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Was bleibt ist der Mangel

S
Hallo zusammen,

ich habe mich vor einer Woche aus einer unglücklichen Beziehung gelöst - und was bleibt, ist ein Mangel. In dieser 1,5jährigen Beziehung habe ich immer auf mehr gehofft, als ich bekommen habe. Ich habe meine Bedürfnisse ständig hintenan gestellt und bin von Forderungen zurückgetreten, habe meine Erwartungen Stück für Stück auf null runtergeschraubt. Ich bin so weit gegangen, dass ich versucht habe mich mit ihm zu treffen, obwohl er mich nicht mehr liebte. Ich habe gekämpft und alles gegeben. Nun habe ich aufgrund der fehlenden Liebe seinerseits das ganze beendet. Eigentlich ein Grund zum Feiern. Endlich kann es besser werden! Aber ich fühle mich gar nicht erleichtert. Ich vermisse ihn und mein dummes unverständiges Herz hängt an ihm. Ich wollte nur froh sein und bin nun immer noch unglücklich. Mir fällt es so schwer, mir ein neues Ziel zu suchen, weil mir schon so viel in dieser Beziehung gefehlt hat, dass mir sowohl das, was mir mit ihm gefehlt hat fehlt, als auch mein Ex in persona. Es ist zum Verrückwerden.

Ich möchte mich nie wieder so verbiegen und bin erschrocken darüber, wie weit ich gegangen bin, weil ich diesen Mann so klasse fand. Darüber hinaus kommen jetzt die Erinnerungen an die Trennung vom Vater meiner Tochter vor drei Jahren wieder hoch und die Erinnerung daran, dass ich in dieser Beziehung ebenfalls zu viel gegeben habe.

10.12.2019 12:05 • x 7 #1


K
Zitat:
Ich vermisse ihn und mein dummes unverständiges Herz hängt an ihm

Das sehe ich anders. Du vermisst nicht IHN, sondern du vermisst den Menschen, zu dem du ihn durch Wünsche, Sehnsüchte, Hoffnungen und Projektionen GEMACHT hast. Zu Anfang einer Beziehung ist es ja grundsätzlich so, dass man sich für den jeweils anderen schön macht. Man zeigt seine Schokoladenseiten und man sieht auch am anderen erst einmal genau diese Schokoseiten. Das ist normal, das ist gut so.

Am Ende der Hormonphase bröckelt die Schokolade ab und es wird einiges sichtbar, das ungenießbar ist. Das möchte man natürlich nicht, also rechnet man sich das, was an Schönem übrig bleibt, hoch und kompensiert damit das, was schwer genießbar ist. Wenn man dabei realistisch bleibt, im Gespräch bleibt und seine eigenen Wünsche und Vorstellungen einerseits kommuniziert und andererseits anpasst, kann eine Liebe draus werden.

Was aber eine kurze Halbwertzeit hat, ist der Versuch, den anderen trotz immer sichtbarer werdender Störungen gesund zu lieben oder schön zu lieben. Da werden die unangenehmen Anteile ausgeblendet, verdrängt oder durch Projektionen und Wünsche ersetzt.

Was du also vermisst, ist nicht der Mensch, als der er sich seit einiger Zeit offenbart hat, sondern der, den du dir durch Projektionen erschaffen hast. Du sagst selber, dass es eine unglückliche Beziehung war und dass er dich nicht mehr geliebt hat. Und es ist gut für dich, das du das früh genug entdeckt hast. Sichtbar werden die ersten Störungen meist nach etwa einem halben Jahr. Dann beginnen entweder beide, aus dem, was sie haben, eine LIEBE zu machen und dabei in großer emotionaler Nähe immer wieder Störungen zu verarbeiten oder sie beginnen auszuhalten, so wie du es getan hast. Aushalten, hoffen, wünschen und projizieren. Dann kann es ein Jahr werde oder eineinhalb. Nach spätestens zwei Jahren trennt man sich dann und das ist gut so.

Das alles weißt du längst. Aber du möchtest es nicht so gern in seiner ganzen schmerzhaften Klarheit sehen. Ich rate dazu, es dir ganz offen anzuschauen, nichts zu verdrängen und das, was zwischen euch gut war, als schönen Teil deiner Geschichte anzusehen. Das, was nicht gut war, gehört auch dazu, aber es hat eben dazu geführt, dass du nun wieder frei bist. Und daraus kannst du nun wieder selber etwas Neues gewinnen.

10.12.2019 14:42 • x 8 #2


A


Was bleibt ist der Mangel

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S
Ja, du hast natürlich Recht und das weiß ich auch. Projektionen zu lieben, klingt nur nicht besonders poetisch und es fühlt sich ja auch nicht so an. Ich weiß, dass ich das Potential, welches ich in unserer Verbindung gesehen habe, vermisse und nicht das, was wir tatsächlich miteinander hatten. Aber auch das bisschen, was wir hatten, vermisse ich natürlich. Ich wollte mich schützen und nicht so leiden und habe dabei nicht gemerkt, dass ich auf dem Holzweg bin.

10.12.2019 15:03 • #3


G
Guten Tag,
was Dir tatsächlich bleibt ist die Gewissheit das es nichts bringt gegen eigene Prinzipien zu leben bzw. das Gefühl des Scheiterns zu unterdrücken oder zu ignorieren...
Und das *schon* nach 1,5 Jahren. Andere leben so 20 Jahre, stell Dir vor wie es ist Dir mit 56 sagen zu müssen : ..was jetzt passiert ist hast Du mit 36 schon kommen sehen..(gewusst..)..
Insofern, Kopf hoch...es wird besser und letztendlich :
Glückwunsch zum rechtzeitigen Absprung.
Alles Liebe und Gute Dir.

10.12.2019 16:43 • x 2 #4


isaSchreibt
Mhm mir stellt sich eher die Frage ob er dir denn gesagt hat, dass er dich nicht mehr liebt. Oder hast du das anhand von fehlender Kommunikation und Liebesbekundungen seinerseits so aufgenommen ?

10.12.2019 16:49 • #5


S
Hallo, ich danke euch allen!

Ja, er hat mir vor einigen Wochen gesagt, dass er mich nicht mehr liebt und das passte dann auch in das Bild und zu dem Gefühl, das ich hatte. Ich weiß auch nicht mehr genau, was wann gesagt wurde. Zum Absprung brauchte ich jedenfalls noch einmal die endgültige Bestätigung, dass er wirklich keine Liebe mehr für mich empfindet. Er hat immer gesagt, er hätte Gefühle (womit ich nicht viel anfangen konnte). Ich habe irgendwie keine Gefühle für Menschen, die ich mal geliebt habe. Entweder ich liebe und will jemanden oder ich mag jemanden und will ihn nicht oder ich mag ihn nicht und will ihn nicht.
Er hat auch noch einmal gesagt, dass die er die Liebe nicht auf Knopfdruck herstellen könne. Ich denke, er hat nicht verstanden, dass ich nur eine klare Ansage von ihm wollte. Ich wollte nicht hören, dass er mich liebt. Ich wollte Klarheit. Die habe ich jetzt.

10.12.2019 17:04 • #6


isaSchreibt
Mhm ok, ja das kenne ich.
Das stochern um der Klarheit willen, einfach um Gewissheit zu haben. Vielen fällt es wohl schwer offen und ehrlich über ihre Gefühle zu reden und seinen Partner nicht unnötig lange unter Strom zu halten. Wenn sie es tuen, hat man zwar dann die Gewissheit aber der Schmerz bleibt trotzdem.

Ich wünsche dir alles gute und viel Kraft, die ganze Sache zu verarbeiten und den Blick nach vorne zu behalten

10.12.2019 17:14 • x 1 #7


E
Zitat von Sophie_84:
In dieser 1,5jährigen Beziehung habe ich immer auf mehr gehofft, als ich bekommen habe.


What you get is what you see!

So und nicht anders funktioniert das Leben, ich gebe Dir auch ein Beispiel:

Du lernst einen Mann kennen, er sagt zu Dir, er sei sehr wohlhabend und wohne in einem großen Schloß.

Du glaubst ihm das natürlich, weil seine Kleidung teuer aussieht und er einen Porsche fährt.

Als Du ihn zum ersten Mal besuchen kommst, befindet sich die Adresse jedoch in einem sozialen Brennpunkt. Das Schloß ist in Wahrheit ein Wohnblock, eine Sozialwohnung in einem nach Urin stinkenden Treppenhaus und der Reichtum ist in Wahrheit Hartz 4.

Und Du würdest also wirklich bleiben und Dich keine Sekunde wundern, dass er weiterhin der Meinung zu sein scheint, er sei reich und lebe in einem Schloß? Du würdest ihm vertrauen, nur weil er sagt, es sei so, auch wenn Du etwas gegenteiliges siehst? Du würdest auf dieses Vertrauen Deine Zukunft aufbauen, planen, Kredite abschließen, etc.pp?

Es sind nur Worte, sie hören sich gut an, zweifellos. Aber es sind dennoch nur Worte!

Was also sind Worte, die mit der Realität nicht übereinstimmen?

Darauf zu hoffen, daß sich etwas ändert erfordert in Kauf nehmen und schnell wird klar, dass wir somit einverstanden sind.

Wenn Du das verinnerlichen kannst, wird Dir das, was Du erlebt hast, kein zweites Mal unterkommen.

Kreise nicht mehr in Gedanken darum, das bringt Dich nicht weiter. Du bist falsch abgebogen, das ist menschlich, wenn wir uns etwas sehr wünschen, aber es ist eben nunmal der falsche Weg und egal wie sehr wir darüber nachdenken oder uns aufregen, trauern, es bleibt eine Sackgasse. Du musstest wenden und einen Umweg nehmen, das hast Du gemeistert.

Level geschafft!

Hake es ab und halte Dich nicht mehr damit auf.

Liebe Grüße
Simply

10.12.2019 17:29 • x 4 #8


S
Hallo und danke euch allen noch einmal!

Ja, ich habe eine Zeit lang auf die Taten gewartet. Als diese nicht kamen, habe ich unsere Beziehung sozusagen downgegraded. Ich wusste, dass ich nicht machen kann, dass er etwas tut, dass er mir meine Wünsche erfüllt. Deshalb habe ich bei mir angesetzt und gesagt, ok du kannst dich auch mit weniger zufrieden geben. Das war ein Versuch. Nun habe ich gemerkt, dass ich mich nicht mit weniger zufrieden geben kann.

Tja, ist nun auch passé. Ich habe nur Angst, dass ich wieder und wieder so sein werde, wie ich bin. Vielleicht sollte ich meine Ansprüche nicht herunterschrauben und mir, bevor ich irgendwen kennenlerne, überlegen, was ich eigentlich will und danach mein Handeln ausrichten. Ich finde das so schwer, weil ich Angst habe, allein zu bleiben, wenn ich meine Ansprüche aufrecht erhalte. Ist kein guter Grund, es nicht zu tun, ich weiß. Lieber allein glücklich als zu zweit unglücklich. Ach herrje! Wenn erstmal das Vermissen aufhört, geht es mir auch besser.

11.12.2019 09:06 • x 1 #9


isaSchreibt
Ich kann das sehr gut nachempfinden, befinde mich in diesem Moment auch in diesem Gedankenwirrwarr, ob ich meine Bedürfnisse für meinen Partner zurückschraube und ihm entgegenkomme, oder es einen schlussendlich einfach unglücklich macht, wenn das nicht funktioniert. Vor allem wenn der Partner nicht richtig darauf eingeht.
Zu einem befriedigenden Ergebnis bin ich auch noch nicht gekommen. Leider. Aber ich denke das ändert sich im Laufe der Zeit von selbst, die Sichtweisen ändern sich und letztendlich merkt man selbst was für einen wichtiger ist.

Was aber immer wichtig sein soll, ist bei sich selbst zu bleiben und in sich selbst zu ruhen. Das eigene Glücklichsein nicht vom Partner abhängig zu machen.

Denn keiner gleicht dem anderen und man kann nicht jedem gerecht werden und evtl. verbinden einen andere schöne Dinge die man aber nicht mehr wahrnimmt, weil das Problem das man hat sie überdeckt.

11.12.2019 09:20 • x 2 #10


S
Ich hätte ihn gehen lassen sollen, als er zu mir nach einer akuten Phase seiner Angststörung meinte, er brauche Zeit für sich. Das war ein guter Zeitpunkt und eine klare Ansage. Ich habe aber blöd reagiert und gedacht, nun, da die Krankheit vorbei ist, kann es doch so richtig losgehen mit unserer Beziehung Dann war der Punkt überschritten und er hat sich immer weiter zurückgezogen und ich meine Ansprüche zurückgeschraubt. Also merke: Glaube einem Menschen, wenn er sagt, er brauche Zeit für sich. Dann ist das auch so.

11.12.2019 09:54 • x 2 #11


Karibu
vielleicht hättest du ihn danach Zeit geben müssen. Manche Menschen brauchen das. Andere suchen gerade dann die Unterstützung von ihren liebsten. Wahrscheinlich hast du dich ihm gegenüber so verhalten, wie du es für richtig hältst.

11.12.2019 10:09 • x 1 #12


S
Ja, das hätte ich. Und jetzt würde ich gerne, aber in der Situation wollte ich nicht. Hätte ich ihm Zeit gegeben, wären wir vielleicht schon eher auseinander gegangen. Ich denke tatsächlich nicht, dass wir nun ein glücklches Paar wären. Es wäre einfach fair gewesen, ihm die Zeit zu geben. Ich habe ja gedacht, dass ich ihm genug Zeit einräume, weil ich meine Ansprüche immer weiter runtergeschraubt habe, aber letzendlich hätte er machen sollen, wie er gewollt hätte und ich hätte nicht so viel Verantwortung übernehmen sollen. Lieber entspannt gucken sollen, was da gerade bei ihm passiert

Ich weiß nun aber auch, dass ich eine Beziehung möchte, in der man sich gegenseitig unterstützt und in der beide langfristig an einem Strang ziehen, in der man über Ziele sprechen kann und Wünsche ohne dass einer verletzt ist oder Panik bekommt.

11.12.2019 11:02 • #13


Karibu
Ich weiß nun aber auch, dass ich eine Beziehung möchte, in der man sich gegenseitig unterstützt und in der beide langfristig an einem Strang ziehen, in der man über Ziele sprechen kann und Wünsche ohne dass einer verletzt ist oder Panik bekommt. [/quote]

Das hast du richtig gut ausgedrückt! So geht es mir auch

11.12.2019 11:45 • x 1 #14


E
Zitat von Karibu:
Wahrscheinlich hast du dich ihm gegenüber so verhalten, wie du es für richtig hältst.


...in dem vollständigen Wissen dessen, wie ER es für richtig gehalten hat.

Daher ist das letztliche Ergebnis, das einzig plausible Ergebnis. Nochmal in der Gegenüberstellung zur Verdeutlichung:

Ist eine Person in der Lage, eigene Bedürfnisse realistisch wahrzunehmen, angemessen zu bewerten und seinem Gegenüber zu kommunizieren, manifestiert sich automatisch (und zu Recht) die Erwartungshaltung, dass mein Gegenüber angemessen, respektvoll und verständnisvoll reagiert. Konfrontiert mich mein Gegenüber mit ignorantem und Ich-bezogenem Verhalten, evt. gar noch mit der massiven Forderung des genauen Gegenteils in meine Richtung, wird es zu einem Rückzug der Person kommen, weil sie die Reaktion des Gegenübers als massiven Angriff empfindet, bis hin zu einer Art Erstarrung - ab diesem Zeitpunkt gibt es zumeist nur selten einen Weg zurück als Paar.

Um eine solche Reaktion des Gegenübers zwar emotional ebenso verletzend zu empfinden, jedoch zu akzeptieren, wäre eine vermeidende-überangepasste Persönlichkeit erforderlich gewesen, nur wäre diese nur äußerst selten dazu bereit, die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren und auch darauf auszurichten.

Somit - Rückzug war das einzige plausible Ergebnis - zumindest in dieser Konstellation.

Und JA, mir ist bewusst, dass diese simplen Zusammenhänge nicht in der Grundschule erlernt werden, oder durch übliche Lebenserfahrung vorhanden sind. Darum schreibe ich es, um zu verdeutlichen, dass viel mehr als wir meinen in unserem Kopf, rein logischen Gesetzmässigkeiten folgt, seien die Muster noch so diffus auf den ersten Blick - irgendwo gibt es immer ein System und einen Zusammenhang - aber beides liegt oftmals auch so tief, dass es aussichtslos ist, mit einem Betroffenen jemals auf einen grünen Zweig zu kommen in einer Paarbeziehung.

11.12.2019 14:03 • x 1 #15


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