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Er zieht aus und ich bin allein in der Wohnung

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Liebes Forum

Als ich nach Beendigung einer langen und leidigen Krankheitsgeschichte meinen Partner kennenlernte, glaubte ich den Mann meines Lebens gefunden zu haben. Er war lustig, gutaussehend, intelligent, und sportlich. Ausserdem verbanden uns viele Leidenschaften wie Filme zu schauen, spazieren zu gehen, Kaffee im Starbucks zu trinken und über Gott und die Welt zu diskutieren. Aber für mich dazumal das wichtigste: Er wollte eine grosse Familie, ein Haus, einen Hund... Alles, was auch ich mir schon immer erträumt hatte...

Bei Beginn unserer Beziehung lebte er (mit 23) bei seinen Eltern und arbeitete im Supermarkt. Innerhalb dieser 4.5 Jahre hat er das Abi nachgeholt, und studiert BWL und arbeitet 60%. Wir sind vor 2 Jahren in unsere perfekte Wohnung gezogen. Er hat alle Möbel bezahlt und die ersten 2 Monatsmieten. Ich war mit meiner Ausbildung bis zu diesem Punkt noch nicht fertig. Der Deal: Er bezahlt am Anfang den Löwenanteil und ich übernehme den Grossteil der Miete, während er dann studiert und eben nur 60% arbeitet. Wir hatten auch nie wirklich grössere Probleme... die kamen erst im Verlaufe seines Studiums und mit den alltäglichen Angelegenheiten.

Wirklich gemerkt habe ich es erst im Nachhinein, was sich alles so angeschlichen hat. Nun hatten wir unterschiedliche Auffassungen vom Umgang mit Geld. Seine Eltern sind immer sehr sparsam und wirtschaftlich mit Geld umgegangen, meine haben gerne in Haus, Ferien und auch Autos investiert. Wir waren nie im Minus, aber wirklich etwas ansparen konnten wir auch nicht. Daran konnten wir uns nie wirklich einigen, da ich nicht einmal ein paar Kerzen oder Blumen kaufen konnte, ohne, dass nachgefragt wurde, ob diese wirklich nötig seien. Nun gut, ich weiss, dass sich auch da die Meinungen sicher spalten werden und das ist ja auch egal. Trotzdem konnten wir uns immerhin beide etwas annähern. Ich habe weniger Dekosachen und dergleichen gekauft, dafür ist er auch nicht mehr mit dem billigsten Essen nachhause gekommen.
Etwas anderes, woran ich je länger je mehr zu knabbern hatte, war, dass er mir kaum mehr kleine Aufmerksamkeiten schenkte. Damit meine ich nicht Berge von Blumen oder ähnliches. Viel mehr ein Ich liebe dich Zettel oder eine Nachricht tagsüber, dass er an mich denken müsse usw. Ich habe mich immer sehr darauf geachtet und habe ihm zum Beispiel immer mal wieder seinen Lieblingstee gekocht, wenn er in seinen Uni Büchern steckte am Wochenende, oder seine Lieblingskekse gebacken - einfach nur so...
Ich weiss schon, dass ich nicht alles zurückerwarten kann, was ich hineingebe. Aber trotzdem immer nur zu geben und nur wenig zu bekommen, machte mich mit der Zeit immer mürber.

Bei einem Streit über eines dieser Themen oder vielleicht auch eines anderen, liess er dann plötzlich die Bombe platzen. Er wisse nicht mehr, ob er mich noch heiraten wolle. Zumindest, nicht wie abgemacht nach seinem Studiumsabschluss in zwei Jahren. Es ginge ihm zu schnell. Das war vor 4 Monaten. Zuvor haben wir immer darüber nachgedacht, wo wir gerne wohnen möchten, wenn wir 4 Kinder haben, oder ob wir vielleicht auch auswandern möchten, welche Hunderasse zu uns passen würde usw. Dass er nun aus dem nichts heraus mir das einfach entgegenwarf und auch noch während eines Streits, brach mir das Herz. Ich habe einige Nächte bei meinen Eltern verbracht und danach haben wir miteinander gesprochen. Ich liess es zu, dass wir das ganze Heiratsvorhaben beiseite schieben und erneut darüber sprechen würden, wenn er mit seinem Studium fertig sei. Zur Bedingung machte ich allerdings, dass wir eine Paartherapie machten, um uns wieder richtig annähern zu können, da durch diesen Streit bei mir zumindest sehr viel kaputt gegangen sei. Er willigte ein.

Wir gingen in den vergangenen Wochen insgesamt etwa 3 oder 4 mal hin und es hat auch etwas geholfen. Soweit in Ordnung. Nur als er mir dann vor etwa 2 Wochen eröffnete, dass er ein Austauschsemester in Südkorea machen möchte, war ich sprachlos. Dachte er wirklich nur an sich und bedachte nicht, was das für uns, oder für mich bedeuten würde? Bei einer Sitzung beim Therapeuten fragte dieser uns dann ganz direkt, wie wir unsere Beziehung seit dem Streit von vor 4 Monaten empfanden. Mein Partner meinte, besser. Sie sei noch stärker geworden und er fühle sich immer wohler. Als ich dann antworten musste, brach ich in Tränen aus und sagte, dass sie für mich schlechter geworden sei. Er hatte mir den Boden unter den Füssen weggezogen und mir die Sicherheit unserer Beziehung genommen. Ich konnte mich nicht wie früher einfach fallen lassen sondern musste immer Angst haben, dass sich dieses Gefühl, dass er keine Zukunft mit mir will noch verstärkt. Ich habe dann angemerkt, dass ich wohl begonnen habe mich emotional zu distanzieren. Wir besprachen, dass wir in der nächsten Sitzung über Seoul sprechen würden, da diese Entscheidung bald gefällt werden müsste.
Ich war am Ende. Ich liebte ihn so sehr und wollte das, wollte uns. Aber der Gedanke, dass er mich nicht so sehr wollte wie ich ihn, verstärkte sich immer mehr. Einige Tage später hielt ich es nicht mehr aus und sprach mit meinen Eltern darüber. Meine Eltern waren immer auf seiner Seite. Sie betrachteten ihn bereits als eigenen Sohn und liebten ihn auch als solchen. Aber auf dieses Auslandssemester, nachdem unsere Beziehung sowieso auf dem Prüfstand sei, nach diesem Streit von vor 4 Monaten, reagierten sie entsetzt. Sie waren wütend und enttäuscht, dass er sich nicht mehr einbringt in unsere Beziehung und offensichtlich (mit seinen 27) noch nicht erwachsen genug sei für eine richtige Beziehung.
Mein Vater riet mir, ich solle ihm meinen Segen geben für Seoul. Wenn er wirklich gehen wollte, könnte ich ihn sowieso nicht daran hindern. Wenn ich ihm jedoch meinen Segen gab, solle ich abwarten wie er reagiere. Wenn er erst einmal die Freiheit hätte alleine entscheiden zu können, würde er es vermutlich wieder ganz anders sehen. Also sprach ich am Abend mit ihm und sagte, er solle gehen, wenn er das möchte. Er nickte zustimmend und sagte nur: Danke vielmals, er wolle das wirklich machen. Ich war fassungslos. Er wollte mich wirklich hier alleine zurücklassen. Ich sagte, dass ich das nicht mehr könne und wir uns trennen sollten. Nach etwa 2h tränenreichen Gespräches (beiderseits tränenreich) flüchtete ich wieder zu meinen Eltern. nach 2 Tagen wollte ich mit ihm sprechen. In der Zwischenzeit habe ich viel nachgedacht und auch mit meiner Psychologin gesprochen. Diese meinte, die Entscheidung sei viel zu übereilt getroffen worden und wir sollen uns noch einmal zusammensetzen und über alles sprechen. Ausserdem hat sie mir mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, was wir noch tun können, um unsere Beziehung wieder einzurenken, unter anderem, dass er sich beraten lassen solle, da er offensichtlich nicht nur mit unserer Beziehung sondern auch mit Studium und Job überfordert sei. Neuen Mutes ging ich zurück in unsere Wohnung und war überzeugt, dass so wie er mir beteuerte, dass er mich liebte einige Tage zuvor und mit den neuen Perspektiven, dass wir das vielleicht doch noch irgendwie hin bekommen würden. Denn so eine Liebe habe ich noch nie gespürt und unsere Liebe wollte ich nicht einfach aufgeben. Ich war bereit zu kämpfen.

Er leider nicht... Ich wollte ihm erzählen, was ich mir überlegt hatte und was meine Psychologin ebenfalls geraten hatte. Ich fragte ihn aber zuerst, ob er hören möchte, was wir für Möglichkeiten hätten. Er verneinte und begann zu weinen. Er könne nicht weiterzusehen wie er mich verletzte. Er glaubte, eine Trennung wäre besser - für uns beide. Also besprachen wir, was zu regeln sei: Wohnung, Versicherung, gemeinsames Konto usw. Es war alles sehr zivilisiert. Wir weinten viel, wir lachten, schwelgten in Erinnerungen, umarmten uns und gaben uns schliesslich einen letzten Kuss, als er mich bei der Tür unter Tränen verabschiedete. Das ist nun einen Tag her und ich bin am Ende.

Ich liebe ihn so sehr. Ich habe mein ganzes Leben um ihn, um uns herum gebaut und nun stehe ich alleine da...Freunde hatte ich noch nie enge. Und etwas unternommen habe ich nur mit ihm und anderen Pärchen (er hingegen hat einen grossen Freundeskreis und war mindestens 1-2 mal die Woche weg). Das Einzige, was mir bleibt, ist meine Familie, heisst meine Eltern, meine Oma (wohnt im selben Haus wie ich) und meine Arbeit als Lehrerin.

Er wird in einigen Tagen aus der Wohnung ausziehen. Solange bleibe ich bei meinen Eltern. Ich darf alle Sachen behalten, da er sowieso zu seinen Eltern geht und danach nach Seoul. Ausserdem hätte ich mit der Übernahme des grösseren Teils der Miete sowieso das von ihm gegebene mehr als ausgeglichen.
Ich bin dankbar und froh, dass ich nicht alles ersetzen muss. Ich bin leider knapp bei Kasse, da mein Auto gerade den Geist aufgegeben hat und ich mir ein neues leasen musste. Das und da ich nicht immer einen festen Job hatte letztes Jahr und somit Schulden angesammelt habe, die ich im Januar gerade erst abbezahlt habe, machen es mir unmöglich neue Möbel zu kaufen oder gar umzuziehen (abgesehen davon, dass ich es mehr denn je zu schätzen weiss, dass meine Oma nur 2 Stockwerke unter mir wohnt). Ich werde mir zwar einen Hund anschaffen (ist nun seit über einem Jahr fest geplant) jedoch, kommt dieser erst im Sommer 2018... Leider habe ich eine Katzenallergie, weshalb es keine Katze geben kann. Freunde habe ich nicht mehr, oder habe alle vor den Kopf gestossen, als ich mich völlig meiner Beziehung widmete. Wir sehen uns zwar alle paar Monate, aber jede von meinen ehemals besten Freundinnen lebt mittlerweile irgendwo anders und hat selbst einen neuen Freundeskreis.

Ich bin mit meiner Arbeit als Junglehrerin schon sehr ausgelastet, arbeite viel und lang, jedoch habe ich Angst, was ich in meinen kommenden Ferien machen soll, wenn ich den ganzen Tag alleine sein werde. Ich mache zwar Pilates, aber mehr liegt auch nicht drin (körperlich).
Ich habe mir überlegt, mit Tierheimhunden spazieren zu gehen, aber das wird wohl ziemlich kompliziert.

Ich habe solche Angst, alleine zu sein und bin völlig überfordert von der Aussicht ohne ihn zu leben. Er war mein bester Freund....

Habt ihr einen Rat für mich? Was soll ich nur tun?

01.04.2017 23:03 • #1


N
wo lebst du? Auf dem Land oder in der Stadt? Ich denke es würde dir sehr gut tun ein paar neue Menschen kennen zu lernen.
Es ist eigentlich gut dass du seine Pläne schon kennst und er diese auch so wichtig nimmt.
So hast du über ein halbes Jahr Zeit, dich um dich selbst zu kümmern und etwas selbstständiger zu werden.
Ich denke du hast recht viel auf ihn abgewälzt, emotional gesehen..
studieren und 60% arbeiten... das ist ganz schön fordernd. Wenn er nun auch noch die sozialen Kontakte für euch beide pflegt, die Pläne macht...

Ich denke die Liebe kann bei Überlastung schnell verfliegen. Und kehrt vielleicht zurück wenn er merkt dass nicht du stresst sondern er sich selbst. Also schau dass du gut für dich selbst sorgen kannst, dann weiß er dass er nicht deine Bedürfnisse stillt, sondern seine Überlastung aus seiner lebenssituaton heraus entsteht.
So ein halbes Jahr Ausland ist außerdem sehr sehr gut geeignet um herauszufinden wer man ist und was man will.

Ich würde an deiner Stelle das ganze als Chance nutzen, um ebenfalls eine Weiterentwicklung zu erreichen.
Und wenn es sein soll, trefft ihr euch danach wieder. Wenn nicht, wird es dir dennoch besser gehen, als wenn du dich weigerst das allein sein zu lernen und zu meistern.

01.04.2017 23:30 • x 1 #2


sozialtussi
Wenn ich mir das so durchlese, dann fällt mir auf, dass viel zu viel geplant wurde.
Das Leben ist nicht immer planbar, ein bisschen Luft sollte man sich immer lassen, gerade in einer jungen Beziehung.
Ich lese heraus, dass deinem Freund genau dieLuft fehlte.
Du bist noch sooo jung.
Da kommt noch was Neues und vielleicht auch einer, der so gerne plant wie du .

02.04.2017 00:05 • #3




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