Hallo!
Daß Dir der Begriff Trennungsfrau neu ist, ist nicht verwunderlich - denn der ist mir gerade selber eingefallen, als ich das geschrieben habe (wobei es aber natürlich auch den Trennungsmann gibt) Üblicherweise nennt man das Übergangsbeziehung bzw. Übergangspartner.
Ich glaube, man muß bei dieser Problematik verstehen, daß man gewissermaßen unweigerlich in eine therapeutische Situation kommt - allerdings eben, ohne das zu beabsichtigen und ohne Therapeut zu sein.
In einer Therapie ist dieses Phänomen bekannt - dann heißt es Übertragung (und Gegenübertragung). Nur ist einem Therapeuten das bekannt, er kann damit umgehen bzw. es auch für die Therapie nutzen, und es kommt jedenfalls zu keinen größeren Gefühlsausbrüchen.
Man muß ja eines sehen: eine Trennung ist eines der schlimmsten Ereignisse, die einem im Leben passieren können, eine extreme Ausnahmesituation, alles gerät aus dem Gleichgewicht, man ist ganz tief unten, und es dauert eine ziemliche Weile, bis man sich davon wieder erholt hat und wieder in seinem Normalzustand angekommen ist.
Und in dieser Situation greifen nicht wenige nach dem nächsten Strohhalm.
Man kann sich das, wenn mir der Vergleich nachgesehen wird, etwa so vorstellen, wie wenn jemandem das Haus abbrennt. Der wird jede Unterkunft annehmen, die ihm geboten wird, selbst ein abgewohntes kleines Zimmer - das spielt in einer solchen Situation keine Rolle. Er wird erst einmal froh sein, überhaupt eine Unterkunft gefunden zu haben, er wird dankbar sein, vielleicht sogar in gewissem Sinne glücklich, zumindest aber erleichtert. Ein Bett, Heizung, ein Tisch - das reicht dann schon.
Nur ist das halt natürlich nur ein vorübergehender Zustand. Früher oder später wird er sich aufmachen, etwas zu suchen, das auch seinen anderen Ansprüchen (und nicht nur den lebensnotwendigsten) entspricht bzw. er ist mit dem, was er hat, nicht mehr zufrieden und wird immer unzufriedener und zweifelnder.
Und es gibt eben auch Menschen, die gleichsam eine Beziehungs-Unterkunft brauchen. Und wie sich ihnen diese bietet, greifen sie zu - verständlicherweise. Das kann sogar richtig euphorisch werden, wie auch Joey es beschrieben hat.
Denn da ist jemand in großer Not, hat alles oder vieles verloren, die Welt ist ihm zusammengebrochen, er fühlt sich verloren und verlassen - und dann taucht jemand auf, der seine Welt mehr oder weniger schlagartig wieder aufbaut und hell macht. Da wird dann alles hineingesehen, mit voller Wucht quasi, was es an Schönem und Glücklichem nur zu sehen gibt - die perfekte, fast wundersame Rettung.
Der Retter gerät dann oft seinerseits in Euphorie, weil er plötzlich ganz wichtig ist, weil er jemandes Alles ist, das Wichtigste (in dieser Situation), er gewinnt eine unglaubliche Bedeutung, und dabei werden Gefühle ausgelöst, die man nur selten erlebt. Und dadurch gewinnt eben auch der andere (also der Gerettete) enorm an Bedeutung für den Retter, weil eben er es ist, der diese euphorischen, fast schon paradiesischen Gefühle auslöst.
Natürlich gibt es auch banalere Hintergründe, also daß sich jemand, der gerade niemanden hat, einfach sagt: naja, besser als nichts ...
Aber oft es eben tatsächlich so, daß hier eine richtige Euphorie ausbrechen kann und sich die Gefühle in einer Art Wechselwirkung in himmlische Höhen aufschaukeln.
Aber da dies eben aus einer starken Bedürftigkeit heraus geschieht und mit entsprechenden Illusionen verbunden ist, ist eine solche Beziehung sehr instabil, weil sie keinerlei Ernüchterung und Enttäuschung verträgt - und zu diesen kommt es unweigerlich, weil Projektionen nicht für immer aufrechterhalten werden können, weil früher oder später erkannt wird, daß der Retter, der zunächst immens idealisiert wird, auch nur ein Mensch ist, der womöglich gar nicht zu einem paßt. Oder der Gerettete keine Rettung und somit auch keinen Retter mehr nötig hat. Oder der Gerettete nicht so liebevoll und dankbar und wunderbar ist, wie er es in der Not war (das kennt ja auch jeder in anderen Zusammenhängen: wenn man von jemanden etwas möchte, etwas begehrt verhält man sich ganz anders als wenn das nicht der Fall ist).
Wenn man auf jemanden trifft, der in Not ist, bedürftig ist, leidet usw., so spricht natürlich nichts dagegen, ihm zu helfen, mit ihm zu reden, zuzuhören. Aber man sollte sich - eben wie in einer therapeutischen Situation - von tieferen Gefühlen abgrenzen. Denn sobald das einmal in Gang kommt, kann sich das enorm aufschaukeln. Nur dauert das halt nicht sehr lange. Es ist so, wie wenn jemand im Lotto oder an einem Spielautomaten gewinnt (die Höhe des Betrages ist für das Glücksempfinden nicht so wesentlich, sondern eher der Überraschungsmoment) - da ist der Jubel groß, fast zum Zerplatzen, aber er dauert nicht lange.
Das, was Du geschrieben hast, EDS, daß es sofort der Hammer war, daß Ihr in allem übereingestimmt habt, usw. - das ist eigentlich ein ganz deutliches Alarmzeichen, obwohl es natürlich als etwas ganz Großartiges und Unglaubliches erlebt wird. Denn was sich hier eigentlich auftut, ist die Möglichkeit, daß beide gegenüber dem anderen viele Projektionen, bedeutsame Projektionen entwickeln können, und das ist wie ein Rausch, es fühlt sich an wie ein Wunder.
Natürlich muß das nicht immer so sein, es gibt ja auch richtige Glückstreffer. Aber wenn da noch eine Trennung nachwirkt, einer oder beide seelisch noch instabil sind, verletzt, leidend, bedürftig usw., das Selbstwußtsein schwer angeschlagen ist, man sich verlassen und verloren fühlt, vielleicht sogar Rachegedanken gegenüber dem oder der Ex hat und es ihm (ihr) zeigen oder sich selber etwas beweisen will - dann ist es äußerst unwahrscheinlich, daß es ausgerechnet in einer solche Phase und aus dieser Motivation heraus zu einem Glückstreffer kommt. Das wäre dann in der Tat schon fast ein Wunder.
Es ist ja nur zu verständlich, daß Du auch gewollt werden willst. Nur glaube ich eben, daß Du in dieser speziellen Situation gewollt worden bist. Also nicht eigentlich um Deiner selbst willen, sondern weil Du wie ein helfender Leuchtstern an seinem verdunkelten Himmel aufgetaucht bist.
Was aber nicht heißt, daß das von ihm Absicht oder gar böse Absicht gewesen wäre. Aber es ist eben so: wenn man irgendwo hilflos im Wasser herumtreibt, fragt man nicht, wer einen da rauszieht.
Ich glaube, das Beste, was Du im Moment tun kannst, ist, Dir über diese Hintergründe klar zu werden und darüber nachzudenken. Wenn man diese nämlich versteht, dann nimmt das den Schmerz und das Leid, man trauert weniger hinterher, vermißt nicht so sehr, nicht zuletzt lernt man auch daraus - und vor allem (so blöd es klingt): man nimmt es dann nicht mehr (so) persönlich, man erlebt es nicht als Ablehnung, als Zurückweisung der eigenen Person (sonst findet man sich nämlich eine Zeitlang womöglich an sich nicht liebenswert und beginnt an sich zu zweifeln). Man kann es am besten so sehen: Man war zuvor nicht eigentlich selber gemeint, und daher wird man auch danach nicht selber gemeint.
Und so sympathisch und intelligent wie Du wirkst, wirst Du mit Sicherheit auch wieder einen Mann finden, bei dem es dann tatsächlich um Liebe geht (er sollte halt nur nicht erst kurz getrennt sein oder überhaupt noch halb in einer Beziehung stecken oder mit Altlasten behaftet sein ... )
Liebe Grüße
28.01.2015 03:38 •
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