Hallo zusammen,
ich fürchte, das könnte ein langer Text werden und ich freue mich, wenn sich jemand die Zeit nimmt ihn zu lesen, ansonsten muss ich mir das einfach von der Seele schreiben. Ich habe meinen Mann kennen gelernt, da war ich ca. 15 Jahre alt, er 18 (das war 2006) - für beide die erste Beziehung, für mich generell der erste Freund; heute sind wir 34 und 37 Jahre alt. Unsere Beziehung war von sehr vielen Tiefen und Rückschlägen geprägt, einerseits wurde ich von seinen Eltern nicht akzeptiert (das Verhältnis zwischen ihm und ihnen immer eher schwierig), wir besuchten beide die Schule, erst maturierte er, dann ich; wir führten über einige Jahre eine Wochenendbeziehung, und er lehnte es oftmals ab mich unter der Woche auch einmal zu besuchen aufgrund Zeitmangels (er hatte den Führerschein schon, ich nicht), bzw.weil er Zeit für sich wollte nebst der Schule, um zu zocken. Das führte dazu, dass ich mich oftmals abgelehnt fühlte - ich muss dazu sagen, dass meine Vergangenheit nicht besonders toll gewesen ist und ich seit Jahren mit depressiven Episoden zu kämpfen habe.
Nichtsdestotrotz zogen wir letztlich zusammen, erst in meinem Elternhaus, dann in die erste eigene Wohnung. Erst studierte er, dann ich, und das Geld war immer viel zu knapp, obwohl ich immer gejobbt habe. In den ersten Jahren war das ok, wir konnten eben keine Ausflüge machen oder wenn nur selten, Urlaube waren bis zuletzt eine Rarität.
Er war immer schon introvertiert und in den ersten Jahren war das auch kein Problem für mich, da ich auch eher dazu tendiere schüchtern zu sein. Als jedoch auch mein Freundeskreis, in den ich ihn integriert hatte, zu brechen begann, wurde es zum Problem, da wir sehr oft einsam waren und nur uns hatten und uns, außer Probleme wiederholt zu wälzen, irgendwann auch nicht mehr viel zu sagen hatten. Für mich war es auch ein großes Problem, dass er auch im Beisein meiner Familie wenig redete, obwohl er wirklich herzlich aufgenommen wurde und ich letztlich diejenige war, die dann heimlich gefragt wurde, warum er so wenig spricht. Irgendwann, nach vieen Jahren, fand ich Ausreden warum er nicht zu Treffen mitkommen konnte, um nicht wieder darauf angesprochen zu werden, was in mir jedes Mal Druck und Unwohlsein auslöste (und meinen Partner störte es nicht, dass er daheim blieb). Fernsehtage und -abende, Spaziergänge waren das einzige, was wir tun konnten, für was anderes war meist kein Geld da. So ging das über Jahre, und in mir wuchs die Sehnsucht, auch etwas zu erleben, zu verreisen etc. Trotzdem waren wir füreinander da und hielten zusammen.
Insbesondere während meines Studiums, das von viel Stress geprägt war, sehnte ich mich nach Abwechslung, Spaß, etc. Während unserer Beziehung sind wir 3x umgezogen, einmal u.a. wegen meines Studiums - dafür haben wir unsere geliebte Wohnung aufgegeben. Die Entscheidung war keine Leichte, aber ich hatte keine andere Wahl - zudem habe ich den Umzug von einer sehr kleinen Stadt in eine Großstadt als Chance gesehen, eher neue Leute kennen zu lernen bzw. mehr Freizeit zu haben und entsprechend ein größeres Freizeitangebot. Der Umzug war lange Streitthema und ich war nervlich so am Ende, weil mein Mann den Umzug bis zuletzt verweigerte und dann doch eingesehen hat, dass ein Studienabbruch nach 4 Jahren nicht sinnvoll ist. Dann kam die Pandemie und wir waren in der Großstadt eingesperrt, was natürlich zusätzlich belastet hat, aber wofür ja niemand etwas konnte.
Die Wohnung entpuppte sich als Katastrophe und neben Nebenjob, Vollzeitstudium Praktika verbrachte ich sehr viel Zeit mit Diskussionen und Streit mit der Hausverwaltung und teils Nachbarn. Mein Mann hat sich da nicht eingebracht, weil es ihn angeblich nicht stören würde und sich nichts ändern würde und wir würden ja irgendwann sowieso wieder umziehen. Dazu kümmerte ich mich auch noch um unseren kranken Kater und da ich Tiermedizin studierte, war das verständlicherweise auch meine Angelegenheit. Während Corona arbeitete er zu 100% im Homeoffice und fing an, sich richtig gehen zu lassen. Meistens lief er den ganzen Tag nur in ausgewaschenen, teils schmutzigen Bandshirts und Boxershorts rum, mit viel Glück mal in Jogginghosen. Ich konfrontierte ihn irgendwann damit, dass mich das stören würde und er meinte nur, dass er das definitiv nicht ändern würde. Zudem kam hinzu, dass ich ihm aufgrund geldmangels seit Jahren die Haare selten selbst geschnitten habe. Er rasierte sich gelegentlich, wirkte aber meist ungepflegt. Er entwickelte trotz Zähne putzen Probleme mit massivem Mundgeruch bzw. stark fettenden Haaren. Ich fühlte mich immer weniger zu ihm hingezogen, S. gab es nur, wenn er anfing, ich vermied es immer mehr. Ich bettelte darum, dass er seine Probleme auch ärztlich abklären lassen sollte und auch da zögerte er alles hinaus - schließlich ging er, und bekam vom Arzt gesagt dass alles ok sei und damit war es für ihn wieder erledigt. Die Probleme blieben und er war nicht weiter daran interessiert, weitere Hilfe zu suchen. Ich hatte oft das Gefühl, keine Partnerin, sondern seine Ersatzmutter zu sein. Dazu kamen, aufgrund unserer finanziellen Situation, immer wieder weitere Enttäuschungen hinzu. In den letzten 2 Jahren vor Ende des Studiums hatte ich unsere Situation immer mehr satt und es fiel von meiner Seite immer mal wieder der Satz, dass, wenn sich nichts ändern würde, ich die Beziehung beenden würde.
Durch einen Bekannten haben wir erstmalig 2017 in die Partnerwechsler geschnuppert. Ich muss dazu sagen, dass wir bis auf ein wenig knutschen und fummeln bis etwa 2019/20 (?) nichts mit anderen hatten. Für mich war es einfach nur wunderbar, weil wir endlich wieder unter Menschen kamen, die auf der einen Seite sehr offen und freundlich waren, auf der anderen Seite wurde man akzeptiert, egal wie man aussah o.ä. - aber auch hier war es nicht leicht, weil mein Mann mit seiner introvertierten Art Schwerigkeiten hatte, mit anderen in Kontakt zu kommen und ich es auch nicht immer geschafft habe, für uns beide Anschluss zu finden, weshalb es auch viele Abende gab, an denen wir nur zu zweit herumsaßen und wie immer über Arbeit o.ä. gesprochen haben. Das waren, bis auf wenige Ausnahmen, die einzigen sozialkontakte, die wir ausgenommen von unseren Familien hatten. Etwa im selben Jahr lernten wir ein Paar kennen (ca. 10 Jahre älter als wir - K., w, und R., m) mit welchem wir uns super verstanden, sogar so gut, dass wir auch außerhalb der Szene Kontakt hatten, wandern und essen gingen, telefonierten etc. und sie uns auch mit anderen Leuten bekannt machten und wir wieder neue Leute kennen lernten. Schon damals war es so, dass ich mich mit R. (ihm) sehr gut verstand, weil wir uns recht ähnlich waren und das sagten uns nach einiger Zeit nicht nur unsere partner, sondern auch andere Leute. Wir konnten sowohl über Tiefsinniges, aber auch Blödsinn reden und lachen. Sie waren dann auch die Einzigen, mit denen wir an einem Silvester angetrunken mehr hatten. Ich merkte irgendwann, dass ich mich insgeheim sehr freute, wenn die beiden auch für events angemeldet waren, die wir auch besuchten, oder wenn R. sich bei mir meldete - ich tat das damit ab, dass ich mich einfach geschmeichelt fühlte und in den Jahren zuvor kaum Kontakte gehabt hatte. All das habe ich meinem Partner immer offen kommuniziert und es war in Ordnung für ihn.
Dann gab es vor etwa 2 Jahren einen Abend, an dem R. und ich im Club intensiv redeten und K., seine Frau, sich mit ihm zurückziehen wollte. Ich war mir nicht sicher, aber glaubte in seinem Gesicht zu lesen, dass er das in dem Moment nicht wollte. Die Zwei verschwanden, und nach kurzer Zeit lief K. plötzlich an mir vorbei, wirkte sauer und meinte recht trocken - er möchte wohl lieber mit dir gehen. Trotz dieser Situation blieben die beiden zusammen, und es gab auch einige Phasen, in denen wir zu den beiden kaum bis gar keinen Kontakt hatten, was mir damals immer wieder weh getan hat (ich fragte mich damals schon, warum). Dann, im Sommer '23, erfuhr ich plötzlich von der Trennung von den beiden, kurz nachdem ich mein Studium beendet hatte.
Ich hatte zu beiden viel Kontakt - K. hatte sich getrennt, weil sie ihn nicht mehr lieben würde. Sie wollte auch keinen Neustart mehr und zog bald darauf aus. R. war an Depressionen erkrankt, hatte kurz vor der Trennung deshalb seinen Job verloren und dann auch seine Frau. Wir machten uns alle Sorgen und es kam dazu, dass ich jeden Tag mehrfach mit ihm telefonierte. Ich nahm meinen ersten richtigen Job nach der Uni an und anfangs trafen mein Mann, er und ich uns an den Wochenenden, um gemeinsam weg zu gehen (außerhalb der Szene, normale Lokale). Dann kam wieder so ein Abend, wir wollten uns treffen, und mein Mann wollte plötzlich nicht mehr - er wäre zu müde, würde lieber einen Film schauen etc. - so, wie wir es all die Jahre immer wieder getan haben. Ich wollte das nicht und mit seiner Einverständnis bin ich dann alleine mit R. zum ersten Mal weggegangen und ich glaube, ab diesem Zeitpunkt war unsere Ehe dann auf jeden Fall zuende. Ich war fast jedes Wochenende mit ihm unterwegs, wir haben über seine Scheidung gesprochen bzw. habe ich ihm geholfen alles zu verarbeiten, was passiert war. Wir besuchten verschiedene Pubs, redeten die ganze Nacht über Gott und die Welt, blödelten, und ich merkte, dass ich es vermisst hatte, so locker zu sein und mich zu unterhalten. Mein Mann bevorzugte es, zuhause zu bleiben und zu zocken und irgendwann war es dann soweit, dass ich ihn auch gar nicht mehr dabei haben wollte. R. war *mein* bester Freund, ich konnte mit ihm offen reden, hatte nicht das Gefühl, mich verstellen zu müssen.
Ich vermisste ihn und bekam Herzklopfen, wenn ich wusste, dass wir uns sehen. R. war einfach ganz anders - extrovertiert, lachte viel, scherzte, kam mit anderen Leuten leicht ins Gespräch und war immer sehr gepflegt. Er legte einfach Wert darauf, sauber und gut gekleidet zu sein und er duftete immer unheimlich gut.
Lange Rede, kurzer Sinn - es entwickelte sich mehr zwischen R. und mir, und ich habe das meinem Mann sofort gestanden. Er war anfangs sehr verzweifelt, hat viel geweint, so wie ich auch. Er wollte mich nicht verlieren. Trotzdem hatte ich immer das Gefühl, dass er sich nur halbherzig um mich bemühte. Ein gemeinsamer Freund schleppte ihn zum Friseur, half ihm, ein neues Outfit auszusuchen und das erste Mal hatte ich den Eindruck, einen erwachsenen Mann vor mir zu haben und nicht den Teenie, mit dem ich zusammen gekommen war. Er fiel recht schnell wieder in seine alten Verhaltensmuster zurück und für mich war es einfach schon zu spät, wieder neu zu beginnen. Mein Mann akzeptierte die Situation erstaunlich schnell. Tatsächlich hatten R. und ich eine F+ über lange Zeit, für meinen Mann war das okay und ich hatte einige Zeit das Gefühl, dass es reichte. Ich verbrachte dann immer öfter die Wochenenden bei R., wir gingen aus, hatten Spaß. Ich wollte trotzdem Abstand von R. nehmen, aber ich schaffte es nicht, vermutlich, weil schon längst passiert war, was nicht passieren sollte. Ich verliebte mich - und er sich in mich. Ich habe viel geweint, weil ich das alles nicht wahrhaben wollte, schließlich waren mein Mann und ich schon so lange zusammen und hatten schwierige Zeiten durchlebt, aber ich merkte einfach, dass ich nicht mehr glücklich war. Wir waren erst kürzlich in unser neues Haus gezogen, welches ich sehr liebte und ich mich nach all dem Stress mit der Wohnung zuvor endlich Zuhause fühlte. Ich hatte nach dem Umzug einen Job ind er Nähe angenommen und dachte, dass dieser mich erfüllen würde und die Sache mit R. abflachen würde und alles wieder seine gewohnte Routine einnehmen würde, aber dem war nicht so. Unter der Woche lebte ich mit meinem Mann im Haus, aber außer über den Job gab es nichts zu reden und es lief auch nie wieder etwas mit meinem Mann nach unserer Trennung. Wenn ich frei hatte, verbrachte ich diese Zeit bei R. Ich hatte nach einer Woche und manchmal zwei Wochen, die wir uns nicht sehen konnten, immer das Gefühl, mich ein Stück von R. distanziert zu haben, aber nach ein paar Stunden bei ihm und unseren Gesprächen war dieses Gefühl weg. Dieses Hin- und Her ging über ein Jahr so. Nachdem mein Job mich krank machte, kündigte ich ihn und dann ging alles sehr schnell. Ich packte meine Sachen, so viel ich konnte, und zog zu R. - etwas, das er sich lang ersehnt hatte und mit dem ich mir immer unsicher war. Das war im August und seither bin ich hier.
Ich fühle mich überwiegend wohl, aber das Thema Scheidung und die Anwältin, die ich kontaktiert habe, verunsichert mich nach wie vor. Ich habe gute und schlechte Tage; an den guten bin ich zuversichtlich und zufrieden. Dann gibt es Tage, an denen ich, grad wenn ich mal alleine bin, hier sitze und mir die Augen ausweine, weil ich das Gefühl habe, meinen Mann im Stich gelassen zu haben. Ich frage mich auch heute noch: wie konnte all das passieren, wie konnte ich mich entlieben?
Plötzlich ist für mich das Thema Kinder interessant, was es mit meinem Mann auch nie ansatzweise war, weil er - so wie ich - absolut dagegen war. Mittlerweile frage ich mich, ob ich wirklich so absolut dagegen war oder ob es daran gelegen hat, dass ich es mir nur mit ihm nicht vorstellen konnte. ? An schlechten Tagen vermisse ich vor allem mein Haus, meine Kleinstadt in der ich zuletzt gelebt habe. meine Therapeutin meint, dass das völlig normal ist, da ich langsam los lasse und realisiere, dass es zwischen mir und meinem Mann einfach nicht mehr funktioniert hat. Ich habe zu ihm einen freundschaftlichen Kontakt, der aus gelegentlichen WhatsApp mit lustigen Bilder oä besteht. Zuletzt war ich schwer enttäuscht von ihm, weil er ohne etwas zu sagen unseren gemeinsamen (!) Kredit fürs Haus ausbezahlt hat, ohne mir etwas zu sagen. Würde ich nicht regelmäßig meine Bankapp checken, wüsste ich das heute noch nicht - darauf angesprochen meinte er nur, er hätte es mir eh demnächst gesagt (da waren seither schon 5 Tage vergangen. ). Wir hatten nie ein gemeinsames Konto, und über seine Einkünfte weiß ich bzw. wusste ich nie wirklich Bescheid, weil er mich da außen vor gelassen hat, obwohl ich mehrfach gesagt habe, dass das ein Problem für mich ist und er ja auch alles über meine Finanzen weiß.
ich weiß, dass das alles sehr chaotisch geschrieben ist. Ich musste es heute nur einfach los werden.
06.10.2025 11:55 •
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