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Nachrichten von einem fernen stern

dondolo
hallo,

ich weine stark und befürchte daher, dass ich eventuelle schreib- bzw tippfehler nicht sofort bemerke, verzeiht mir.
meine geschichte ist keine aussergewöhnliche, wenn ich mich hier so durchs forum lese, und doch fühl ich mich so allein, so unendlich einsam. ich versuche so gut es geht ohne verzweigungen und einbahnstrassen die sache, um die es hier gehen soll, zu beschreiben.
ich bin bald vierzig jahre alt und hatte in meinem leben drei beziehungen zu drei frauen. aus der ersten, relativ kurzen, und im nachhinein peinlich naiv und kindischen beziehung, habe ich eine mittlerweile fast erwachsene tochter. und obwohl diese erste geschichte psychologisch und biographisch sehr prägend und wohl auch aufschlussreich wäre, geht es hier nun um die dritte, letzte und längste beziehung. knapp elf jahre waren wir ein paar. sie ist die frau, die liebe meines lebens, da gibts kein drumrum, das ist einfach so. die beziehung zerbrach, da ich zerbrach. ich bin seit meiner frühen kindheit immer wieder schwer depressiv, mittlerweile sagen die herrendamen doktoren wohl schon persönlichkeitsstörung dazu, die trauer wurde teil meines charakters. die traurigkeit verging auch innerhalb der beziehung nicht, sie war immer da, ein krebsgeschwür oft, ein anker teilweise. meine freundin wurde krank weil ich krank war, ich bemerkte es nicht. sie war mein boden und gleichzeitig war sie am boden, ich merkte nicht, dass sie erstickte, dass sie unter der trauer zerging. psychische krankheiten, wenn man sie denn so bezeichnen will, haben es an sich, dass man nur noch für sich schauen kann und auch das kaum. so zerdrückte ich sie, ich hab alle liebe aus ihr herausgedrückt bis keine mehr da war und sie mich verlassen musste. das verlassen werden dauerte jedoch lange, ich war zu labil, sie konnte nicht einfach gehen, und so wurde es ein monate- jahrelanger prozess. suizidalität war in meinem leben immer ein thema, ich hab darin einen freund und feind gefunden, steter begleiter. aber beim verlassenwerden wurde es akut, ich musste schlussendlich in eine klinik. zeit verging, akutes wurde etwas stumpfer und doch immer wieder angespitzt. sie blieb in meinem leben, wie auch sonst wäre ein leben möglich, sie war ja schliesslich nicht bloss eine partnerin, sondern mein ganzes leben. ich hatte und habe kaum freunde, bin gerne allein und als sie noch hier war, hat mich das auch nie gestört, im gegenteil, ich war zufrieden. ein wenig antisozial würde wohl zutreffen, vielleicht auch angst und schüchternheit, oft aber auch ekel und too-much vor/wegen menschen. somit hab ich mich über all die jahre immer weiter zurückgezogen, in mein inneres und unser gemeinsames. aber wie erwähnt, das wurde erdrückend für sie. ich stand also vollkommen alleine da, keine freunde, keine wirkliche familie, keine arbeitskollegen (selbstständig) und keine partnerin. und darum hab ich mich darauf eingelassen, dass wir weiterhin kontakt haben, fast täglich telefonieren und uns alle vierzehn tage sehen. das ist nun vier jahre her. und ich weine und weine und weine. mittlerweile hat sie einen neuen partner, versuchte dies jedoch vor mir zu verbergen, aber natürlich merkte ich das. auf einer freundschaftlich, innig menschlichen ebene haben wir es so gut miteinander wie noch nie, auch deshalb weiss ich, dass sie die frau, der mensch meines lebens ist. ganz oft bin ich trotz all der trauer und der verzweiflung auch unglaublich dankbar, dankbar, dass ich so empfinden kann. aber dann gibt es tage, wochen, so wie jetzt, wo ich den stillstand sehe, wo ich den graben zwischen mir und den menschen als so tief erkenne, dass mir fast übel wird ab der schieren unmöglichkeit der überwindung. habe ich denn bereits abgeschlossen, hatte ich bereits abgeschlossen als sie noch hier war? ich verstehe die meisten menschen nicht, das liebesleben schon gar nicht. wie ein alien ging ich immer schon durchs leben, phasenweise war das auch gar nicht schlecht, es gab mir teilweise stärke, einsicht und eine neutrale nüchternheit. und doch bin ich auf menschen angewiesen, ich bin einsam und sehe den weg nicht, diese einsamkeit zu überwinden. wie man wohl aus diesem text herauslesen kann bin ich geplagt von psychologischen problemen, steine auf meinem weg, scham und unsicherheit sind da sicherlich zwei der grösseren brocken. mit knapp vierzig jahren versuchen zu lernen, dass man sich annimmt und versucht zu lernen, wie man jemanden anspricht ist nicht einfach. ist es möglich, für mich? ich werde weiterhin den kontakt zu ihr halten, besser ein schmerzhafter boden unter den füssen als gar keiner, nicht wahr? wenn ich vielleicht mehr eingebunden wär, ein netzwerk hätte, freunde, dann würde ich wohl anders verfahren, aber ich kann mich relativ gut einschätzen, ein verlust meiner ex partnerin wäre nicht zu verkraften. da ist noch so viel. stoisch versuche ich täglich auch aus dem schmerz das gute zu ziehen, dass ich so tief empfinden kann ist nicht schlecht, ich wünschte bloss, eine pause würde länger halten, ein verschnaufen und vielleicht sogar, gott bewahre! ein bisschen glück.
tief in mir drin ist ein kleiner knubbel hoffnung. die hoffnung, dass wir wieder zusammen finden. ist dieses ding ein krebsgeschwür oder ein samen? wer weiss das schon. ich weine jetzt nicht mehr, die augen verquollen und ohne lust den text nochmals durchzulesen geh ich jetzt mit dem hund. ach ja, ich habe eine hündin, sie liebt mich und ich liebe sie!

05.07.2023 10:47 • #1


C
Hi Dondolo,
ich stehe kurz vor der Trennung, sie ist noch nicht besiegelt, aber die Hoffnung wird weniger. Daher kann ich mir grob vorstellen, wie einsam du dich fühlst, wie sich dein Schmerz anfühlt, obschon meine Situation natürlich nicht zu vergleichen ist mit deiner.

Das Problem ist, dass in der größten Freude und dem schlimmsten Schmerz jeder Mensch eigentlich immer alleine ist. Auch wenn er Freunde hat. Das muss man selbst bewältigen.
Es hilft mir aber, mich zu erden, indem ich um mich herum schaue. Wie geht es anderen, wie kommen andere damit klar. Wo sieht es anderswo auf der Welt aus. Man neigt schnell dazu, seine Welt um sich und seine Probleme herum zu bauen, und man muss manchmal einen Schritt zurück tun um zu erkennen, dass es anderswo noch schlimmer zugeht. Mir hilft das zu erkennen, dass ich auch in meiner größten Not noch Menschen finden könnte, die sofort mit mir tauschen würden. So egoistisch das klingt, aber es tröstet mich. Denn so weiß ich, dass ich nicht allein bin. Je mehr ich mich mit meinem Elend befasse, je mehr ich grüble und nachdenke, desto schlimmer wird es. Und wofür? Was bringt es mir, wenn ich nachts nachdenklich wach liege oder mich in den Schlaf weine? Ist es am nächsten Tag besser? Nein. Es bringt mir nur weiteren Kummer.
Unser Gehirn kann keinen Schlussstrich ziehen, wenn die Nervenbahnen immer wieder angesteuert werden. Wenn die Autobahn um eine Spur erweitert wird. Stattdessen sollte sie zuwachsen, damit keine Autos mehr darauf fahren können, und der Verkehr woanders lang gehen muss.

Du schreibst, dass du kaum Freunde hast und gern allein bist. Du beschreibst dich, als wärst du jemand, der schon immer Einzelgänger war und damit gut leben kann. Dabei verstrickst du dich aber in Widersprüche. Denn deine (Ex)Partnerin ist dein Dreh- und Angelpunkt, und das obwohl ihr nicht mehr zusammen seid. Obwohl du doch gut alleine sein kannst.
Und hier kommt nun das entscheidende: Du kannst es nicht, also alleine sein. Du bist ein Mensch. Menschen brauchen per Definition andere Menschen, soziale Kontakte. Wenn du keine hast, suchst du dir instinktiv Ersatz. Ein online Forum, deine Ex-Partnerin, einen Hund... egal was. Aber du kannst nicht alleine sein, nicht lange jedenfalls.
Mit deiner Ex Freundin hast du dir einen Kontakt gesucht, der dich von deiner Trauer nicht weg kommen lässt. Das weißt du ja auch, so wie du es geschrieben hast. Du glaubst, dieser Kontakt wäre besser als gar keiner.
Da würde ich dir aber widersprechen. Du tust dir Weh mit diesem Kontakt. Besser wäre es, das Kapitel zu beenden und ein neues aufzuschlagen. Du weißt aber natürlich noch nicht, was in diesem Kapitel steht, weil du es erst noch lesen musst. Also versuche, es zu wagen und sieh was drin ist für dich.
Überlege, ob du nicht doch Freunde möchtest. Ich kenne das Problem, denn seit dem Umzug habe ich auch keine Freunde mehr hier. Nun leide ich darunter, weil ich meine Probleme mit niemandem teilen kann, weil niemand da ist der mich ablenkt und aufmuntert.
Also muss ich alles daran setzen, diesen Zustand zu ändern. Ich suche mir Dinge, dir mir Spaß machen, und will sie tun. Ich möchte klettern lernen, und mit Airsoft anfangen. Bei letzterem hoffe ich, auch Leute kennenzulernen. Ich bin schlecht im Freunde finden. Aber ich spüre, dass ich wieder einen Freundeskreis brauche, um glücklich zu sein.

Und egal wie du bist, es gibt Menschen da draußen, mit denen du auf einer Wellenlänge bist, garantiert. Es ist ein bisschen wie mit Marketing. Ohne Werbung kommen keine Aufträge rein. Wenn keiner weiß das du existierst, kann sich auch niemand mit dir anfreunden.

05.07.2023 11:29 • x 1 #2


A


Nachrichten von einem fernen stern

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dondolo
vielen lieben dank für deinen post claudius!
du hast vollkommen recht, jeder/jede ist mit dem schmerz alleine und doch hilft es ein wenig, wenn man eine vogelperspektive einnimmt. das mach ich fast täglich als ritual, rauszoomen, immer weiter und weiter und irgendwann endet man im all und schaut auf diesen blauen planeten und vieles relativiert sich. ich werde jedoch oft fast gewaltsam in diese nähere realität gerissen, alltagsgeschichten von geld und not. da nützt der objektive blick nur noch selten und führt auch immer wieder zu noch intensiveren einsamkeitsgefühlen, also wenn man den blick auf grössere zusammenhänge gelenkt hat und gleichzeitig die nachrichten liest.
ich bin nicht ganz alleine, ich habe einen guten freund hier und bin auch sehr froh, dass er da ist. die einsamkeit ist nicht aus freien stücken gewählt, ich bin nicht gerade ein sozialer mensch und über die jahre, jahrzehnte wurde ich immer weniger zu treffen und events eingeladen, als dann kinder thema wurden, lösten sich die kontakte gänzlich auf. meine ex ist meine beste freundin, der wichtigste mensch in meinem leben, ich weiss das mag masochistisch klingen aber wir brauchen einander, das ist nicht nur einseitig so. ja es schmerzt, immer wieder und der schmerz wird nicht weniger, und doch weiss ich, dass ich eine vollständige trennung nicht überleben würde. dies ist nicht bloss ein entscheid aus angst vor der ungewissen zukunft, sondern todesangst. ich habe in den letzten jahren mir ansatzweise ein neues leben aufgebaut, wie ich meine zeit und meine energie einteile hat sich komplett geändert, ich verkrieche mich nicht mehr, ich bin täglich draussen. aber ich bin nicht dort, wo sich menschen aufhalten, ich lerne niemanden kennen so. menschenansammlungen sind mir ein graus und was ich so von online dating gehört habe klingt auch nicht grad verlockend. ich sitze da und hoffe, dass mir was einfachso passiert. das war schon immer so, sehr passiv. wie erwähnt gibt es schritte nach vorne, aber dann immer wieder diese enormen abstürze, diese löcher, die nie weniger werden, phasen wo ich in watte eingepackt nur dumpfes vernehme und so in mir, in meiner trauer festgefahren bin, dass zbsp der oben erwähnte objektive blick rein physisch nicht mehr möglich ist. es vermischen sich halt so viele themen bei mir, die depression, dysthymie, welche nie weggeht, die trennung vom lebensmenschen, tode von freunden. medikamente helfen nicht, ich bin beim fünften versuch, die nebenwirkungen sind immer brutal, wirkung hingegen keine da. ja ich suche nach einem ausweg, der/die andere ist da halt immer gleich attraktiv. man flüchtet sich in den anderen, halst ihm/ihr alles auf, das geht nie gut. und dennoch, man wünscht sich dieses zerfliessen, das loslassen und das nestgefühl. wenn ich mir meine hündin so anschaue überkommt mich der neid, warum bloss hat der mensch diese abertausenden komplexe und hirnverwirrungen? und dann seh ich animalische menschen und mich überkommt das kalte grauen. ach ich schreib hier unsinn. stopp!

05.07.2023 17:56 • x 1 #3


M
Zitat von dondolo:
tief in mir drin ist ein kleiner knubbel hoffnung. die hoffnung, dass wir wieder zusammen finden


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05.07.2023 18:35 • #4




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