Trennung weil der Partner einen krank macht

Ilselotte
Unser Start war schwierig, ich verliebte mich schrecklich in ihn und verließ seinetwegen nach 13 Jahren einen Anderen. Ich gestand Ihm mein Verliebtsein, er reagierte verblüfft....und dann hatten wir Monatelang tollen S., rosarot und flauschig.
So richtig verliebt wirkte er anfangs nie, aber als das erste und sehr ernste (!) Liebesgeständnis nach vielen Monaten kam, da fühlte es sich großartig an, ich war so dermaßen glücklich. Er ist ein sehr ernster und nachdenklicher, schwermütiger Mensch. Dieses Liebesgeständnis hatte Gewicht für mich.
Er sagte, dass er an Depressionen leide.
Er ließ viele dates last minute platzen: akuter Schub von Depressionen.
Ich war so dermaßen verliebt, ich dachte, ich kann damit leben.
Nach zwei Jahren zogen wir zusammen, schon der Start war schlecht, aber diese Geschichte alleine würde schon Seiten füllen.

Und dann.....begann eine Zeit des Leidens.
Ruckzuck war klar, dass das keine Liebesbeziehung (mehr) war, sondern betreutes Wohnen.
Das Schlimmste war, dass er konsequent jede Hilfe verweigerte. Hilfe, was seine Depressionen angeht.
Ich bettelte, bat, nörgelte, schimpfte: er ging nicht zum Arzt. Und er verlor schlussendlich seinen Job deshalb, ich musste ohnmächtig zusehen. Der Arzt, den ich rief, schickte er weg. Und Zwangseinweisung? Ich machte mich schlau: Ein Mensch hat das absolute Recht, sein Leben zu vergeuden und schlafend und weinend im Bett zu liegen. solange keine Selbsttötungsabsichten vorliegen, passiert: nichts.

Partnerschaft fand eh nicht statt, er verbrachte die Wochenenden von Freitag bis Sonntag depressiv im Bett, unter der Woche zockte er. Wenn ich was wollte (ausgehen) wurde er schlagartig wieder krank und legte sich ins Bett.
Und S. gab es auch keinen mehr, er lehnte jede Annäherung freundlich aber sehr deutlich ab.
Was sollte ich denn tun?
Ich liebte ihn so sehr in seinen klaren Momenten, wenn er lächelte, das war wie der Sonnenaufgang für mich!
Und nein, ich habe kein mütterliches Helfersyndrom.
Aber die guten Momente wurden immer seltener.

Ich veränderte mich rasend schnell: schon eine abgepflückte Blume am Strassenrand oder mal ein freundliches Wort-und ich war halbwegs glücklich. Und derlei gab es vielleicht einmal im Monat. Als Ersatz für fehlende Zärtlichkeit und ein gemeinsames Leben. Brotkrumen, damit ich still hielt oder wenigstens nicht davon lief, so zynisch begann ich zu denken- und schämte mich dafür:
Zu mehr war er einfach nicht in der Lage.
Kein Gedanke an ausgehen, gute Gespräche und Teilnahme am leben da draußen....Die Wohnung verkam zu einer Gruft, er depressiv im Bett, ich alleine mit meiner Liebe und meiner Sorgen um ihn im Wohnzimmer.
Und dazu meine Lügengeschichten nach außen, denn natürlich erschien ich, wenn überhaupt, alleine auf Feiern oder bei der Familie.

In was hatte ich mich da bloß verrannt?
Seine Depressionen wurden schlimmer - und ich leider auch.
Ich vertraute ihm nicht mehr, fühlte mich langsam belogen und ausgenutzt.
Und das sagte ich auch lautstark. Woraufhin die völlige Verweigerung folgte: wochenlanges schweigen, liegend im Bett.
Und ich wieder: Scham und Schuldgefühle.

Hier ist die Geschichte zu Ende.
Die Geschichten hinter der Geschichte sind so abgrundtief traurig und schmerzhaft, die erzähle ich nicht einmal meinem Tagebuch.

Ich habe mit übermenschlicher Kraft die Trennung durchgezogen, das ist 6 Wochen her.
Er weinte so schrecklich, als er ging, sagte, er liebe mich über alles, nur diese blöde Krankheit würde alles zerstören.
Ich fragte, warum er nicht zum Arzt gegangen sei in all den Jahren: der kann mir nicht helfen.
Ich nickte schweigend und schloss die Türe.
In dieser Nacht hatte ich einen Nervenzusammenbruch, ich landete für ein paar Tage im Krankenhaus.
Nach der Entlassung kam ich auf die Warteliste für ambulante Psychotherapie. Aber das wird dauern bis zum Herbst.
Ich habe mir als Pflegerin mit Verzicht auf leben und gelebte Liebe einen schweren Knacks zugezogen, das ist eine schmerzhafte Wahrheit.

Ich gehe arbeiten, mir tut es wirklich gut, ein paar Stunden abgelenkt zu sein, auch, wenn die Qualität meiner Arbeit rasant abgenommen hat und mir ständig Tränen über das Gesicht laufen.
Aber der Feierabend und die Wochenenden, gerade jetzt im Mai die vielen verlängerten, das ist die Hölle pur.
Mir geht es erbärmlich schlecht.
Komplett leerer Akku, gebrochenes Herz und chronische Sorge um ihn.
Das sind einfach zu viele Belastungen auf einmal, das ist übermenschlich, was ich da tragen und verarbeiten und heilen soll.

Er schrieb vor zwei Wochen, dass, selbst wenn er gesund würde, es ein Abschied für immer sei.
Weil er nie garantieren könne, keinen Rückfall zu erleben, er wolle lieber alleine leben. Er lebe mit seinen Depris seit 12 Jahren, eine Partnerschaft wäre schön gewesen, aber das sei keiner Frau zuzumuten.
Dass er sich entschuldige für all das Leid, das er in mein Leben brachte.
Er wünsche mir das Beste, Adieu.
Und danach.....blieb der Bildschirm schwarz.
Ich bin raus, geblockt und gelöscht.

Ich liebe diesen Menschen über alles. Aber warum nur? Er gibt mir seit Jahren nichts ausser Sorgen und Schmerzen. Und trotzdem ist es so. Ich bin innerlich und äußerlich um 20 Jahre im Zeitraffer gealtert, das macht mir zusätzlich Kummer, meine Schönheit ist absolut dahin.
Ich rauche jetzt wieder und lebe sehr ungesund, aber ich habe keine Kraft, gut für mich zu sorgen.
Ich bin schon happy, wenn ich 4 Stunden am Stück schlafen kann, das ist Luxus pur- und das mit Schlafmitteln.
Ich versuche als Ablenkung zu lesen, aber ich lese eine Seite 15 Mal und weiss immer noch nicht, was da geschrieben steht. Am Ende schlafe ich ein, es ist keine normale Müdigkeit, es ist abgrundtiefe Erschöpfung, die mich in den Schlaf reisst.

Ich bin müde. Ich müsste jetzt kämpfen, damit ich lebe, aber ich bin so müde.
Ich habe doch alle Kraft- Reserven an seine Krankheit verpulvert.

05.06.2015 22:41 • #1


Bleeding
Liebe Ilselotte, ich bin regelrecht umgeblasen von Deiner Geschichte und möchte gern darauf antworten. Aber das muss ich erst sacken lassen, bevor ich was vernünftiges dazu schreiben kann.

Fühl Dich aber vorab schon mal fest gedrückt!

05.06.2015 22:56 • #2


A


Trennung weil der Partner einen krank macht

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cilli54
Hallo,

bist du sicher,dass er nur Depressionen hat? Warum nimmt er keine Hilfe in Anspruch?
Wenn es tatsächlich so ist,wie Du es beschreibst....dann löse Dich ganz schnell und kümmer Dich nur noch um Dich!
Mir erscheint es nur so,als wären es nicht nur Depression bei ihm.....

05.06.2015 23:17 • #3


S
Liebe Ilselotte,

mit Deinen Worten berührst Du mich tief, denn auch mir ging und geht es zum Teil noch so wie Dir, auch wenn meine Liebe des Lebens keine Depressionen hatte.

Es scheint so, dass diese Männer, die Liebe unseres Lebens, mit ihren Probemen, an etwas Freude zu finden, uns nahezu anstecken. Wir investieren viel an Energie, wir leiden mit und ganz leicht passiert es, dass auch wir mit der Zeit so ausgepowert sind, dass wir selbst kaum mehr Freude empfinden können.

Es wird lange dauern, bis man wieder zufrieden leben kann. Das ist auch mein Ziel. Eine Lektüre hat mir sehr gefallen. Es ist ein Buch, das nennt sich Der Weg aus giftigen Beziehungen. Es war eines der wenigen, das mir etwas mehr geholfen hat als andere.

Und darin gibt es auch einen Vergleich. Stell Dir vor, ein Körperteil von Dir muss amputiert werden. Es ist nicht mehr zu retten. Der Gedanke daran, dieses Teil von Dir zu verlieren, setzt Dir unerträglich zu. Du bist am Boden der Verzweiflung. Mach Dir klar, dass Dein ganzer Rest des Körpers zerstört werden würde, wenn Du Dich nicht von dem nicht mehr zu rettenden Teil trennst.
So verhält es sich auch mit Beziehungen. Deine große Liebe vergiftet Dich, auch jetzt noch. Rette das, was noch zu retten ist.

Auch wenn wir diese Menschen, denen wir unser Herz geschenkt haben, die wir vielleicht auch nicht mehr aus unserem Herzen nehmen können, nicht vergessen können, müssen wir versuchen, wieder für uns zu sorgen, gut zu uns zu sein.

Du kannst ihm nicht helfen, doch versuche, Dich auf Dich zu konzentrieren. Lies das Buch. Es ist mit Sicherheit kein Rezept, um schnell zu gesunden. Doch es hilft, im Kopf klarer zu werden.

Es wird eventuell ein langer Weg sein, bis Du Dich wieder erholt hast, doch ich hoffe, dass das Buch mit seinen Erklärungen ein Anfang für diesen Weg ist, wieder bei sich anzukommen.

Oh Gott, ich verstehe Dich einfach zu gut und fühle mit Dir.

06.06.2015 13:06 • #4


Bleeding
Ich versuche jetzt mal, eine vernünftige Antwort zu formulieren, auch wenn mir Deine Geschichte echt unter die Haut geht und ich nicht weiß, ob ich die richtigen Worte finde.

Zunächst einmal ist es absolut hart, dass Du einen derart hilfsresistenten Mann so lange betüddelt hast. Die Tatsache, dass er Deine Unterstützung, das betreute Wohnen, wie Du es ganz richtig bezeichnest, in vollen Zügen genossen hat, aber keinen Wunsch hegt, seine Situation zu verändern, zeigt eigentlich, dass er entweder keine Depressionen hat oder dass er zwar eine Form von Depressionen hat, dazu aber ein viel größeres Problem, für das ich den Fachbegriff nicht kenne.

Wenn einer sich in seinem (teils selbst erschaffenen) Elend suhlt und nach allen Regeln der Kunst leidet, dann darf das mal für 1-2 Wochen so sein, wenn man durch ein konkretes Erlebnis so runtergezogen wurde, dass man erst mal bewusst trauern und leiden muss. Völlig legitim, halte ich sogar für gesund. Aber jahrelang, ein Leben lang? Da erschafft jemand künstliche Notlagen, um Aufmerksamkeit und Hilfe und Mitleid zu erfahren. Die Aufmerksamkeit, die er dann erhält, tut ihm so gut, dass er nicht mehr darauf verzichten will.

Wehrst Du Dich dagegen, sagst ihm die Meinung, kriegst Du die Quittung umgehend: Er leidet noch mehr (auch wenn das kaum noch vorstellbar ist), verkriecht sich wochenlang ins Bett und bestraft Dich damit. Du versackst immer tiefer in diesem Sumpf. Im Grunde ist es wie mit trotzigen Kleinkindern: Verbietest Du etwas, machen sie es erst recht!

Ganz ehrlich, dass dieser Typ aus Deinem Leben verschwunden ist, ist das Beste, was Dir passieren konnte! Jaja, ich weiß, solche Sprüche hörst Du jetzt am laufenden Band und sie hängen Dir zu den Ohren raus. Ist bei mir das gleiche. Alle sagen mir, ich könnte froh sein und auch stolz, dass ich diesen Kerl verlassen habe (auch wenn er darauf besteht, dass ER mich verlassen hat, aber im Grunde weiß er wie es wirklich war). Dass die Zeit alle Wunden heilt. Blablabla. Das empfinden wir zur Zeit nicht so und können uns auch nicht vorstellen, dass es jemals wieder besser werden könnte. Als hätte in dem Moment unseres größten Kummers und unserer unerträglichsten Trauer jemand auf Pause gedrückt und wir verharren in dieser Situation. Stand-By auf unbestimmte Zeit.

Trotzdem... egal wie alt Du bist, egal was Du hinter Dir und vor allem noch VOR Dir hast - es lohnt sich, dafür zu kämpfen und sich auf eine Zeit zu freuen, in der der Schmerz in den Hintergrund rückt. Langsam und fast unbemerkt. Echte gute Laune kommt phasenweise und ebenfalls beinah unbemerkt. Irgendwann stellst Du fest, dass Du gut zurecht kommst, dass es Dinge gibt, auf die Dich freust, dass Du aus diesem unendlich tiefen Loch langsam zurück ans Tageslicht kletterst und schon ein ganz großes Stück Weg geschafft hast.

Bitte glaub daran und laß es zu!

Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft!

07.06.2015 11:10 • #5




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