Guten Morgen, ich sitze gerade mit einem Kaffee auf der Bank in unserem Park und lasse meine Gedanken fließen. Es ist schon erstaunlich zu realisieren, dass ich körperlich erst krank werden musste, um zu begreifen, dass ich mich mit mir selbst beschäftigen muss. Hinschauen, nicht weglaufen, nicht ablenken, mich mir selbst stellen muss. Die Gemeinschaft hier trägt dabei enorm. Gestern lag eine wunderbare 53Ärztin in meinen Armen, drei Kinder, hat ihr Leben immer souverän bestritten. Dann hat ihr der Liebeskummer die Flügel gebrochen, das ständige hin und her ihres Mannes zwischen Geliebter und ihr. Eine andere Frau kämpft damit, dass sie nicht sein darf wie sie ist. Die Gesellschaft sagt ihr, dass sie mit 55 ein gewisses Leben zu führen hat, in dem zum Beispiel abends tanzen zu gehen nicht dazu gehört. Zwei Männer kämpfen mit dem Alleingelassen werden in ihren Berufen, darunter ein Krininalkommissar und ein Soldat. Mein Kleiner unter uns, erst 24 Jahre (habe ihn quasi adoptiert) brach nach dem Auszug seiner Freundin völlig zusammen. Uns vereint alle eins: Körper und Geist sind nicht im Einklang und das macht auf Dauer krank. Wir werden hier unseren Weg finden, wie auch immer dieser aussehen mag. Was die Musik betrifft, haben wir bereits Klavier und Gitarre. Einer kann Saxophon spielen, ich versuche zu erreichen, dass uns vielleicht eins gestellt wird. Ansonsten mache ich viele Dinge zum ersten Mal hier, denen ich sonst nie begegnet wäre. Dafür bin ich sehr dankbar. Hier zu sein war zu Beginn gefühlt die größte Niederlage für mich. Ich? Genau diejenige, der man immer Stärke und Haltung zugeschrieben hat? Ja, genau ich. Und heute weiß ich, es ist nicht die größte Niederlage sondern die größte Chance in meinem Leben.
Ich wünsche euch einen schönen Sonntag, drückt das Äffchen von mir.
26.03.2017 07:39 •
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