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Wie der Beziehung weiterhin eine Chance geben?

Fraeuleinmeer
Liebe Forengemeinde,

lange habe ich hier mitgelesen und jetzt möchte ich mir selbst einmal einen Rat von euch einholen…

Ich bin seit knapp 9 Jahren mit meinem Freund (beide Ende 20/Anfang 30) zusammen, davon wohnen wir knapp 8 Jahre zusammen. In den ersten Jahren lief alles super. Ich war noch im Studium, er bereits mit beiden Beinen im Berufsleben und wir schienen unseren Weg zu gehen. Mit der Zeit wurde er beruflich immer unzufriedener und entschied sich nach langem Überlegen, noch einmal neu anzufangen. Wir waren dann beide über die letzten Jahre viel in Prüfungen usw. eingespannt – gemeinsam mit C***** und den ganzen Einschränkungen blieben dabei schöne Unternehmungen viel zu häufig auf der Strecke. Zusätzlich, wie bei vielen anderen in diesem Forum auch, gab es zwischen uns ab und an Streitigkeiten wegen Dingen, bei denen ich mich rückblickend frage, warum eigentlich.

Vor 4 Monaten kam es dann, wie es kommen musste: Es kam zu einem Gespräch, in welchem mein Freund uns und unsere Beziehung in Frage stellte. Er wollte sich nicht trennen, müsse aber über uns nachdenken, weil er nicht, ob wir uns noch gut tun. Er sagte auch etwas wie Ich liebe dich ist einfach irgendwann ausgelutscht. Ich fragte ihn, was denn passiert sei, aber das konnte er mir nicht beantworten. Zunächst traf es mich wie ein Blitz und es fühlte sich an wie "aus dem Nichts kommend", doch ich hatte mittlerweile sehr viel Zeit darüber nachzudenken und weiß heute: Es gab Anzeichen, er distanzierte sich schon vorher und wurde immer unzufriedener mit seinem Leben generell. Das Ganze ist mittlerweile 4 Monate her, in welchen wir teilweise zusammen in unserer Wohnung lebten, aber zeitweise auch nicht (ich habe mich nach einiger Zeit zurückgezogen, weil ich nicht damit klar kam, dass wir plötzlich in getrennten Zimmern schliefen, uns teilweise aus dem Weg gingen und kaum noch echte Gespräche führten). Vor knapp 3 Wochen (da wohnte ich schon wieder hier) machte er plötzlich Schritte auf mich zu. Er erzählte mir, dass er mich mit seinem Verhalten nicht verletzen wollte, sondern herausfinden wollte, was los ist und dass es ihm leid tut, dass er mir wehgetan hat. Er erzählte mir auch, dass er unzufrieden ist im Job, aber alle Alternativen sich bisher zerschlagen hätten und auch von Freunden und guten Bekannten in letzter Zeit sehr enttäuscht worden wäre. Nähere Details wollte er auf meine Nachfragen nicht nennen. Ich habe ihm zugehört und ihn oft in den Arm genommen (es waren teils sehr tränenreiche Gespräche), musste ihm aber mit der Zeit auch deutlich machen, dass ich verunsichert bin und verstehen möchte, was in ihm vorging. Und genau da liegt das Problem: Er sagt, er weiß es nicht. Er sagt, ich wäre ihm wichtig und wir wären ihm wichtig und er wollte nie, dass es soweit kommt. Er habe mich und uns immer nur schützen wollen und das Gegenteil erreicht. Es gab auch Gespräche, da ging er noch viel weiter (und das macht(e) mir wirklich Angst!): Er hätte keine Freude mehr im Leben. Oder, als ich im Affekt (ja, sehr dumme Situation und Reaktion!) letzte Woche sagte, dass ich jetzt gehe, damit er in Ruhe nachdenken kann, dachte er ich gehe für immer und meinte, er würde nur wollen, dass ich glücklich bin und er würde mich nicht aufhalten und möchte mir auch keine Angst machen, aber wenn ich jetzt gehen würde, würde er nicht mehr zurück in die Wohnung kommen. Er sagte auch: "Dann kann ich mir auch gleich einen Strick nehmen. Ich habe dann einfach keine Hoffnung mehr." Wir haben uns in der ganzen Zeit einige Male gesagt, dass wir einander lieb haben. Als ich ihm in einem Gespräch letztens sagte, dass ich ihn liebe, hat er geweint, aber konnte nichts erwidern. Bei meinem zweiten "Ich liebe dich" sagte er vor einigen Tagen "Ich dich doch auch." Und während ich all das hier schreibe merke ich, wie groß das Problem eigentlich ist. Er hat mich am letzten Wochenende zum Essen eingeladen und sich bestimmt 10x für meine Zeit und den schönen Abend bedankt. Gleichzeitig hält er mich nach wie vor sehr auf Abstand (möchte zum Beispiel nach wie vor nicht neben mir im Bett schlafen). Was in mir vorgeht, weiß ich gar nicht. Ich bin verunsichert. Ich möchte ihm glauben, aber noch viel mehr möchte ich ihn verstehen. Ich wäre auch bereit für eine gemeinsame Therapie, aber sollte ich ihm das vorschlagen?

Alles Liebe für euch
Laura

21.09.2022 13:30 • x 1 #1


tina1955
Vielleicht solltet ihr über einen längeren Zeitraum testen, ob ihr euch vermisst ?

Aber solange er nicht weiß, warum er so negativ denkt ?

Ist er in einer Depression? Dann hilft ihm eh nur eine professionelle Therapie.

21.09.2022 14:24 • x 3 #2


A


Wie der Beziehung weiterhin eine Chance geben?

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Fraeuleinmeer
@tina1955 Ich habe ihn in den knapp 1,5 Monaten, in denen ich nicht zu Hause gewohnt habe, sehr vermisst. Anfangs, denke ich, jedoch eher aus einer kleinen emotionalen Abhängigkeit heraus. Mittlerweile habe ich das Gefühl, emotional wieder bei mir selbst zu sein (deshalb bin ich auch zurück nach Hause).

Was ihn betrifft: Er hat mir gesagt, dass er in meiner Abwesenheit kaum in der Wohnung war, weil sie ihm zu leer war. Er hat sich in Arbeit geflüchtet. Selbst in seinem Urlaub hat er knapp 2 Wochen für andere Menschen Arbeit erledigt (renoviert, Korrekturlesen übernommen usw.), sich aber nicht wirklich etwas für dich selbst Gutes getan.

Und was deine Frage mit der Depression betrifft: Das habe ich mich auch gefragt und ihn auch bereits vorsichtig drauf angesprochen. Er sagt, er hat kein Problem. Er sagte auch aufgrund seiner Ausbildung (er hatte Schulungen zum Thema Seelsorge und Notfallseelsorge), er könnte das gut für sich selbst einschätzen. Ich kann und möchte ihm da nicht reinreden.

21.09.2022 14:36 • x 1 #3


tina1955
@Fraeuleinmeer, das ist aber ein Wiederspruch, wenn er sagt, er sieht keinen Sinn mehr in seinem Leben .
Oder wenn er mit dem Strick droht.

21.09.2022 14:42 • x 3 #4


Fraeuleinmeer
@tina1955 Ich weiß. Aber je mehr ich über Depressionen gelesen habe, umso mehr stieß ich auf "Jemand muss selbst einsehen, dass er Hilfe braucht und sie annehmen." Solange er das nicht tut kann ich nichts machen, oder? Außer mich fragen, ob die Beziehung so gerade für mich funktioniert oder nicht.

21.09.2022 14:47 • x 2 #5


tina1955
@Fraeuleinmeer, das ist richtig. Solange er nicht merkt, dass er Hilfe braucht, kannst Du ihm nicht helfen.

21.09.2022 14:50 • x 2 #6


Fraeuleinmeer
Es ist halt so schwer. Natürlich haben wir keine perfekte Beziehung geführt, aber ich habe fest daran geglaubt, dass wir gemeinsam alles bewältigen können. Jetzt kam dieses "Zerrütteln", für welches er mir keine Erklärung geben kann. Unser Umfeld hat davon natürlich mitbekommen. Er war alleine auf Hochzeiten von guten Freunden, ich war auf einer großen Geburtstagsfeier nicht dabei. Und in mir bleibt ein Gefühl von "Wie soll ich dir vertrauen?" und ein "Du hast mir ohne, dass du mir einen Grund nennen kannst, die Möglichkeit genommen, diese Dinge mitzuerleben." Neben all dem Versuch, wieder zu vertrauen und da zu sein kämpfe ich also auch mit meiner Enttäuschung und meiner Wut und bin wirklich ratlos, wo mich das Ganze hinführen soll...

21.09.2022 15:09 • x 1 #7


Femira
Zitat von Fraeuleinmeer:
Außer mich fragen, ob die Beziehung so gerade für mich funktioniert oder nicht.

Wie würde deine Antwort darauf aussehen?

21.09.2022 15:18 • x 2 #8


I
Trennung auf Raten, was der da macht. In der Hoffnung du beendest es.
Nächstes Mal wenn er mit dem Strick droht, dann ruf die Polizei, dann wirst du sehen wie schnell er wieder Sinn im Leben findet, wenn er mal in der Geschlossenen war.

Ich glaube nicht an eine Depression, ich finde das klingt nach Spielchen

21.09.2022 15:22 • x 5 #9


Fraeuleinmeer
@Iunderstand Das fühlte sich für mich auch lange so an, weil er einfach nichts von mir erfahren wollte. Und jetzt plötzlich will er reden, wissen wie es mir geht, was mich bewegt. Will mir Dinge erzählen, lädt mich zum Essen ein, bringt mir ständig Dinge mit, um mir eine Freude zu machen. Irgendwie erscheint mir das zu viel um "nur" das eigene schlechte Gewissen zu bereinigen.

21.09.2022 15:40 • #10


I
Zitat von Fraeuleinmeer:
@Iunderstand Das fühlte sich für mich auch lange so an, weil er einfach nichts von mir erfahren wollte. Und jetzt plötzlich will er reden, wissen ...

Oder die erhoffte Neue hat nicht angebissen...
Genau so würde ich es machen und ist es mit mir schon gemacht worden. Zweideutiges Verhalten und schöne Worte um dich nicht zu verprellen, bis was besseres kommt

21.09.2022 15:46 • x 3 #11


Fraeuleinmeer
@Iunderstand Das könnte natürlich sein. In seinen Kopf gucken kann ich ja leider nicht und das würde sein Mauern erklären.

21.09.2022 15:53 • #12


H
Liebe TE,

schau, wenn ich das richtig gelesen habe, läuft es jetzt nach seinen Regeln. Bei allem Verständnis für seine emotionale Lage. Seine Drohungen, Strick oder, dann komm ich halt nicht mehr in die Wohnung sind alles andere: aber auf keinen Fall ein feiner Zug. Das ist Aggression,

Du kannst der Beziehung eine Chance geben, aber nur, wenn du auf dich schaust. Du hast ja schon richtig erkannt, dass du ihm nicht helfen kannst, wenn er selber dazu keine Veranlassung sieht.
Aber du kannst etwas für dich tun, selbst Beratung in Anspruch nehmen und für dein Leben und dein Wohlergehen Sorge tragen.
Wenn du etwas für dich tust, kann sich etwas für andere tun, mit der Betonung auf kann.
Wenn du jetzt alles für ihn tust und dich nach ihm richtest, geht die Spirale nach unten.
Wenn er nicht weiss, was mit ihm ist, dann weisst du es noch weniger. Da geht nix vorwärts.

Daher: sorge gut für dich.

Alles Gute!

21.09.2022 16:05 • x 3 #13


Fraeuleinmeer
@H-Moll Danke dir für deine ausführliche Antwort! Ja, irgendwie fühlt es sich für mich auch so an, als würde ich gerade sehr auf "rohen Eiern" leben und aufpassen, bloß nichts falsches zu sagen. Ich muss mal schauen, wie ich daraus komme. Hilfe suchen ist ein Anfang. Mal sehen, wo ich die finden kann. Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass alles gut werden wird und jetzt bin ich plötzlich diejenige die zweifelt.

21.09.2022 17:21 • #14


Fraeuleinmeer
@H-Moll Vielleicht noch einmal eine konkrete Rückfrage dazu (Entschuldige bitte, wenn das jetzt rüberkommt, als wäre ich total doof oder lebensunfähig ): Wie trage ich denn Sorge für mich? Ich denke momentan viel nach und versuche, auf meine Gefühle zu hören. Aber wie finde ich heraus ob hier gemeinsam wohnen, ausziehen, ihn bitten auszuziehen, reden, schweigen, (...) das Richtige ist? Ich habe das Gefühl, ich kann das gerade alles gar nicht entscheiden

21.09.2022 17:24 • x 1 #15


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