Hallo ihr Lieben,
ich habe bisher viel in diesem Forum gelesen, war immer die stille Mitleserin, ihr habt mir durch eure Beiträge hier immer wieder Mut gemacht, aber dennoch gerate ich immer wieder an den selben schlimmen Punkt. Deswegen werde ich euch mal meine Geschichte erzählen. Sie wird sehr lang werden, aber ich würde mich dennoch freuen, wenn es den ein oder anderen hier gibt, der sich die Zeit nimmt alles durchzulesen. Ich weiß zwar nicht, was ich mir davon erhoffe, vielleicht muss ich alles einfach nur mal niederschreiben.
Kennengelernt haben wir uns Ende 2005 in der Schule, damals war ich noch 17 und er 18. Also quasi die 1. richtige Beziehung für uns Beide. Wie das in so jungem Alter nun mal war, 1,2 mal getroffen und zack war man zusammen. Das hat uns jedoch nicht geschadet, es hat einfach gepasst. Von da an hatten wir eine wunderschöne Beziehung, wir haben uns einfach super verstanden.
Nachdem er sein Studium abgeschlossen hab und ich in der Ausbildung war, zogen wir (nach 4 Jahren Beziehung) in unsere erste gemeinsame Wohnung. Auch hier verlief alles wunderbar, das Zusammenleben, einfach alles. Wir kauften uns 2 Katzen und lebten unser Leben... so kam dann 2013 der nächste Schritt, wir kauften uns ein Haus, bauten es komplett um, was natürlich auch viel Stress und Belastung bedeutete, aber zusammen haben wir alles gepackt.
So zur Hälfte unserer Beziehung bekam er plötzlich eine chronische Darmkrankheit, Colitis Ulcerosa, die aber lange Zeit nur in kurzen, weniger schweren Schüben auftrat. Lange Zeit hatte er immer wieder Ruhe und konnte gut damit leben.
Anfang 2016 aber erwischte ihn ein ganz schwerer Schub.
Es folgte ein 2 wöchiger Krankenhausaufenthalt und tägliche Cortisonmengen von 200mg (was sehr, sehr hoch ist). Es wurde und wurde nicht besser, eher schlechter. Die Ärzte wussten sich absolut keinen Rat mehr und er sollte damit beginnen Immunsupressiva einzunehmen (damit wird die Immunabwehr des eigenen Körpers unterdrückt, ein sehr übles Medikament, mit teilweise hohen Nebenwirkungen, man muss Sonne meiden, man sagt, dass Männer, die so ein Medikament einnehmen besser keine Kinder zeugen sollten etc.)
Hinzu kommt, dass er auf der Arbeit auch hohem Stress ausgesetzt ist, was die Verläufe der Schübe mit Sicherheit nicht besser gemacht hat. Nach 2 Wochen entließ er sich selber aus dem Krankenhaus, die Ärzte hielten ihn für verrückt, er konnte aber nicht mehr. Ich holte ihn ab, zu Hause angekommen bekam er einen absoluten Nervenzusammenbruch. Sowas hatte ich noch nie bei ihm erlebt. Er ist leider eine von den Personen, die alles in sich hineinfressen und nicht über ihre Gefühle reden (was mit Sicherheit im Nachhinein auch vieles kaputt gemacht hat), aber an dem Tag konnte er einfach nicht mehr.
Ich versuchte ihm Mut zu machen, dass wir alles hinkriegen, dass er nun zur Ruhe kommen muss usw. und siehe da, 2 Tage später hörten die Blutungen auf (ohne zusätzliche Medikamente). Es folgte kurz danach eine Darmspiegelung und die Entzündung war fast weg. Wir waren so froh. Dennoch musste er danach noch bis ca. Mai 2016 Cortison zu sich nehmen, weil man das erst langsam reduzieren darf. In der Zeit bis dahin ging es ihm körperlich wegen des Cortisons zusätzlich sehr schlecht. Er war aufgequollen, hatte am ganzen Körper teilweise sehr große, eitrige Pickel, ungeheure Schmerzen in den Gelenken, wovon er nachts sogar oft schrie, verlor seine Muskelmasse, die er sich über Jahre antrainiert hatte, weil er wegen der Medikamente keine Kraft mehr zum trainieren hatte usw. Es muss eine sehr schlimme Zeit für ihn (für mich natürlich auch) gewesen sein, aber auch hier wieder, er ließ sich kaum etwas anmerken....
Danach kamen im Laufe des Jahres immer wieder so komische Tage, wo er lustlos auf dem Sofa am Wochenende lag und unglücklich aussah. Ich fragte ihn immer wieder, ob alles in Ordnung sei, er antworte darauf immer ach ich weiß nicht, ich bin irgendwie unzufrieden, warum, das konnte er mir nicht beantworten (oder wollte es nicht?). Dann fragte ich ihn, ob er irgendwas unternehmen wolle, aber auch das wollte er nicht. Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht, dachte mir einfach ach das ist ja am Wochenende schon mal so, dass man Langeweile hat, alle Freunde wohnen inzwischen in anderen Städten, man sieht sich nicht jedes Wochenende und zu Hause vorm Fernseher ist es nun mal schon mal langweilig Außerdem schob ich diese Launen auch auf die schwere Zeit, die hinter ihm lag, auf den Stress im Job usw. Aber zu dem Zeitpunkt habe ich es leider nicht durchblickt, oder wollte es vielleicht auch nicht wahrhaben...
Irgendwann war es dann sogar so, dass wir abends am Esstisch saßen und er nur schweigend da saß, keine Lust hatte mit mir zu reden, einfach seine Ruhe haben wollte. Wenn ich irgendwas vom Alltag erzählte, klang er gelangweiligt und genervt. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ihm wurde anscheinend alles immer mehr zu viel. Wollte nur noch seine Ruhe, dabei habe ich NICHTS anders gemacht als die ganzen anderen Jahre zuvor. Außerdem litt er seit dem Schub auch unter massiven Schlafstörungen.
Es kam, wie es kommen musste. am 21. November 2016 saß er wieder betrübt auf dem Sofa. Ich hakte mal wieder nach, er fing an zu weinen und sagte mir, dass er so nicht mehr weiter machen kann, er keine Gefühle mehr für mich hat usw. Für mich ist eine absolute Welt zusammen gebrochen und ich bin noch an dem Abend zu meinen Eltern gezogen. Ich kann es teilweise immer noch nicht fassen, was passiert ist.
Ich habe ihn so oft gefragt, was ich falsch gemacht habe, er sagt, ich hätte nichts falsch gemacht, er weiß nicht, wie es dazu kommen konnte und das er nur weiß, dass alles mit dem schlimmen Schub angefangen hat. Mehrmals wiederholte er er möchte einfach nur noch raus da, aus seinem alten Leben, alles von sich abstreifen, hinter sich lassen, das Haus, mich .... ich habe so viel gegrübelt und plötzlich an das Thema Depressionen gedacht und dass Depressionen die Gefühle für den Partner von jetzt auf gleich zunichte machen können und dann die Schlafstörungen.... vielleicht suche ich aber auch nur nach einem Grund, um endlich damit abschließen zu können, weil er mir keinen Grund nennen kann. Ich weiß es nicht....
Ich bin vor kurzem noch einmal im Haus gewesen und habe dort 2 Bücher gefunden, sie behandelten Themen wie man das Leben neu erfinden kann, Lebensfallen meistert und wie man wieder glücklich wird und was mich absolut beunruhigt, es standen so viele leere Weinflaschen dort rum und sogar Whiskey. Er trank vorher nie Wein. Ich vermute, dass er abends seinen Schmerz betäubt oder trinkt, damit er besser schlafen kann. Vielleicht räumt er die Sachen aber einfach auch nur tagelang/wochenlang nicht weg, weil er unordentlich ist..... ich bin absolut in der Zwickmühle, habe ich Hirngespinste? Ist es meine Pflicht als einzig Wissende (wenn es denn so ist) vielleicht seine Mutter darüber zu informieren, damit sie auf ihn achtet? Wird er mich hassen, wenn ich einfach so etwas behaupte und es seiner Mutter sage? Hat es mich überhaupt noch etwas anzugehen? Ist er nicht alt genug seine Probleme selber in die Hand zu nehmen und seinen Mund aufzumachen, wenn er Probleme hat?
Hinzu kommt, dass er wohl momemtan wieder an einem Schub leidet, habe einen Zettel vom Arzt auf dem Tisch liegen sehen, er hatte wohl wieder eine Darmspiegelung hinter sich und nun vermutet der Arzt sogar eher Morbus Chron anstatt Colitis Ulcerosa.
Im Januar 2017 habe ich meinen Mietvertrag für meine neue Wohnung unterschrieben. Er hat mir nun 1 1/2 Monate fast täglich beim Renovieren geholfen, Bohren, Lampen anbringen usw (er hatte es angeboten und da ich sonst niemanden habe, der das kann (meine Freundinnen sind da sehr unbegabt) und für mich an 1. Stelle stand, dass ich mich in der Wohnung wohl fühlen muss, habe ich das Angebot angenommen). Er hat sich verhalten wie immer, keine Anzeichen von schlechter Stimmung oder sonst was. Nun frage ich mich, kann man Depressionen verdrängen/überspielen?
Er sagt, ich bin nach wie vor die wichtigste Person in seinem Leben, aber eben wie eine Schwester und er muss nun alleine sein.
Das Haus wird nun verkauft (hoffentlich möglichst bald). Er zieht dann in eine Wohnung.
Mir geht es nach den 3 Monaten noch kein bisschen besser. Mag vielleicht auch daran liegen, dass ich ihn immer noch gesehen habe... das lässt sich auch die nächsten Monate nicht komplett verhindern. Es müssen noch viele Dinge wegen des Hauses geklärt werden, Teile dort verkauft, rausgeholt werden usw. Ich denke ein kompletter Cut ist erst nach dem Hausverkauf möglich. Bis dahin muss ich das Beste daraus machen.
Ich habe zwar mittlerweile verstanden, was passiert ist, aber die Frage nach dem WIESO (wenn ich doch tatsächlich nicht der Grund dafür war) lässt mich einfach immer und immer wieder in ein Loch fallen. Ich unternehme viel mit Freunden, mache Sport, gehe ganz normal meinem Alltag nach, aber wie auch bei allen anderen hier, der Schmerz ist immer da, die Sehnsucht, einfach ALLES. Wenn ich morgens aufwache, der erste Gedanke an Ihn, immer. Und auch zwischendurch, immer und immer wieder. Und wenn ich mal nicht daran denke, dann habe ich dennoch ununterbrochen dieses komische Gefühl in mir, dass mich seit 3 Monaten nicht los lässt. Auch ich habe, wie viele andere hier Angst, nie mehr den richtigen zu finden, ich möchte nie mehr so verletzt werden, nie mehr so von heute auf morgen aus dem Leben gerissen werden. Da bleibe ich lieber alleine...
Habe unheimliche Angst, dass ich niemals Kinder haben werde, weil ich eben bis dahin nicht den Richtigen gefunden habe bzw es nicht zulassen kann jemand Neues in mein Herz zu lassen, weil immer noch mein Ex darin wohnt. Und ich weiß, dass das alles wahrscheinlich völliger Quatsch ist, ich los lassen muss, es keinen Sinn macht zu grübeln, das Leben wundervoll sein kann und bestimmt auch wieder wird, aber ich kann es nicht sehen! Ich bin einfach nur fertig und denke, dass ich unnormal bin, nach 3 Monaten nicht mal eine minimale Besserung, kann das möglich sein? Ach man, ich weiß nicht, wie man diesen Zustand mehrere Jahre aushalten kann. Und ja, ich weiß auch, dass es in meiner Hand liegt, wie schnell es besser wird. Aber so langsam fehlt mir echt die Kraft daran noch zu glauben......ich kann nicht mal mehr an eine Zeit denken, wo ER nicht in meinem Leben war, er war gefühlt immer da, weil wir so jung zusammen gekommen sind, deswegen ist es für mich so schwer...
Ich wünsche allen Mitleidenden dennoch einen möglichst angenehmen Tag. Irgendwie, Irgendwann werden wir das schon packen, hoffe ich...
Eure Pusteblume
20.02.2017 11:42 •
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