Hallo Unfähig,
herzlich Willkommen :)
allem vorweg: ich habe Deine anderen Beiträge nicht gelesen, beziehe mich also nur auf diesen einen von Dir.
Zitat:Es ist nun so, dass ich auch auf der anderen Seite stehe. Ich bin quasi ungefähr wie die Ex von Hinrich. Was mich nun zum schreiben angeregt hat, war diese Stelle
Zitat:Liebe soll keiens anderen bedürfen? herz denkt sich das Baby Mr. Green Diese Worte wären zu abstrakt gewesen, eben nie gefühlt. Wer sich nie selbst spürte, liebte, der versteht das einfach nicht. Ohne das Erleben seiner selbst- das m.M. nach nur in einem langem Prozess (also am ehesten Therapie) erlernt werden kann, ist das eine Fremdsprache.
Zitat:Genau das ist es, was ich nicht verstehe. In der Theroie habe ich alles verstanden, Zusammenhänge erkannt, Bücher gelesen, und ich finde auch wirklich alles einleuchtend....aber wie verdammt nochmal kann ich mich selbst lieben? Wie kann ich mich alleine komplett fühlen? Was heisst das, alles, was ich von einem Partner möchte, finde ich auch in mir? Ich komme einfach nicht dahin.
Ich kann Dich gut verstehen denn genauso erging es ja mir vor dem Erwachen, wobei es natürlich nicht plötzlich einen Tag gab, an dem ich aufwachte und klar sah :) Es ist ein langer Weg, auf dem ich noch herumstoplere :D Aber ich meine diesen von Dir angesprochenen Punkt tatsächlich endlich innerlich begriffen zu haben.
Die Parallelen sind erstaunlich. Denn auch ich las viele Psychologiebücher, mir leuchtete es ein aber ich konnte kein entsprechendes Gefühl in mir finden.
Zitat: Ich fühle mich alleine. Vor neun Monaten hatte ich die Trennung (genaueres in meiner Geschichte), an der ich selbst schuld war natürlich, und seit dem versuche ich ihn zurückzugewinnen. Ist mir auch gelungen. Und hundert Mal hab ich ihn wieder verletzt.
Du fühlst Dich sogar alleine obwohl Du Deinen Freund wieder bei Dir hast?
Ich finde, es liest sich etwas übertrieben...Du seist natürlich allein an allem Schuld. Auch wenn ich Verantwortung für meine Fehler übernehme und mir einige Dinge sehr Leid tun, Schuldgefühle halte ich generell für Kontraproduktiv, auch für Deinen Partner. Wenn mein Partner mir Unrecht tut, möchte ich nicht, dass er vor mir steht und sagt Ich bin ja soooo schuldig und schlecht! Ich denke, so eine Haltung kann ebenfalls Gift für eine Beziehung sein. Das hat mehrere Gründe. Zum einen will ein Schuldiger ja, dass jemand ihm seine Schuld abnimmt, ihm verzeiht und damit brummt man dem Partner wieder eine Aufgabe auf und ist einmal mehr vom Lieben entfernt. Zum anderen kannst Du davon ausgehen, dass auch Dein Partner gewisse Themen in eurer Beziehung abarbeitet, wiederholt...Und das um seinet Willen. Und dafür sollte er die Verantwortung übernehmen. Wenn Du ihm beispielsweise regelmäßig einen über den Deckel ziehst, dann sollte er sich die Frage stellen, warum er das immer wieder mitmacht und nicht auf Distanz geht...Warum er das nicht kann...Ich glaube nämlich, dass in sehr unfriedlichen Beziehungen immer beide Partner im Grunde noch nicht bereit/fähig sind, eine konstruktive, harmonische Beziehung zu führen. Mit Schuldübernahme kann man sich auch weiter in eine ungesunde Spirale hineingeraten. Es verhindert das bei sich selbst sein, die Verantwortungsübernahme für das eigene Wohl und Wehe...Man macht sich zu sehr vom anderen abhängig DU bist Schuld! Du hast mir...angetan!
Ich möchte das anhand eines Beispiels etwas deutlicher machen. Meine Mutter hat im fortgeschrittenen Alter erkannt, dass sie mir die Kindheit/Jugend teilweise zur Hölle machte und ist unter der Last der Schuldgefühle fast zusammen gebrochen. Erst dachte ich, super! Wer hat schon Eltern, die einsichtig sind und sich entschuldigen. Aber im Laufe der Zeit zeigte sich für mich folgende Situation: ich hatte nicht nur die Aufgabe, meine Kindheit aufzuarbeiten und mich quasi als erwachsene selbst zu erziehen (schon das allein kann eine Lebensaufgabe sein), ich hatte wieder keine selbstständige, unabhängige Mutter, sondern einen Sündenbock, der von mir erlöst werden wollte und damit extrem auf mich bezogen war. Im Grunde lautete ihre Botschaft Nimm mir die Schuldgefühle von den Schultern! Wieder BRAUCHTE sie mich für ihr Seelenheil. Ein reifer Umgang mit diesen Schuldgefühlen wäre meines Erachtens gewesen, anderswo, z.B. in Therapie ihre Schuldgefühle zu verarbeiten (die übrigens auch sicher nicht nur an mich gerichtet sind, sondern viel tiefer liegen: Mama, verzeih mir bitte) und das Wesentlche, das man auch auf Liebesbeziehungen übertragen kann: Wenn es ihr Leid tut, wenn sie wirklich erkannt hätte, was sie falsch gemacht hat, so würde sie sich einmal entschuldigen und mir dann als Mutter, als reife, selbstständige Person gegenübertreten. Das bedeutet: auf mich einzugehen, statt von mir erlöst werden zu wollen; so sehr mit sich selbst im Reinen zu sein, dass wirkliches Interesse an mir entstehen kann. Einmal mich als Person wahrzunehmen statt mich mit der Schuld-Brille zu sehen etc. Erst wenn wir frei von all diesen inneren Konflikten und Bedürftigkeiten sind, können wir unser Gegenüber wirklich wahrnehmen und echtes Interesse entwickeln.
Verstehst Du, was ich Dir zu sagen versuche? All diese komplizierten inneren Konflikte sollte man (in Therapie) mit sich alleine ausmachen. Eine Beziehung führt einfach dazu, dass man sich unweigerlich wieder verstrickt, wieder in die gewohnte Bedüftigenrolle rutscht. Wenn Du haltlos, unsicher, bedürftig in Dir bist, dann wird das kein Partner der Welt für Dich lösen können, ganz gleich wie sehr er Dich liebt. Denn Du erlebst nie Dich selbst als Wirkende, als Dich zufrieden Stellende. Du wirst Dich weiterhin bedürftig als abhängig fühlen.
Zitat:wie angstvoll diese Vorstellung sein muss, plötzlich vor seinem eigenen Spiegel zu stehen und da praktisch nichts bzw. nur Hässliches sehen zu können.
Also ich persönlich fand diese Aussage etwas übertrieben. Nichts zu sehen? In meinem Fall sah ich ein Kind, das sich auf andere angewiesen fühlt und keine erwachsene Persönlichkeit entwickelt hat. Aber nur Hässliches konnte ich keineswegs sehen. Ich habe meinen Freund mit meiner Bedürfdigkeit und daraus resultierenden zu häufigen Selbstbezogenheit oft das Leben schwer gemacht. Ich habe ihn viel zu sehr für mich verantwortlich gemacht und mich wie bereits geschrieben intensiv damit auseinander gesetzt, mich entschuldigt etc. Aber hässlich war ich selten.
Und überlege Dir mal, was durch so ein Selbstbild für eine Dynamik zwischen euch entsteht- katastrophal! Du fühlst Dich hässlich und willst von ihm erlöst oder entschuldigt werden. Ist das so? Wieder bist Du nicht bei Dir und er nicht bei sich selbst; ihr seid verstrickt. In solchen Beziehungen will man immer ein Problem durch den anderen lösen und das ist unmöglich- für beide Seiten. Darum appelliere ich gerne an eine Single-Zeit :D Zudem ist diese extreme Selbstablehnung eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine Beziehung. Erst wenn man sich selbst annimmt, sich wohlig mit sich selbst fühlt, kann man eine Beziehung führen, denn wenn das nicht gegeben ist, macht man sich abhängig.
Und hier schließt sich der Kreis zu Deiner obigen Frage :) Es ist ein langer Weg und auch wenn es ersteinmal hart erscheint oder sogar unmöglich: am besten wäre es, erstmal allein zu bleiben, Dir quasi selbst ausgesetzt zu sein. Denn andernfalls wirst Du immer, reflexartig zu Deinem Freund flüchten und versuchen, bei ihm alle Sicherheit und Liebe zu finden. Das kann man kaum kontrollieren. Und wenn Dein Partner ebenfalls in einer gewissen Anhängigkeit zu Dir ist (liest sich so, da Du schreibst, er will sich trennen und schafft es nicht), dann wird er sich ebenfalls nicht gesund abgrenzen können und sich statt dessen weiter mit Dir verstricken. Das führt dazu, dass er Dich nie auf den Pott setzt und Du mit Dir selbst konfrontiert bist. Das ist aber absolut notwendig, um sich selbst zu finden. Wie willst Du Dich selbst finden (womit Du schon ganz nah an der Selbstliebe bist :) ), wenn Du ständig auf ihn konzentriert bist? Wenn ihr viel streitet, dann seid ihr beide sicherlich ständig in Gedanken bei den Konfliktthemen/beim anderen und nicht bei euch selbst. Und wie sollte es da zu Selbsterkenntnis kommen?
Stelle Dir vor, Du bist ein Bäumchen, der keine Früchte trägt. Da Du aber ein begabtes, verfüherrisches Bäumchen bist, verführst Du neben stehende Bäume dazu, immer wieder ihre eigenen Früchte an Dich abzutreten :D Du wirst also abhängig und die anderen Bäume bekommen Schuldgefühle wenn sie sich irgendwann weigern, Dich weiterhin zu beliefern...Wenn auch sie Willens sind, diese Schuldgefühle oder andereres mit sich allein auszumachen oder schlicht und ergreifend die Schn*** voll haben, ihre Früchte abzutreten und dafür noch regelmäßig einen übergezogen zu bekommen, dann entziehen sie dem Hungerbäumchen ihre Früchte. Und das Hungerbäumchen steht da, fruchtlos und verzweifelt. Woher soll es nun seine Früchte bekommen? Und da alle umstehenden Bäume konsequent bleiben und keine einzige Frucht mehr abgeben, ist das Hungerbäumchen gezwungen, sich seinen eigenen Wurzeln zuzuwenden...Und sieht Oh Gott! Meine Wurzeln sind angefressen! Meine Wurzeln sind verletzt und können deswegen nicht richtig die Nährstoffe aufnehmen um aus eigener Kraft Früchte hervorzubringen... Und so beginnt das Bäumchen, seine Wurzeln zu verarzten, beginnt, alles zu tun, damit die Wurzeln stark und kräftig sind um Halt zu geben, um irgendwann Früchte hervorzubringen.
Und wenn das Bäumchen die ersten Erfolge zu verzeichnen hat, also langsam stärkere Wurzeln bekommt und sogar beginnt, die eigene erste Frucht hervorzubringen...und dann die nächste...Dann wird es Sicherheit, Erfüllung, Stolz und Liebe in sich finden :) Und dann ist es langsam, langsam so weit, einem nahestehendem Baum zu sagen Hey Du! Du gefällst mir! Darf ich Dir eine Frucht anbieten? :wink: :D Es erlebt sich selbst als Wirkender denn es hat aus Eigeninitiative diese Frucht hervorgebracht.
Aber wenn das Bäumchen weiterhin fremde Früchte futtert, dann ist es nur zu verständlich, dass es die Bücher, die es liest, versteht aber nicht verinnerlicht. Denn es hat selbst noch nicht die Erfahrung gemacht, sich selbst zu erleben (auch sehr mühselige, schmerzhafte Versuche führen zur Selbstwahrnehmung).
Und das Bäumchen wird vor lauter Überanstrengung und Angst sofort damit aufhören und statt dessen eine fremde Frucht naschen, sobald man sie ihr anbietet. Selbstverantwortung beginnt damit, auf fremde Früchte zu verzichten, auch wenn sie sich anbieten. Aber als kleine Motivation: ich habe nicht schöneres erlebt, als diesen Prozess zu durchwandern. Keine Liebe ist so toll wie die Selbstliebe :)
Und all das ist nie ein völlig abgeschlossener Prozess. Es gibt gute und schlechte Phasen und ich glaube, Du hast uns in einer sehr selbstkritischen Phase geschrieben :wink: Selbstvorwürfe sind nie gut. Nicht in seiner Schuld herumwühlen, sondern es fortan anders/besser machen :)
Auch ich habe wie jeder andere Mensch auch, Tage an welchen ich mich schwach, unsicher fühle...Aber dann wende ich mich den Wurzeln zu und sehe Mist! manche Wurzeln sind noch verwundet. es gibt noch etws zu tun :)
Also nur Mut liebe unfähig :trost: Manchmal nimmt man auch alles zu schwer und identifiziert sich komplett mit der Krankheit. Nicht gut, nicht gut :D Gestern lief ich an einem Buchtitel vorbei Du bist mehr als Deine Krankheit Und das ist wahr und sollte auf keinen Fall vergessen werden bei der Nabelbeschau :trost:
Zitat:So gehts mir im Moment. Und dann stelle ich mich wieder selbst in Frage. Dann denke ich, wo ist diese nette, liebenswürdige Person hin, die ich doch eigentlich bin. Und dann beschäftige ich wieder mit mir selbst, halte Einsamkeit aus und alles ist mir plötzlich wieder so klar.
Was genau ist Dir dann klar?
Zitat:Und dann läuft die Beziehung wieder. Und er kommt näher. Endlich. Und ich fange wieder an.
Womit genau fängst Du an?
Zitat:Hinrich, ich finde es toll, wieviel Gedanken du dir über deine Ex machst. Ich denke manchmal, vielleicht bin ich narzistisch veranlagt, weil mir oftmals auch völlig die Empathie zu meinem Partner fehlt.
Wie sieht das genau aus? Fühlst Du dann nicht mit ihm? Sind Dir seine Gefühle dann gleichgültig? Oder wie kommst Du drauf?
Zitat:Das einzige was ich bei mir als Fortschritt sehe ist, dass ich mich bis jetzt nicht in Ablenkung gestürzt habe, sondern immer wieder den Schmerz annehme und durchgehe und kämpfe.
Das ist tatsächlich schon ein Fortschritt! Herzlichen Glückwunsch dazu!
liebe Grüße,
aufgewacht