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Soll ich auf auf Abstand gehen, damit er mich vermisst?

M
Hey,
ich bin ein bischen verzweifelt und dachte es hilft vielleicht hier zu schreiben. Mein Freund hat mich am Sonntag nach 9 Jahren Beziehung verlassen. Ich kann das alles noch nicht richtig einordnen, irgendwie sind viele Dinge doch klar und dann andere wieder überhaupt nicht. Es kriselte schon länger in unserer Beziehung. Besonders um die Wintermonate hatte ich das Gefühl, wuchs seine schlechte Laune und die Unzufriedenheit. Ich habe immer versucht offen damit umzugehen. In Beziehungen gibt es Probleme, das ist nun mal einfach so. Also muss man daran arbeiten. Er hat oft als Grund angebracht, dass wir zu oft zu Hause sitzen würden. Nun bin ich ein Typ, der nach der Arbeit nicht noch viel unternimmt. Ich würde es gerne schaffen 2-3 Mal die Woche Sport zu machen, gesund zu kochen usw. Da bleibt bei mir eher das Wochenende für Aktivitäten.

Dennoch habe ich ihm immer gesagt, wenn ihn der Alltag nervt, sollen nicht scheuen auch ohne mich Neues auszuprobieren. Mit seinem Kumpel z.B einen festen Tag abmachen wo sie nach Feierabend was unternehmen. Ich habe viele Vorschläge gebracht, aber irgendwie schien er das nie richtig durch zu ziehen. Er sagte immer, er ist unzufrieden mit seinem Job, dass er zu wenig Freunde hat, mit seinem Leben. Aber er änderte nie wirklich etwas. Mich selbst hat es auch bedrückt, dass die Beziehung Stillstand. Ich habe über Familie nachgedacht und ihm das auch mitgeteilt. Er war sich aber nie sicher ob er das überhaupt wollte. Bevor er 30 wurde sagte er immer, er wolle das. Doch als diese magische Zahl überschritten war, ging es irgendwie nur noch bergab. Sein Bruder hat in diesem Jahr einen kleinen Sohn bekommen und ein Haus gekauft. Das schien ihn dann irgenwie zu motivieren mich offiziell zu fragen ob wir ein Baby bekommen möchten.

Das war kurz vor Weihnachten. Es war richtig süß, wir haben tagsüber ein bisschen geschrieben (beide Arbeiten) und er hatte so Andeutungen gemacht. Ich hielt das für einen Scherz, aber er kam nach Hause und hatte mir einen Schwangerschaftstest in Geschenkpapier eingewickelt und mich damit offiziell zu fragen. Die Tage danach waren richtig euphorisch, wir haben aus Spaß überlegt welche Namen schön und welche furchtbar sind. Doch irgendwie war das der Anfang vom Ende. Über Weihnachten bei seiner Familie fing seine Mutter an sich sorgen um den kleinen Neffen zu machen. Er könne ADHS haben (liegt in der Familie). Mein Freund fing an sich immer mehr und mehr in Sorgen zu verstricken. Kann man sich ein Haus wirklich leisten, will man sich so verschulden, könnte unser Kind auch krank sein, das wäre die Hölle usw. Das Ganze ging dann soweit, dass er den Kinderwunsch offiziell wieder zurück zog. Ich glaube dass allein hat mich schon zerstört. Aber ich hatte Verständnis für ihn, er tat das nicht aus Boshaftigkeit, er hatte Angst und es ging ihm nicht gut. Das wurde bei ihm so schlimm, dass es körperlich überschlug.

Er zitterte und musste sich übergeben wenn dieses Gespräch zu sehr in die Tiefe ging. Ich bekam ihn soweit, sich Hilfe zu suchen. Leider nur eine Therapie per Telefon aber besser als nichts. Diese Frau sollte ihm helfen herauszufinden, was er im Leben will. Und scheinbar haben sie zusammen festgestellt, was ich schon vermutet hatte. Scheinbar hat er eine Depression. Jetzt haben sie letzte Woche darüber gesprochen, wie sein Leben wäre wenn ich mich trennen würde. Und dass er aufpasst, dass er mich nicht hinhält.

Jedenfalls sagt er das sie das so gesprochen haben. Er wollte ehrlich zu mir sein und mir mitteilen, dass auch sowas besprochen wird. Nach langem reden, sagte ich ihm, dass ich den Eindruck habe, dass er mich auf eine Trennung vorbereiten möchte. Er bestritt das, ich solle das doch nicht falsch verstehen und er wollte nur mit mir darüber reden. Immer wieder kamen Sätze wie, ich sei der tollste Mensch den er je kennen gelernt hat und die wichtigeste Person in seinem Leben usw. Am Sonntag fand ich ihn wie er auf der Couch lag, haufenweise Tücher um sich herum und bitterlich am weinen. Ich fragte ihn was los sei und er meinte er würde das einfach nicht mehr aushalten. Im Gespräch kam eines zum anderen. Er hat nie gesagt ich muss mich trennen aber irgendwie war es klar. Bzw wurde später auch etwas gesagt wie wir haben grade Schluss gemacht...Ich habe ihn dann gebeten zu gehen. Habe später seine Koffer für ihn gepackt und gebeten diese Woche nicht mehr wieder zu kommen. Ich habe ihm die Kette die er mir vor 8 Jahren geschenkt hat und die ich nie abgelegt habe in die Hand gedrückt und er ist fast zusammen gebrochen.

Ich habe mich auch gefragt, wenn ich mich jetzt gar nicht melde, vielleicht vermisst er mich, vielleicht stellt er fest er hat einen Fehler gemacht. Freitag will er zurück kommen, damit wir reden. Und auch weil er nicht ewig bei den Freunden wohnen kann. Die Freundin bei der er wohnt (befreundetes Paar) sagte mir, dass es ihm schon sehr schlecht geht, aber das er sehr sicher klang in seinem Entschluss. Und dann erfahre ich noch, dass er der Unzufriedenheit in der Beziehung die Schuld an der Depression gibt. Ich für meinen Teil dachte eher, dass die Depression die Schuld an der Unzufriedenheit ist. Man kann nichts ändern, wenn man es nicht benennen kann. Aber er wird es wohl nie so sehen. Ich weiß nicht wie ich Freitag damit umgehen soll.

Einerseits möchte ich schon, dass er wieder kommt, vermutlich weil ich immer noch Hoffnung habe. Aber ich weiß wie schwer es wird wenn sich diese Hoffnung Freitag zerschlägt. Wie soll ich dann weiter machen? Ich kann ihn nicht rauswerfen bis er eine neue Wohnung hat. Ich kann ihn aber auch nicht hier ertragen wenn er ständig fragt wie es mir geht. Ok, tut mir Leid, das war unglaublich lang....

10.05.2017 15:41 • x 1 #1


Bardieu
Hallo Mibell,

es klingt so, als habe dein Freund Depressionen und steht in einem leeren Raum voller Fragen, die er jetzt versucht zu beantworten. Habt ihr schon mal über eine Paartherapie gesprochen? Der Motor läuft noch und ich sehe auch keine Fehler die Vertrauen oder etwaige Säulen in der Beziehung zum wackeln bringen könnten. Er scheint in eine Art Midlife-Crises zu stecken. Das trifft den einen mehr als den anderen. Biete ihm über die Beziehung(Freundschaftlich) deine Hilfe an. Auf keinen Fall solltet ihr beiden euch selbst unter Druck setzen.

Der Fall mit dem Kinderwunsch scheint ihn beeindruckt zu haben. Er hat aber auch Angst davor, wie er alles stemmen soll. Da stecken einige Männer mehr Energie rein, als eigentlich nötig. Ich spreche aus Erfahrung... Gehe ebenfalls auf die 30 zu. Man(n) fragt sich, was man noch aus dem Leben schöpfen kann.

Gebt euch eine Stunde und diskutiert ausführlich was ihr von einander wollt. 30 Minuten schüttest du dein Herz aus, ohne das er dich unterbricht - danach ist er unter gleichen Bedingungen dran. Gebt euch Zeit. Lasst es nicht einschlafen, probiert beide etwas Neues aus. Das stärkt ungemein.

10.05.2017 17:19 • x 3 #2


A


Soll ich auf auf Abstand gehen, damit er mich vermisst?

x 3


M
Hey, danke für die einfühlsame Antwort. Nur irgendwie habe ich nicht das Gefühl, das er dem Ganzen noch eine Chance geben will. Er scheint die Unzufriedenheit in der Beziehung auch für seine Depressionen verantwortlich zu machen. Andererseits höre ich von Freunden, dass er genau so am Boden ist wie ich. Nicht isst und Heulkrämpfe hat. Von anderen wieder, das es ihm schlecht geht aber wohl sicher ist mit der Entscheidung. Und ich weiß nicht wie ich mit allem umgehen kann. Besonders, weil er nur bis Freitag bei Freunden wohnen kann und dann wieder hier ist. Und das macht alles schwerer.

10.05.2017 23:27 • #3


Killian
Hat Bardieu vollkommen recht, denke er ist depressiv und total überfordert, da kann man wirklich einen Menschen total lieben und braucht trotzdem etwas Abstand. Glaube garnicht das er die Trennung wirklich will sondern braucht einfach Ruhe weil er für sich selbst kaum Kraft zu haben scheint.

Passt ja auch Alles zusammen wie die Faust aufs Auge ...

Kaum Freunde weil Freundschaft pflegen sehr anstrengend ist für Depressive ...
Arbeit belastet sehr stark weil man da auch nur Druck und Co hat und funktionieren muss, Kraft kostet ...
Wintermonate schlagen depressiven Menschen oft besonders aufs Gemüt, Alles grau, kalt usw. ...

Naja und dann kommen in guten Momenten wo er vielleicht weniger depressiv ist und mehr Kraft hat dann Wünsche von Familie, Haus und Co auf ... wünscht er sich sicher in guten Momenten aber in schlechten Momenten bedeutet es für den Depressiven noch mehr Arbeit und Verpflichtung und Druck ... zu den ganzen anderen Sorgen schon und noch mehr Belastung für Menschen die eh schon mit sich kämpfen müssen um zu überleben.

Was für Dich Kraft und Freude ist zb. ein Kind sieht er dann nicht als Grund für Kraft und Freude sondern als reine Belastung, kostet Kraft, macht Angst daran zu zerbrechen und natürlich wird dann auch eine Beziehung zur Belastung da sie negativ empfunden wird mit eben noch mehr Leistung die einem abverlangt wird. Dann vielleicht noch die Angst Dich zu verlieren wenn er nicht funktionieren kann in dieser Hinsicht usw. ... hat mit Dir als Person garnichts zu tun, er zweifelt ja scheinbar auch nicht an Dir, liebt Dich sicher sehr sondern daran ob er dem gewachsen ist und hatte ja schon einen Zusammenbruch da auf der Couch, kann bis zum totalen Burnout gehen sowas und noch schlimmer und denke er braucht da wirklich viel Hilfe von Fachleuten und sicher auch Medikamente. Mit Paartherapie ist da garnichts zu machen weil es eben andere Ursachen hat gerade.

Denke er liebt Dich noch ... sein Rückzug geschieht aus reiner Not und bestimmt unterbewusst und aus Selbsterhaltungstrieb für seine Psyche.

Und

11.05.2017 01:44 • #4


Killian
Und das er da speziell die Beziehung als Problem nennt, glaube damit meint er garnicht die Liebe zu Dir sondern nur mit den Wünschen die da gerade aufkommen, wird ihm zuviel. Lasst doch diese Themen einfach mal sein und sucht einen gute Psychologen wo er reden und sich medikamentös helfen lassen kann. Hilft ihm besonders und indirekt auch Dir bzw. Euch ! Aber doch keine Abstandsspielchen, glaub das ist das Letzte was einem Depressiven bzw. Euch hilft und macht das nur unnötig schlimmer.

11.05.2017 01:53 • #5


Toastgoettin123
Hey MiBell (:
Bin völlig platt mitgerissen.. ich habe da gerade meine Trennung vor zwei Monaten gelesen. Nur nicht dass wir ein Kind wollten, sondern eine Verlobung entstand.. oh ich fühle mit dir glaube mir. Nur ihre Worte waren am Ende völlig weinend ich hab das Gefühl ich kann nicht mehr atmen. So machte sie Schluss. Aber der Rest ist einfach so identisch.. auch wie sie zusammenbrach als ich ihr ihren Ring gab den ich Jahre trug.. fühl dich nicht allein! Ich mache genau das auch seit zwei Monaten durch. Ich drück dir ganz fest die Daumen, dass er merkt was er getan hat!

11.05.2017 03:45 • #6


M
Guten Morgen!

Ich glaube Männer sehen das Kinder-Thema generell von einer ganz anderen Seite. Wir sehen in unserem Nachwuchs, eine neue Ebene der Beziehung. Etwas positives. Die Männer hingegen - als Familenernährer - sehen oft nur die Sorgen, die damit einhergehen. Wie oben schon erwähnt. Schaff ich das finanziell. Die Wohnung würde zu klein werden, wir bräuchten ein neues Heim, geht sich das aus? Du wärst in Karenz, sprich dein Einkommen würde sich verringern. Geht das alles? Fühlt er sich dem gewachsen, ein Kind aufzuziehen? Einem Kind die Liebe zu geben, die es verdient, neben all den Sorgen? Dann noch dieses ADHS, was angeblich vererblich und in seiner Familie genetisch bedingt ist. Obwohl ich davon nicht wirklich was halte. Zu mir wurde schon öfters gesagt, meine Kinder - speziell der Kleine - leidet darunter. Da kann ich nur lachen. Er ist einfach ein aufgewecktes Kind, was keine Angst kennt. Ich würde auf solche Aussagen nicht zu viel geben.
Aber ja, andersrum hat er Depressionen und ich weiß nicht, in wieweit das vererblich ist. Jedenfalls denke ich, daß er diesem Gedanken momentan nichts positives abgewinnen kann, weil er sich einfach nicht in der Lage fühlt. Aber ich kann auch dich gut verstehen. Erst schenkt er dir diesen Gedanken an die gemeinsame Zukunft und nimmt ihn dir dann wieder weg.

Für mich liest es sich jedenfalls auch nicht so, als würde er dich nicht mehr lieben. Vielleicht hat er sich getrennt, weil er dich so liebt und dich mit seiner Depression nicht kaputt machen möchte. Weil er möchte, daß du ein erfülltes Leben hast und er dir das nicht bieten kann. Was ihn vermutlich noch mehr depressiv macht.
Rede am Freitag mit ihm. Sag ihm, daß du ihm noch liebst und er der Mann für dich ist und du diesen Weg mit ihm gemeinsam gehst. Er muss unbedingt zu einem Arzt. Zu einem Psychiater, oder vielleicht sogar Neurologen. Jemand, der ihm auch Medikamente verschreiben kann. Nur durch Gesprächstherapie bezweifle ich, daß er gesund werden kann.
Vielleicht, wenn du ihm das Gefühl gibst, ihn nicht hängen zu lassen, verstärkt das seine Liebe noch zu dir. Wichtig ist jedenfalls, daß er zu einem Arzt geht. Vielleicht das 1. Mal, daß du zumindest zu Beginn mit dabei bist, damit du auch deine Perspektive schildern kannst.

Alles Gute für euch!
LG
Morgensonne

11.05.2017 05:49 • #7




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