Sitzen gelassen wegen eines Anderen

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Hallo Zusammen,

ich habe in der letzten Woche schon viel in diesem Forum gelesen und es hat mir wirklich auch sehr geholfen. Dafür erstmal ein ganz großes Danke an die ganze Forengemeinde.

Ich habe vor 7.5 Jahren im Studium eine Fernbeziehung begonnen und bin nach dem Studium mit Ihr in die Schweiz in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Zunächst lief alles wirklich super. Wir haben uns unser Leben komplett aufgebaut, zusammen Urlaub gemacht und uns wirklich toll in den Herausforderungen des Lebens unterstützt. Der einzige Schatten, welcher immer über uns geschwebt hat, war, dass ich mich Ihr sowohl was meine innersten Gefühle anging als auch die Körperliche Zuneigung anging nie richtig öffnen konnte. Zärtlichkeiten kamen ganz selten von mir, und wenn Sie von Ihr kamen habe ich mich nicht wohl dabei gefühlt. Wir haben öfters auch über das Thema gesprochen, aber schlussendlich haben wir das Problem nicht in den Griff bekommen.

Vor gut einer Woche kam ich dann spät abends von einer Dienstreise nach Hause und sie hat die Beziehung beendet, da sie jemand neues kennengelernt hat und merke, dass sich dort Gefühle entwickeln. ( Sie habe sich jetzt zwei Wochen damit Beschäftigt und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht) Nach langen Diskussionen, haben wir uns dann darauf geeinigt, dass wir erstmal zwei Wochen abwarten und Sie den Kontakt zum Ihm und wir den Kontakt zu uns ruhen lassen, um Abschließend frei für Gespräche zu sein und die Geschichte miteinander verarbeiten können. Ich hatte sie gebeten, falls sie zu Ihm dennoch Kontakt hat mir drüber Bescheid zu geben, dass ich mich dementsprechend richten kann. Ich hatte Ihr angeboten bei einem Freund zu schlafen bis Sie eine neue Wohnung gefunden hat. Gestern schrieb Sie mir eine E-Mail in der sie mir bescheid sagte, wie wir unsere gemeinsame Wohnung auflösen können und ich dennoch darin wohnen bleiben könnte. Für mich war alles ok, auch wenn mich der Kontakt mit ihr zurück ins emotionale Kaos gestürzt hat. Sie wollte ein Gespräch mit mir aus dem wir beide etwas nach einer so langen Beziehung etwas mitnehmen können. Ich willigte ein und fragte ganz beiläufig zum Schluss, ob sie die neue Geschichte ruhen lassen konnte. Konnte Sie nicht und sie hätte Verständnis dafür, wenn ich sie jetzt nicht mehr sehen wolle. Aus meiner Sicht, habe ich gar nicht viel erwartet, lediglich, dass sie ehrlich und fair zu mir ist. Sie wollte immer das klärende Gespräch und die Aufarbeitung und zugleich direkt das neue weiter vorantreiben. Ich rappelte ich auf und rief sie an um die Reißleine zu ziehen. Ich setzte Ihr eine Frist bis wann Sie aus der Wohnung und meinem Leben verschwunden sein solle. Ich fragte sie auch, wie sie sich denn Verhalten würde, wenn ich mit Ihr so umgegangen wäre. Daraufhin sagte sie mir, dass sie wahrscheinlich gleich reagiert hätte und mich verstehen könne.

Die Probleme welche wir hatten kommen aus meiner Sicht schon aus den Anfangszeiten. Ich habe in der ersten Phase, während der Fernbeziehung, auch nie Hoffnung in die Beziehung gehabt, da wir soweit auseinander wohnten. Über unsere beiden Diplomarbeiten haben wir dann mehr und mehr Kontakt per Chat und Telefon gehabt. Haben uns gegenseitig unterstützt und haben gemerkt, dass wir zwischenmenschlich echt gut zusammenpassen. Da wir uns zwischenmenschlich so nahe standen, habe ich es auch vorher während der Fernbeziehung nie übers Herz gebracht einen Schlussstrich zu ziehen, habe aber immer wieder geäußert dass ich keine Zukunft sehe. Sie kämpfte um mich und ich war mir sicher, dass wir alles hinbekommen können, solange wir auch wollen. Evtl. hat mich ein MIND *beep* (geniales Buch von Dr. Bock, kann ich gerade hier sehr empfehle) dazu geführt, dass ich mich in der Beziehung nie richtig öffnen konnte. Vielleicht habe ich mir auch immer etwas vorgemacht. Umgekehrt, gibt es aber bzgl. körperlicher Nähe und Zuneigung auch auf Ihrer Seite grosse Probleme. Sie wollte immer Zuneigung und körperliche Nähe, hat aber nie selbst zu Ihrem Körper gestanden. Jedes mal wenn wir mit Freunden weg waren, hat Sie dann später davon erzählt wie dick Sie doch ist (Dabei ist das so gar nicht richtig. Sie hatte zwar etwas zuviel im Vergleich zu dem von den Medien vorgegaukelten Schönheitsideal aber es war ok. Kleiner Bauch schafft Charakter habe ich immer zu Ihr gesagt. Und Ihr Wesen und Ihren Charakter ist und war wirklich großartig). Ihre Kleiderwahl war immer auf verstecken ausgerichtet, was mich dann auch so gar nicht angezogen hat. In den USA im Urlaub sind wir dann zusammen Kleidung kaufen gegangen und ich habe Sie dazu überredet eine rel. enge Jeans mit tollen Schuhen zu kaufen. Ich war hin und weg. Sie sah toll aus und ich habe immer wieder versucht sie darin zu bestätigen. Zurück zu Hause, hat Sie die Schuhe und die Jeans nie wieder angezogen und sich weiter versteckt. Wie sollte ich Ihr körperliche Zuneigung geben, wenn Sie sich selbst körperlich nicht leiden kann, jedoch auch nichts dafür tun will. Wenn Sie ins Fitnessstudio gegangen ist, habe ich immer mal wieder gefragt, ob sie weiterkommen würde, woraufhin es dann immer hiess, sie wäre ja noch am Anfang und müsse erst mal reinkommen.

Ein weiteres grosses Problem waren immer ihre Gefühle (nicht zu mir aber zu allem anderen). Lief es auf der Arbeit schlecht, wollte sie sich immer einen neuen Job suchen. Hatte sie Rückenschmerzen (war ne ganze Zeit echt schlimm und sehr dauerhaft), wollte Sie nur Medis jedoch nicht was dafür tun wie der Arzt gesagt hatte. Sie warf mir immer vor, dass ich ja der dominantere in der Beziehung wäre und sie förmlich erdrücken würde. Daraufhin habe ich dann ganz gezielt sie eigene Entscheidungen auch für uns gemeinsam treffen lassen. Schlussendlich kam sie immer wieder zu mir und fragte mich so lange nach meiner Meinung dazu bis Sei eine Meinung hatte nach der Sie die Entscheidung treffen konnte. Das schlimmste für Sie wäre gewesen, wenn Sie aufgrund Ihrer Entscheidung Kritik bekommen hätte und dadurch wieder schlechte Gefühle haben würde. Nach zahllosen Gesprächen zu Ihrem Job und das sie nicht mehr könne und endlich dort kündigen müsse, und ich sie weiterhin darin bestärkt habe durchzuhalten ließ ich dann auch hier nach und sagte ihr, dass es für mich kein Problem sei. Ich wollte einfach nicht, dass es Ihr schlecht ging. Ich bot Ihr an, den Job ohne einen neuen Job zu kündigen und sagte Ihr, dass ich unsere gemeinsamen kosten mit meinem Gehalt übernehmen könne. Das war dann schon erst recht zu viel. Man könne Ihr ja irgendwann mal vorwerfen, dass Sie mich ausgenutzt hätte. Die große Taktik dahinter war, alles dafür tun keine schlechten gefühle empfinden zu müssen und wenn man doch welche hatte muss man diese schlechten Gefühle sofort loswerden und davor weglaufen.

Schlussendlich musste ich mir in der letzten Woche eingestehen, dass auch ich mich unterbewusst bereits damit auseinandergesetzt hatte, dass unsere Beziehung so nicht aufrecht zuhalten sein würde. Ich bin jedoch nicht der Mensch der etwas aufgibt. Ich habe immer dann Erfolg gehabt, wenn ich in irgendetwas harte arbeit und Herzblut investiert habe, ich habe an uns geglaubt und alles dafür getan. Also redete ich mir immer wieder ein, dass wir das schon schaffen.

Jetzt vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden und dann auch noch von jemand anderem ersetzt zu werden, schmerzt unglaublich. Ich habe alles in diese Beziehung investiert und jetzt in der Trennung doch einfach nur um etwas Rücksicht auf mich gebeten. Ich hasse den drastischen Schritt, den ich gestern gehen musste, weil ich so einfach nicht mehr konnte. Habe bereits alle Kontakte zur Ihr gelöscht und Sie auch auf jedem möglichen Kontaktweg geblockt. Mich plagt nur die Frage danach ob ich nicht zu hart gewesen bin und sie jetzt zu schlimm behandle.

Im Moment ist es mir echt ein Rätsel, wie ich jemals wieder so tiefes Vertrauen zu jemanden Entwickeln soll und mich Körperlich in etwas hineinfallen lassen soll, wo ich ja jetzt bereits einen Schutzmantel aus Angst verletzt zu werden um mich gebaut hatte. (Ebenfalls MIND *beep*).

Bitte gebt mir etwas, woran ich mich festhalten kann, um ein neues Leben zu beginnen.

Beste Grüsse und euch alles Gute.

Neo3795

22.09.2015 09:19 • #1


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Zitat von Neo3795:
Im Moment ist es mir echt ein Rätsel, wie ich jemals wieder so tiefes Vertrauen zu jemanden Entwickeln soll und mich Körperlich in etwas hineinfallen lassen soll, wo ich ja jetzt bereits einen Schutzmantel aus Angst verletzt zu werden um mich gebaut hatte. (Ebenfalls MIND *beep*).


Hallo Neo,
du unterliegst schon wieder einer Denkfalle.

Du konntest dich deiner Freundin gegenüber nie wirklich öffnen, weder emotional noch körperlich.
Nachdem du DIES bemerkt hattest und merktest, dass sich daran auch nichts ändert, hättest du schon die Reißleine ziehen sollen. So aber hast du euch beide um 7,5 Jahre betrogen.

Zu einer gut funktionierenden Beziehung gehört Vertrauen. Das aber konntest du ihr nicht geben.
Die Frage ist: Warum?
Was hat dich eine undurchdringliche Mauer um dich bauen lassen, die selbst ein Mensch, der dir angeblich so nahe stand wie deine Freundin, nicht einreißen konnte, ja ,noch nicht einmal dahinter schauen?

Wenn du keine emotionale Nähe zulassen kannst,droht der geliebte Mensch an deiner Seite zu verhungern und sucht sich woanders emotionales Futter.
Es ist eine Sache, ein Defizit zu erkennen, eine andere aber, für dessen Beseitigung zu sorgen.

Sie wiederum hatte auch ein Problem. Allerdings war das kein Nähe-Distanz-Problem, sondern sie hatte ein unterentwickeltes Selbstbewusstsein. Sie definierte sich über ihr Aussehen, ihren Körper, ihr Gewicht. Und vergaß dabei, dass der Mensch noch andere Werte besitzt und das Gewicht über ihn nicht viel aussagt.

Auf welchem Fundament also stand eure Beziehung?
Es haperte an der Kommunikation.
Du hast gespürt, dass etwas fehlt, konntest dich ihre gegenüber nicht öffnen, aber hast du auch darüber gesprochen? Kennt sie die Gründe für deine Selbstschutzanlage?
Wenn ich einem Menschen, der mir angeblich etwas bedeutet, nicht einmal sagen kann, wo mir der Schuh drückt, woher soll er dann wissen, was los ist und dass es nicht an ihm liegt?...
Vielleicht hatte sie deshalb ein Problem mit ihrem Körper, weil sie dachte, es läge daran, dass du sie nicht anziehend genug findest.
Es gab keine Problembewältigung.
Das hätte schließlich auch eine gesunde Kommunikation vorausgesetzt.
Jeder trug seinen eigenen Kampf mit sich selbst aus. Es gab zwei Ich aber kein Wir.
Es gab kein Verständnis füreinander.
Wie auch, denn dazu fehlte ebenfalls die Kommunikation.
Statt einander zu stärken, habt ihr euch gegenseitig geschwächt. Oder wie ,glaubst du, kam die Stylingberatung an?
Da fehlt der Respekt voreinander.
Hättest du sie respektiert wie sie war, dann hättest du ihr nicht deine Vorstellungen von einem perfekten Outfit aufgezwungen, in dem sie sich offensichtlich nicht wohl fühlte.

Auch wenn es im ersten Moment schmerzt, scheint hier die Trennung der einzig richtige Schritt zu sein, um das wahre Glück finden zu können.
Du wirst es aber nur finden können, wenn du dein ganzes Ich zeigen und dich öffnen kannst.
Wenn es dir nicht gelingt, für einen Rückbau und einen späteren Abriss deiner Mauer zu sorgen, wird jede weitere Beziehung an genau dieser Mauer enden.
Vielleicht könnte hier professionelle Hilfe greifen?

22.09.2015 13:08 • #2


N
Hallo Neja,

genau das ist ja mein Problem. Ich hatte dieses Problem noch in keiner anderen Beziehung. Ich selbst habe das auch gemerkt und habe immer wieder gehofft das Problem zu lösen, gerade weil sie mir soviel bedeutet hat.

Ich denke mal meine emotionale Mauer kam zum einen daher, dass ich in meiner ersten Beziehung ebenfalls durch einen Anderen ersetzt wurde und zum anderen, weil ich mir es mir auch selbst nicht eingestehen wollte und sie auch nicht verletzen wollte. Die Verarbeitung meiner Beziehungen habe ich auch wirklich nie betrieben (eher Verdrängung). Deshalb suche ich jetzt diesen Weg, um wenigstens noch eine Chance für eine glückliche Beziehung zu haben.

Natürlich hätte ich besser früher die Reißleine ziehen können oder auch müssen. Jetzt wo ich aufgewacht bin ist mir das auch klar. Ich war immer so sehr davon überzeugt, dass sie die Richtige für mich ist, dass ich nie die Kraft zum weitermachen verloren habe.

Wir haben recht oft über die Geschichte gesprochen. Ich habe Ihr auch erzählt wo das ganze herkommt. Jedenfalls glaubte ich zu wissen wo es herkommt. Es hat halt nur der Anstoß zum lösen des Problems gefehlt. Wenn wir Probleme hatten und die Initiative zur Problemlösung von mir aus ging, haben wir das auch in den Griff bekommen. Hier hatte ich zwar ein Problem, jedoch konnte ich es selbst nicht lösen.

Es wurde immer nur an mir rum gemeckert und Forderungen an mich gestellt, anstatt auf mich und mein Problem einzugehen und die Lösung gemeinsam anzugehen.

Ich sehe schon ein, dass ich mit meinem Verhalten der Verursacher des Problems war. Nur ist es in einer gut funktionierenden Beziehung die Aufgabe eines Einzelnen das Problem zu lösen?

Egal welche Problem aufgetaucht sind, ob familiär oder persönlich, wir haben immer gesprochen und es auch wirklich verarbeiten können, nur eben bei diesem essentiellen Thema haben wir es einfach nicht verarbeiten können.

Sie trug auch nie eine Brille, sondern immer nur Linsen. Als Sie sich eine neue Brille kaufte und ich Ihr die Bestätigung geben konnte, dass sie damit wirklich gut aussieht, hat Sie die Brille auch aufgesetzt, halt eben nur bei uns zu Hause. Daher war ich der Meinung ich würde Ihr helfen, wenn ich Sie in Ihrem Körper bestätige, dass Sie zeigen kann wer Sie ist und das es gut so ist, anstelle sich zu verstecken. Ich wollte Sie aufbauen und Ihr Selbstbewusstsein stärken. Ihre Freundin hatte Sie auch mal bei einem Outfit beraten und sie sah auch darin wirklich gut und anziehend aus. Sie hat es einige Male getragen und dann wieder verschwinden lassen.

Ich war der Meinung (ob die richtig ist, weiß ich nicht), dass wir beide ein Problem mit uns selbst haben und wir uns gegenseitig daraus helfen können. Ich bin das Problem nicht so vehement angegangen, weil ich Angst hatte bei Ihr da so einen empfindlichen Nerv zu treffen, dass ich Sie verlieren. Hatte das alles keinen Sinn, waren die ganzen Mühen wirklich so vergebens und unlösbar, dass wir uns beide um die Zeit betrogen haben?

Vielen Dank für deine offenen Worte, das ist wirklich wichtig für mich.

Gruss Neo

22.09.2015 14:57 • #3




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