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Rückfall in die Verzweiflung und Verlust der Kraft

G
Obwohl ich dachte, dass ich sehr gut mit der Trennung, der Scheidung und der Wiederheirat des Ex umgehen kann, verfalle ich immer wieder in Verzweiflung und Trauer. Ich merke wie die Kraft und Stärke sich in Hilflosigkeit und Niedergeschlagenheit wandelt.

Manchmal denke ich , dass ich jetzt Liebe mit Abhängigkeit verwechsle. Meine innere Stimme sollte mir ganz genau sagen, wer mich um meinetwillen gern hat und wer mich schamlos ausnutzen will. Dennoch bin ich nicht in der Lage es im richtigen Augenblick zu erkennen oder sie überhaupt zu hören.

Ich bin blind für mich selbst geworden. Ich orientiere mich an falschen Zielen. Irgendeiner Verlockung bin ich wohl erlegen, denke ich. Nur, ich weiß nicht welcher. Ich träume in den Tag hinein und bin mir nicht sicher welche Ziele realistisch sind und welche nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nie eine erwachsene, selbstständige Person geworden bin, weil ich immer nur die Wünsche der anderen erfüllt habe bzw die Probleme der anderen gelöst habe und somit keine Zeit für eine persönliche Entwicklung geblieben ist. Jetzt bin ich zu einer langweiligen Spiesserin geworden, die niemand mag, die nicht liebenswert ist, oder Liebe erwecken kann. Eine Frau, die ständig jammert und das Unglück anzieht wie Motten das Licht. Meine Träume sind dahin, nur noch blasse Erinnerungen sind geblieben.

Die Tatsache, dass ich hier in diesen meinen 4-Wänden eingeschlossen bin hilft mir nicht weiter und ich weiß wirklich nicht was zu meiner persönlichen Etnwicklung beitragen soll.

Ich wollte schon immer Französisch lernen aber habe nie genug Ergeiz entwickelt auch dabei zu bleiben und die Sprache zu lernen. Jetzt möchte ich es noch aber gleichzeitig ist auch die Abneigung dagegen da, wegen der Next, die mich daran hindert weiter zu machen, so eine Art Widerwillen. Ich will jedoch weitermachen und mich nicht unterkriegen lassen, doch die Anstregung dafür raubt mir die Kraft.

Ach, manchmal weiß ich wirklich nicht was ich will oder was ich tun soll. Aber eines weiß ich: Ich habe mein Leben lang nur eines gewollt, einen Mann, der mich liebt und eine Familie. Immer wieder habe ich beides verloren. Jetzt im Alter stehe ich vor dem nichts und aus einer Optimistin bahnt sich an, eine Pessimistin und verbitterte alte Frau zu werden (so wie mein Mann es mir vorgehalten hat).

Der Ex hat mehr getan als mich zu verlassen. Er hat mir mein Selbstwertgefühl, meine Selbstachtung und die Hoffnung genommen. Auch wenn ich es ihm ins Gesicht schreien würde, es würde ihm nichts bedeuten, ihm nichts ausmachen. Er hat wirklich mit allem gewartet bis er fertig war mit mir. Er hat solange gebraucht es mir zu sagen, damit alles was in ihm noch für mich da gewesen war, auch wirklich tot war, nur damit er nie in Versuchung kommen würde, zu mir zurück zu wollen oder ich ihn umstimmen könnte. So denke ich es mir jedenfalls. Von wegen schlechtes Gewissen. Wenn er je eines gehabt hat, dann hat er es sehr schnell vergessen und wenn es sich melden sollte, dann ist die andere da, die ihn alles vergessen läßt.

Ich weiß wirklich nicht mehr weiter oder was ich tun soll, um aus allem diesem Chaos raus zu kommen. Es stört mich, dass ich den Sockel auf den ich diesen Ex gestellt habe, nach dem Umstossen, immer wieder aufstelle und immer wieder Entschuldigungen zu finden für den Ex und mir immer wieder die Schuld zu zuweisen. Ich kann nicht mehr eine Zukunft sehen. Weiß nicht wie loslassen geht. Verstricke mich in mein Gedankenkarussel. Bin unfähig für meine Interessen zu kämpfen, weil ich dafür keine Kraft mehr habe, den die benötige ich, um mich davor zu bewahren, dem Ex hinterher zu weinen.

Es stört mich, dass meine Gedanken immer noch um diesen Ex und sein Leben kreisen. Aber nach 30 J kann man wohl solcher Gewohnheit nicht entgehen.

Vielleicht sollte ich knapp 6 Monate nach all dem Chaos nicht zu viel von mir verlangen. Sollte geduldiger mit mir sein; den Schmerz, die Trauer und die Verzweiflung ertragen, wenn sie kommen und nach vorne blicken. Dennoch der Geist ist willig doch das Fleiß ist schwach.

05.03.2016 13:50 • x 6 #1


E
Liebe Geo,

danke, für deinen sehr wichtigen und für mich treffenden Thread.
Ich sehe mich in manchen teilen wieder und kann dir erstmal nicht viele Ratschläge geben.
Was ich dir definitiv verraten darf:

Es wird leichter, schöner, bunter und du entspannter.

Gib dir mehr Zeit.
Sei gnädiger mit dir selber.
Versuche zu vergeben.
Das hört sich einfacher an als es ist, doch du schaffst das.

Wir sind alle Individuen und ich bin mittlerweile soweit, dass ich überzeugt bin jeder einzelne hat bestimmte Lektionen zu lernen.
Viele Frauen identifizieren sich über ihren Mann, ihre Ehe und ihre Wirkung nach aussen... dies ist sicher unserer Gesellschaft und Erziehung geschuldet. Doch in Tat und Wahrheit müssen wir lernen uns erstmal selbst zu lieben uns als ganzes Anzunehmen und unsere Defizite und Fehler annehmen. Dann erst sind wir soweit, anderen von uns ein Stück zu geben... und auch anzunehmen.

Zitat:
Manchmal denke ich , dass ich jetzt Liebe mit Abhängigkeit verwechsle. Meine innere Stimme sollte mir ganz genau sagen, wer mich um meinetwillen gern hat und wer mich schamlos ausnutzen will


Damit kämpfe ich momentan. schon immer. irgendwie...
wollte mich nie mehr ausnutzen lassen, habe jahrelang niemanden an mich rangelassen; nur um nicht enttäuscht zu werden.
Aktuell, bin ich zu oft hier im Forum. Anstatt, meine Freunde zu unterstützen und neue Menschen kennenzulernen...

Hoffe du kannst dich in deinem Thread weiter so offen austauschen, würde mir persönlich auch sehr gut tun

Alles Gute
Ewa

05.03.2016 14:17 • x 4 #2


A


Rückfall in die Verzweiflung und Verlust der Kraft

x 3


F
liebe geo

es macht mich traurig wenn du dich selber so schlecht machst ..das bist du nicht ..langweilig? wo ? ..du hast viel zu erzählen ..willst viel unternehemen ..was
du auch bald tun wirst sobald du wieder gesund bist...
nicht liebenswert? ..nur weil ein blödmann dich nicht zu schätzen weiss ..deswegen stellst du ihn auch immer wieder aufs Podest weil unterbewasst kann nur er dieses Selbstwertgefühl wieder geben ..aber das kannst du doch viel besser
es tut sehr weh ..ja.. und nach 30 jahren ganz sicher um so mehr aber wenn du dich zusätzlich schlecht machst wird es nicht besser
du bist eine tolle frau

im Moment bin ich auch wieder im loch ..aber es gab auch schon bessere tage und die kommen auch wieder

hoffe wir lesen heute abend von ein ander

fühl dich ganz lieb umarmt ..zusammen schaffen wir das ..hab dich lieb

05.03.2016 14:19 • x 4 #3


P
...ach Geoleiin...

Wir hatten uns ja gestern kurz... und auch wenn ich Dich grad nicht aufbauen kann, weil ich selbst grad am Zahnfleisch häng:

Die dunkelste Stunde ist die vor Sonnenaufgang...

Ich war gestern mit einem guten Freund im Kino.
Schweighöfers gut Tag.
Eigentlich wollte ich keinen lustigen Film anschauen, weil mir einfach nicht danach war, aber mein Kindergartenspezl war der Meinung, der Film und danach ein fetter Burger... Das würde mir gut tun...
Und so war es...

Wir dürfen nicht so streng sein mit uns selbst... Trauer und Schmerz zulassen, aber auch zulassen, wenn wir mal wieder Freude oder zumindest ein bisschen Leichtigkeit verspüren.

Auf bald wieder im Chat... Aber dann nur zum Unsinn reden
Drück Dich!

05.03.2016 14:46 • x 2 #4


E
Ach Geo, fran, Phoeniix...gebt euch doch mal Zeit und seid nicht so hart zu euch selbst. Seid besser hart zu demjenigen, der euch in diese Situation gebracht hat. Reisst den Sockel nieder und stellt euch auf einen Sockel...ihr müsst auferstehen aus der Asche....

05.03.2016 18:27 • x 5 #5


Strg_Alt_entfernen
Liebe Geo,
die Phasen des Rückfalls empfinde ich als ganz normal. Es gibt ja keine Richtlinien oder Vorgaben wie lange ein Individuum unter einer Trennung leidet oder am Ex festhält.

Ich persönlich habe auch nach fast einem Jahr genug Rückfälle, denke zuviel an die Vergangenheit, an die zerbrochene Partnerschaft, an meine Fehler. Aber ich akzeptiere das. So bin ich halt.

Tu dir selbst einen Gefallen und nimm dir den Druck, besonders die Verabeitung der Trennung nach einem Zeitplan zu bewältigen. Du allein bestimmst das Tempo. Wenn mir jemand sagt ich sollte doch langsam drüber weg sein und bin es aber nicht, so what? Ich bin auf dem langen Weg zu mir selbst, ohne die Bestätigung von aussen zu suchen. Wenn jemand nach 4 Wochen einer Trennung den/die next am Start hat, gut, jeder wie er mag. Ich bin halt noch nicht so weit. Na und? Soll ich mich dafür selbst fertig machen?

Dass du sagst, dein Ex hat dir dein Selbstwertgefühl genommen, halte ich für problematisch als Sichtweise. Das kannst du dir letztendlich doch nur selbst geben oder nehmen. Wenn du momentan keine Kraft hasst um deine Interessen zu verfolgen finde ich das absolut verständlich. Akzeptiere diesen Zustand, er wird nicht für immer anhalten. Loslassen ist schwer, für den einen schwerer als für den anderen. Und nach 30 gemeinsamen Jahren ist natürlich auch eine riesen Portion Gewohnheit dabei.

Zieh dich bitte nur nicht selbst runter. Schaue auch mal auf alle deine postiven Eigenschaften. Du wirkst überhaupt nicht spiessig oder verbittert. Du wirkst selbsreflektiert mit dem Ziel die Situation zu bewältigen, also schaffst du das auch.Und am besten hörst du auf nach Schuld bei dir zu suchen. Es gehören beide gleichermassen dazu. Versuche lieber etwas Wut über die Art und Weise der Trennung zu entwickeln, das hat niemand so verdient. Falls du Fehler bei dir siehst, verzeihe dir diese. Es ist nicht zu ändern, man kann nur daraus lernen. Jeder Mensch macht Fehler.

Wenn du dich momentan etwas lethargisch oder kraftlos fühlst, lass es doch zu. Es steht dir doch zu. Und wenn dir dieser Zustand auf den Geist geht, werde aktiver. Alles zu seiner Zeit.

Ich wünsche dir viel Kraft!

05.03.2016 20:02 • x 9 #6


Zweistein
Liebe Geo,

Zitat von Geo54:
Ach, manchmal weiß ich wirklich nicht was ich will oder was ich tun soll. Aber eines weiß ich: Ich habe mein Leben lang nur eines gewollt, einen Mann, der mich liebt und eine Familie. Immer wieder habe ich beides verloren. Jetzt im Alter stehe ich vor dem nichts und aus einer Optimistin bahnt sich an, eine Pessimistin und verbitterte alte Frau zu werden (so wie mein Mann es mir vorgehalten hat).



ach, den ersten Satz kann ich auch für mich bestätigen. Geht es mir doch allzu oft so. Es ist halt schwer Entscheidungen zu treffen, und erst recht schwer, mit Fehlschlägen zurecht zu kommen - das ist nur natürlich und deswegen musst du dir keinerlei Vorwürfe machen.

Daher bleibe bitte die Optimistin, die mir hier schon genau den richtigen Ratschlag gegeben hat (Paket, nochmal melden, du weißt schon ...) - das passt viel besser zu dir

Und sage dir statt rien ne va plus lieber faites vos jeux

viele Grüße

Zweistein

06.03.2016 21:43 • x 3 #7


G
Hallo Geo,

bleib bei Dir und lass Dir Zeit. Du warst so schnell und hast Dich vielleicht selbst überholt und jetzt folgen die Gefühle und Dein Herz langsam nach. Die Trauer, die Enttäuschung, die Wut und vielleicht sogar die Wut und die Enttäuschung auf sich selbst fordern ihren Platz, genau wie Dein Herz und Deine Seele. Sie brauchen dafür so lange wie sie eben brauchen.
Ich habe gelernt, dass ich stärker und gefestigter werde mit diesen Gefühlen die so weh tun, dass ich mir näher komme und neue Seiten an mir selbst entdecke.. Auch wenn es sich manchmal anfühlt wie alleine einen furchtbar hohen Berg zu erklimmen, manchmal ist die Aussicht mittlerweile schon wunderschön und ich mache mehr als während der Zeit meiner Beziehung.
Rückfälle haben mich auch immer wieder Vorwärts gebracht und über die Zeit wurden sie seltener und kürzer. Verkrieche Dich nicht zu sehr in der Wohnung. Du bist eine tolle Frau und langsam und Schrittchen für Schrittchen wirst Du herausfinden was Du willst, was Dir gut tut und Du wirst es langsam umsetzen. Du kannst es für Andere, dann lerne es jetzt für Dich. Es tut bestimmt weh, es ist etwas Neues, aber das ist jetzt die Aufgabe und die Zeit für Dich.
Ich wünsche Dir Mut, Kraft und Neugier für Deinen Weg und vor allem Geduld mit Dir

06.03.2016 22:53 • x 3 #8


G
@
Eigentlich wollte ich keine Beiträge mehr schreiben, nicht an die Trennung, Scheidung oder überhaupt an den Ex denken. Es ist jedoch schwierig oder gar unmenschlich es nicht zu tun, denn man kann eine so lange Zeit sienes Lebens nicht mir einem Menschen verbringen und ihn sich dann mir nichts dir nichts aus dem Herzen reissen. Das geht einfach nicht und in einigen Fällen geht es gar nicht.

Ich war und bin ein Gegner der Kontaktsperre doch an manchen Tagen kann ich einfach nicht mit ihm reden. Es tut mir einfach nicht gut. Ich habe bei ihm den Eindruck erwegt, dass ich seine Entscheidung billige, ja sogar gut finde, dass ich weiterhin mit ihm wie mit einem guten Freund reden will und den Kontakt brauche. Doch Theorie und Praxis liegen hier ganz weit auseinander. Den Spagat muß ich noch üben. Aber ich bin mir sicher irgendwann bekomme ich auch das hin.

Ich habe wieder angefangen mit mir und dem Spiegel zu reden abe die Gespräche haben andern Nuancen bekommen. Auch diese Gespräche sind von der Tagesform abhängig. Urteilt einfach selbst. Das sagt der Spiegel jetzt.

‚Hallo‘, sage ich zum Spiegel und schau hinein, neugierig welche verborgene Weisheiten er mir diesmal zeigen will. Irgendwie, weiß ich nicht, ob ich sehen will, was er mir diesmal zeigen könnte. Ich habe mir schon seit Tagen vorgenommen, nichts mehr hören und sehen zu wollen. Ich weiß doch was kommt und meine Vernunft und Logik haben mir ja schon mehrmals gesagt und dargelegt was Sache ist. Die Frau, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt, macht keinen schlechten Eindruck. Eine reife Frau in einem gewissen Alter, Durchschnittsgesicht, hier und da ein paar Pfunde zu viel, sie könnte attraktiver sein, wenn sie etwas lächeln würde. Aber die Augen haben keinen Glanz, der Schalk ist weg, der Teint ist fahl und ein kleiner Schleier von Traurigkeit ist wahrnehmbar. Kleine schwarze Augenringe zeigen an, dass Schlaflosigkeit und Unruhe ständiger Begleiter sind. Melancholie, Depression und Schwermut hat man als Erklärung für sowas aber stimmt es wirklich, ich weiß es nicht. Ich warte auf die Antwort des Spiegels und starre weiterhin das Spiegelbild an.
Es bewegt sich nicht, es steht starr da und doch höre ich diese Stimme. Leise, sehr leise zuerst und dann immer deutlicher, ‚Hallo du, da bist du ja schon wieder.‘ Ich nicke und sage nichts, aber in Gedanken antworte ich, ‚Nun, es gab keinen Grund früher zu kommen. Warum auch. Alles getan, alles vorbei, was gäbe es jetzt noch zu besprechen, zu ordnen, zu retten, zu gewinnen. Gar nichts, es ist alles vorbei. Er hat die andere geheiratet, so wie er es ja gesagt und angekündigt hat. Das war es, was er tun wollte, um sie nicht zu verlieren und ich hatte ja auch alles dafür getan, dass es ihm auch gelingt. Kein aufbäumen, kein kämpfen, kein Widerspruch, totale Aufgabe, totale Unterwerfung, totale Erfüllung seiner Wünsche.‘
‚Ha, ha, ganz wie in den guten alten Tagen..‘,höre ich die Stimme des Spiegels. Sie klingt spöttisch aber auch ernst. ‚..und nun bereust du es ?‘ kommt die Frage, die zu erwarten war. ‚Ich weiß nicht, antworte ich, ‚eigentlich bin ich froh, dass alles vorbei ist. Ja, ich vermisse ihn ja nicht einmal richtig. Ich vermisse irgendwas aber bin mir nicht sicher ob er es ist. Ich vermisse, die Hand, die über meinen Kopf streicht, die Brust an die ich sinken kann, um den Herzschlag zu hören und mich geborgen und sicher zu fühlen. Aber ich weiß nicht, ob die Arme und Hände, nach denen ich Sehnsucht habe, seine sind. Manchmal ja, manchmal nein. Den immer wenn ich an ihn denke, schleicht sich erbarmungslos auch die Schlange Verrat in meine Gedanken ein. Das Bild, das ich von ihm vor den Augen habe, ist nicht das Bild des Mannes, der noch vor ein paar Wochen, neben dieser anderen Frau auf meiner Couch saß, belangloses Zeugs redete und dann mit ihr davonfuhr. Den Mann kannte ich nicht mehr, der war so weit weg, so kalt, so fremd, so verachtungswürdig. Der Mann, der ab und zu noch durch meine Gedanken schleicht, ist jener, der einst schwor immer bei mir bleiben zu wollen. Der mir immer wieder versicherte, dass er nie von meiner Seite weichen wollte, der mich nie betrügen oder hintergehen könnten, den ich wäre sein ein und alles. Der Mann dessen Bild manchmal so stark und deutlich in meinen Gedanken erscheint, dass es schon richtig weh tut, um wiederum an anderen Tagen so blaß und weit weg zu sein, als hätte es ihn nie gegeben.
„Nun ja“, sagt der Spiegel, „das alles hat er damals gesagt. Er hat sich verändert. Er ist ein anderer geworden. Du hast doch oft gedacht, dass er sich verändert hat und sich nicht mehr bemüht und dich vernachlässigt. Auch hast du es manchmal als Erleichterung empfunden, wenn er nicht da war oder dich nicht mit Fragen belästigte oder was von dir wollte. Du hast seine Veränderung bemerkt und warst zufrieden damit. Wenn du tief in dich hinein hörst, dann wirst du merken, dass es nicht dieser Mann ist, der dir fehlt. Es ist dir manchmal auch unwichtig, wo er ist und was er macht. Eigentlich, kommst du doch ganz gut ohne ihn aus. Am meisten ärgerst du dich doch nur darüber, dass er jetzt jemand hat und vielleicht mit ihr Sachen macht, die er mit dir schon seit Jahren nicht mehr gemacht hat. Du bist wie ein kleines eifersüchtiges Kind, dass nach dem Spielzeug schreit, welches das Nachbarskind in den Händen hält. Du bist neidisch und eifersüchtig und verwechselst das mit Sehnsucht und Liebe.“ Irgendwie, fühle ich meinen Kopf rot anlaufen und die Wut in mir hochsteigen „Ja, schreie ich, ja auch das stimmt ich bin neidisch und eifersüchtig aber auch enttäuscht über die Art und Weise des Endes. Ja, ich bin wütend auf dieses andere ‚Kind‘ das mir meinen Mann weggenommen hat. Mein Mann war mir was anderes schuldig für all die Jahre und alles was ich erduldet habe, was ich vermisst habe und was ich nie bekomme habe.‘ ‚Aber, aber‘ sagt der Spiegel, du hättest doch das alles haben können. Du hast nur nichts dafür getan. Du hast gewartet, dass alles von ihm kommt, das er deine Gedanken liest, dass er dir wie früher jeden Wunsch von den Augen abliest. Du bist in die Rolle des kleines Mädchens geschlüpft und er hat eine Frau gesucht. Je weniger er tat, desto mehr hast du geschmollt und desto weniger habt ihr miteinander geredet. Jetzt hat er jemanden gefunden, der besser in sein Wunschbild von Partnerin und Frau passt. Die Trennung wäre früher oder später gekommen und eigentlich bist du nur sauer, dass es nicht von dir ausging und nicht zu deinen Bedingungen.“
„Ja, sage ich „du hast recht. Aber ich spüre immer diesen Stich, wenn ich daran denke, wie er sich jetzt für diese neue Frau ins Zeug legt, wie er einen Ring für sie kauft, die Hochzeit vorbereitet hat und gefeiert hat, Hochzeitsreise geplannt hat und noch so vieles mehr. Ich dagegen werde hier sitzen, allein und verlassen ohne Zukunft.‘
,Jetzt mach mal halblang, sagt der Spiegel, du bist doch ganz zufrieden mit allem, auch wie die Scheidung gelaufen ist und so weiter. Jetzt suhlst du dich im Mitleid und ziehst dich selber runter. Deine Zukunft sieht nicht schlecht aus. Höre auf die Leidende zu sein. Hole tief Luft, gehe zum Friseur, kauf dir ein neues Paar Schuhe und fange an zu leben. Trauere nicht und suche nicht das Glück in der Vergangenheit. Verschliesse nicht dein Herz und hänge einem Trugbild des Glücks nach, sondern öffne dich dem neuen Abenteuer, das auf dich wartet. Ja, du darfst auch wehmütig und traurig sein und ich weiß, dass es nicht einfach ist aber schau nach vorne und nie wieder zurück.‘
Ich bin sauer auf den Spiegel und wende mich ab. Ich weiß, dass er irgendwie recht hat und ich weiß auch, dass ich stark genug bin, um mit allem fertig zu werden. Ich kenne meine Zukunft nicht aber ich habe Angst davor und diese Angst übernimmt manchmal die Kontrolle und läßt mich verzweifeln. Ich muß aufhören zu glauben, dass es notwendig ist, ihn an meine Seite zu haben, um weiterleben, um überleben, um glücklich zu sein. Ja, ich weiß das alles, doch es ist so schwer zu akzeptieren.
‚Loslassen‘ sagt eine vertraute Stimme. Aber ich kann nicht loslassen, wenn nichts mehr da ist, dass ich los lassen kann. Denn alles was ich loslassen soll, ist bereits gegangen.

18.03.2016 22:30 • x 9 #9


H
Geo, selten so etwas Aufrichtiges, Ehrliches und Selbstreflektiertes gelesen! Danke dafür!

Das allein zeigt, dass Du es schaffen wirst!

Aufrichtiges Danke!

18.03.2016 22:43 • x 2 #10


P
Zitat:
kauf dir ein neues Paar Schuhe



...erst, wenn alles verheilt ist!

18.03.2016 22:43 • #11


G
Ich sitze wieder einmal vor dem Spiegel und versuche mit diesem leblosen Ding zu reden. Ich erwarte mir Antworten Hilfe, Unterstützung, Trost, Heilung der Seele und vorallem ein Wunder.

Aber nichts geschieht. Der Spiegel bleibt stumm und starr. Was ich darin erblicke, ist nur mein eigenes Spiegelbild.

Ich rede und stelle Fragen. Ich beantworte meine eigenen Fragen. Denn nur ich kann die Fragen so bentworten, dass die Antworten für mich akzeptabel sind. Niemand wird mir Antworten geben, die ich annehmen und hinnehmen kann.

Ich wechsle die Stimmungen und meine Masken. Niemand soll mich in meiner Schwäche sehen. Niemand soll mein wahres ich erkennen. Niemand soll in meine Seele blicken. Nie wieder, nie mehr.

Ich habe begriffen, dass es nur mich gibt und niemanden anders. Es gibt keine Familie, keine Freunde, keine Liebe. Ich war und bin immer allein. Allein mit mir, mit meinen Illusionen, Träumen, mit dem Schmerz und der Verzweiflung. Ich kann schreiben, schreien, bitten , flehen, schauspielern, den Kaspar geben, Freude heucheln und lieb sein aber ich bin immer allein.

Ich kann mir einreden, dass ich stark bin, dass ich selbstlos liebe, dass ich noch ich bin.

Aber alles das sind Lügen .

Ich lese die Threads und die Postings von Leidesgenossen und fühle ihre Schmerzen wie meine eigenen.Ich leide mit ihnen und teile mit einigen von ihnen meine Stärke. Ich gebe gerne, denn diese Stärke ist im Überfluss in mir vorhanden. Nur will ich nicht mehr davon behalten als ich brauche. Ich verschenke es gerne, denn es soll nicht verloren gehen.

Ich spüre aus ihren Threads die Hoffnungen und die Sehnsüchte und doch weiss ich auch mit großer Gewissheit, dass es nur für einige wenige ein Wunder geschehen wird; dass nur einige es schaffen werden aus dem Karussel der Sehnsucht, Verzweiflung und Einsamkeit rechtzeitig abzuspringen.-Denn nur dann haben sie die Chance etwas neues zu beginnen, wenn die Zweit gekommen ist. Ich habe Angst abzuspringen, noch einmal verletzt zu werden. Obwohl ich weiß, dass es so sein wird und dass ich es zulassen werde, wenn es geschehen sollte.

Ich habe mir ein Zeil gesetzt und ich habe es bald erreicht. Nun noch eine kleine Weile und nur noch eine kleine Hürde zu nehmen. Dann wird alles wieder gut werden. Ich werde wieder lachen und glücklich sein. Niemand mehr wird mir Schmerzen bereiten können oder mich enttäuschen oder täuschen.

Ich habe ihm vergeben... auch wenn ich nichts vergeben muss, denn alles was passiert ist ein Teil des Lebens. Niemand braucht unsere Vergebung, weder der Verlasser noch die Verlassene, weder die Affärenfrau noch der Affärenmann, weder der Ex noch die Next. Wir alle sind Gefangene auf dieser Welt und jagen diesem flüchtigen Glück hinterher, dass sich Liebe nennt. Wir suchen darin Erfüllung und Seligkeit und verlieren uns darin, so wie wir uns im Leben verlieren. Wir merken es nicht einmal und sind glücklich dabei.

Wir nennen es Erfolg und Glück, verwechseln es mit Macht und Status. ..und immer wieder sind wir von Glück erfühlt, wenn wir es geschafft haben und zu tode betrübt, wenn es wieder geht.
Es glimmt manchmal eine kleine Flamme und wir bilden uns ein es war ein Feuer. Wenn es ein Feuer ist, dann gehen wir in Deckung und laufen davon und verstecken uns, damit wir nicht darin verbrennen.
Wir brauchen keinen Spiegel, um die Wahrheit zu sehen. Die Wahrheit ist in uns. Sie ist uns bewusst. Wir wissen was wir tun müssen. Was gut oder was schlecht für uns ist..

Aber uns ist auch die Angst bewusst, die Angst nicht geliebt zu werden, allein zu sein, die Angst vor dem Unbekannten...denn wir sind keine Kinder mehr oder auch Kinder geblieben

Ich schaue noch ein allerletztes Mal in den Spiegel. In dieses stumme Ding, dass nicht mehr antworten will, weil es nie reden konnte.Die Antworten sind in mir. Ich brauche den Spiegel nicht mehr.

05.05.2016 03:40 • x 8 #12


S
Schön geschrieben... Wie wahr!

05.05.2016 03:52 • x 1 #13


F
liebe geo ..den schmerz und die angst kann einem niemand nehmen (man mag es anmassend finden darauf zu antworten ) ..aber geo schmeiss diesen spiegel weg ...für den Moment ist es entgültig ..es ist leider so ..ich wäre fast dankbar über einen finalen cut ...ich wette der blödmann kommt eh irgendwann an ..aber hoffe das du denn sagst ach nee lass mal ..es ist ein ende ..und bLD IN NEU ANFANG FÜR DICH ...schieb nichts auf dein alter ..du bist clever ..lieb und attraktiv ...also daran liegs nicht

05.05.2016 03:59 • #14


S
Liebe Geo,

Wahnsinn! Was für eine tolle Selbstreflexion und du sollst total am Boden nichts Wert sein?! Das glaube ich mit keinem Wort. Nach 30 Jahren ist deine Trauer doch total verständlich.

Ich habe so etwas ähnliches nach fast 8 Jahren hinter mir. Nach Jahren guter Beziehung durch dick dünn. Letztendlich (vielleicht auch durch zu viel Stress Naivität oder der bekannten rosaroten Brille) belogen, betrogen, emotional manipuliert worden zu ängstlich selbst den Schritt zu wagen, weil ich immer noch Hoffnung hatte mir das Gefühl gegeben worden ist WIR schaffen alles - so wie immer...

Nach ein paar Monaten der Trauer kann ich schon folgendes feststellen (natürlich geht jeder diesen Weg unterschiedlich - auch das Thempo kann schwanken):

- Optimisten haben eine viel höhere Chance Optimisten zu bleiben daran zu wachsen
- alles was du schon immer tun wolltest kannst du immer noch erleben! Ob alleine oder mit Freunden oder zu anfangs noch Fremden
- die beste Entscheidung, die du für dich selbst treffen kannst, ist frohen Mutes zu sein (ich weiß, dass es einfacher klingt auch mit Rückschlägen umgegangen werden muss aber auch wenn es sehr kräftezehrenden ist, man kann es schaffen!)
- tu dir selbst Gutes du fühlst dich gut (vielleicht nicht immer sofort sichtbar aber es wird sich definitiv positiv auf dich auswirken!)
- lass dir helfen, wenn du manches (gerade) nicht aus eigenen Kräften schaffst! (Das ist überhaupt nicht schlimm, habe es auch getan war zwar zu anfangs komisch aber es hat mir gut getan)
- geh raus an die frische Luft, tank Vitamin D!
- sei aktiv auch wenn du dich nicht danach fühlst (vereise, treib Sport, geh spazieren, triff dich mit deiner Familie Freunden) - es wird dir nachher (immer ein bisschen länger) gut tun!
- erfülle dir selbst wünsche! (Es gibt viele Möglichkeiten immer noch eine Sprache zu lernen)
- lerne akzeptiere alleine zu sein (wenn auch nicht für sooo eine lange Zeit, wie du es dir vorstellst ) - alleine sein hat auch viele positive Aspekte
- lass die Trauer zu weine, denn deine ganze Trauer muss raus! ABER lass dich (temporär) nicht zu lange hängen! Es ist doch völlig normal zu traurig zu sein (habe ich zu anfangs auch nicht glauben können, da ich auch ein positiver Mensch bin). Lass die Abstände jedoch (zu deinem Tempo) kürzer werden
- mach dich doch nicht so schlecht (habe ich zu anfangs auch getan, bis ich verstanden habe, dass ich natürlich auch meine Fehler habe aber niemals so mies mit jemanden umgehen würde - ER ist/(Gottseidank) war das Problem)
- schreib dir auf was die glücklich macht setze die am schnellsten umzusetzenden Ideen zuerst um. Du wirst sehen, dass du dich durch aktive Veränderung auch selbst (positiv) veränderst

Ich weiß wirklich, dass sich alles ganz schrecklich und schwer unerreichbar anhört ABER glaub mir, du kannst das schaffen! Du hast die Kraft, sie ist nur gerade ganz tief versteckt
Schmeiß den Spiegel weg Kauf dir einen neuen, lächel dich jeden Tag selbst an bis du wieder aus tiefstem Herzen Lächeln kannst
Ich hab mir auch lange Vorwürfe gemacht, bis ich (für meine Weiterentwicklung) feststellen musste, dass ich auch vieles mit mir habe machen lassen (was mich auch zum negativen verändert hat)
Schluss damit! Jeder Tag wird zu anfangs schwer sein aber du musst dich immer wieder aufs Neue aufraffen du WIRST merken, dass es dir von Tag zu Tag einfacher fällt! Das kann ich dir versprechen! Du musst nur die positive (wenn auch anfangs nicht allzu sichtbar) Veränderung zulassen.

Liebe Geo, lass dich nicht so hängen, auch du kannst es schaffen das Gute ist, dass du alles machen kannst zwar für DICH selbst!

Ich drücke dich wünsche dir alles Gute!

Eines muss ich noch loswerden:
Ich bin total schockiert gleichermaßen irgendwie erleichtert mit meinen Umständen meiner Trauer nicht alleine zu sein. Ein super Forum! Macht weiter so!

05.05.2016 06:54 • x 3 #15


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