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Fühle mich von gutem Freund unter Druck gesetzt

sappy
Liebe Foris,

Ich bitte um euren Rat und vorab um Verzeihung wegen meiner leicht verkomplizierenden Ausdrucksweise ( ich hoffe ihr versteht, dass ich keine eindeutig- direkten Angaben bezüglich der Berufe machen möchte...).
Es geht um meinen guten, vielleicht auch sehr guten und geschätzten Freund, den ich schon einige Jahre eher oberflächlich kenne. Vielleicht kann mir jemand von euch mit seiner Sichtweise zu einem klareren Blick verhelfen, ich sage es vorab, ich habe Angst übermäßig misstrauisch oder paranoid zu sein und ihm Unrecht zu tun, andererseits bräuchte ich Tipps für einen angemessenen und wertschätzenden Umgang mit ihm und vielleicht auch Einschätzungen oder Ratschläge bezüglich meiner eigenen Problematik.

Er ist ein besonderer und fürsorglicher Mensch, der sich gut in andere einfühlen kann und viele bemerkenswerte Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt.Gemessen an dem, was er eigenen Aussagen zufolge in seinem Leben erleiden musste, ist er ein erstaunlich positiver und bemüht korrekter Mensch, zumal er aber relativ schnell enttäuscht von anderen ist ( wobei er m.E. andere auch an seinen eigenen, recht hoch angesetzten Maßstäben streng misst). Seit April nutze ich das Angebot jenes guten Freundes zum kostenlosen Training eines Partnertanzes. Besagten Freund kenne ich über einen anderen Freund, aber vor allem habe ich ihn durch seine Tätigkeit in seinem Dienstleistungsbereich näher kennen und auch schätzen gelernt, den ich unregelmäßig in Anspruch nahm. Das Nutzen seiner beruflichen Dienstleistung ( ist nichts Anstößiges, aber was relativ Persönliches ) setzte bereits Vertrauen und Bereitschaft zu körperlicher Nähe voraus ( zwei Dinge, die bei mir vorab etwas problematisch waren - jedoch nahm ich seine Dienstleistung vor allem auch aus finanziellen Gründen nicht sehr oft in Anspruch, vermittelte ihm aber durch meine Empfehlungen mindestens 3 weitere Personen, die dies taten ).

Den Wunsch, diese Tanzart zu lernen, hegte ich schon länger, konnte ihn mir aber einerseits wegen nicht vorhandenen oder unpassenden Tanzpartnern oder anderweitiger Auslastung nicht erfüllen. Irgendwann kam ich dann darauf, ihn zu fragen, ob er mich darin unterrichten könne, da er in seiner Vergangenheit beruflich getanzt hat.Er willigte freudig ein, lehnte aber mein Angebot der Bezahlung von Anfang an strikt ab. Mein guter Freund ist seit mehreren Jahren in einer Wochenendbeziehung liiert und nahm mir von Anfang an ungefragt die Sorge, seine Freundin könne etwas dagegen haben, sie sei wie er und nicht eifersüchtig ( das stände auch seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit entgegen) und freue sich für ihn, das wir zusammen trainieren. Aufgrund ihrer chronischen Krankheit hätte sie keinen Bedarf, mich demnächst persönlich zu treffen. Wir fingen also an zwei- bis dreimal wöchentlich zu trainieren, was fast schon das Ausmaß an Kontakt übertrifft, welches ich mit besten Freundinnen oder meiner Familie pflege.Wir machten tolle Fortschritte und auch unsere Freundschaft wurde intensiver und persönlicher.Ich fühlte mich, als erobere ich mir verlorene Freiheiten zurück durch die stattfindende Konfrontation mit meinen Ängsten ( was den Körperkontakt betrifft und bezüglich meiner Blockade gegenüber dieser Tanzart)- das Training tut oder tat uns also beiden gut und ich oder besser gesagt wir machten gute Fortschritte.Unabhängig davon (?) spitzten sich jedoch meine beruflichen und privaten Schwierigkeiten stetig zu und zudem begann ich, mich eingeengt zu fühlen durch die Auflage, mindestens zweimal wöchentlich zu trainieren, und recht schnell musste ich ihm klar machen, dass eigentlich schon zwei Trainingseinheiten pro Woche für mich langfristig schwer zu realisieren sind.Ich gab mir immer viel Mühe die Termine trotzdem einzurichten, beim Training mitzudenken, habe geübt so oft ich konnte usw. hatte aber auch schlechte Tage, an denen ich die kompletten zwei Trainingsstunden kaum etwas hinbekommen habe.

Wir hatten die Vereinbarung, uns wegen der Termine flexibel abzusprechen, leider war meist ich es, die oftmals nicht konnte oder absagen musste, oder möglicherweise störte ich mich wenig daran, wenn er mal absagte. Oftmals schrieb er mir nach dem Training es habe Spaß gemacht, ich würde gute Fortschritte machen etc. und was nettes wie gute Nacht, träum was Schönes usw. ich finde er macht wirklich alles um ein sehr guter Tanzlehrer zu sein! Leider kann ich ihm das möglicherweise nicht angemessen spiegeln oder ausgleichen. Irgendwie schlich sich da ein Ungleichgewicht ein, dass ich nun fast ratlos bin, wie ich es wieder gut machen kann und mich für seinen Entgegenkommen angemessen bedanken soll? Ich komme wohl nicht darum herum Schuldgefühle zu haben.

Unglücklicherweise konnte ich es deshalb bisher nicht mit ihm thematisieren, dass ich zunehmend Beklemmungen empfinde, was das Training und die freundschaftliche Beziehung betrifft, obwohl es m.M. nach recht viele persönliche Gespräche in Anschluss an das Training gab: Er hat extremen Redebedarf in Bezug auf seine Vergangenheit, dies trifft auf Trauriges ebenso zu wie auf Erfolge, ich habe oft ( vielleicht im Rechtfertigungsmodus) von meinen Alltags- und Berufsproblemen erzählt...es kam auch vor, dass meine Aufmerksamkeit nach dem Training bereits nach ca.30 Minuten komplett nachließ, ich seinen Erzählungen nicht mehr folgen konnte und einfach komplett erschöpft war, einmal musste ich ihn fast bitten zu gehen ( das Training findet bei mir zuhause statt- ist auch bei meinem eher geringen Angebot an Gastfreundschaft nicht ganz anstrengungsfrei für mich, zumal ich sehr selten Besuch empfange). Was mich an unseren Gesprächen nach dem Training leicht misstrauisch machte war, dass er mir sehr oft von Situationen erzählt, die meinen aktuellen oder aktuell thematisierten Erlebnissen sehr ähnlich aber viel extremer waren, teilweise auch unglaublich - und was mich etwas überforderte war die häufige Wiederholung bestimmter Themen z.B. Frauengeschichten oder Probleme und Anfragen von Kundinnen. Seinen Berichten nach bin ich nicht die Einzige, der er spezifische Tanzformen beibringt, viele Kundinnen fragen ihn wohl danach, jedoch würde er neben seinem Beruf das gar nicht schaffen, nur hier und da eine Ausnahme machen und zudem müssten die anderen ihn entlohnen.

Möglicherweise lässt meine momentane Verfassung die auf seine Berichte wahrscheinlich natürliche und von ihm erwartete Dankbarkeit und Bewunderung nicht zu, vielleicht weil mich meine eigene Lebenssituation gerade sehr herausfordert oder aber, weil ich ein sehr negatives Bild vom anderen Geschlecht und dadurch größere Probleme habe, alles zu glauben, was Man(n) mir erzählt, weswegen ich mich manchmal echt gemein und niederträchtig fühle. Ich gebe mir zwar oft Mühe, eine gute Zuhörerin oder Gesprächspartnerin zu sein, allerdings bin ich in meinen eigenen vier Wänden immer innerlich mit noch anliegenden Aufgaben und meinen persönlichen Belangen konfrontiert und muss zugeben, er hatte Recht als er mir eines Abends schrieb, er habe das Gefühl, ich wolle ihn nach dem Training schnell loswerden. Zudem schrieb er, ich würde oft seltsam schauen, wenn er etwas erzähle, als verstände ich ihn nicht- woraufhin ich ihm erklären musste, dass es mir nach dem Training oft Mühe macht, seinen Ausführungen zu folgen.Kurz darauf erzählte er mir nach dem Training von den Problemen in seiner Beziehung usw., das ich seine beste Freundin sei und wie er, weil wir ähnliche Dinge in der Vergangenheit erlebt haben usw. was ich ihm nicht so ganz bestätigen konnte.

Schließlich machte er mir klar, dass er enttäuscht sei weil ich auf seine regelmäßig nach dem Training folgenden sms so gut wie nie antwortete... Mein Gefühl ist leider, dass ich seinem Trainingsangebot zunehmend weniger mit dem Freundschaftsdienst belohnen kann, den er sich wünscht.Je näher und persönlicher er dieses Arrangement zu gestalten versucht, desto überforderter fühle ich mich, irgendwie ist mir das alles ein zuviel an Nähe, dem ich mich nicht gewachsen fühle...vielleicht bin ich aber auch einfach zu feige für eine tiefere Freundschaft, ich kann es gar nicht einschätzen!?

Beruflich bin ich momentan zudem seit einer Weile sehr an- und eingespannt, vor einigen Wochen war ich krank usw. ich habe also bereits einige male absagen müssen, wobei ich mich bei den ersten malen weniger mies fühlte, da wir unsere Termine ja flexibel festlegen wollten...zudem schaffe ich es zur Zeit auch kaum mir für meine Freundinnen angemessen Zeit zu nehmen und kann meinen eigenen Unmut über diesen Zustand relativ gut in Zaum halten. Letzte Woche entstand auf meiner Arbeit wieder eine Situation, die mich voraussagen ließ, das ich den nächsten Termin wahrscheinlich nicht schaffen würde, also sagte ich meinem guten Freund das Training frühstmöglich ab und bekam erstmal drei verständnisvoll klingende Nachrichten,mit dem Angebot er würde auch später kommen können- was ich ablehnen musste, da ich extrem früh aufstehen muss und zudem noch für die Arbeit zu tun habe. Verständnisvoll antwortete er, er habe es sich schon gedacht, nachdem ich erzählt habe, was bei mir auf der Arbeit los sei, dass dieser Termin nicht klappen würde.

Er schrieb mir dann nochmal , dass er sich nun um eine andere Kundin kümmern würde und dass ich sieben mal abgesagt hätte in letzter Zeit und zudem viermal das Angebot, seine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, abgelehnt hätte.Das scheint mir leicht übertrieben, ist aber möglich, nachgezählt habe ich nicht. Allerdings fühlte ich mich an der Stelle schon wieder ziemlich unter Druck gesetzt, mir ein schlechtes Gewissen implizieren zu lassen und das finde ich anbetrachts seines Wissens über meine aktuellen Baustellen ziemlich unnötig...daher hab ich auch nicht zurück geschrieben, und angefangen hier zu schreiben, da ich gerade nicht weiß wie ich damit umgehen soll...eigentlich hatte ich gehofft, er sei weniger nachtragend, oder, dass er halt nicht derart gekränkt wäre- und ich habe mich gefragt, wie ich mich einfühlsamer und weniger verletztend distanzieren könnte und ob ich im Unrecht sei in meinem Empfinden, er erwarte von mir, dass ich sein Angebot über meine Bedürfnisse stellen sollte....vielleicht liege ich aber auch völlig falsch? Nun ja, gerade erreichte mich eine weitere Nachricht, er glaube wir sollten es lieber lassen mit dem Training, ich hätte zu oft in kurzer Zeit abgesagt und scheinbar kein Interesse...man könne sich auch eine kurze Zeit für sich nehmen (?) und er wolle keine Last sein...andererseits bedankt er sich fürs Kennenlernen und die Freundschaft und wünscht mir alles Gute, entschuldigt die Störung und schreibt ich bräuchte nicht antworten. Einerseits tut es mir total leid, das es nun so kommt und das er sich so demütigt(?) andererseits habe ich gerade Angst mir mit jeder beschwichtigenden Antwort weitere Verpflichtungen einzuhandeln, denen ich nicht nachkommen kann:

Klar liegt mir etwas an der Freundschaft und ich würde auch total gerne weiter trainieren, aber etwas unverkrampfter....

Liebe Leser, die ihr es bis hier her geschafft habt, was meint ihr dazu? Falls ihr mir dazu was zu sagen habt, wäre ich sehr dankbar....Ich überlege, zurück zu schreiben, dass es mich gerade ziemlich unter Druck setzt, was er schreibt, andererseits liest es sich ja wie kein wörtliches Ultimatum, sondern eine beschlossene Sache, die ich auch nicht so richtig nachvollziehen kann, mir scheint als seine Argumentationsführung auch eher emotional, sonst würde er vielleicht einfach schreiben, ich hätte mit meinen Absagen seine Arbeitszeit verschwendet oder ähnliches...
Mache ich irgendwo einen Denkfehler? Versucht er mich unter Druck zu setzen oder ist das ein Problem von mir, dass ich so empfinde? Was kann ich machen, um die Situation zu verbessern ?

22.05.2017 21:16 • #1


mafa
Naja ist doch alles recht einfach , er erhofft sich natürlich mehr bei dir. Jetzt kommt er mit der Trotzreaktion es ganz sein zu lassen um nochmal aufs ganze zu gehen und mit Hilfe deines schlechten Gewissens dich doch nochmal rumzukriegen fürs Training ..da dieses Verlangen anscheinend einseitig ist, rate ich dir den Kontakt einzustellen. Du musst auch kein schlechtes Gewissen haben , er wollte keine Geld für die Leistung ! Er hat sich wohl eher Hoffnung gemacht das mit der Zeit mehr draus wird ... du steigerst dich sonst in was rein aus dem du immer schwerer rauskommst da dich dein Gefühl plagt ihm etwas schuldig sein zu müssen..

23.05.2017 06:19 • x 2 #2


A


Fühle mich von gutem Freund unter Druck gesetzt

x 3


T
Ganz einfach: Er möchte mehr und versucht dich zu manipulieren, da er um deine Sorgen und Schuldgefühle weiß. Kein feiner Schachzug von ihm. Er möchte mehr, wozu du nicht bereit bist. Das ist dein gutes Recht und du musst dir da auch selbst keine Schuldgefühle einreden. Ich finde es nicht verwerflich, wenn dein Job dich so einspannt, dass dann eben das Hobby temporär (?) hinten anstehen muss. Ein Hobby bezahlt weder Essen, Dach überm Kopf noch sonstwas.
Du musst keine Schuldgefühle oder Unsicherheiten haben. Warum auch? Er hat es angeboten, wollte kein Geld - passt. Zum anderen solltest du überlegen, ob ein Hobby wirklich so sinnig ist, wenn du dich damit unter Druck gesetzt fühlst. Hobbys sollen Spaß und Ausgleich bringen - nicht weiteren Druck und Stress.

Ich würde ihm noch ein nettes Wort des Dankes schicken und von deiner Seite aus auch sagen, dass es so keinen Sinn macht, wenn du so unter Druck stehst von allen Seiten. Nichts Böses, nicht nachtreten.

Viel Erfolg und versuch etwas an deinem Selbstbewusstsein zu arbeiten

23.05.2017 15:26 • x 3 #3


sappy
Danke für eure Antworten! Was für euch einfach und offensichtlich scheint, ist in meiner Realität dann wohl kompliziert. Nun, mir tut es leid um die Freundschaft und ihn , quälen wollte ich ihn aber auch nicht, also hab ich es gemacht wie ihr gesagt habt und Zeilen meiner Dankbarkeit damit abgeschlossen, dass ich seine Entscheidung respektiere und auch für besser halte. Da er vergeben ist , nie aufdringlich und meinen Freundinnen gegenüber stets ähnlich zuvorkommend war, hätte ich es halt lieber ausgeschlossen, dass er mehr will, zumal mich ja auch schon seine zuvor gezeigten Erwartungen überforderten. Ich mag ihn ja total gerne und hätte mir so sehr einen guten Freund gewünscht, aber aus eurer Perspektive betrachtet verdient er wohl nicht mal das Maß an Wertschätzung, dass ich ihm rein freundschaftlich entgegen gebracht hätte.Möglicherweise ist es wohl der Todesstoß einer jeden Freundschaft, wenn einer mehr will als der andere ... es ist echt sehr schade und bestätigt mal wieder unangenehme Klischees... und wenn ihr Recht habt: wie bescheuert, seine Gefühle auf diese Weise zu outen , sicher wird er nie dazu stehen und das Freundschaftsding ist dann jetzt durch...
Andererseits bin ich natürlich froh zu lesen, dass ihr den Fehler nicht bei mir (und meiner unzuverlässigen, sprunghaften und angstbesetzten Art) verortet habt. Ich werd andere Möglichkeiten finden, meinem Hobby mit weniger psycho Druck nachzugehen....warum gerate ich bloß immer ins Visier von Menschen die mich manipulieren möchten ? Dank eurer Unterstützung bin ich ja nochmal gut davon gekommen fürs Erste...

23.05.2017 19:35 • #4


mafa
Tja, die meisten Beziehungen sind irgendwie Manipulation oder Ausbeutung . Oftmals nur nicht so bewusst ... gebe mir war's dann bekommst du etwas, wenn du mir nichts mehr gibst bin ich böse und Verlass dich ... oder ich mache etwas um dich zu behalten, auch Manipulation.

23.05.2017 19:41 • x 1 #5


T
Du solltest vielleicht etwas an deiner eigenen Abgrenzung arbeiten. Es darf nicht sein, das jemand in deine comfortzone eindringt und du es mitmachst, obwohl DU Druck, Stress und Schuldgefühle damit auf sich nimmst. Es ist nicht deine Aufgabe zu gefallen und recht zu machen indem du zurücksteckst. Du solltest dich wohl fühlen, wenn du mit anderen Menschen interagierst.

23.05.2017 21:01 • x 3 #6




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