollte er sich dann mit einem Arbeitskollegen treffen, was mich stutzig machte, da er noch nie Freunde hatte. Aber ich freute mich (noch) für ihn. Bis er dann anfing seine Zehennägel zu schneiden und seine beste Hose gewaschen haben wollte. Ich wusste einfach, daß da was nicht stimmt. Am Samstag morgen schaute ich (zum ersten Mal) in sein Handy und zack - natürlich wars genauso wie gedacht.

Er schrieb sich seit einem Monat sehr persönliche Nachrichten mit seine Ex-Freundin (von vor 18 Jahren über die er immer sehr schlecht geredet hat), sie hatten sich am Mittwoch getroffen und den Tag miteinander verbracht, angeblich ohne das da mehr als ein Verabschiedungskuss gelaufen wär. Samstag allerdings wollten sie mehr.

Puhhh... das hat mich schwer getroffen. Ich hab ihn gezwungen mit mir darüber zu reden. Diesmal duldete ich kein Schweigen.
Er erzählte mir, daß halt alte Gefühle hochgekocht wären, aber er kein ernstes Interresse an ihr hätte.
Er sagte mir wieder, er weiß nicht ob er mich noch liebt. Er fühlt im Moment gar nichts, nicht nur im Zusammenhang mit mir sondern generell. Er ist allem überdrüssig: Alles kotzt ihn an, jeden Tag der gleiche schei., die gleiche Arbeit, die gleiche Frau - Eintönigkeit, Alltag pipapo...

Ich war natürlich total verzweifelt, aber es gelang uns komischerweise uns beide zusammenzureissen und wirklich ernsthaft, friedlich mit Achtung miteinander zu reden.
Voll seltsam... das hat er seit Jahren, so glaub ich wirklich noch nie zugelassen.

Keiner von uns beiden hat sich getrennt. Er sagt, er weiss einfach nicht ob das mit uns noch Sinn macht. Er möchte es gern probieren, weil er sicher ist, daß er noch Gefühle für mich hat. Er ist sich nicht sicher ob es nicht evt doch an seiner generellen Unzufriedenheit liegt und möchte keinen Fehler machen. In der einen Sekunde schreibt er mir, daß und wofür er mich liebt, in der anderen Sekunde sagt er er wäre nicht eifersüchtig, wenn ich mir jetzt einen neuen suchen würde, weil der eh besser für mich wäre. Es wäre ihm ganz egal.
Momentan hat er ganz viel Schuldgefühle, nicht nur wegen dem aktuellen Vorfall sondern auch wegen all dem was in der Vergangenheit schief gelaufen ist.

Ich bin einfach nur total durcheinander:
Einerseits sind meine schlimmsten Befürchtungen wahr geworden und ich bin mit meine schlimmsten Angst - ihn zu verlieren - ganz konkret bedroht. Andererseits... kann ich ihn verstehen. Ich bin überhaupt nicht wütend - nicht eifersüchtig. Es tut mir einfach nur so leid, daß ich es nicht vorher bemerkt habe...

Wir haben seitdem jeden Tag mehr Nähe ausgetauscht als ... in den ganzen letzten Jahren zusammen. Ich hab es nicht bemerkt vorher... aber es fehlte was ganz elementares für eine Beziehung, nämlich Teilnahme... Austausch von Gedanken/Gefühlen und auch Zärtlichkeiten.
Jetzt auf einmal ist es als hätte Jemand einen Schalter umgelegt. Wüsste ich nicht das was so gravierendes nicht stimmt... würde ich sagen - so glücklich wie jetzt war ich mit ihm noch nie zuvor.
Er hat geweint. Und ich auch. Jeden Tag. Und er ist als er eingeschlafen ist in meinen Arm gekrochen... Auch s.uell läuft mehr als selbst in unserer Kennenlern-Zeit.

Wir haben über alle Möglichkeiten gesprochen und sind uns einig? (ich weiss nicht, er hat es gesagt...), daß wir uns erstmal nicht trennen, weil es uns beiden zu weh tuh würde und da noch ein starkes Band zwischen uns ist. Er weiss nicht ob es Liebe ist. Oder ob es reicht.
Wir sind uns beide einig, daß wir irgendwie von vorn beginnen müssen, weil es so nicht weitergehen kann und das komische ist, es passiert auch einfach, es ist gar nicht schwer.

Das Schlimme für mich ist, daß er sagt, er weiss nicht ob er mich noch liebt. Aber ich... ich seh das doch und ich fühl das. Da ist sooo viel Nähe zwischen uns... das kann doch nicht falsch sein? Aber wie soll ich das geniessen und annehmen wenn er recht hat und mich nicht liebt? Dann muss ich doch unglücklich sein. Stattdessen lieb ich ihn plötzlich sogar noch mehr als vorher...
Ein Teil von mir will einfach so ganz offen bleiben und ihn fühlen und das was zwischen uns ist. Aber ein anderer Teil schreit die ganze Zeit, daß er mich verlassen wird und ich mich schützen muss.
Und ich weiss nicht was richtig und was falsch ist. Ich hab doch immer auf ihn vertraut... wie soll ich gerade jetzt damit aufhören?
Aber wenn er mich wirklich verlässt - dann werd ich daran einfach so zerbrechen wenn ich mich jetzt nicht drauf vorbereite...

Ist das denn richtig? Puhhh...

01.08.2016 19:48 • #1


Igluweis
Ziemlich harter tobak, hat dein Mann noch Kontakt zu ihr? Wenn er gar nichts mehr fühlt, könnte eine Depression sein, war zumindest bei mir so, dann wird es Zeit für eine Therapie oder zur Eheberatung

02.08.2016 00:07 • #2


M
Vielen Dank für deine Antwort...

Ja an eine Depression dache ich auch bzw an eine Belastungsstörung (eben seit dem Herzinfarkt). Das Problem ist, daß er absolut gar nichts davon hören will. Er weigert sich schlicht zu glauben, daß er ein tieferliegendes Problem (Todesangst, Verlust jeglichen Selbstwertgefühls etc) seit dieser Extremsituation hat und wird auf gar keinen Fall therapeutische Hilfe, auch keine Eheberatung annehmen.

Ihn unter Druck zu setzen bewirkt auch genau das Gegenteil vom erhofften... er macht einfach ganz zu (das hatten wir ja bei der ersten Liebelei, da schlug ich es vor und harkte mehrmals nach).

Er hat wie er sagt keinerlei Kontakt mehr zu seiner Ex, Facebook-Acount gelöscht, Whats-App gelöscht, ohne das ich ihn dazu aufgefordert hätte.
Ich glaube irgendwie es ging ihm auch gar nicht um diese speziellen Frauen, eher im Gegenteil - wie gesagt er verachtete beide, wobei er jetz plötzlich über diese Ex nur noch gute Worte verliert... keine Ahnung.

Nur irgendwie hab ich jetzt täglich Angst, sobald er auf der Arbeit in Stress gerät, oder die Nachbarn mal zu laut sind oder die Kinder ihn im ungünstigen Moment überfallen, daß er dann sofort weg ist. Ich kann auch nicht länger in dieser Trauerhaltung bleiben, esse seit 1,5 Wochen gar nichts (und ich meine gar nichts) und mir schwinden die Kräfte... Ich muss mich irgendwie dazu zwingen... keine Ahnung... weiterzumachen? Aber ich weiss nicht wie - ich hab einfach immer nur Angst dass er mich verlässt und kann mich über nichts mehr freuen weil sein fehlendes Gefühl alles total entwertet.

02.08.2016 21:16 • #3




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