Unmögliche Liebe

Hi allerseits,

ich habe mich hier angemeldet, weil ich Austausch brauche.

Meine Geschichte ist kompliziert: Seit 2009 arbeitete ich mit jemandem zusammen, das allermeiste lief per Mail.

Das erste Mal habe ich ihn 2011 gesehen und ich wusste im Bruchteil einer Sekunde, dass das einschlägt (habe daraufhin auch sofort eine wirklich freundliche Einladung zu ihm nach Hause abgeschlagen – er wollte mir seine Gegend zeigen… - ich dachte, dieser Mann ist gefährlich für mich).

Danach haben wir so weitergearbeitet wie bisher, neben dem Beruflichen sprachen wir zunehmend auch sehr oft über Persönliches.
2012 habe ich ihn ob gemeinsamem Projekt wiedergesehen und es war beiderseits Anziehung pur (ich erkannte es an Blicken, daran, dass wir unsere nebeneinander liegenden Arme beim Abendessen nicht voneinander trennen konnten, und er ging beinahe ohne Abschied, sagte nachher, er hätte nicht gewusst, wie er mich umarmen soll). Bei diesem Treffen erfuhr ich, dass er nach 2 Jahren Trennung die Woche darauf wieder zurückzieht, dass es aber nicht ideal sei…

Die nächsten Monate intensivierte sich der persönliche Austausch noch ums X-fache, wir redeten über fast alles, bis es im November zu einem echten Treffen kam.

Ich hatte ihm gestanden, dass er mir gefällt. Dann zog ich zurück und wollte doch nicht hinfliegen, er insistierte jedoch und so fand es schließlich statt. Es ist sicherlich auch meine Verantwortung, aber ich war bereits auf Wolke 700. Die Begegnung im Drittland war zuerst ein Traum, so etwas habe ich nicht mal mit 17 erlebt. Umarmt und händchenhaltend durch die Straßen, er total fürsorglich, warmherzig, liebevoll. Bis er am zweiten Tag in meinem Zimmer auftauchte, es gab eine innige Umarmung wie niemals zuvor in meinem Leben. Als er ob meines Gestammels jedoch merkte, dass es mir Ernst war, rannte er schließlich aus meinem Armen davon…

Er ist 61 und lebt in einem unmöglichen Land, ich bin 51 und lebe in Europa (muss jetzt für ein Jahr in ein anderes Land, was mir meine Lage erschwert – ich würde eigentlich jetzt gerne eine Therapie machen, um diese Geschichte zu bearbeiten, aber es wird mir unmöglich sein ob Sprache).

Er hat durch die Umstände seines Lebens kein Geld, wenn ich das richtig verstanden habe, und sprach davon, dass er sich in der Pension keine eigene Wohnung leisten könnte. Er hat reale Existenzängste. So ist die Rückkehr zu seiner Ex mehrfach bedingt: er kann nicht alleine sein (sehr seltsam war für mich, dass er sich während seiner Trennung scheinbar eingebildet hat, mit einer 25-jährigen was aufbauen zu können…, er beklagte sich, dass er sie nur einmal im Monat sah und ihm das zu wenig war – das ist einer der wenigen Punkte, die mir überhaupt nicht gefallen haben an ihm), sie bietet ihm ein Haus (das ihr gehört) und es passt in sein soziales Umfeld (seine Kinder aus erster Ehe hat sie offensichtlich mit aufgezogen und sie mögen sie). Aber er ist nicht so ganz glücklich damit, wie er mir sagte. Ich kann kaum in sein Land, ich würde dort vermutlich nicht akzeptiert werden…

Wir haben es geschafft, unser Projekt nach diesem (für mich bereits sehr schmerzhaften) Intermezzo in den nächsten 4-5 Monaten durchzuziehen und uns weiter sehr liebevoll geschrieben. Er setzte auf Freundschaft, war ganz betroffen, als ich am Ende des Projekts meinte, dass ich nicht weiß, wie es jetzt weitergehen soll, und er verstand nicht, warum damit die Freundschaft enden sollte…

Für mich wurde es aber immer schwieriger, vor allem diese Warterei auf Mails, auf Nachrichten, diese Sehnsucht, diese tolle Umarmung vom November fortsetzen zu können, ihn reden zu hören, von seinem Leben zu wissen etc. Ich geriet von Januar bis März 2013 mehr und mehr in eine Art Spirale: es ging 4-5 Wochen gut, dann platzte ich immer wieder und schickte schon mal wütende Mails. Er war in dieser Zeit immer sehr sehr geduldig und verständig mit mir.

Im April kam es dann zu einer erneuten Wende: ich musste in sein Land fahren und als ich ihm das gestand, war irgendwie ein kleiner Paradigmenwechsel im Gange. Er wurde plötzlich leicht eifersüchtig, dass ich beruflich eingeladen war und er nicht – es dauerte 4 Tage, bis sich das beruhigt hatte. Als ich dann aber nach Flurbereinigung noch mal emotional wurde, kam es flix flox zu einem „schreib mir nicht mehr“.
Meine Interpretation ist, dass er ab hier noch verstärkter Angst hatte (denn Angst bei ihm war konstant da: Angst, sich das finanziell und vom Umfeld her nicht leisten zu können; Angst, sich darauf einzulassen; er hatte sogar Angst vor seiner Libido, dass diese nicht ausreichen würde…, vor seinem Alter…). Klarerweise war ich während dieser Reise in seinen Kreisen. Für mich war es ab hier Horror pur – ich habe emotional sehr gelitten.

Kaum war ich retour, war er Anfang Mai wieder im Mail-Kasten mit seinen Umarmungen, aber der bittere Geschmack der Wochen davor, dass er kein Treffen zugelassen hatte, dass kein Gespräch unter vier Augen möglich war - das hat mich endgültig fertig gemacht, so dass ich mich nach einem weiteren Anfall ob Eifersucht (beruflicher Art) Ende Mai in Distanz zurückzog. Ich musste aus dieser Spirale raus, dass ich andauernd wütend und verletzend werde, weil ich nicht bekomme, was ich will. Eine Forderung, die wohl auch vermessen – man kann niemand zu etwas zwingen, auch nicht zur großen Liebe.

Er hat mir dann noch gewünscht, dass ich meinen persönlichen Friede finden soll, und dass er keinen Konflikt mit mir hätte, aber es vorziehen würde, in den nächsten Zeiten keine persönliche Korrespondenz zu entwickeln. Ich muss hier anführen, dass er eigentlich immer fair war und nicht davon sprach, dass er sein Leben ändern wollte. Ich jedoch war über“frau“t (übermannt) von meinen enormen Gefühlen für ihn.
Wir haben eine wahnsinnige Nähe zueinander, sowohl fachlich als auch persönlich. Für mich war und ist er das Non-Plus-Ultra, wobei ich teilweise auch fürchte, dass die viele Virtualität eine Projektionsfläche für meine eigenen unerfüllten Wünsche sein kann. Aber ich habe ihn ja real gespürt, es kann also nicht alles meine Erfindung sein. Er hat sich rührend um mich gekümmert und war immer mit Rat und Tat an meiner Seite, wenn ich was erzählte. Er hat versucht, mein Freund zu sein.

Was ich mir nun vorwerfe: ich habe es nicht geschafft, ihm das ebenbürtig zurückzugeben. Stattdessen habe ich ihn einige Male regelrecht verbal verprügelt in Anfällen der absoluten Verzweiflung. Kindisch, dumm, lächerlich – nicht dem Wert dieser Beziehung entsprechend. Ich kann mir das nicht verzeihen.

Mit etwas Abstand muss ich sagen, dass in mir alles wie dieser in den Ratschlägen ob Trennungsschmerz zitierte See war, in den man nicht einen, sondern viele Steine hineingeworfen hatte und alles trüb ist. Ich konnte überhaupt nicht mehr klar denken, ich habe nur noch wild um mich geschlagen, weil ich es a) nicht aushielt, b) nichts möglich war außer Mails, c) ich ihn nicht verlieren wollte und gleichzeitig in enormer Spannung lebte.

Er setzt jetzt irgendwie auf distanzierte berufliche Freundschaft. Es gab vor drei Wochen ein Mail von ihm, er ist sehr knapp nun, ein Satz zu unserem Projekt, das gerade fertig wird, dass er sich freut, dass ich mich besser fühle, nur noch Grüsse.

Ich möchte es irgendwie schaffen, zumindest diese Seite zu erhalten. Nicht nur als Mensch, auch beruflich ist er sehr wichtig für mich – ich möchte den intellektuellen Austausch mit ihm nicht komplett verlieren.
Er ist sehr intelligent, ich kann ihm sicher nichts vorspielen.

Was für mich unter dem Strich bleibt, ist, dass ich mir meine „große Liebe“ abschminken kann – es besteht kaum eine reale Möglichkeit.

Wie kann ich es schaffen, dass er mich schmerzfrei erlebt und neues Vertrauen aufbauen, so dass der Kontakt nicht abbricht, aber es auch zu keinen Verletzungen mehr kommt…

Viel zu sagen gibt es nicht, denn du selbst hast dir die meisten Fragezeichen beantwortet.

Es ist kaum möglich nahtlos in eine Freundschaft überzugehen.

Ich rate dir erst zu heilen, dann wirst du immer noch sehen ob du zu einer intelligenten freundschaftlichen Kommunikation in der Lage bist.
Wenn nicht ist das so. Dann heilt die Zeit.

Du bist noch viel zu anfällig für ihn.
Kontaktsperre.
Er wird es verstehen.

ich hoffe dass das mit ende des Projektes möglich ist. Wenn nicht, dauert es noch lange.

Danke, Sanin...

Es ist nicht erbaulich, was Du schreibst...

Es ist auch so, dass ich seine kritische Meinung beruflich brauchen würde... ich möchte, dass das wieder und weiter möglich ist - es gibt niemand, der sich fachlich so gut auf unserem Gebiet auskennt und dem ich gleichzeitig so vertraue.

Was ich überhaupt nicht weiß - er ist ein MANN... - das ist, wie es eigentlich IHM mit alledem geht. Er äußerst sich dazu nicht, hat er nie getan.

Dazu kommt noch, dass ich eigentlich selbst noch in einer anderen Geschichte stecke, die aber angesichts dieser Liebe sehr im Schatten steht und niemals herankommt. Aber das ist schon fast ein Seitenthema - ich werde jetzt ein Jahr auch dazu sehr viel Abstand haben und in einem Jahr dann sehen...

Es ändert wohl kaum etwas daran, dass ich meine große, unmögliche Liebe kaum werde vergessen können. Da es so gar keine echte Abarbeitung geben kann, ist die Gefahr der Verklärung sehr groß. Ich habe keine Chance, irgend etwas an ihm schlecht zu reden.

Ich wünschte manchmal, dass mir das nie passiert wäre. Es kam alles so schleichend - ich hatte keine Chance, dem echt auszuweichen. Manchmal weiß ich nicht, wie ich damit überhaupt weitergehen kann...

Zitat von fetzenfisch:

Was für mich unter dem Strich bleibt, ist, dass ich mir meine „große Liebe“ abschminken kann – es besteht kaum eine reale Möglichkeit.

Wie kann ich es schaffen, dass er mich schmerzfrei erlebt und neues Vertrauen aufbauen, so dass der Kontakt nicht abbricht, aber es auch zu keinen Verletzungen mehr kommt…

willkommen

indem du ihm seine freiheit läßt kannst du es schaffen. er hängt in seinen ängsten fest und du auch.
beide könnt ihr nicht loslassen - so wird das nichts.

du kannst lernen deine angst zu überwinden und ihn dann erstmal komplett als deinen idealisierten partner loslassen, nur dann kann es möglich sein ihn als freund zu akzeptieren.

er hat sich entschieden als materiellen gründen da zu sein und zu bleiben wo er ist. das muss du annehmen lernen wenn du weiter kontakt halten willst.
durch ihn bekommst du die chance deine ängste zu bearbeiten, du spürst deine wunden punkte.

alles gute!

danke Alena...

Kann es überhaupt möglich sein, dass er diese Freundschaft nochmals zulässt oder habe ich ihn mit meinen Anfällen endgültig verkrault?

Soll ich einfach mal monatelang schweigen, ihm auch die neue Mail-Adresse erst gar nicht schicken... ich bin ja in 2 Wochen anderswo...

Kann ich ihn nach Monaten bitten, das Manuskript anzusehen... das erscheint mir lächerlich meinerseits...

Und mich würde auch interessieren, wie ein MANN diese Geschichte liest. Ich habe noch nie einen Mann kennen gelernt, der freiweillig auf S. verzichtet hat und davongerannt ist. Allerdings war es besser so - ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn ich das auch noch gespürt hätte. Bin froh, dass das nicht passiert ist.

Aber wie verkraftet er selbst diese Situation?

Ist er einfach rational überlegen und beherrscht sich?

Ich nehme mal an, es geht ihm damit besser als mir selbst.

ja, er verkraftet es besser weil er in der materiellen welt geblieben ist,
deshalb keine intimität.
du bist in die feinstoffliche, emotionale welt gegangen.

du kannst ihm doch schreiben, dass du jetzt erstmal abstand zu deinen gefühlen brauchst, sofern es dir möglich ist auf die freundschaftsschiene zu gehen, meldest du dich wieder. wann das sein wird kannst du jetzt noch nicht wissen. dann kannst du ihm ja mit der neuen mail-addi konfrontieren.

ob du das schaffen kannst liegt an dir, ob du es schaffen willst.
einfach ist das nicht, aber nicht unmöglich.

danke, Alena...

Wenn Du von feinstofflich schreibst, dann nehme ich an, dass Du Dich mit Dualseelen beschäftigt hast.

Da habe ich zumindest gelernt, dass ich mehr in das Männliche muss (Ratio), bei ihm ginge es nur, wenn er das Weibliche (Emotion) stärker zulassen würde (was ich bezweifle, weil er sich ja existenzgefährdet fühlt, ein irres Risiko auf sich nehmen würde, wenn ich ihn sein Land ziehen würde, und er nicht in meines kommen wird, weil er für seines sein ganzes Leben eingesetzt hat...).

Ansonsten verfolge ich das mit den Dualseelen nicht weiter, weil es mir wie eine Ausrede erscheint, dass etwas doch noch möglich wird, was einfach so gut wie unmöglich.

Nun, es ist mir nicht klar, wie ich dieses brennende Gefühl endlich niederbügele - es ist fast nicht umzubringen, obwohl ich seit Wochen wirklich schon alles versuche (Fernreisen, Sport, Meditation, Arbeit..., ja nicht mal Dinge, die mir ansonsten Angst machen wie Motorradfahren haben geholfen).

Aber ICH WILL ES SCHAFFEN, weil mir der Kontakt zu wertvoll.

Ich muss ebenso in eine RATIO gelangen wie er.

Zitat von fetzenfisch:

Aber ICH WILL ES SCHAFFEN, weil mir der Kontakt zu wertvoll.

Ich muss ebenso in eine RATIO gelangen wie er.

wenn dein gedanke : ich will es schaffen ... auch in deinem herzen ankommt
hast du verstand mit deinem herzen verbunden.

wer den weg seines herzens gehen will, läßt die stimme seines herzens im kopf ankommen.

PS: ich konnte mit meinen beiden langjährigen partnern in freundschaft verbunden bleiben. der unterschied zwischen dir und mir ist, ich konnte mit diesen partnern meine themen leben, du nicht.

hmm... das ist wohl ein nicht zu vernachlässigender Punkt: ich werde niemals etwas ausleben können. Damit muss man zurecht kommen.

Ich versuche immer, mir vorzustellen, dass es davor (sagen wir vor der Begegnung im Sommer 2012) ja auch ging. Davor bin ich ja auch nicht halb gestorben vor Sehnsucht.

Es ist nur kurios, dass es bereits ab Sommer 2012 für mich völlig klar war, dass ich ihn endlos vermissen werde, wenn das Projekt zu Ende geht. Hätte ich schneller auf RATIO schalten können, dann würde ich heute nicht hier in diesem Forum schreiben - er hat mir monatelang die Hand hingehalten und war meinen Attacken gegenüber sehr sehr verständig und großzügig, eigentlich unglaublich. Jeder andere Mensch hätte einfach den Kontakt abgebrochen... er nicht.

Ich muss es irgendwie schaffen, diese verdammten Gefühle und Sehnsüchte zu killen.

Warum gibt´s eigentlich den Chat nicht mehr?

War mal vor mehr als 10 Jahren hier... da gab es einen Chat... das war gut für Akutes... Schade, dass es das nicht mehr gibt.

keine Ahnung, der chat wurde leider irgendwann gecancelt. Ich glaube es gibt eine dürftige Erklärung irgendwo dazu.

ich finde es sehr sehr schade.

Eine Wende in dieser Geschichte? Zum einen ist der Kontakt nie abgerissen, wenn auch nicht mehr so innig, wie dies vor einem Jahr war.

Gestern hat er erwähnt, dass er gerade auszieht in eine Wohnung alleine... Ich habe ihm alles Gute und Kraft gewünscht.

Seither traue ich mich nicht mehr, die Mailbox zu öffnen.

Ich darf jetzt nicht in Hoffnungen zurückfallen und tue es doch.