Hallo ihr Lieben,
ich weiß noch nicht genau was ich mir hiervon erwarte, aber ich möchte mir einfach mal meinen Kummer von der Seele schreiben. Vor 1,5 Jahren habe ich im Urlaub einen Mann aus den Niederlanden kennengelernt. Wir haben Nummern getauscht und da er Verwandtschaft ganz in meiner Nähe hatte, hat er mich kurz darauf besucht. Auch wenn ich es mir anfangs eigentlich überhaupt nicht vorstellen konnte, eine Fernbeziehung über so eine Distanz zu haben hat es sich über die Zeit so entwickelt. Er war einfach so ein wundervoller Mensch und ich habe mich noch nie so geborgen und wohl mit einem Menschen gefühlt. Wir waren ca. ein Jahr zusammen und er meinte er kann sich vorstellen nächstes Jahr zu mir zu ziehen da wir beide nur eine Fernbeziehung für eine begrenzte Zeit wollten. Seine Mama war Deutsche, er ist zweisprachig aufgewachsen und für ihn wäre es somit leichter gewesen sich hier zu integrieren, als andersrum. So wirklich konkret hatten wir den Plan aber noch nicht gemacht. Das letzte mal als er mich besucht hat war zum Todestag seiner Mama. Er hat mich mit zu ihrem Grab genommen und mir danach seiner gesamten Verwandtschaft vorgestellt. Eine Woche später hat er mich angerufen und mir erzählt, dass ihm seine Firma ein super Jobangebot gemacht hat, das er unbedingt machen möchte und wir überlegen müssen, wie sich das auf unsere Beziehung auswirkt. Nicht nur, dass er nächstes Jahr nicht nach Deutschland ziehen könnte, im neuen Job ist es ihm auch nicht mehr möglich remote mal eine Woche aus Deutschland zu arbeiten, wir er es vorher oft gemacht hat. Ich habe ihm gesagt, dass das gerade natürlich heftige Neuigkeiten für mich sind, ich aber stolz auf ihn bin und ihn auch unterstützen möchte. Ich aber erstmal Zeit brauche, das ganze zu verdauen und mir Gedanken zu machen. Wir haben uns außerdem darauf geeinigt, das einfach alles besser mal persönlich zu bereden. Ab diesem Gespräch war er total komisch und abweisend zu mir und ich konnte das alles irgendwie gar nicht einordnen, da es zwar wirklich erstmal alles irgendwie aus der Bahn geworfen hat aber meiner Meinung nach kann man für alles eine Lösung finden und das war ja kein Weltuntergang. Die Option selbst in die Niederlanden zu ziehen ist zwar etwas, was man natürlich gut überlegen sollte, aber es gibt wirklich schlimmeres und grundsätzlich hätte ich es mir sehr gut vorstellen können. Ich wollte mir einfach nur etwas Zeit nehmen um darüber gründlich nachzudenken.
Er war dann leider erstmal mit Freunden im Urlaub, so dass wir erst nach ein paar Wochen die Möglichkeit hatten uns wieder persönlich zu sehen. In der Zeit hatte ich sehr viel Zeit mir Gedanken zu machen, ob die Option selbst umzuziehen für mich in Frage kommt und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich mir das sehr wohl vorstellen kann und fand die Vorstellung sogar ziemlich aufregend.
Kurz nachdem er zurück war, hat er mich besucht und noch am selben Abend mit mir Schluss gemacht. Dieses Gespräch wie wir gemeinsam eine Lösung für die Situation finden hat eigentlich gar nicht stattgefunden. Meine Argumente und die Tatsache dass ich eigentlich gerne zu ihm umziehen würde wollte er gar nicht wirklich hören. Ich muss zugeben, so wirklich viel konnte ich an dem Abend gar nicht sagen weil ich eigentlich nur geheult habe oder einfach nicht reden konnte weil ich wusste, dass ich dann in Tränen ausbreche. Für mich ist wirklich eine Welt zusammengebrochen in dem Moment und ich konnte es einfach absolut nicht nachvollziehen. Er war dann noch bis zum nächsten Nachmittag bei mir, weil erst dann sein Flieger zurück ging. Er hat irgendwann auf der Couch geschlafen und ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht. für mich war alles, was er gesagt hat irgendwie fadenscheinig und als er dann am nächsten Morgen wach wurde haben wir nochmal geredet, weil ich irgendwie nicht glauben konnte was er mir erzählt hat. In dem Gespräch hat sich dann herausgestellt, dass eigentlich der alleinige Grund für die Trennung eine Art Kindheitstrauma von ihm ist. Hier vielleicht noch etwas Kontext: Wie schon angesprochen war seine Mutter aus Deutschland und ist damals für ihren Mann ausgewandert. Dort hatten sie zwei Kinder. Der Vater hatte irgendwann einen Schlaganfall. Anscheinend hat er sich nach dem Schlaganfall komplett verändert, hat sich nicht mehr für die Kinder interessiert usw, woraufhin sich seine Eltern relativ bald scheiden ließen. Mein Exfreund hat auch bis heute noch keinen Kontakt mehr zum Vater oder der Familie des Vaters. Jedenfalls meinte er, dass es für ihn wahnsinnig schlimm war zu sehen wie alleine seine Mutter damals nach der Trennung war. Sie war quasi alleine in einem fremden Land, die Familie dort war weg und auch die meisten Freunde (die Großteils ursprünglich Freunde von ihm waren) haben sich von ihr abgewandt. Wegen der zwei Kinder konnte die Mutter natürlich nicht mehr so leicht zurück nach Deutschland und hat ihre guten Freunde aus Deutschland auch sehr selten sehen können. Er meinte, es war schrecklich für ihn zu sehen wie alleine sie dann dort war und er möchte mir nicht irgendwann das selbe antun. Er könnte nicht damit leben, wenn ich hier mein Leben für ihn aufgebe.
An dem Tag selbst dachte ich niemals daran, dass es wirklich endgültig vorbei ist. Dazu hat er sich danach noch viel zu lieb verhalten und man hat gemerkt dass es wirklich nichts damit zu tun hat, dass er keine Gefühle mehr für mich hätte. Ich habe ihm im Anschluss einen Brief geschrieben, in dem ich mir alles von der Seele geschrieben habe und versucht habe ihm zu erklären, dass es für mich eben nicht so ein Problem darstellt umzuziehen wie er sich das denkt. Ich finde es feige und irrational, eine Beziehung aufzugeben wegen irgendwelcher potenziellen Szenarien die in Zukunft mal auftreten. Ich bin mir sicher, wenn er noch die Möglichkeit hätte mit seiner Mutter darüber zu reden, hätte sie ihm auch nicht gesagt dass sie die Entscheidung bereut hat damals ins Nachbarland zu ziehen.
Am Ende hat er mir aber nur nochmal eine kurze Nachricht geschickt, dass sich nichts daran geändert hat und er nicht damit leben könnte, wenn ich wegen ihm umziehe. Wir haben irgendwann nochmal kurz telefoniert und ich habe ihm gesagt, dass ich möchte dass er sich nie mehr bei mir meldet weil ich ihn irgendwie vergessen muss. Das letzte Gespräch ist jetzt 5 Wochen her.
Ich habe mich so hilflos gefühlt, dass er über meinen Kopf hinweg eine Entscheidung für mich trifft, die eigentlich ich treffen sollte. Ich habe ihm auch vorgeschlagen eine Therapie zu machen, da er die Scheidung seiner Eltern nie verarbeitet hat. Er hat mir mal erzählt, dass er nie wieder mit seinen Eltern darüber gesprochen hat und es einfach totgeschwiegen wurde weil es alle zu sehr belastet hat.
Ich glaube die schlimmste Phase des Liebeskummers habe ich schon überstanden, ich konnte wirklich lange Zeit weder schlafen, essen noch wirklich arbeiten. Mittlerweile kann ich meinen Alltag schon wieder einigermaßen meistern und auch wieder Dinge unternehmen und auch mal lachen. Aber es holt mich doch immer wieder ein. Tief in mir habe ich irgendwie das Verlagen ihm doch nochmal zu schreiben um zu wissen wie es ihm geht und ob er immer noch hinter seiner Entscheidung steht. Ich glaube ich habe irgendwo noch einen Funken Hoffnung dass wir doch irgendwann nochmal zueinander finden weil für mich die Begründung einfach aus meiner Perspektive nicht rational ist und ich wahrscheinlich hoffe, dass er das irgendwann auch begreift. Deshalb habe ich wohl auch den Drang mir diese Bestätigung nochmal final irgendwo abzuholen mit ein wenig Abstand um dann auch ggf. komplett damit abschließen zu können. Andererseits möchte ich aber auch nicht die Schwäche zeigen und jetzt wieder bei ihm anzukommen, nachdem ich gesagt habe ich möchte keinen Kontakt mehr.
Ich weiß auch nicht was die beste Möglichkeit ist, darüber hinwegzukommen. Soll ich versuchen so wenig wie möglich daran zu denken und zu hoffen, dass ich ihn wirklich einfach irgendwann vergesse? Soll ich aktiv weiter trauern, um alles irgendwie zu verarbeiten (wie auch immer das gehen soll)?
Ich glaube auch rückblickend dass es nicht gesund sein kann ihn jetzt einfach aus dem Gedächtnis zu löschen. Die Chance ihm jemals auf der Straße irgendwo zu begegnen geht zwar gegen null und es wäre wohl das einfachste. Wenn ich jedoch eins aus der Sache gelernt habe ist es dass es nicht gut sein kann, so etwas einfach zu verdrängen.
Ich bin für jeden Ratschlag, Kommentar oder Hilfe dankbar 3
29.08.2022 20:15 •
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