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Trauern, aber wie?

Felix_89
Hallo zusammen,

3 Monate ist es bei mir jetzt her. In dieser, zumindest für mich gefühlt, langen Zeit, habe ich viele verschiedene Herangehensweisen und Ansätze gegen den Kummer kennengelernt.

In einer Sache sind sich jedoch alle einig: Trauern ist ein wichtiger Bestandteil des Heilungsprozesses.
Aber wie trauert man nun „produktiv“?

Zusammengerollt im Bett liegend, oder doch lieber von den Gedanken abgelenkt vor dem Fernseher?
Das sind natürlich nur 2 Beispiele aber ich finde es sehr schwer für mich zu unterscheiden, ob ich nun ruminiere (also immer wieder in Erinnerungen schwelge und Situationen im Kopf durchspiele) oder ob ich einfach trauere.

Gedankenstopp funktioniert ja grundsätzlich, aber blockiere ich damit auch irgendwie die Trauer, die ja so wichtig ist?
Sicher muss da jeder seinen eigenen Weg finden, aber wie seht ihr das?

LG Felix

05.08.2023 08:16 • x 2 #1


R
Zitat von Felix_89:
Aber wie trauert man nun „produktiv“?

Diese Frage verursacht bei mir Kopfschütteln und kommt vermutlich von einem sehr kontrollierten Menschen, der sich gerne an Prozesse hält um ans Ziel zu kommen .

Irgendwo las ich mal den Satz 'Kreativität ist ein Prozess' bei dem Versuch Innovation zu fördern. Ne. Kreativität ist kein Prozess. Das passiert. Und selbst wenn einem Picasso erklärt wie er das machte, wird man noch lange nicht so.

Natürlich gibt es Phasen die man durchläuft, die wohl jeder kennt. Auch Gedankenstopp zur rechten Zeit kann helfen, aber ja natürlich blockiert das auch den Vorgang der Trauer. Tom2e hatte dazu letztens ein Thema, ihn hat es wieder eingeholt.

Die Sache ist die: es dauert so lange wie es dauert. Und Du kannst es nicht beschleunigen. Vielleicht etwas mehr verstehen.

Noch eine Sache: vielleicht lernt man im Laufe des Lebens was man alles aushält und dass man sich selbst vertrauen kann, dass man da wieder rausfindet. Aber dennoch beschleunigt es den Prozess nicht.

05.08.2023 08:39 • x 3 #2


A


Trauern, aber wie?

x 3


Felix_89
Zitat von rosenherz:
Diese Frage verursacht bei mir Kopfschütteln und kommt vermutlich von einem sehr kontrollierten Menschen, der sich gerne an Prozesse hält um ans ...

absolut, ja. Das bin ich. Aber ich kann diese innere Einstellung ja auch nicht einfach abschalten, weil ich jetzt Liebeskummer habe.

ich versuche immer wieder für mich herauszufinden an welchem Punkt der Trauerphase ich grade stehe und wie lange es noch dauern könnte…

05.08.2023 08:51 • x 3 #3


R
@Felix_89
Naja, schadet ja auch nicht mal drüber nachzudenken, hast schon recht. Dennoch führt das auch nicht ans Ziel.

Da gibt es sicher Bücher von viel schlaueren Menschen als mir, die das eingehend beleuchten. Andere propagieren Zeitspannen bei denen sie die Dauer der Beziehung zu Grunde legen... aber es kommt natürlich auf die Umstände an, welche Verletzungen stattgefunden haben. Und daran orientieren sich vermutlich die Phasen und die Dauer derer...

Ich denke wenn Du Dich an die gängigsten Tipps hältst, allen voran Selbstliebe und Ablenkung fährst Du recht gut.

05.08.2023 08:57 • x 1 #4


E
Hey ich wollte auch am liebsten einen Plan. Und theoretisch habe ich auch vieles darüber gelesen aber es gibt keinen Plan. Als ich das kapiert habe wurde es etwas besser. Ich lasse Gefühle wirklich zu. Das kann Leere sein, das können auch mal Tränen sein und sogar Freude. Bei Freude dachte ich immer das es endlich vorwärts ging. Als es mir dann wieder schlechter ging war ich enttäuscht...von mir... auch das ein fehler. Jetzt nutze ich dir gute Stimmung zum Kraft tanken.

Was NICHT hilft ist in der Vergangenheit zu schwelgen oder irgendwelche gedanklichen Theorien zu spinnen. Z.b. was wäre wenn, hab ich etwas falsch gemacht, war eine Situation von mir falsch etc.

Sowss bringt dich nicht weiter. Versuche im hier und jetzt zu sein... nicht in dem was war.
Und wenn du im hier und heute traurig bist dann lass es zu, Kein gefühlsstopp oder übergehen/ verdrängen der Gefühle. Wenn du heute ein Hoch hast Dann genieß auch das und wenn du mal 2 Tage vorm TV hängst dann ist auch Das ok.

Es wird vorbei gehen versprochen. Und wenn du an die Anfangszeit der trennung KURZ zurück denkst dann bist du bestimmt jetzt sogar schon weiter als damals.

Ich denke es hilft nur dir Zeit zu geben und alle Gefühle zuzulassen. Dann wird es besser werden.
Ja natürlich auch reflektieren was falsch lief aber für die Zukunft eben. Ich gehe aber von aus das hast du bereits getan.

Aber hör auf zu viel an eure Vergangenheit zu denken. Das hält dich beim Abschließen auf und du kannst die Vergangenheit auch nicht mehr ändern. Was IST zulassen, keine Gedankenkaruselle fahren, die Hoffnung das es nur besser werden kann nicht aufgeben und du bist auf einem guten Weg

05.08.2023 09:02 • x 4 #5


E-Claire
Trauer ist ein Teil vom Kummer, aber Kummer besteht nicht nur aus Trauer.

Kennst Du den Satz, das Gras wächst nicht schneller, nur weil man daran zieht?

So wirklich produktiv trauern kann man nicht, weil Trauer einfach ist. Die ist halt da. Was Du aber durchaus versuchen kannst, wäre, die verschiedenen negativen Gefühle in Dir, einzeln wahrzunehmen und denen, die Namen zu geben, die zu ihnen gehören.

Trennungen können kränken, da ist sehr oft verletzte Eitelkeit im Spiel. Das ist ein anderes Gefühl als Trauer.
Trennungen können frustrieren, weil oft genug beide noch mal versuchen das Ruder herum zu reißen und es dann trotz aller Anstrengungen nicht reich. Frustration ist auch nicht Trauer.
Trennungen können Angst machen, weil man zum einen vor unmittelbare Probleme wie Umzug etc gestellt wird und andererseits nach einer kürzeren oder langen Zeit erst mal wieder ne Runde ganz allein klar kommen muß. Angst ist auch nicht Trauer.
Trennungen können erschöpfen, weil man kurz vorher viel gibt, bangt oder mit der zunehmenden Unsicherheit klar kommen muß. Erschöpfung ist auch nicht Trauer.

Gegen verletzte Eitelkeit hilft Selbstwert stärken, bei Frustration hilft Sport und Kreativität, gegen Angst hilft Selbstwirksamkeit und bei Erschöpfung hilft sich Ausruhen.

Gegen Trauer hilft nur eins: Zeit. Was aber Sinn hat, Stall die anderen Gefühle nicht als Trauer wahrzunehmen sondern ihnen den Namen zu geben, der zu ihnen gehört.

05.08.2023 10:05 • x 5 #6


L
Zitat von Felix_89:
Zusammengerollt im Bett liegend, oder doch lieber von den Gedanken abgelenkt vor dem Fernseher?

Ich finde: Die Mischung machts. Auch bewusstes Spüren tat mir gut.

Alles darf, nichts muss.

05.08.2023 10:07 • x 1 #7


Kuddel7591
Trauer, Kummer - annehmen.
Trauer, Kummer - zulassen.

...sich NICHT dagegen sträuben, weil das - meine Erkenntnis - den Druck
erhöht/verstärkt/ggf. multipliziert!

Auf Kummer reagiert der Körper mit Stress
Negative Gefühle lassen nach, wenn man über sie spricht/schreibt

Ich glaube NICHT, dass es DAS Mittel (nichts zum Einnehmen), dass es
DIE Möglichkeit gibt, um mit Kummer/Trauer umzugehen,

05.08.2023 10:18 • x 2 #8


Felix_89
Wow, das sind wirklich viele tolle Antworten. Vielen Dank euch allen, dass ihr da so drauf eingegangen seid!

05.08.2023 10:22 • x 1 #9


Felix_89
@E-Claire
Zitat von E-Claire:
Gegen verletzte Eitelkeit hilft Selbstwert stärken, bei Frustration hilft Sport und Kreativität, gegen Angst hilft Selbstwirksamkeit und bei Erschöpfung hilft sich Ausruhen.


…eine Frage noch. In welche Gefühlskategorie gehört „Vermissen“? Die Person und eben die Zeit mit ihr…

05.08.2023 14:25 • #10


K
@rosenherz, aber sicher doch ist Kreativität ein Prozess, meine Erfahrung.Kreativität passiert nicht so einfach oder einfach so, sondern das ist harte Arbeit ! Spontanität passiert einfach so, Kreativität ist ein Prozess.
Ich würde sogar noch weiter gehen und behaupten, alles im Leben ist ein Prozess, auch wenn man es selbst nicht merkt oder wahrnimmt.
Felix_89 sucht nur unterstützenden Rat und hat nur Empfehlungen wiederholt.

05.08.2023 17:07 • x 1 #11


R
Zitat von Klugsch.r:
Kreativität passiert nicht so einfach oder einfach so, sondern das ist harte Arbeit !

Aber nicht so wie Menschen, die sich in Unternehmen Prozesse ausdenken, das vorstellen. Jetzt mach ich mal ne Projektfläche hier und nen Kickerkasten da... dann werden die schon kreativ... ne, ne. Vielleicht ist das eine Unterstützung, darauf lasse ich mich ein. Ich bin jeden Tag kreativ. Aber das ist kein geordneter Prozess, aber mit Sicherheit Arbeit. Es ist vielleicht ein Ablauf, aber ich denke das was Du hier ansprichst liegt rein an meiner und Deiner Interpretation von Prozess... Vermutlich ist also wichtig, dass ich das in Zusammenhang mit Unternehmensprozessen las.

Und der TE kam mir so vor als hätte er gerne ein optimiertes Flussdiagramm um möglichst schnell am Ziel ankommen. Verständlich wer hätte das nicht gerne... Aber wenn das einer hätte, wäre er Millionär.

Und das was der TE gefragt hat war ja nicht: hey, wie macht ihr das so? Sondern wie gestalte ich das maximal effizient. Er nannte es produktiv. Ihm ist also klar, dass er da durch muss. Würde es aber gerne planen, damit es maximal kurz dauert. Und genauso wie ich finde, dass man Kreativität nicht planen kann, kann man das auch leider nicht bei der Verarbeitung von Trennungen. Was ich hier gelesen habe, wurde ihm das auch gesagt: es dauert so lange es dauert und das ist bei jedem individuell.

05.08.2023 22:52 • #12


Schutzengel
Zitat von Felix_89:
weil ich jetzt Liebeskummer habe.

Zwischen Liebeskummer und Selbstmitleid liegt oft nur eine Haaresbreite.

Akzeptanz lautet für mich das Zauberwort. Und Los lassen.
Das Loslassen ist eine Kunst, die es zu studieren lohnt.

05.08.2023 23:04 • x 2 #13


Schutzengel
Zitat von rosenherz:
es dauert so lange es dauert und das ist bei jedem individuell.

Nein. Es ist eine Entscheidung.
Alles ander ist Abhängigkeit- von einem Umstand, den man nicht beeinflussen kann, der Gedanken dominiert und Emotionen produziert.
Diese eine Entscheidung ist recht einfach und doch das Schwierigste das ein jeder meistern muss.

05.08.2023 23:07 • x 2 #14


Scheol
Zitat von Felix_89:
Hallo zusammen, 3 Monate ist es bei mir jetzt her. In dieser, zumindest für mich gefühlt, langen Zeit, habe ich viele verschiedene Herangehensweisen und Ansätze gegen den Kummer kennengelernt. In einer Sache sind sich jedoch alle einig: Trauern ist ein wichtiger Bestandteil des Heilungsprozesses. Aber wie trauert ...

Es kommt darauf an wie man die Trennung wahrnimmt.

Welche Ressourcen ( Möglichkeiten) , Erfahrungen wir erlebt haben im Leben.

Wie hart war die Trennung für uns , wie schwer hat es uns getroffen.

Welche Veränderungen treten ein bei der Trennung , Ortswechsel, selbst eine neue Wohnung suchen oder schläft man plötzlich bei irgendjemand auf der Bank.

Nicht jede Trennung ist gleich . Ein Person geht gut damit um , eine andere erschlägt diese Trennungen es es verbleiben Spuren in der Seele ein lebenslang.

05.08.2023 23:16 • #15


A


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